Konzerte in Frankfurt

  • Konzerte in Frankfurt

    Guten Abend zusammen,

    es gilt heute von einem grandiosen Abend gestern mit dem hr-Sinfonieorchester kurz zu berichten.

    Grandios war der Abend vor allem wegen des Manns am Pult: Gianandrea Noseda gab nach seinem Debüt bei hr letzte Saison (mit Schostakowitschs Michelangelo-Suite und der 7. Sinfonie Beethovens, habe ich leider verpasst) sein zweites Konzert mit diesem Orchester, und hier stand in der Tat ein außergewöhnliches Talent am Pult. Sicher, sein ausgesprochen exaltierter Stil ist gewöhnungsbedürftig, aber jede Bewegung kommt direkt aus der Musik, mir entstand nie der Eindruck vordergründiger Show. Liszts "Orpheus" war noch ein schwacher Starter, was meines Erachtens aber auch am Stück lag. In Schumanns Cellokonzert, in dem Enrico Dindo vorzüglich das Cello strich, war der außergewöhnlich luzide Orchesterpart wunderbar plastisch durchgeformt, ohne sich allzu sehr in den Vordergrund zu drängen. Dass Noseda während der Zugabe ganz bescheiden im Orchester Platz nahm: Eine wunderbare Geste, die zeigte, dass es ihm nur um die Musik geht.

    Mahlers erste Sinfonie nach der Pause: Enorm spannend, ein gänzlich radikaler, aber durchdachter Zugang. Die Zuspitzungen gelegentlich an B undernstein gemahnend, aber immer im Einklang mit dem Gesamtgeschehen, wiederum: Keine Show, sondern Zweck der Musik. Das Orchester folgte dem Italienern bis auf wenige, eher risikobedingte Patzer, ganz wunderbar, und applaudierte am Ende heftig mit.

    Den Namen Gianandrea Noseda sollte man sich, neben Namen wie Jurowski, Harding, Dudamel, Ticciati etc. unbedingt merken. Ein famoses Talent am Pult. Ein Vollblutmusiker durch und durch. Ich denke, man wird noch viel von diesem Dirigenten hören.

    Herzliche Grüße,

    CH

  • Mahler VI, hr sinfonieorchester, David Zinman, 18.4.2011

    David Zinman, dessen Mahlerzyklus mit dem Tonhalle Orchester Zürich auf CD jüngst vollendet wurde, stand gestern seit über 20 Jahren wieder am Pult des hr-sinfonieorchesters in der Alten Oper Frankfurt. Auf dem Programm, wenig überraschend: Gustav Mahler, und zwar seine sechste Sinfonie.

    Zinman gehört nicht zu den Dirigenten, die diese Sinfonie mit Härte und Kante angehen, dennoch unterschlägt sein Ansatz - es schien mir gestern live noch ein wenig langsamer als in seiner Aufnahme - nichts von der enormen Ausdrucksvielfalt dieser Musik. Exemplarisch seien gleich zu Beginn die beharrlich pochenden Kontrabässe genannt, oder das wirklich sehr schwelgerisch genommene zweite Thema, das gleich darauf in einen kleinen Marsch umkippt, bei dem man nie so genau weiss, ob er gut gelaunt oder sarkastisch ist. Diese kleinen Momente, die Übergänge, arbeitet Zinman sehr genau heraus, ohne dass er den großen Bogen aus den Augen verliert - das ist natürlich besonders im Finale auch extrem wichtig. Besonders gelungen schien mir gestern der langsame Satz, hier an zweiter Stelle gespielt, den Zinman wunderbar ausmusizierte und in dem das Orchester kleinere Startschwierigkeiten, die den ersten Satz gelegentlich noch etwas getrübt hatten, überwunden hatte. Über das Scherzo bis zum wuchtigen Finale gelang die Spannungssteigerung wunderbar, und es überraschte nicht, dass Publikum und Orchester dem Dirigenten mit lang anhaltendem Applaus dankten.

    Einige Details schienen mir allerdings auch nicht geglückt - so klangen die Stellen mit dem Ferngeläut fast immer einen kleinen Tick zu leise. Aber das kann auch am Sitzplatz gelegen haben. Schwächen gab es auch bei der ersten Trompete, das mag die Abendform gewesen sein - ansonsten präsentierte sich das Orchester fast durchweg hervorragend.

