Arcangelo Corelli - Violinsonaten Op. 5
Vielleicht trifft dieser Thread auch hier auf Interesse, ich habe ihn einfach mal hergeschoben.
Arcangelo Corelli veröffentlichte seine 12 Violinsonaten Opus 5 im Jahre 1700 bei Gasparo Pietro Santa in Rom und datierte das Vorwort auf den 1. Januar.
Aufgrund von Aussagen einiger Zeitgenossen kann man davon ausgehen, dass die Sonaten allerdings schon früher komponiert wurden; Corelli war Zeit seines Lebens darauf bedacht, nur ausgefeilte und beste Werke dem Druck und damit der Öffentlichkeit zu übergeben.
Dieses Kompendium von 6 Sonaten in der da chiesa-, 5 in der da camera-Form und einer (der letzten, La Follia) als Ostinatobasskomposition ist der preußischen Kurfürstin Sophie Charlotte von Hannover gewidmet, die zur damaligen Zeit als sehr musikliebend und -fördernd galt.
Mit seinem Opus 5 hat Corelli die Violinmusik um einen absoluten Meilenstein bereichert - praktisch alle folgenden Generationen von Violinisten in Italien im 18. Jahrhundert setzten sich mit ihm auseinander und bezogen sich direkt oder indirekt auf ihn. Bemerkenswert ist auch, dass das Werk seit der Erstveröffentlichung bis heute quasi durchgehend gedruckt wurde und erhältlich war - ungewöhnlich für einen Zeitraum von nunmehr 311 Jahren.
Wenn man Corelli mit italienischer Violinmusik vor ihm vergleicht, fällt auf dass bei ihm viel weniger Gewicht auf Virtuosität gelegt wird. Durchgehend - bis auf die Follia - sind die Stücke von mäßigem geigentechnischen Schwierigkeitsgrad, was auch dazu geführt hat, dass die Sammlung im 18. Jahrhundert vor allem als Schulwerk angesehen wurde. Während in den Violinsonaten von Lonati, seinem Kollegen und Konkurrenten in Rom, eine Fülle von virtuosen, effektreichen und schwierigen Passagen enthalten, legt Corelli vor allem Wert auf formale Ausgefeiltheit und Harmonik. Vor allem die Benutzung von auf- und absteigenden Sequenzen, in denen moduliert wird, aber durch Passagenwerk "verschleiert" werden und dadurch absolut organisch und logisch wirken, scheint für Corellis Kompositionsstil idiomatisch. Immer wieder herausgestellt wird auch seine Dissonanzbehandlung. Während seine Kollegen scharfe Dissonanzen vor allem affektgesteuert einsetzten, kommen sie bei Corelli affektunabhängig und damit weitaus öfter vor; sie dienen dazu, die Richtung der Musik voranzutreiben und somit den Fluss aufrechtzuerhalten.
Formal ist Corelli weniger innovativ. Die als da-chiesa-Sonaten bezeichneten Sonaten 1-6 sind noch im Stil der Sonaten des 17. Jahrhunderts gehalten; die einzelnen musikalischen Abschnitte folgen unmittelbar und mitweilen unsymmetrisch aufeinander, Peter Holman hat dies patchwork style getauft. Die da-camera-Sonaten sind Suiten, die auf ein Preludium mehrere Tanzsätze folgen lassen. Und mit der Follia bringt Corelli eine Hommage an seine italienischen Vorfahren; der Ostinatobass und die Geigenstimme liefern sich ein Duell aus Virtuosität; hier wird einem alten Prinzip ein hochstilisiertes und zugleich einzigartiges Denkmal gesetzt.