Bachs Orgelwerke - Gesamtaufnahmen

  • man hört sicherlich in Konzerten öfters Beethovens Klaviersonaten, als Bachs Orgelwerke,


    Da wäre ich nicht sicher.

    Orgelkonzerte gibt es doch fast überall dort, wo das Budget reicht, einen hauseigenen Kantor zu beschäftigen. Da, wo ich wohne, gibt es deren zwei, und sie konzertieren auch. Bei Orgelkonzerten ist der Anteil von Konzerten, bei denen mindestens ein Werk von Bach ist, recht groß.Klavierabende sind seltener, und ich weiß nicht, ob der Anteil von Klavierabenden mit mindestens einer Beethoven-Sonate genauso groß ist.

    bei den Orgelwerken muss man wahrscheinlich in die Kirche gehen, wenn man das Konzert hören will


    Das dürfte der Normalfall sein. Aber es gibt auch gute Konzertsaalorgeln.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Aber es gibt auch gute Konzertsaalorgeln.


    Und gute Transkriptionen Bachscher Orgelmusik, beispielsweise für Piano solo, womit ein weiteres Betätigungsfeld eröffnet wäre und sich eine Variante für all jene bietet, denen eine Kirchorgel oder Konzertsaalorgel zu pompös/voluminös oder was auch immer klingt.

  • Ausgewogenheit und architekturale Gliederung: Wolfgang Stockmeier

    ..., wie eine Zwischenüberschrift bei Martin Elste "Meilensteine der Bach-Interpretation" verkündet. Der Stil sei "einheitlich", der Organist bevorzuge die "Legato-Linie und demzufolge auch ruhige Tempi", die Stärken Stockmeiers lägen eben, wie bereits oben erwähnt in der "Ausgewogenheit und architekturalen Gliederung", insbesondere wolle der Künstler nicht "mit interpretatorischen Details überraschen".

    Einer Ausgewogenheit und architekturalen Gliederung, m.E. eigentlich Grundbegriffe der Bachinterpretation, begegnet man insbesondere bei der Passacaglia und Fuge in c-Moll (BWV 582). Schon beeindruckend mit welcher Stringenz und Schnörkellosigkeit Stockmeier die organische Entwicklung von den Anfängen des Themas über verschiedene Steigerungen in den Variationen und abschließend in der Fuge nachzeichnet.

    Da der Stockmeier bei den Bewohnern dieses Forums offenbar häufiger vorkommt, würde mich Eure Einschätzung gezielt hinsichtlich BWV 582 interessieren.

  • Dass das Legato nicht die bevorzugte Artikulationsart gewesen war, ist ziemlich klar. Nichts gegen Stockmeier, aber der ganze rhetorische Reichtum bleibt völlig auf der Strecke. Stockmeier bietet große Gebiete einheitlichen Klangs, die wenig bis gar nicht strukturiert sind. Fast schon eine Karikatur. Würde man die Noten in einem Notensatzprogramm eingeben und via MIDI abspielen, klänge es ähnlich gleichförmig.

    die organische Entwicklung


    Ob BWV 582 tatsächlich eine "organische Entwicklung" zugrunde liegt, darüber streiten die Gelehrten. Es gab zig Ansätze, in den Variationen ein übergeordnetes Architekturprinzip zu erkennen, sie widersprechen einander teilweise.

    über verschiedene Steigerungen


    Das ist nun eine eindeutig romantische Sichtweise. Dass Bach sich BWV 582 à la Reger als eine (oder zwei) Steigerungswellen gedacht hätte, ist so ziemlich der einzige Ansatz, der von vorneherein ausgeschlossen werden kann. - In einer Handschrift ist das Stück mit "Pro Organo Pleno" überschrieben. Ob das auf Bach zurückgeht, ist natürlich nicht klar, aber das durchgehende Spielen des Werkes mit einer Registrierung - Lautstärkeunterschiede ergeben sich dabei durch die Anzahl der Stimmen der jeweiligen Variation - wäre nicht gegen de Quellen.

    Bach war zu Lebzeiten als Organist, Orgelsachverständiger, Improvisator und Orgellehrer noch mehr geschätzt denn als Komponist. "Der größte Orgelspieler, der je gelebt" - oder ähnlich. Davon ist bei Stockmeier nichts zu hören. Natürlich stellt sich schon de Frage, ob sein eigenes technisches Können sich in den Kompositinen niederschlagen müsse. Andererseits: Klar - wo denn sonst? Und Bach war dafür berüchtigt, dass er der Zeitmaß sehr lebhaft war. Davon höre ich bei Stockmeier, der eher die Noten verwaltet, nichts.