    Eine durch und durch spannende Aufführung, deren Besuch Spass gemacht hat - bei aller Tragik in der Musik. Die Frankfurter müssen hoffentlich nicht nochmal zwanzig Jahre warten, um Zinman am Pult des hrso erleben zu können!

    Beste Grüße,

    C.

  • Mahler, Sinfonie Nr. 6 - Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Mariss Jansons (Alte Oper, 7.5.11)

    Der dritte Beitrag in diesem Thread und schon der zweite zu Mahlers Sechster...

    Das Programm wurde am Tag vorher schon in München aufgeführt, und es gab auch Zeugen aus unserem Forum dort, wie in "Eben gehört" zu lesen war.

    Das war vielleicht die orchestral perfekteste Sechste, die ich je live gehört habe (auch im Vergleich mit dem LSO, den Berliner Philharmonikern oder dem Lucerne Festival Orchestra). Da war alles auf den Punkt koordiniert, die Bläsersolisten und -gruppen spielten mit makelloser Perfektion. Zudem stimmten die akustischen Relationen zwischen den Stimmen, nichts wurde im Tutti versteckt, auch bei den dichtesten Klangballungen hörte man noch die Holzbläser - in diesem akustisch problematischen Konzertsaal keine geringe Leistung. Exzellente Harfen! Auch beim Schlagzeug agierte man sehr diffrenziert - hier klang nicht ein Beckenschlag oder Paukenwirbel wie der andere. Nur die Herdenglocken aus der Ferne bammelten zu nah und geheimnislos (im Gegensatz zu der oben von C. Huth geschilderten Zinman-Aufführung), außerdem mit so schneller Frequenz, als seien die Kühe hyperaktiv...

    Letzteres vielleicht bezeichnend für die Interpretation von Jansons. Der erste Satz wurde zügig, aber gar nicht mal übermäßig schnell gespielt, sehr heftig und hart akzentuiert, mit knallender kleiner Trommel. Noch stärker war die Schostakowitschisierung Mahlers (an Kondrashin erinnernd) im Scherzo, das außerordentlich schnell und noch peitschender akzentuiert daherkam, in den Trio-Teilen mit penetrant hervorgestoßenen Achteln und rabiaten Tempowechseln. Das war mir persönlich bei diesem Satz etwas zuviel. Die Schlüssigkeit des dirigentischen Konzepts steht aber außer Frage. Die ruhige "Insel" in der Durchführung des Kopfsatzes klang immer noch leicht angespannt, ein totales Loslassen, wie es Abbado an dieser Stelle so unvergesslich vorgeführt hat, ist Jansons' Sache nicht. Beim Andante moderato passte aber alles, das natürlich fließende Tempo, der oft ganz zarte, nie dickflüssige Klang, das melodische Strömen. Und mit dem Finale stimmte Jansons' Ansatz kongenial überein: das Anschärfen der Pizzicati und Harfentöne in der "Thementrümmer"-Einleitung der Exposition und der Reprise erzeugte frappierende Klänge. Da klang nichts zu dick instrumentiert, sondern alles gestochen scharf, zudem wurde ein enormer Sog erzeugt. Typisch für diese Interpretation, dass die letzten drei Takte des Finales (wenn sich das Dur-Moll-Motto endgültig als "Moll-Moll" erweist) nicht "schleppend" niederkrachten, sondern vergleichsweise schnell. Schnell kam auch der erste Bravoruf, noch als Jansons die Arme oben hatte...

    Für mich war das die erste Aufführung dieser Sinfonie seit langem, bei der das Scherzo wieder mal vor dem Andante gespielt wurde.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Konzerte in Frankfurt a. M.

    [Hier nachträglich angefügt (s. u.). Gurnemanz]


    Hier geht es um Berichte über Konzerte in und um Frankfurt am Main.

    Gestern im Großen Saal der Alten Oper, Frankfurt:

    Richard Strauss: Till Eulenspiegels lustige Streiche
    Felix Mendelssohn Bartholdy: Violinkonzert e-Moll
    Carl Nielsen: 6. Sinfonie (»Sinfonia semplice«)

    Hilary Hahn, Violine; HR-Sinfonieorchester; Ltg.: Paavo Järvi

    Mit Paavo Järvi bin ich schon vertraut, habe ihn an verschiedenen Orten mit verschiedenen Orchestern bereits erlebt und war noch nie enttäuscht. Auch diesmal wieder: ein beherzter, engagierter Auftritt mit einem Orchester, das die Intentionen großartig umsetzte und gestaltete: In Strauss' sinfonischer Dichtung ("Nach alter Schelmenweise in Rondeauform für großes Orchester gesetzt") betonte man, wie mir schien, die modernistischen Tendenzen, das Schroffe, Dissonante mehr als das Heiter-Schelmenhafte. Meine Wertschätzung für dieses Werk bekam hier weiteren Auftrieb (wäre vielleicht mal einen eigenen Faden wert...).

