• Murray Perahia

    Am kommenden Montagabend 2. Mai 2011 ab 23:35 Uhr kommt auf arte eine Dokumentation über den Pianisten Murray Perahia. Näheres darüber findet ihr hier:

    http://www.arte.tv/de/woche/244,b…,year=2011.html

    Ich wollte die Information eigentlich in seinem Thread einstellen, musste aber feststellen, dass er noch gar keinen eigenen Faden hat (oder habe ich da etwas übersehen ?)

    Ich habe mir erlaubt, von der deutschen Wikipediaseite folgende Informationen zu kopieren und hier einzustellen:

    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Murray_Perahia

    Weitere Informationen gibt es auf seiner Website: http://www.murrayperahia.com/

    Die Entzündung am Daumen soll er sich, wie ich meine irgendwo gelesen zu haben, dadurch zugezogen haben, dass er sich an einem Blatt Papier geschnitten hat !

    Meine absoluten Lieblingsaufnahmen sind seine Einspielung der Klavierkonzerte von Mozart und natürlich seine Goldberg-Variationen. Auch die Partiten von Bach schätze ich sehr, obwohl ich da fast die Aufnahmen von Hewitt vorziehen würde. Ausserdem kenne ich noch seine Klavierkonzerte von Bach, die jetzt gerade wieder neu herausgekommen sind.

    Ich hatte im vergangenen Jahr das große Glück, ihn im Dortmunder Konzerthaus als Pianisten und Dirigenten mit der Acadamy St. Martin in the Fields erleben zu dürfen. Er machte einen überaus sympathischen Eindruck (wenn man das aus der Distanz zwischen der Bühne und dem Publikum überhaupt einschätzen kann). Sehr bescheiden im Auftreten, ohne große Allüren.


    Ich finde, er hat einen sehr charakteristischen Anschlag, ich würde ihn als "schwebend" bezeichnen wollen (sorry, für die vielleicht etwas laienhafte Ausdrucksweise) und möchte fast behaupten, dass ich den bei seinen Aufnahmen blind wieder erkennen würde. Einen wesentlichen Einfluss von Horowitz, den ich immer mit einem sehr expressiven Spiel assoziiere, finde ich nicht.

    Viele Grüße,

    Bernd

  • Lieber Bernd,

    danke für diese schöne Einführung! Ich würde nicht behaupten wollen, daß ich Perahias pianistisches Schaffen wirklich intensiv und detailliert kenne, aber nach meinem bisherigen Eindruck kann ich die Loblieder auf seine Mozart-Interpretationen durchaus nachvollziehen. Was ich hingegen nicht ganz verstehe, sind die überbordenden Hymnen für seine Bach-Aufnahmen. Für mich fehlt da eine letzte Konsequenz, sei es in Bezug auf Innigkeit bei langsamen Stücken oder auch auf polyphone Durchhörbarkeit und non-legato-Spiel. Keine schlechten Aufnahmen, sicherlich, aber auch nichts, was mich vom Stuhl hauen würde. Ich werde den Eindruck nicht so ganz los, daß man pünktlich zum Bach-Jahr 2000 einen neuen Bach-Klavier-Spezialisten brauchte, und Sony hat natürlich als "Major Label" entsprechende Möglichkeiten der Vermarktung...

    Diese vielleicht etwas provokante Position soll aber nicht davon ablenken, daß es sich bei Perahia sicherlich um einen ausgezeichneten Pianisten handelt - der nach meinen bisherigen Eindrücken halt eine gewisse Zeit lang für die falschen Sachen gerühmt worden ist.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Für mich fehlt da eine letzte Konsequenz, sei es in Bezug auf Innigkeit bei langsamen Stücken oder auch auf polyphone Durchhörbarkeit und non-legato-Spiel. Keine schlechten Aufnahmen, sicherlich, aber auch nichts, was mich vom Stuhl hauen würde.

    P. bemüht ja selbst immer wieder die Unterscheidung zwischen vertikaler und horizontaler Interpretationspraxis, gerade in Abgrenzung zu Glenn H Gould, den er selbst für einen "unbestritten fantastischen Musiker" hält (immerhin). Ihn interessiere, wie der Kontrapunkt zur Harmonie werde, er deshalb das "lineare, das melodische Element" betone. Gerade diese Haltung sei angeblich vom "vertikal-kontrapunktischen Druck" in den Einspielungen Goulds verdrängt worden, mit der Folge, dass wie weiter behauptet wird, alles ganz "kleingliedrig", der "musikalische Prozeß behindert" werde, aber, wie P. schließlich noch mitteilen zu müssen meint "nicht unbedingt zerstört" werde (Interview mit TP Raphael, in: Rondomagazin, 5/2000).

