Bachs Orgelwerke - Gesamtaufnahmen

  • Bachs Orgelwerke - Gesamtaufnahmen

    Liebe Orgelfreunde,

    an dieser Stelle möchte ich ein Thema wiederbeleben, über das ich schon etwas bei Tamino geschrieben hatte: Gesamtaufnahmen von Bachs Orgelwerken. Seit die technischen Voraussetzungen durch Magnetbandaufzeichnung bei der Aufnahme und Langspielplatten bei der Wiedergabe vorhanden waren, haben sich etliche Organisten der Aufgabe gestellt, Bachs Werke für Orgel aufzunehmen - mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.

    Einige Gesamtaufnahmen habe ich in meiner Sammlung, es gibt aber noch etliche andere. Vielleicht sollten wir in einem ersten Schritt die Gesamtaufnahmen aufzählen, um dann danach über Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Interpretationsansätze, Instrumentenauswahl usw. zu diskutieren. Ich hoffe sehr, daß sich hier genug Orgelbegeisterte finden, die dieses Thema interessiert.

    Zunächst eine Auflistung der Gesamtaufnahmen, die ich selbst kenne und gehört habe:

    • Helmut Walcha (Documents, Mono, aufgenommen 1948-1952)
    • Helmut Walcha (DGG, Stereo, aufgenommen ab 1957)
    • Wolfgang Stockmeier (Documents)
    • Wolfgang Rübsam (Philips)
    • Werner Jacob (EMI)
    • Hans Fagius (BIS bzw. Brilliant)
    • Knut Vad (NCA, SACD)
    • Marie-Claire Alain (Warner/Erato)
    • Ton Koopman (Teldec)
    • Gerhard Weinberger (cpo)
    • "Orgelwerke auf Silbermannorgeln" (verschiedene Organisten, Berlin Classics)

    Diese Liste ist sicher noch lange nicht vollständig. Wer kennt weitere Gesamtaufnahmen?

    :wink: Fugato

  • Wer kennt weitere Gesamtaufnahmen?

    Ich. :D

    • Ewald Kooiman mit drei Gesamteinspielungen, wobei er während der letzten gestorben ist. Die soll von einem anderen Organisten komplettiert werden und wird später erscheinen.
    • Michel Chapuis' Einspielung aus den 70ern oder 80ern ist auf CD wiederveröffentlicht worden.
    • Lionel Rogg hat ebenfalls mehrere Gesamteinspielungen vollbracht, die m. E. nach letzte wie die erste auf Silbermann/Elsaß.
    • Marie Claire Alains derzeitig im Angebot befindliche Gesamtaufnahme ist auch schon ihre dritte.
    • André Isoir hat sich auf Calliopé verewigt.
    • Kevin Bowyer hat auf einer modernen Marcussen alles eingespielt.
    • Peter Hurford hat auch irgendwo eine gemacht.
    • Hans Fagius ebenfalls.
    • Walter Krafts uralte steht hier auch noch im Keller.
    • Die Hänssler-GA hat gleich mehrere Organisten beschäftigt.

    Das sind bestimmt noch nicht alle...

  • Ich beginne einfach mal mit der ersten Gesamtaufnahme aus meiner Liste.

    Zum Bach-Jahr 1950 (200. Todesjahr) hatte die "Archiv Produktion" der Deutschen Grammophon Gesellschaft den Plan, eine Gesamtaufnahme der Orgelwerke Bachs auf historischen Orgeln herauszubringen. Als Organist für dieses Vorhaben wurde Helmut Walcha gewonnen. Walcha, 1907 in Leipzig geboren, hatte bereits als Kind wegen einer Pockenimpfung starke Sehprobleme und erblindete als junger Erwachsener. Trotzdem schloss er sein Musikstudium in Leipzig ab und war Assistent von Thomaskantor Günther Ramin, bevor er 1929 als Organist an die Frankfurter Friedenskirche wechselte. 1938 wurde er Professor für Orgel an der Frankfurter Musikhochschule, 1946 Organist der Friedenskirche.

    Die ersten Aufnahmen fanden im August 1947 an der Kleinen Orgel von St. Jakobi in Lübeck statt. Aus verschiedenen Gründen wechselte man für die weiteren Aufnahmen zur Arp-Schnitger-Orgel in Cappel, die aus dem St. Johannis-Kloster in Hamburg stammte, 1816 nach Cappel versetzt und in den 1930er Jahren von der Orgelbaufirma Ott (Göttingen) restauriert worden war. Hier entstanden im Juni 1950 und im September 1952 die übrigen Aufnahmen dieser Gesamtaufnahme, wobei Werke, die nach damaligem Stand nicht eindeutig Bach zugeschrieben werden konnten, nicht berücksichtigt wurden.

