Gabriel Fauré — Requiem

  • Liebe Kenner,
    das mit den verschiedenen Versionen des Requiems habe ich immer noch nicht ganz verstanden.
    Im Produktinfo zu dieser CD :

    heißt es :
    "Die aparte Klangwirkung der Originalfassung von Faurés Requiem, die auf Violinen und Holzbläser verzichtet, ist der späteren Bearbeitung für konventionelles Orchester durch den Komponisten überlegen."

    Es geht mir weniger um die Überlegenheit als mehr darum inwieweit sich die Fassungen nun wirklich voneinander unterscheiden?

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Liebe Kenner,
    das mit den verschiedenen Versionen des Requiems habe ich immer noch nicht ganz verstanden.
    Im Produktinfo zu dieser CD :

    heißt es :
    "Die aparte Klangwirkung der Originalfassung von Faurés Requiem, die auf Violinen und Holzbläser verzichtet, ist der späteren Bearbeitung für konventionelles Orchester durch den Komponisten überlegen."

    Es geht mir weniger um die Überlegenheit als mehr darum inwieweit sich die Fassungen nun wirklich voneinander unterscheiden?

    Naja, man musste die Noten für die zusätzlichen Instrumente ja irgendwo herkriegen, und dabei bediente man sich insbesondere bei der Orgelstimme, aber auch bei anderen Instrumenten. Das Violinsolo im Sanctus wird dann halt von allen Violinen des Riesenorchesters gespielt, um die OrchesterviolinIstinnen zu beschäftigen, und die Holzbläser spielen z.T. den Orgelpart mit, so dass der Orgelsound an manchen Stellen in den Hintergrund rückt. Das Klangbild wird pompöser und weniger intim, aber im Großen und Ganzen sind die Unterschiede eher wie zwischen einer 1950er und einer 1990er Aufnahme des Messias, als wie zwischen zwei substantiell verschiedenen Fassungen. ;+)

    Ich finde die 1893-Fassung weniger überlegen als vielmehr die 1900-Fassung unnötig (und vom Komponisten stammt sie, soweit ich weiß, auch nicht).

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Wenn ich es recht sehe, gibt es drei Fassungen des Requiem:

    a. 1888 ein "petit Requiem" bestehend aus Introitus, Kyrie, Pie Jesu, Agnus Dei und In paradisum

    b. bis 1893 wurde das Requiem ergänzt durch ein Offertorium, das Libera me und dem Chor O Domine

    c. 1898-99 wurde das Requiem (möglicherweise durch Faurés Schüler Ducasse) in der Orchestrierung erweitert, 1900 in dieser Fassung aufgeführt. Von da an wurde diese Fassung vorgezogen, das Original war lange verschollen und wurde erst 1968 wieder aufgefunden.


    HTH

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Zum Requiem von Faure fand ich die Ausführungen von "Josquin 13" im Talk Classical / 4/12/2016 sehr lesenswert ( https://www.talkclassical.com/58387-what-you…rite-faure.html ) , und das nicht nur , weil er die Aufnahmen von Nadia Boulanger erwähnt , von denen ich die eine noch als LP und eine weitere als BBC Legends CD sehr schätze . ( Die mit den New Yorkern finde ich nicht so überzeugend , ihe vierte Aufnahme kenne ich nicht . ( Aber ich bin da kein Maßstab , denn wenn In Paradisum mir nicht gefällt , verliere ich das Interesse . Dabei gehöre ich noch gar nicht zu der Fraktion , die In Paradisum bei ihrer Beerdigung gespielt wissen wollen) .


    Als LP ohne Monteverdi

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Eine weitere , mir sehr liebe Aufnahme des Requiems sei hier noch erwähnt , nämlich die von Desire-Emile Inghelbrecht und den Choeurs et Orchestre de la Radiodiffusion National (1955).In Paradisum gefällt , und das ganze Werk klingt in meinen Ohren ' tres französisch ' . ( Auch die anderen Werke von Faure halte ich hier für vorzüglich gelungen ) .


    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Eine ebenfalls schon betagte, aber sehr schöne Aufnahme wurde bisher hier noch gar nicht genannt:

    mit Suzanne Danco (Sopran), Gerard Souzay (Bariton),
    sowie dem Orchestre de la Suisse Romande & Chor, Dirigent: Ernest Ansermet.
    Die Aufnahme stammt aus der frühen Stereozeit, ca. 1960 produziert, klingt aber für ihr Alter ganz fabelhaft.