    Gruß
    MB

    :wink:

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  • James Kibbie hat seine Interpretation online zum Download gestellt:

    "http://www.blockmrecords.org/bach/download.htm"

    [rec. 2007-2009 in Deutschland]


    Da es sich um eine Gesamteinspielung handelt, führe ich den Link hier auf.


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd


  • Es ist zweifellos eine luxuriöse Situation, dass durch ein solches Projekt nun jeder, der einen Internetanschluss hat, im Prinzip auch eine Gesamtaufnahme von Bachs Orgelwerk zu Hause stehen hat.
    Als ich mich in den letzten Wochen ein Bisschen mit Bachs Orgelwerk beschäftigt habe, erst einmal verstehen wollte, was es da überhaupt alles gibt, welche Arten von Musikstücken, was ich vielleicht schon kenne, kurz: Schubladen und ordnung schaffen im Kopf und eine neue Seite an Bach kennenlernen, habe ich immer wieder auch auf Kibbies Gesamteinspielung zurückgegriffen, seine Aufnahmen gehört und mit anderen verglichen.
    Nun meine Frage: Hat jemand von euch schon Erfahrungen mit dieser ja durchaus kompetenten und qualifizierten Gesamtaufnahme gemacht und kann ein paar Worte zur Einschätzung abgeben? Wie und wo ist für euch Kibbie einzuordnen und was haltet ihr von seiner GA?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Die Qualität dieser Aufnahme oder die Kompetenz bzw. Qualifikation des Interpretem hat sich mir noch nicht erschlossen, da ich bislang weder Zeit noch Muße hatte, mich gesamthaftig damit zu beschäftigen. Die Hörerfahrung der Triosonaten liegt auf der Zeitschiene schon zu weit zurück. Wenn Du auf der Suche nach Kommentaren bist, die man offenbar nur vereinzelt finden kann, kannst Du hier etwas nachlesen.

    http://meinhardo.wordpress.com/2010/12/31/j-s…t-von-michigan/

  • Die Qualität dieser Aufnahme oder die Kompetenz bzw. Qualifikation des Interpretem hat sich mir noch nicht erschlossen


    Kompetent bzw. qualifiziert scheint mir Herr Kibbie schon zu sein, ist er doch Professor für Orgel an der University of Michigan und als solcher ein erfahrener Profi-Musiker, den man sicher mit den selben Maßstäben messen kann, wie die Künstler bei den hier schon vorgestellten kommerziellen Einspielungen.
    Die Qualität seiner Gesamtaufnahme hingegen hat sich auch mir noch nicht erschlossen. Ich habe zwar schon eine ganze Reihe von Stücken daraus gehört, aber da ich mich mit Orgeln, mit ihren Möglichkeiten und ihrem Repertoire nur wenig auskenne, fällt mir die Bewertung des Gehörten schwer. Wie es bei einem solchen Projekt kaum anders seien kann, machten manche Stücke auf mich einen sehr guten Eindruck, andere einen weniger guten, im direkten Vergleich mit anderen Einspielungen schien mir Kibbies Herangehensweise immer wieder etwas pauschal, routiniert geschäftsmäßig, aber ohne große Liebe zum Detail. Aber das ist nicht mehr als ein subjektiver Eindruck mit vielen Vorbehalten.
    Interessiert wäre ich an Meinungen und Einschätzungen von Orgelkundigen, daran, zu erfahren, wo Kibbie mit seinen Interpretationen im Vergleich steht (nicht unbedingt qualitativ, eher wirklich musikalisch), um so auch mehr über die Musik selber nachzudenken und zu lernen, vor allem und in allererster Linie aber am Austausch von Höreindrücken. Denn was auf der von dir verlinkten Seite zu lesen ist, lieber Yukon - "Seine jüngsten Orgel-Aufnahmen der kompletten Bach-Werke auf historischen barocken Orgeln in Deutschland fanden ein begeistertes Publikum und wurden von der Fachwelt hervorragend bewertet – James Kibbie spielt mit vollendeter Klarheit, Brillanz und Größe und besitzt eine technisch perfekte Leistungsfähigkeit" - ist so aussagefähig wie ein Elektromarkt-Prospekt.