  • Hallo Bernd!

    Danke für Deinen Beitrag und die darin enthaltenen Hinweise. Wie Du weißt, habe ich mir auf Grund Deiner Tipps im hififorum sowohl die Goldberg Variationen mit Perahia als auch dann die Partiten gekauft, vor nicht allzu langer Zeit habe ich mir dann noch die englischen Suiten gekauft. Ich bin kein Bach Spezialist und ich habe nur wenig Vergleichsmöglichkeiten, mir gefallen die Aufnahmen aber ausgesprochen gut und ich höre sie immer wieder an.

    Die Bach Klavierkonzerte mit Perahia sind also neu aufgelegt worden, danke für den Hinweis. Ich besitze noch keine Aufnahme von den Werken. Wären die Perahia Aufnahmen Deine erste Wahl bei mondernen Instrumenten? Diese Aufnahmen der Klavierkonzerte haben ja eigentlich auch sehr gute Resonanzen bei Kritikern und Hörern gehabt.

    Besten Dank für Deine Mühe!

    Herzliche Grüsse

    Gerhard


  • ....Was ich hingegen nicht ganz verstehe, sind die überbordenden Hymnen für seine Bach-Aufnahmen. Für mich fehlt da eine letzte Konsequenz, sei es in Bezug auf Innigkeit bei langsamen Stücken oder auch auf polyphone Durchhörbarkeit und non-legato-Spiel. Keine schlechten Aufnahmen, sicherlich, aber auch nichts, was mich vom Stuhl hauen würde.

    Nun, ich kenne einige Klavieraufnahmen der Variationen und finde gerade dieses unprätentiöse Auftreten Perahias als sehr wohltuend. Seit dem enormen - aus künstlerischer Sicht eher schwer verständlichem - Erfolg von Glenn Gould haben sich die Goldberg-Variationen ja zu so einer Art Debut-Klassiker entwickelt. Es gibt viele junge Pianisten, die meinen, sie müßten es Gould nachmachen und als erste Aufnahme sich diese wunderbaren Stücke aussuchen. Um dann aus der bisherigen Menge herauszustechen, brauchen sie irgendetwas besonderes.

    Perahias Aufnahme merkt man an, dass er niemandem etwas zu beweisen braucht. Er tritt nach meinem Empfinden hinter das Werk zurück und spielt es einfach in selbstverständlicher, unaufdringlicher Weise. Und fehlende Auflösung der einzelnen Stimmen kann man ihm imo wirklich nicht vorwerfen. Auch da macht sich imo der Einfluss von Gould bemerkbar, der meines Erachtens alle Stimmen gleich spielte und nicht bereit war, sie unterschiedlich zu betonen. Das wird von einigen als besondere Kunst herausgehoben, ich finde, diese Spielweise wird schnell langweilig.

    Vielleicht ist Perahias Aufnahme wirklich kein Knaller, der einem den Mund offenstehen läßt, aber gerade das schätze ich daran so sehr, dass ich diese Aufnahme bestimmt von allen am häufigsten gehört habe und immer wieder gerne höre. Kürzlich habe ich noch einmal die Aufnahme von Alexis Weissenberg gehört. Tolle Aufnahme mit interessanten kleinen Verzierungen und ungewohnte Improvisationen, aber auf die Dauer wird es mir dann schon fast wieder anstrengend.

    Viele Grüße, Bernd

  • Hallo Gerhard,

    ... Die Bach Klavierkonzerte mit Perahia sind also neu aufgelegt worden, danke für den Hinweis. Ich besitze noch keine Aufnahme von den Werken. Wären die Perahia Aufnahmen Deine erste Wahl bei mondernen Instrumenten? Diese Aufnahmen der Klavierkonzerte haben ja eigentlich auch sehr gute Resonanzen bei Kritikern und Hörern gehabt.

    Also wenn du noch keine Aufnahme hast wirst du mit denen von Perahia bestimmt nichts falsch machen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann dirigiert er das Orchester selbst. Vielleicht liegt es daran, dass für mich die Aufnahmen wie aus einem Guss klingen. Da gibt es keine Brüche zwischen den Orchester- und Solopartien, beides fügt sich sehr organisch und harmonisch zusammen. Für mich eine der schönsten Aufnahmen der Konzerte (für das Klavier).

    Viele Grüße, Bernd

  • Also wenn du noch keine Aufnahme hast wirst du mit denen von Perahia bestimmt nichts falsch machen.