    Der Klang dieser Aufnahmen entspricht natürlich nicht dem, was man heute gewohnt ist. Trotzdem sind sie ein Dokument, das zeigt, wie man kurz nach dem 2. Weltkrieg Bach spielte: klar, nüchtern, ohne äußere Effekte und damit sozusagen von innen heraus. Manches aus diesen Aufnahmen berührt mich viel stärker als bei allen anderen Aufnahmen, die ich kenne; einige Stücke gehören zum Ergreifendsten, was ich jemals an Bachscher Orgelmusik gehört habe, so z. B. das Choralvorspiel "Herzlich tut mich verlangen" BWV 727.

    :wink: Fugato

  • :faint:

    Hans Fagius hatte ich bereits erwähnt. Walter Krafts Aufnahme war auf jeden Fall nicht so uralt wie die erste von Walcha; ich meine, sie stammt aus den 1960er Jahren. Von der Aufnahme mit Lionel Rogg hatte ich zumindest Teile auf LP - sie wurde in den 70er Jahren gemacht, und zwar auf modernen Orgeln (Metzler). Von Hurford und Chapuis habe ich zumindest einzelne Werke schon gehört, der Rest ist völlig an mir vorbeigegangen.

    Es gibt noch eine Gesamtaufnahme mit Simon Preston, von der ich aber auch nur Teile kenne.

    :wink: Fugato

  • Warum habt Ihr nur Gerhard Weinberger vergessen .... :rolleyes: ?(

    Habe ich doch gar nicht:

    Zunächst eine Auflistung der Gesamtaufnahmen, die ich selbst kenne und gehört habe:

    • Helmut Walcha (Documents, Mono, aufgenommen 1948-1952)
    • Helmut Walcha (DGG, Stereo, aufgenommen ab 1957)
    • Wolfgang Stockmeier (Documents)
    • Wolfgang Rübsam (Philips)
    • Werner Jacob (EMI)
    • Hans Fagius (BIS bzw. Brilliant)
    • Knut Vad (NCA, SACD)
    • Marie-Claire Alain (Warner/Erato)
    • Ton Koopman (Teldec)
    • Gerhard Weinberger (cpo)
    • "Orgelwerke auf Silbermannorgeln" (verschiedene Organisten, Berlin Classics)

    Bei soviel Gesamtaufnahmen verliere ich allerdings auch langsam den Überblick :stern:

    :wink: Fugato

  • Bleiben wir noch einen Moment bei Walcha, denn das hat er mehr als verdient.

    Meine frühe Prägung hängt auch sehr mit den kleinen Schallplatten in gelber Hülle zusammen – Seite A: Präludium, Seite B: Fuge. So kamen die ersten Walcha-Aufnahmen daher, die heute für einen Zehner auf zehn CDs zu haben sind. Für die Zeit klingen die übrigens gar nicht mal schlecht.

    Wenn Du allerdings schreibst

    Zitat

    Trotzdem sind sie ein Dokument, das zeigt, wie man kurz nach dem 2. Weltkrieg Bach spielte:


    möchte ich gerne das "man" in "Walcha" ändern, denn "man" spielte damals in der Mehrheit noch ganz anders, und Walcha setzte sich ganz bewusst von vielem ab, was die Ramin-Schule, aus der er ja kam, vertrat. Vielleicht ist manches sogar nur als Protest zu verstehen.
    Walcha artikuliert nicht mehr in einem Überlegato ganzer Phrasen, sondern nimmt durch kleinere Gliederungen eigentlich schon einiges voraus, was später erst durch Quellenforschungen zu Tage gefördert wird. Er besteht immer auf einem durchsichtigen Klang möglichst authentischer Orgeln, auch wenn wir heute über die verwendeten Instrumente und ihre damaligen Restaurierungen anders urteilen.
    Auch von Schweitzer setzt er sich deutlich ab, der aus der französischen Bach-Tradition kommt und die Orgel als sich immer weiter entwickelndes Instrument sieht, indem er den Bruch riskiert und sich zu den ursprünglichen Klängen bekennt. Das lässt sich auch ganz gut an seinen Cembalo-Aufnahmen verfolgen, die er auf einem Ammer-Cembalo beginnt, das schon versucht, wieder einiges an historischer Bauweise zum Tragen zu bringen, und endet mit dem westfälischen Ruckers, einem der schönsten und am besten erhaltenen Instrumente aus dem Antwerpen des 17. Jahrhunderts.