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  • Was die Kompetenz und Qualifikation von Herrn Kibbie angeht, behaupte ich gerne, dass beides in ueberreichem Umfang vorhanden ist. Leider ist es mit meinem BlackBerry etwas schwierig verlinkte Seiten aufzurufen. In meiner Erinnerung ist es aber so, dass die in Bezug genommenen Kommentare sich ganz unten auf der Seite befinden (herunterscrollen). Wobei letztlich auch diese wenig zu einer Einordnung von Kibbies Interpretation in ein Gefuege von Gesamtaufnahmen des Bachschen Orgelwerkes beizutragen vermoegen - das gestehe ich gerne zu.

  • Lieber Yukon,

    In meiner Erinnerung ist es aber so, dass die in Bezug genommenen Kommentare sich ganz unten auf der Seite befinden (herunterscrollen).


    Ja, inzwischen habe ich sie auch gefunden. Danke für den Hinweis, irgendwie habe ich beim ersten Lesen wohl nicht genau genug hingeguckt (und ein Bisschen versteckt sind die Kommentare schon).

    Wobei letztlich auch diese wenig zu einer Einordnung von Kibbies Interpretation in ein Gefuege von Gesamtaufnahmen des Bachschen Orgelwerkes beizutragen vermoegen - das gestehe ich gerne zu.


    Dazu sind die Kommentare sicher zu kurz, aber den Vorbehalt, den ich oben geäußert habe, habe ich im ersten dieser Kommentare auch wiedergefunden: "Er spielt fast völlig emotionslos und spielt fast wie der Computer vom Capella-Reader… Stichworte wie “stilus phantasticus” oder “atemzäsuren” oder “spielen mit der Akustik der Kirche” etc. hat er wohl nicht aktiv wahrgenommen". "Wie ein Computer" hätte ich nicht gesagt,aber ich habe schon auch den Eindruck, dass Kibbie bei dem Projekt, alle Orgelwerke Bachs aufzunehmen, mit Details etwas lieblos umgeht. Vieles, was ich von dieser Gesamtaufnahme gehört habe, ist doch sehr gleichförmig und geradeaus gespielt. Deshalb glaube ich auch einem anderen Kommentator sofort, wenn er feststellt, "daß es qualitativ wesentlich bessere Orgelaufnahmen Bachscher Werke gibt". Ich würde aber gerne, auch um die Werke selbst besser kennen zu lernen, verstehen, woran er/man das festmacht.
    Vielleicht hast du, lieber Yukon, ja mal Zeit und Lust, eine Handvoll Stücke (oder auch nur eines) aus dieser Kibbie-GA zu hören und zu schreiben, ob du meinen Eindruck nachvollziehen kannst.

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  • James Kibbie und seine Gesamtaufnahmen des Bachschen Orgelwerkes können Einsteiger gut nutzen und mal rein hören. Ich höre seit 30 Jahren diese Werke, angefangen mit Walcha und Lionel Rogg auf LP. Dann kamen auf CD 2x Marie-Claire Alain-Preston-Koopman und Weinberger dazu. Nun auch wieder Walchas zweite Einspielung da ich mich von allen LPs vor langer Zeit verabschiedet habe. Vor etwa einem halben Jahr habe ich mir auch Kibbie aus dem Net gezogen. Immer mal wieder besonders meine Lieblingswerke angehört aber sie berühren mich nicht. Der Funke springt nicht rüber er spielt für mich immer eine Linie durch. Dagegen zb. Koopman der so wunderschön Phrasiert und Töne aus den Pfeifen entlockt die begeistern. Wir wissen nicht wie Bach seine Orgelwerke gespielt hat, vielleicht ja auch eher wie Kibbie sie liest. Mir sagen sie halt nicht so zu und ich habe sie wieder gelöscht. Mag auch sein das die Amerikanischen Orgeln auch wesentlich härter klingen als die alten Silbermanns und Schnitgers, Bader, Müller, Riepps usw. Ich will in keiner Weise die Qualität und das spielerische Fertigkeit Kibbies in Frage stellen.