    Was doch aber auch so viel heißen kann, dass P. einer von mehreren Pianisten ist, deren Interpretationen vielleicht bestenfalls makellos sein mögen. Da Du ja dieses Thema gestartet hast, würde mich interessieren, worin Deiner Auffassung nach das Besondere, Aufregende, Einzigartige seines Spiels liegen soll und wenn dies tatsächlich feststellbar sein sollte, in welchen Aufnahmen sich dies konkret offenbaren soll.

    Herzliche Urlaubsgrüße

  • Hallo Bernd!

    Vielen Dank für Deine Antwort. Ich werde mir diese Aufnahme kaufen, es spricht wirklich alles dafür, zumal mir ja die bisherigen Perahai Bach Aufnahmen sehr gut gefallen haben.

    Herzliche Grüsse

    Gerhard

  • ...Da Du ja dieses Thema gestartet hast, würde mich interessieren, worin Deiner Auffassung nach das Besondere, Aufregende, Einzigartige seines Spiels liegen soll und wenn dies tatsächlich feststellbar sein sollte, in welchen Aufnahmen sich dies konkret offenbaren soll.

    Ich hatte in meinem Eingangsthread ja schon versucht, das, was ich an ihm besonders und aussergewöhnlich finde in seiner sehr prägnanten Spielweise, in seinem charakteristischen "Tonfall" zu erläutern. Und den würde ich - glaube ich - in allen Aufnahmen wiederfinden, am deutlichsten natürlich in den Solowerken wie den Goldbergvariationen und den Bach´schen Partiten. Aber auch bei seiner sehr frühen Aufnahme der b-moll Sonate von Chopin macht sich dieser Ton bereits bemerkbar.

    Überhaupt finde ich, dass er ein ganz großartiger Chopin-Interpret ist, auch wenn er den - wenn ich nicht irre - in letzter Zeit eher selten spielt.

    Ich muss um Entschuldigung bitten, dass ich das nicht näher erläutern kann. Ich bin nur ein Laie, der nicht einmal Noten lesen kann, sondern sich auf seinen persönlichen Eindruck verlassen muss, auf das was ich mein zu hören.

    Viele Grüße, Bernd

  • Ich schätze Perahia auch sehr. Ich mag seine klugen und zugleich extrem feinfühligen Interpretationen, diese Kombination aus Empfindsamkeit und Ernsthaftigkeit. Der hat einerseits was tief ans Gefühl gehendes, fast mimosenhaftes in seinem Spiel, das mich sehr berührt, ohne je affektiert oder aufdringlich zu sein. Aber er zergliedert bei aller Detailliebe nichts, da ist immer die klug durchdachte Struktur hörbar.

    Bei Bach beeindrucken mich zudem vor allem seine wunderbaren polyphonen Linienführungen, noch viel mehr bei den Partiten als bei den älteren Aufnahmen. Die Goldbergvariationen und die Bach-Suiten und Konzerte fand ich schon gut, aber die Partiten finde ich großartig.
    Ich finde, dass er auch Chopin famos kontrapunktisch spielt. Und dabei auch, wo nötig, richtig Feuer gibt. Und dabei bleiben die einzelnen Stimmen immer ganz sauber und transparent, da paart sich die Virtuosität mit brillianter geistiger Durchdringung.
    Bei Händel/ Scarlatti mag ich das perlende, glitzernde des Klanges, auch das freche, spritzige an der Interpretation.

    Ich habe ihn zudem mehrmals live gehört, da hat mich sein wirklich zärtlich zu nennender Anschlag am meisten berührt. Zuletzt hörte ich ihn u.a. auch mit Brahms (Vier Klavierstücke op. 119 ), was mir auch ganz hervorragend gefallen hatte: eine sehr schlanke, fast spielerische Interpretation, die durch die wahnsinnig hinreißend herausgearbeiteten Stimmungswechsel keine fett aufgetragene Dramatik brauchte. Sehr beeindruckend. Im selben Konzert spielte er auch die Kinderszenen von Schumann - und da scheiden sich für mich wirklich die Geister (von einem langweiligen Pianisten kann ich das Stück fast nicht mehr ertragen). Er interpretierte mit einer sehr feinen Ernsthaftigkeit. Ich weiß nicht, vielleicht geht das nur live, diese Kombination von unglaublich differenzierter Anschlagskunst und kluger Interpretation, die zum Niederknien schön ist, in der ganzen Fülle zu erfassen.