    Die gefeierte Geigerin Hilary Hahn erlebte ich zum ersten Mal: Glasklar phrasiertes Spiel mit geradezu "engelhaftem" Klang, wunderbar mit dem Orchester ausbalanciert, als Zugabe (wenig überraschend) etwas von Bach, auch hier: perfekt, wunderschön - und da beginnt auch meine leise Kritik: Mir war das etwas zu perfekt, mir fehlte da etwas, das ich schwer benennen kann: "persönlicher Ausdruck"? Jedenfalls erschien mir das zu geläufig, zu mühelos, zu gekonnt. Mein Herz hat es nicht erreicht. Vielleicht lag es auch ein wenig an der nicht eben berauschenden Akustik in der Alten Oper: Ich saß etwas weit hinten im Rang (nicht im berüchtigten "Olymp").

    Höhepunkt war für mich Nielsens "Sinfonia semplice", die nach Intention des Komponisten leicht, einfach, heiter ankommen soll. Das war auch hörbar: viel Spielerei mit den unterschiedlichen Orchesterstimmen, viele Kontraste, Walzerklänge, Tänzerisches, aber mit der Nielsen eigenen Sprödheit, die das Heitere fast wie bei Schostakowitsch relativiert, ohne ins Bittere zu fallen. Järvi und das HR-Sinfonieorchester fanden da genau den richtigen Ton, eine Art von Humor, der nicht zum Lachen einlädt, skurril, exzentrisch, doch eher introvertiert. Nielsens ganz eigene, rätselhafte Musiksprache verdient sicher nähere Betrachtungen.

    Ein insgesamt beeindruckendes Konzert!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Paavo Järvi ist ein dirigierender Kühlschrank und Hilary Hahn eine geigende Tiefkühltruhe - also was soll da schon bei rumkommen?

    Das Orchester verfügt über die kältesten und seelenlosesten Streicher, die ich je gehört habe. Emotion? Fehlanzeige!

  • Paavo Järvi ist ein dirigierender Kühlschrank [...]

    O.k., es mag so wirken, wenn man ihn dirigieren sieht, Järvi verzichtet erfreulicherweise auf Show-Elemente; das Ergebnis gestern jedenfalls war alles andere als "kühlschrankmäßig". Auch die Streicher waren ganz und gar nicht seelenlos, im Gegenteil. Das Orchester insgesamt agierte mit viel Energie und Emotion.

    Interessant, wie unterschiedlich so etwas wahrgenommen werden kann.

    Am Mittwoch gab es das gleiche Konzert in Berlin und morgen sind Järvi, Hahn & Co. in Köln zu erleben: Näheres hier: http://www.hr-online.de/website/rubrik…sp?rubrik=66407

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Hier geht es um Berichte über Konzerte in und um Frankfurt am Main.

    Ahem, dafür haben wir doch bereits einen Thread ;+) :

    Konzerte in Frankfurt

    [Danke für den Hinweis, lieber Bernd! Ich habe die neuen Beiträge jetzt dort angefügt.
    :wink:
    Gurnemanz]


    In Strauss' sinfonischer Dichtung ("Nach alter Schelmenweise in Rondeauform für großes Orchester gesetzt") betonte man, wie mir schien, die modernistischen Tendenzen, das Schroffe, Dissonante mehr als das Heiter-Schelmenhafte. Meine Wertschätzung für dieses Werk bekam hier weiteren Auftrieb (wäre vielleicht mal einen eigenen Faden wert...).

    Ja, mach doch mal auf. :)


    Vielleicht lag es auch ein wenig an der nicht eben berauschenden Akustik in der Alten Oper: Ich saß etwas weit hinten im Rang (nicht im berüchtigten "Olymp").