    Die Solisten sind erste Sahne, der Dirigent war ein anerkannter Spezialist für (nicht nur) französische Musik, nur der Chor klingt ein wenig schwach. Das ist aber leicht zu verschmerzen, angesichts der übrigen Leistungen.

    LG, Fallada

  • Eine ebenfalls schon betagte, aber sehr schöne Aufnahme wurde bisher hier noch gar nicht genannt:

    Es sind einige Aufnahmen noch nicht genannt worden , was seine Gründe haben mag . Im Fall der Ansermet-Aufnahme würde ich Dir in der Beurteilung nicht folgen . Nicht nur Chor , auch das Orchester ist nicht so besonders ; was für mich aber viel schwerer wiegt : Vorsichtig formuliert , liegt das Stück Ansermet nicht . So höre ich jedenfalls sein mir sehr unentschlossen klingendes Dirigat . In anderen Werken des französischen Repertoires gehört er auch für mich zur Spitze , aber hier klingt das alles sehr zögerlich . Aber das soll jeder selber hören .-
    Nachsatz : Soweit ich es erinnere , hinterläßt Ansermet in einer späteren Liveaufnahme mit Stich-Randell anstelle von Danco einen ähnlichen Eindruck .
    ( Aber die letzten Lieder sind gut ! )

    Ein anderer großer Altmeister , durchaus auch mit Schwerpunkt im selben Bereich , war Charles Munch . Der hat das Requiem nie im Studio eingespielt . Aber es gibt 2 Livemitschnitte mit seinem Bostoner Orchester , einer aus 1956 , bei Westhill erschienen und auch bei youtube anhörbar , und einer aus 1961 , auf Forgotten Records zu finden . Letzterer ist 7 Minuten schneller , aber das tut dem Werk gut . Was 1956 breit und monumental klingt , ist nun flüssig und schlanker gehalten und klingt dadurch spannender . In Paradisum gefällt mir hier auch besser . ( Als Munch dieses Radiokonzert am 1/4/1961 gab , wußte er bestimmt schon , daß es eine der letzten Konzerte mit den Bostonern war . Wenige Tage später reichte er seinen Rücktritt ein ) .

    https://forgottenrecords.com/en/Curtin-MacK…Faure--991.html

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Nun war ich in den letzten Tagen mit dem Requiem beschäftigt ; allerdings waren einige Aufnahmen ( Celibidache London & München , George Guest , Leibowitz ) nicht dort , wo ich sie vermutete . Aber sie fanden sich wieder an , und dazu noch eine Aufnahme , schon vergilbt und mit 5,-DM ausgezeichnet , die ich vergessen hatte . Zwar las ich z.B. in dem von mir oben angeführten Beitrag im 'Talk classical' über eine Aufnahme von Richard Marlow , aber das Cover sagte mir nichts . Tatsächlich ist die als 93er Aufnahme bezeichnete , mit Durufle gekoppelt , nur eine Zweitverwertung . Das Original ist ein reines Faure Programm und erschien 1989 auf Conifer . Gerne würde ich schreiben , daß ich mich an diese Aufnahme erinnere , aber das ist leider nicht der Fall . Denn diese Aufnahme der Edition Nectoux & Delage finde ich hervorragend . "Darker in hue , more dramatic , but also suffused with a warmth and intimacy which (....) we now find rather lacking in the original version ." So beschreibt es John Kehoe im Booklet , und so höre ich es auch . Eigentlich unnötig zu schreiben , daß mir In Paradisum auch sehr gefällt . Im Augenblick meine Lieblingsaufnahme . ( Ganz nebenbei : auf dem Cover des Originals ist der Name des Dirigenten an keiner Stelle größer geschrieben als alle anderen Namen , wobei auf der Frontseite gar keine Interpreten genannt werden . Dabei muss sich Richard Marlow vor niemanden verstecken ) .

    Vom Original ist kein Bild möglich . https://www.amazon.de/Faure-Requiem-…&s=music&sr=1-1

    Die Zweitverwertung

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Hundertprozentig gut gefallen mir beide Herreweghe-Einspielungen nicht unbedingt (aber das aus der Erinnerung und ich weiß auch gar nicht so genau, warum...), aber für den Mehrfachsammler führt dennoch kein Weg an ihnen vorbei.
    Ich rate zur jüngeren Einspielung der "großen" Fassung. Francks d-moll-Sinfonie inklusive.


    Mit der habe ich eben auf YouTube das Werk kennengelernt: https://www.youtube.com/watch?v=AnShN9XlhOA

    :wink:

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