    Liebe Grüße Dirigent

    Liebe Grüße Dirigent :wink:

    Die Kunst zu wissen, wann man das Orchester nicht stören soll.
    Herbert von Karajan (1908-1989)

  • Ich habe in den letzten Wochen wieder relativ viel Orgelmusik von Bach gehört, tue mich aber schwer damit, diese Musik zu "verstehen", weil mir einfach viele der Orgel-spezifischen Begriffe nicht vertraut sind.

    Das ist nun eine eindeutig romantische Sichtweise. Dass Bach sich BWV 582 à la Reger als eine (oder zwei) Steigerungswellen gedacht hätte, ist so ziemlich der einzige Ansatz, der von vorneherein ausgeschlossen werden kann. - In einer Handschrift ist das Stück mit "Pro Organo Pleno" überschrieben. Ob das auf Bach zurückgeht, ist natürlich nicht klar, aber das durchgehende Spielen des Werkes mit einer Registrierung - Lautstärkeunterschiede ergeben sich dabei durch die Anzahl der Stimmen der jeweiligen Variation - wäre nicht gegen de Quellen.


    Im Begleittext zu einer CD habe ich das ganz ähnlich gelesen: "Die kaum zu überblickende kompositorische Rezeption mit ihrer dynamischen Festlegung hat bis auf unsere Tage das Spielverhalten der Organisten beeinflusst, als ob die Variationen nicht abwechslungsreich genug wären und diesem Mangel mit einem gewaltigen Crescendo aufgeholfen werden müsste. Von Bachs Gedankenreichtum und seiner Verknüpfung in planvollen Bewegungssteigerungen lenkt viel weniger die zu seiner Zeit übliche Pleno-Registrierung mit den möglichen Manualwechseln ab". Was heißt das (Pleno-Registrierung) nun praktisch? Der Organist zieht alle Register der Orgel heraus und behält diese Einstellung das ganze Stück über bei? Und traditionell haben viele Organisten Variation für Variation immer mehr Register hinzugezogen, so dass sie erst zum Schluss beim "Pleno" angekommen sind?

    Eine ganz ähnliche Frage hat sich für mich ergeben, als ich beim Hören der "dorischen" Toccata und Fuge BWV 538 die Noten mitgelesen habe. Im Präludium ist vermerkt, welche Werke der Organist benutzen soll, teilweise wechseln sich da taktweise oder sogar innerhalb eines Takten Postiv (=Hauptwerk?) und Oberwerk ab. Wie kann ich mir das Spiel des Organisten da praktisch vorstellen? Ich weiß, dass die Werke die verschiedenen, baulich voneinander unabhängigen Teile der Orgel sind. Aber wie wechselt der Organist zwischen verschiedenen Werken? Macht er das mit den Registern? Gibt es dafür besondere Hebel am Spieltisch? Wechselt er das Manual (Das doch wahrscheinlich nicht, oder? Sind nicht in den Noten die beiden oberen Systeme den beiden Manualen zugeordnet?)?

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  • Was heißt das (Pleno-Registrierung) nun parktisch? Der Organist zieht alle Register der Orgel heraus und behält diese Einstellung das ganze Stück über bei?


    "Plenum" oder "Organo pleno" hat in verschiedenen Kontexten verschiedene Bedeutung. "Organo pleno" meint tatsächlich meist das "volle Werk", d. h. alle Register, alle Koppeln.

    Ein "Plenum" ist aber meist eine sinnvolle Auswahl von Registern, die gemeinsam einen vollen Klang ergeben.

    Die Franzosen unterscheiden noch zwischen "Grand jeu", dem Zungenplenum, und dem "Plein jeu", dem Mixturenplenum.

    Bei Bachs Passacaglia ist die o. g. sinnvolle Auswahl gemeint. Der Orgelbauer Gottfried Silbermann hat mal für eine kleinere Orgel mit 21 Registern das "Plenum" explizit benannt; er wählte 15 Register aus. Er ließ einige weitmensurierte Register weg, die zwar viel Wind fressen, aber kaum etwas zum Klang beitragen. - Der Rückschluss auf größere Instrumente ist leicht zu bewerkstelligen.

    Und traditionell haben viele Organisten Variation für Variation immer mehr Register hinzugezogen, so dass sie erst zum Schluss beim "Pleno" angekommen sind?


    So ist es. Vergleiche mal mit Regers "Introduktion und Passacaglia d-Moll" o. op. - da ist genau dieser Verlauf der Dynamik explizit vorgeschrieben. Nach der fff-Introduktion beginnt die eigentliche Passacaglia im Pianissimo, die Klangstärke steigert sich von Variation zu Variation bis zum Organo Pleno.