    Wenn Du schreibst

    Zitat

    einige Stücke gehören zum Ergreifendsten, was ich jemals an Bachscher Orgelmusik gehört habe


    werden dem bestimmt viele zustimmen. Musikalisch so nahe an Bachs Welt zu kommen ist vielen nach Walcha nicht in gleicher Weise gelungen.

    Und dann kam Stereo. Das war der Grund für die nächste Gesamtaufnahme Walchas.

  • Manchmal habe ich das Gefühl, jeder Dorfkantor fühlt sich berufen, den "kompletten Bach" auf seinem Stöhnkasten aus dem Jahr 1897 einzuspielen. Von der Sinnhaftigkeit solcher Unternehmungen einmal ganz abgesehn: würden endlich einmal alle Recherchen der letzten 50 Jahre, die Authentizität der Bachschen Orgelwerke betreffend, miteinander abgeglichen, dürfte sich heraustellen, daß sich dann mehr als die Hälte aller im Umlauf befndlichen Orgelkompositionen im Appendix des BWV wiederfänden...
    Ich kaufte mir seinerzeit die Einspielungen Weinbergers nicht deshalb, um einen möglichst "vollständigen" Bach zu besitzen,
    (ich baruche sowas nicht und käme nie auf die Idee, ein "Gesamtwerk" wirklich hintereinander zu hören,sondern um der gewählten Intrumente willlen und war davon überwiegend NICHT enttäuscht, obwohl meine "platonische Idee" des einen oder anderen Werkes eine gänzlich andere ist.

    „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alle Fäden in der Hand haben"
    Walter Ulbricht, (1893-1973), Deutscher Realpolitiker

  • Manchmal habe ich das Gefühl, jeder Dorfkantor fühlt sich berufen, den "kompletten Bach" auf seinem Stöhnkasten aus dem Jahr 1897 einzuspielen.

    Vehementer Einspruch!
    Höchstens jeder zweite. Denn die andere Hälfte hat ihre 13 Register schon längst auf französisch-symphonisch umbauen lassen und beginnt die Musikgeschichte frühestens bei Widor. :D

    Die Berufung geht aber wohl auch meistens von den Plattenfirmen aus, die alle naselang eine brandneue Gesamteinspielung im Programm haben wollen.
    Das fing ja schon mit Walcha an, der eben nicht selbst auf die Idee der zweiten Einspielung kam. Die wollte unbedingt die DGA haben.

    Zitat

    würden endlich einmal alle Recherchen der letzten 50 Jahre, die Authentizität der Bachschen Orgelwerke betreffend, miteinander abgeglichen, dürfte sich heraustellen, daß sich dann mehr als die Hälte aller im Umlauf befndlichen Orgelkompositionen im Appendix des BWV wiederfänden...

    Vielleicht sollte man hier die provokative Rhetorik zugunsten einer wahrscheinlicheren Zahl hintanstellen. :D

    Ein Thread "Nicht von Bach" wäre gar nicht verkehrt. :pfeif:

  • Zitat

    Vehementer Einspruch!
    Höchstens jeder zweite. Denn die andere Hälfte hat ihre 13 Register schon längst auf französisch-symphonisch umbauen lassen und beginnt die Musikgeschichte frühestens bei Widor


    Stattgegeben ! (bei Sweelinck arbeite ich schon seit Jahren bevorzugt mit der Aeoline ! :D

    Zitat

    würden endlich einmal alle Recherchen der letzten 50 Jahre, die Authentizität der Bachschen Orgelwerke betreffend, miteinander abgeglichen, dürfte sich heraustellen, daß sich dann mehr als die Hälte aller im Umlauf befndlichen Orgelkompositionen im Appendix des BWV wiederfänden...


    Provokative Rhetorik ? Ach was: Die Einlassungen ganz anderer User sollten Dich eigentlich eines Besseren belehrt haben.
    Einmal abgesehen davon, daß "Appendix" nicht nur den schnöden Blinddarm meint sondern eine durchaus standardisierte
    Bezeichnung für "Werk-Anhang" ist, ist darin nun wirklich nichts provokatives, geschweige ehrenrühriges zu sehen !
    Ausserdem ist ja jetzt wohl ein für allemal Schluss mit jeglichem weichgespültem Kuschelkurs. So zumindest interpretiere ich mir nachlesbare Auffassungen der Moderation zu diesem Thema...
    Für ne echt gute Idee halte ich den thread "Nicht von Bach", also her damit !
    PS: Hat ausser mir jemand Interesse an einer vergleichenden Diskographie der Buxtehude-Orgelwerk-Gesamteinspielungen, die im "Jubeljahr 2007" durch etliche neue ergänzt wurden, bzw. besitzt ausser mir hier überhaupt
    mehrere Einspielungen mit dieser Musik ?