    Wir hatten das schon einmal im Thread über die Akustik von Konzerthäusern: Gerade Solostreicher müssen in der Alten Oper verdammt auf die Tube drücken, um im ganzen Saal "anzukommen". Ich habe vor vielen Jahren dort mal einen Cellisten erlebt, der in Dvoraks Konzert akustisch fast völlig untergegangen ist.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Ja, mach doch mal auf. :)

    Gemach, gemach! ;+)

    Zitat

    Gerade Solostreicher müssen in der Alten Oper verdammt auf die Tube drücken, um im ganzen Saal "anzukommen".

    Das fand ich gestern allerdings unproblematisch: Sowohl die Solistin als auch der erste Geiger kamen ganz gut durch. Auch als ich noch im Rang, 10. Reihe saß. Nach der Pause konnte ich nach vorne auf den Balkon wechseln. Da war die Akustik tadellos.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
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    Helmut Lachenmann

  • Hallo Gurnemanz,

    danke für die Schilderung Deiner auch für mich als in der Alten Oper anwesendem Zuhörer absolut nachvollziehbaren Konzerteindrücke!

    Strauss' 'Till Eulenspiegel' unter Paavo Järvis Leitung - in zügigen Tempi dirigiert - entfesselte gleich zu Beginn eine solch elementare Sogkraft und Schärfe, daß der zündende Funke sofort übersprang und auch beim Publikum große Begeisterung hervorrief! (Hier mag wohl der Einfluß seines Vaters Neeme Järvi prägend gewesen sein, der Strauss in seinen Interpretationen ebenfalls sehr wuchtig und energisch [siehe 'Alpensymphonie'] präsentiert.)

    Bezüglich Hilary Hahns Interpretation des Mendelssohn'schen Violinkonzerts kann ich mich einerseits Gurnemanz' Ausführungen bezüglich der Ästhetik ihrer Wiedergabe als exakt ausgehört, makellos perfekt anschließen. Allerdings habe ich die Darbietung in ihrer gewohnt sphärisch-statuarisch zelebrierenden Eigenart im Vortrag wie im Auftreten, die manche Kritiker als "zu glatt" bezeichnen, keineswegs als gefühlskalt empfunden!

    Wie in Gurnemanz' schöner Würdigung dieses großartigen Konzerts zum Ausdruck gebracht, enthielt auch für mich der letzte Programmpunkt nach der Pause - Carl Nielsens bei genauerem Hinhören ganz und gar nicht "einfach" anmutende "Sinfonia Semplice" - den größten und ganz besonderen Höhepunkt des Abends!
    Als arrivierter Nielsen-Kenner ist Paavo Järvi ja bereits seit vielen Jahren im Rahmen der HR-Sinfoniekonzerte in Erscheinung getreten und hat uns (Nielsen-Fans) auch diesmal nicht nur nicht enttäuscht, sondern auf der einen Seite in den witzig-ironischen Passagen sehr viel Spaß bereitet - und auf der anderer Seite den dem Stück innewohnenden Ernst vermittelt!
    Also auch für mich ein voll und ganz faszinierendes Konzerterlebnis mit einem bestens aufgelegten, blitzsauber aufspielenden hr-Sinfonieorchester!

    :wink:
    Johannes

  • - - - DANKSCHEEN die Herren :) :) - damit kommt meine zwote Nielsen-Sinfonie auf die Festplatte :thumbup: (Konzertwiederholung am 20.12. / hr.2 - 20.00Uhr!!)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Ich hörte das Konzert ebenfalls in der nicht ausverkauften Philharmonie in Berlin und kann mich Gurnemanz und Guercours Ausführungen nur anschließen. Beide Künstler haben ein völlig unspektakuläres Auftreten, so daß dadurch eventuell ein "Kühlschrankatmosphäre" vermittelt wird?? Ich habe es nicht so empfunden.

    Hilary Hahn gab in Berlin nach Bach eine zweite äußerst virtuose Zugabe: Grand Caprice für Violine solo "Erlkönig" von Heinrich Wilhelm Ernst.

    Nach der Pause hatte sich der Saal auffällig geleert. Eine immer wieder zu erlebende grobe Unhöflichkeit dem Dirigenten und dem Orchester gegenüber.

    Carl Nielsens Sinfonie, die ich nicht kannte, gefiel mir so gut, daß ich mir sehr gerne seine Sinfonien zulegen möchte, aber welche Aufnahme, welche Aufnahme????

    calisto

  • [...] welche Aufnahme, welche Aufnahme????