    Heike

    „Wahrscheinlich werden künftige Generationen sich erinnern, dass dieses Jahrhundert das ,Century of Recordings’ war, in dem die Menschen auf die seltsame Idee verfielen, man könne Musik in kleine Plastikteile einfrieren. Mich erinnert das an die Idee der Ägypter vom Leben nach dem Tod. Eine ungesunde Idee. Studiomusik ist eine Verirrung des 20. Jahrhunderts. Das wird verschwinden.“ (F. Rzewski, Komponist, in der FAZ vom 21.4.2012)

  • Überhaupt finde ich, dass er ein ganz großartiger Chopin-Interpret ist, auch wenn er den - wenn ich nicht irre - in letzter Zeit eher selten spielt.

    Das unterschreibe ich gerne ;+) Seine Aufnahme der Etüden braucht sich auf jeden Fall nicht vor der Konkurrenz zu verstecken:

    Ich habe Perahia vor zwei Jahren einmal live gehört. Gespielt hat er eine der Partiten von Bach und in der zweiten Programmhälfte auch Chopin. Allerdings habe ich das genaue Programm nicht mehr im Kopf. Zwei oder drei der Etüden aus op. 10 waren jedenfalls dabei, wenn ich mich nicht täusche.

    In seinem Auftreten habe ich Perahia als sehr bescheiden und unprätntiös in Erinnerung. Die große Geste scheint ihm fern zu liegen.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Hallo Christian et.al.

    ...
    In seinem Auftreten habe ich Perahia als sehr bescheiden und unprätntiös in Erinnerung. Die große Geste scheint ihm fern zu liegen.

    Genau das war auch mein Eindruck und er hat sich durch die Dokumentation eigentlich nur verstärkt. Perahia scheint mir ein sehr ernsthafter Künstler zu sein, ein absoluter Perfektionist. Ich habe durch die Dokumentation viel über Musik gelernt und meine Bewunderung für seine Spielweise ist noch gestiegen.

    Aber mit meiner Einschätzung, er spiele Chopin wenig, lag ich ja völlig daneben ! :hide:

    Viele Grüße, Bernd

  • Auf seiner neuesten Aufnahme hat Murray Perahia Brahms eingespielt, die Händelvariationen:

    Gekoppelt sind die Variationen mit den zwei Rhapsodien op. 79 und einer Auswahl aus den späten Klavierstücken aus op. 118 und 119.

    Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Repertoire Perahia gut liegt.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • The first 40 Years

    Tach,

    ich muss diesen Thread mal wieder aufleben lassen ;+)

    Seit neuestem habe ich diese Box in meinem Besitz (68 CDs und 5 DVDs):

    Ich konnte noch nicht alles durchhören, aber was ich gehört habe, war ausgezeichnet. Die Ausstattung ist wundervoll und dann geht imo der Preis auch in Ordnung.

    Seine letzte Aufnahme scheint schon etwas her zu sein ?

    VG Bernd

  • ich muss diesen Thread mal wieder aufleben lassen ;+)

    Danke Bernd! Die letzte CD Perahias, die ich erworben habe, waren die Händel-Variationen. Könntest Du einen kurzen Überblick über den Inhalt der Box geben? Merci!

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Hallo Christian,

    ... Danke Bernd! Die letzte CD Perahias, die ich erworben habe, waren die Händel-Variationen.

    Wenn ich richtig informiert bin, war das wohl auch die letzte CD, die er aufgenommen hat.

    Könntest Du einen kurzen Überblick über den Inhalt der Box geben? Merci!

    Ich stehe jetzt ein wenig auf dem Schlauch, weil ich nicht genau weiss, was du gerne wissen möchtest :hide:

    Den genauen Inhalt der Box findest du auf dem Link bei amazon oder auch hier bei jpc:

    Es handelt sich um sämtliche Aufnahmen, die Perahia für Sony gemacht hat; bei anderen Labels war er wohl nicht unter Vertrag. Die Händel Variationen sind auch dabei.

    VG Bernd

  • Wohl eher ein Werbetext... ;) Die "Klassikakzente" sind doch m.W. das Hausblatt der DG/Universal (oder wie die jetzt auch immer heißen).

    Stimme Dir aber zu: Vor einem knappen Jahr habe ich Perahia mit der Hammerklaviersonate im Konzert gehört und war sehr angetan. Ungewöhnlich für Perahia, wie er in Kopfsatz und Finale auf volles Risiko gegangen ist. Das wirkt in der Aufnahme etwas abgemildert, zumindest im Kopfsatz, den ich mir zufälligerweise gestern von der CD angehört habe.

    :wink:

    .

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