    Im Präludium ist vermerkt, welche Werke der Organist benutzen soll, teilweise wechseln sich da taktweise oder sogar innerhalb eines Takten Postiv (=Hauptwerk?) und Oberwerk ab. Wie kann ich mir das Spiel des Organisten da praktisch vorstellen?


    Man wechselt zwischen den Manualen. Den verschiedenen Werken, Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk, ist je ein Manual zugeordnet.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Man wechselt zwischen den Manualen. Den verschiedenen Werken, Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk, ist je ein Manual zugeordnet.

    In diesem (willkürlich ausgewählten) Video bekommt man einen optischen Eindruck von der Manualwechselei. Ab ca. 1:30

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    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Vielen Dank euch beiden für die schnellen und verständlichen Antworten! Beim Orgelspielen passiert unheimlich viel, als Zuschauer/Zuhörer sieht man davon aber viel weniger als bei den meisten anderen Instrumenten. Das macht für mich als "Außenstehenden" den Umgang mit Orgelmusik immer wieder schwierig. Ich hoffe, meine Fragen kommen euch daher nicht zu blöd vor.

    Man wechselt zwischen den Manualen. Den verschiedenen Werken, Hauptwerk, Rückpositiv, Oberwerk, Brustwerk, ist je ein Manual zugeordnet.


    Heißt das, eine Orgel hat immer so viele Manuale, wie sie Werke hat (eine zweimanualige Orgel hat also immer auch nur zwei Werke)?

    Wenn man Orgelnoten liest, besteht eine Zeile ja üblicherweise aus drei Notensystemen, zwei für die Hände, eines für die Füße. Sind die oberen beiden Zeilen genau wie Klaviernoten zu verstehen, also rechte Hand / linke Hand, oder geht es da auch schon um die Manuale, also oberes Manual / unteres Manual?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Heißt das, eine Orgel hat immer so viele Manuale, wie sie Werke hat (eine zweimanualige Orgel hat also immer auch nur zwei Werke)?


    Eine Orgel hat normalerweise ein Werk mehr, als sie Manuale hat. Das Pedalwerk zählt als eigenes Werk.

    Es gibt zwei mögliche Ausnahmen:

    (1) Eine (meist dreimanualige) Orgel hat ein sog. Koppelmanual - auf diesem Koppelmanual sind stets die beiden anderen gekoppelt. Dann gibt es trotz dreier Manuale nur drei Werke

    (2) Sog. "Fernwerke" (entfernt aufgestellte Werke, vergleichbar Mahlers Fernorchester) oder sog. "Bombardwerke" mit einem starken Zungenchor haben mitunter kein eigenes Manual, sondern werden bei Bedarf an ein Manual angekoppelt.

    Wenn man Orgelnoten liest, besteht eine Zeile ja üblicherweise aus drei Notensystemen, zwei für die Hände, eines für die Füße. Sind die oberen beiden Zeilen genau wie Klaviernoten zu verstehen, also rechte Hand / linke Hand, oder geht es da auch schon um die Manuale, also oberes Manual / unteres Manual?


    Cum grano salis ja - obere Zeile rechte Hand, mittlere Zeile linke Hand, untere Zeile Pedal. Z. B. bei Triosonaten ist das immer so. Manchmal spielt die rechte aber auch Noten des mittleren Systems und umgekehrt, ist beim Klavier ja nicht anders.

    Gruß
    MB

    :wink:

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  • es gibt auf vielen Orgeln ausser dem Spiel auf verschiedenen Werken auch noch die rasche und komplexe Umregistrierung mit Hilfe der sog. Kombinationen oder Setzer. Das erweitert die Möglichkeiten nochmal über die Verwendung verschiedener Werke und deren Koppeln hinaus. Dabei werden vorab bestimmte Registerkombinationen abgespeichert und während des Spiels mittels eines einzigen "Knopfdrucks" (oder Fußtritts) aktiviert. Es gibt hier sog. "freie" Kombinationen, bei denen die aktiven Register frei programmierbar auf die vorhandenen Speicherplätze abgelegt werden können (meist 2 bis 5 Speicher), und "festen" Kombinationen, die der Orgelbauer fix eingebaut hat, wie z.B. "Grand Jeu" oder "Plain Jeux", die auf diese Weise fest vorbelegt werden können. Es gibt hier auch Kombinationen in verschiedenen dynamischen Abstufungen oder auch solche, die sich nur auf Teilwerke auswirken (vor allem in französischen Orgeln).
    Als Sonderform der festen Kombinationen gibt es noch die Absteller, die in einzelnen Werken, in einzelnen Registergruppen oder auch in der gesamten Orgel alle gezogenen Register abstößt, also abschaltet. Das ist sozusagen ein Reset der Orgel in den unregistrierten Grundzustand.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • es gibt auf vielen Orgeln ausser dem Spiel auf verschiedenen Werken auch noch die rasche und komplexe Umregistrierung mit Hilfe der sog. Kombinationen oder Setzer. Das erweitert die Möglichkeiten nochmal über die Verwendung verschiedener Werke und deren Koppeln hinaus. Dabei werden vorab bestimmte Registerkombinationen abgespeichert und während des Spiels mittels eines einzigen "Knopfdrucks" (oder Fußtritts) aktiviert.


    Ich gebe zu, komplett verstanden habe ich das jetzt nicht alles, dazu müsste ich es mir vermutlich einmal am Instrument selber angucken. Aber das, was du in deinem letzten Beitrag beschrieben hast, lieber Bustopher, gilt doch nur für moderne, mit viel Elektronik ausgestattete Orgeln, oder? Oder war das alles auf den Orgeln, die Bach (um mal den Bogen zum Thread-Thema zurück zu schlagen) gespielt hat, auch schon möglich?

    Außerdem verstehe ich dich so, dass du jetzt schon nicht mehr von den Werken redest, sondern vom Umgang mit den Registern, also der nächtkleineren Baueinheit. Richtig?

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  • Eine Orgel hat normalerweise ein Werk mehr, als sie Manuale hat. Das Pedalwerk zählt als eigenes Werk.


    Gut, das ist mir eigentlich klar, das hatte ich einfach blöd formuliert.

    Es gibt zwei mögliche Ausnahmen:

    (1) Eine (meist dreimanualige) Orgel hat ein sog. Koppelmanual - auf diesem Koppelmanual sind stets die beiden anderen gekoppelt. Dann gibt es trotz dreier Manuale nur drei Werke


    Kommt so etwas denn häufig vor? Es ist ja ein zusätzlicher Bauaufwand, der nicht unbedingt notwendig ist.

    (2) Sog. "Fernwerke" (entfernt aufgestellte Werke, vergleichbar Mahlers Fernorchester) oder sog. "Bombardwerke" mit einem starken Zungenchor haben mitunter kein eigenes Manual, sondern werden bei Bedarf an ein Manual angekoppelt.


    Ich kenne es zum Beispiel aus dem hiesigen Dom, dass es drei seperate Orgeln gibt, eine vorn im Chor, eine hinten im Turm und eine kleine unten in der Krypta. Alle drei können zusammen, aber auch getrennt voneinander benutzt werden, gespielt werden sie von einem zentralen Spieltisch vorn im Hochchor. Ist so etwas mit "Fernwerk" gemeint?
    Oder spricht man in einem solchen Fall von drei Orgeln in einem Raum und ein Fernwerk ist eine Nummer kleiner? Oder kommt es am Ende auf die konkrete Verwendung an?

    Cum grano salis ja - obere Zeile rechte Hand, mittlere Zeile linke Hand, untere Zeile Pedal. Z. B. bei Triosonaten ist das immer so. Manchmal spielt die rechte aber auch Noten des mittleren Systems und umgekehrt, ist beim Klavier ja nicht anders.


    Ja, klar, das kann ich mir gut vorstellen. Das heißt ja, mit den verschiedenen Werken hat das erst einmal nichts zu tun und man kann Orgelnoten erst einmal so lesen wie Klaviernoten (plus eine Stimme für die Füße natürlich). Die Entscheidungen, welches Werk und welche Register er verwendet, sind dann nicht direkt aus den Noten zu entnehmen, sondern dem musikalischen Geschmack des Organisten freigestellt, oder? Denn solche klaren Eintragungen wie in der "dorischen" Toccata habe ich dazu ansonsten bei Bach noch nie gelesen. Ich gehe aber davon aus, dass spätere Komponisten da genauere Vorgaben notiert haben.

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