    Da gibt es viele, liebe calisto. Eine, die ich schätze, ist die mit Neeme Järvi und Göteborgs Symfoniker (BIS, aufg. 2009). Ich eröffne gleich mal einen neuen Thread dazu.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Der Punkt ist, daß ich keinesfalls Carl Nielsen ablehnend gegenüberstehe, dessen Musik ich seit mehr als zehn Jahren sehr oft höre und gut kenne und schätze, sondern den belanglosen Interpretationen Paavo Järvis. Ich habe Ihn hier in FFM mit der 2., 3. und 5. live gehört und vor Jahren mit der Sechsten, und er hat mich in keinem Fall überzeugt. An Aufnahmen mit Ole Schmidt, Myung Whun-Chung, Rafael Kubelik, Eugene Ormandy oder auch Herbert Blomstedt braucht man nicht zu denken.
    Der Fall der plötzlichen Saalleerung nach der Pause ist mir in einem Konzert am Mittwoch aufgefallen. Vor der Pause hat die allseits bekannte Cellistin Sol Gabetta das Zweite Cellokonzert von Dmitri Shostakovich gespielt (und das sehr gut). Der Saal war sehr voll. Nach der Pause kam dann noch die Erste Sinfonie von Jean Sibelius (es spielte das SWR-SO Baden-Baden und Freiburg unter Pietari Inkinen) und es fanden sich plötzlich massenhaft Lücken in den Reihen und viele der verbliebenen Zuhörer wirkten dann auch noch unkonzentriert bis desinteressiert. Da wurde dann lieber mit dem Nachbarn rumgetuschelt, als dem Konzert zu lauschen. Das sind absolut nicht hinnehmbare Entwicklungen, die aber sehr gut zum Zeitgeist passen. Solisten wie Hahn oder Gabetta werden einem durch die Werbung quasi aufgedrängt, dadurch kommen die Leute dann eben auch ins Konzert und nehmen den wirklich an der Musik interessierten Hörern die Plätze weg. Tja, so läuft das eben mittlerweile. Ein kranker Konzertbetrieb, der vom Aussterben bedroht ist.
    Leider ist Paavo Järvi ja wohl noch einige Jahre HR-Chef und so wird man hier eben mit Ihm leben müssen. Diese Saison wird er die Zuhörer u.a. noch mit Mozart und Mendelssohn langweilen, dann sicher noch einige CDs aufnehmen, um auch weiterhin ordentlich Kohle scheffeln zu können und evtl. nimmt er dann noch irgendwo einen Chefposten an.

  • Wertvolle Diskussionen

    Ich habe das Konzert mit Hilary Hahn und Paavo Järvi am Donnerstag gehört (Jugendkonzert) und möchte den schönen Beiträgen vor mir nur anfügen, dass das Publikum ungewöhnlich aufmerksam zumindest dem ersten Teil des Konzerts folgte. Immerhin sind über 2000 Jugendliche im Saal, die meisten völlig unerfahren bei klassischer Musik. Um so erstaunlicher, wie Järvi schon im Till Eulenspiegel gebannte Aufmerksamkeit erzeugte, und Hilary Hahn erst recht. Unterkühlt kann es damit gar nicht gewesen sein, dieser Eindruck entsteht nach meiner Meinung nur optisch, und auch dann nur, wenn man weit weg sitzt. In der 2. Reihe war es die reine Freude, diesen Künstlern beim Musizieren zuzuschauen, höchste Intensität und Flexibilität.

    Ich erlaube mir übrigens, die Beiträge dieses Forums morgen im Musikunterricht mit meinem LK als Beispiele für Konzertkritiken anzuschauen. Als Vergleich habe ich noch eine "normale" Zeitungskritik aufgetan, die nur aus entsetzlichen Worthülsen besteht - ein Forum wie Capriccio ist hier der Presse doch weit überlegen.

  • Ich denke, ich kann verstehen, dass man von Hilary Hahns Spiel nicht "ergriffen" wird. Es ist sehr strukturiert, kontrolliert, ausgewogen und perfekt. Das Werk steht im Zentrum, nicht sie selbst. Wenn man sie im Interview hört/sieht, passt das auch zu ihrer Persönlichkeit, zumindest wie sie rüberkommt. Da ich selbst Geige spiele, bin ich allerdings schon allein von dieser Technik, ihrem Ton und besonders der Intonation tief beeindruckt und auch ergriffen.

