Was kann "über Musik reden/diskutieren" eigentlich sinnvoll heißen?

  • das klingt zweifelsohne logisch.

    aber ist es auch ein erfolgsversprechendes Vorgehen?

    wir unterscheiden doch längst und ständig zwischen guter/schlechter Kunst, Kunst und Nichtkunst, ohne eine Definition aus der Tasche ziehen zu können.

    Wenn wir eine solche Definition hätten, dann wäre das auch erfolgversprechend. Haben wir aber nicht. Was Kunst ist und was nicht, und ob sie „gut“ ist oder „schlecht“, ist eine Frage der Konvention. Das wird in der Gesellschaft (genauer: zwischen Künstlern, Kunstmarkt und Publikum) an den Rändern des etablierten Kunstbegriffs ständig neu verhandelt. Der Kunstbegriff ist daher moving target. Damit lässt sich auch das Folgende erklären:

    Verstehe jetzt die Frage nicht. Bestreitest Du die Änderungen?

    Daß Kunst etwas mit Kommunikation zu tun hat, bestreite ich übrigens nicht. Nur erklärt das nicht, warum A ein Kunstwerk sein soll und B keines.

    :wink:

    Kunst wird zur Kunst als Folge eines kommunikativen Prozesses, als Folge der Auseinandersetzung damit. Das ist neben der Erklärung des Schöpfers, dass irgendetwas ein Kunstwerk sein soll, der zweite unabdingbare Schritt. Ohne den geht es nicht- irgendjemand muss es auch als Kunstwerk akzeptieren.

    Ansatzweise ist das oben bereits diskutiert worden. Die These lautet in etwa:

    Ein Kunstwerk trägt in sich eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine große Schöpfungshöhe, je mehr es zum "Selbstzweck" entstanden ist.

    Oben ist allerdings ebenfalls schon diskutiert worden, dass es diese Zwecklosigkeit im engeren Sinne nicht geben kann.

    Trotzdem bleibt etwas daran richtig: Wenn ein Werk nicht geschaffen wurde, um zu gefallen, um dekorativ zu sein, um Geld einzubringen, um einem Herrscher zu huldigen, um seinem Urheber oder seinem Besitzer Anerkennung einzutragen, um für das Abgebildete oder Dargestellte eine bestimmte Deutung vorzugeben, sondern alle diese Zwecke unverfolgt bleiben, ist es viel wahrscheinlicher schöpfungshohe, "hohe" Kunst, als wenn die genannten Zwecke verfolgt wurden.

    Nun, der Organisationsgrad, der hier angesprochen wird, ist m.E. auf einen menschlichen Willensakt zurückzuführen: Ein Mensch muss ein Geräusch organisiert haben, damit es Musik sein kann. Und diese Organisation muss absichtsvoll sein: Wenn etwa jemand unwillkürlich eine Regentonne so platziert, dass periodisch ein Tropfen klangvoll hineintropft, ist das, was da entsteht, noch keine Musik. Weil die Klangerzeugung nicht absichtsvoll geschieht (es fehlt dann übrigens auch der "Werkcharakter"). Genauso wie die Geräusche, die der Laubbläser immer samstags um 7 Uhr in unserer Nachbarschaft erzeugt (wobei ich mir da nicht ganz sicher bin, ob diese Geräusche nicht absichtsvoll ausgestoßen werden...).

    zum ersten Teil: Wenn ich alle diese Kriterien auf bestehende Kunst anwende, und mir dann die entsprechende Schöpfungshoehe ansehe, kaeme ich rein statistisch auf das gegenteilige Ergebnis...
    Wenn aber meine kleine Enkelin im Sandkasten (in einem kreativen Akt) völlig zweckfrei Sand aufhäuft, nur um Sand aufzuhäufen, ist die Schöpfungshoehe nicht besonders hoch...

    Zum zweiten Teil: Der erste Schritt, damit irgendwelche Schallereignisse, wie auch immer die zustande kommen und organisiert sind, zur „Musik“ werden, besteht darin, dass irgendjemand das zur Musik (oder allgemeiner zur Kunst) erklärt (das ist ein Spezialfall von der Kunst oben!), also einen musikalischen (künstlerischen) Kontext konstruiert. Wenn man will, ist das die „Absicht“

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

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