    Wir haben für ihre Art des Spiels und der Bühnenausstrahlung die Eigenschaft "Gibt Antworten" formuliert, im Gegensatz zur Eigenschaft "Stellt Fragen", die nach diesem Maßstab z.B. Gidon Kremer repräsentiert. Vielleicht kann das hier jemand nachvollziehen, ohne dass ich unsere mühsame Suche nach einer passenden Bezeichnung skizzieren muss. Es ist alles eingeordnet, kategorisiert und es wird einem eine Lösung präsentiert. So ist die Welt. Es gibt keine Zweifel. Alles ist gut. Punkt. Manchmal brauche ich genau das, dann höre ich Hilary Hahn.

    Aber gerade dieses "Gibt Antworten" empfand ich in der Aufzeichnung des Konzertes vom 18.11.2011 nicht. Ich meinte, "mehr Fragen" herauszuhören und weniger Zurückhaltung. Deshalb bin ich gespannt auf den Mitschnitt des Frankfurter Konzertes.

    Das äußere Auftreten und die eigene innere Erwartungshaltung spielen sicher eine Rolle. Wir haben während des Studiums von einer Studie in den USA gehört, bei dem im Radio verschiedene Dirigenten vorgestellt und anschließend ein Stück aus jeweils dem selben Werk gespielt wurde. Die Hörer sollten mitteilen, was ihnen am Besten gefallen hat. Wir bekamen etwas über die jeweiligen Dirigenten vorgelesen und die Hörbeispiele vorgespielt, dann sollten wir Vermutungen anstellen, welcher Altersgruppe welche Interpretation am Besten gefallen haben könnte und auch sagen, welche wir selbst bevorzugen und dies begründen. Es gab eine engagierte Debatte. Nur zwei, eine davon ich, haben sich nicht beteiligt. Ich habe mich geniert, weil ich keine Unterschiede hörte und die Schlussfolgerung zog, dass ich zu Unrecht Musik studiere. Die andere war selbstbewusster und hat irgendwann gesagt, sie könne bei so kurzen Ausschnitten eines unbekannten Stückes keine so deutlichen Unterschiede hören, dass sie eine Entscheidung fällen kann. Der breit grinsende Professor erklärte dann, dass es stets die selbe Interpretation war.

    Viele Grüße,
    Vendee

  • KINO in Ffm (19./20.01.)

    - nein ich habe nicht zu fettich gegessn über die Festtage....
    Aber da 1) ich mal (unvorsichtigerweise?) von ausgehe, dass die Meisten (gar alle ? :P ) an diesem Fädle intressierten auch ein Herzblut fürs Frangforder Operngeschehen haben 2) an der hiesigen Oper derzeit gleich 2 Vertonungen des "Blaubart"Stoffes zu erleben sind/wären (Bartok, Dukas)

    ...stelle ich meinen Hinweis auf Ernst Lubitschs satirische Version von 1938 ("B`s achte Frau") mal HIERHER (unsere Moderatorendirektion mag diesen meinen Beitrag hinwegmanövrieren 8+) ) In einer Kritik darüber (vom "filmdienst" meine ich) war, recht wörtlich, etwas wie "hohe Kunst der Andeutung" zu lesen sowie "...lebt von der weltfremden Skurillität seiner Figuren" oder sehr ähnlich.....

    weiß gar nicht WIE lange ich diesem Film schon hinterher bin - es scheint davon weltweit wirklich nur noch wenige sendefähige Kopien zu geben...
    - läuft aber JETZT im hiesigen Filmmuseum :thumbup: - gar in der OmU.Fassung (am 19.01. um 18.00, tags darauf um 20.30Uhr)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow


  • weiß gar nicht WIE lange ich diesem Film schon hinterher bin - es scheint davon weltweit wirklich nur noch wenige sendefähige Kopien zu geben...
    - läuft aber JETZT im hiesigen Filmmuseum :thumbup: - gar in der OmU.Fassung (am 19.01. um 18.00, tags darauf um 20.30Uhr)

    [mstislavstyle]

    weiß ich auch nicht, wie lange Du hinter BLAUBARTS achter Frau her bist.

    - kann ich ja vom GLÜCK sagen :prost:

    dass mir der F I L M einst geschnekt wurde, als es den noch billig zu koofen gab. :love:

    Falls mal eine sendefähige DVD benötigt wird, spende ich mein Exemplar gerne für die nachwelt :thumbup:

    :wink:

    [/mstislavstyle]


    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

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