    „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alle Fäden in der Hand haben"
    Walter Ulbricht, (1893-1973), Deutscher Realpolitiker

  • bzw. besitzt ausser mir hier überhaupt
    mehrere Einspielungen mit dieser Musik

    Bei Buxtehude-GA kann ich nur mit

    Kraft, Saorgin, Bryndorf, Vogel, Schauerte, Spang-Hansen, Foccroulle, Koopman und dem Naxos-Mischmasch dienen. :whistling:

    Zitat

    Für ne echt gute Idee halte ich den thread "Nicht von Bach", also her damit !

    Gern, am besten in die Komponistenabteilung, oder?

  • Wenn Du allerdings schreibst

    möchte ich gerne das "man" in "Walcha" ändern, denn "man" spielte damals in der Mehrheit noch ganz anders, und Walcha setzte sich ganz bewusst von vielem ab, was die Ramin-Schule, aus der er ja kam, vertrat. Vielleicht ist manches sogar nur als Protest zu verstehen.

    Stimmt, dieser Satz war eine unzulässige Verallgemeinerung, die darin ihre Ursache hat, daß ich aus dieser Zeit kaum andere Aufnahmen kenne. Allerdings wird Walcha auch Einfluß auf nachfolgende Organistengenerationen gehabt haben, denn er unterrichtete ja schon in den 30er Jahren in Frankfurt, erst am Hochschen Konservatorium, später an der Musikhochschule. Nach dem 2. Weltkrieg scheint sein Bachspiel Referenzcharakter gehabt zu haben, dementsprechend werden sich andere an ihm orientiert haben.

    Walchas Einfluß auf nachfolgende Musikergenerationen ist nicht zu unterschätzen. Mein Musiklehrer erzählte uns, wie er als junger Student in den 50er Jahren Walcha gehört hat: Er wurde an das Cembalo geführt, orientierte sich kurz auf der Klaviatur und spielte dann ein komplettes Konzert mit schwierigen Stücken auswendig. Von seinem Bach-Spiel muß eine enorme Faszination ausgegangen sein.

    Zitat

    Walcha artikuliert nicht mehr in einem Überlegato ganzer Phrasen, sondern nimmt durch kleinere Gliederungen eigentlich schon einiges voraus, was später erst durch Quellenforschungen zu Tage gefördert wird. Er besteht immer auf einem durchsichtigen Klang möglichst authentischer Orgeln, auch wenn wir heute über die verwendeten Instrumente und ihre damaligen Restaurierungen anders urteilen.

    Am auffälligsten an Walchas Spiel ist für mich die nahezu vollständig fehlende Agogik. Das einmal gewählte Tempo hält er strikt bis zum Ende durch. (Vielleicht ist dies zu verstehen als Reaktion auf eine "romantische" Art und Weise, Bach zu spielen). Das gilt nach meinem Eindruck allerdings nicht für seine Aufnahmen aus den 70er Jahren ("Orgelmeister vor Bach"), hier ist er im Tempo flexibler.

    Die Schnitger-Orgel in Cappel hält nach meinem Empfinden auch heutigen Maßstäben stand, wobei natürlich die Frage bleibt, was gerade sie besonders geeignet für Bach macht. Damals wird sich diese Frage nicht gestellt haben, da die Auswahl an historischen Instrumenten in Deutschland sehr überschaubar gewesen sein wird.

    :wink: Fugato

  • PS: Hat ausser mir jemand Interesse an einer vergleichenden Diskographie der Buxtehude-Orgelwerk-Gesamteinspielungen, die im "Jubeljahr 2007" durch etliche neue ergänzt wurden, bzw. besitzt ausser mir hier überhaupt
    mehrere Einspielungen mit dieser Musik ?

    Zum ersten Teil der Frage von mir ein unbedingtes "Ja". Beim zweiten Teil muß ich passen, ich besitze nur die GA mit Harald Vogel, mit der ich bisher so zufrieden war, daß ich nicht nach Alternativen gesucht habe.

    :wink: Fugato

  • Ein Thread "Nicht von Bach" wäre gar nicht verkehrt. :pfeif:

    Das wäre sicher ein ergiebiges Thema :D

    Bei den Gesamtaufnahmen sind verschiedene Strategien bei der Auswahl der Stücke erkennbar:

    • Man lässt alles weg, was nach dem aktuellen Stand der Forschung zweifelhaft oder unecht ist (Walcha).
    • Man nimmt auch die zweifelhaften Stücke auf und kennzeichnet sie als solche (am häufigsten, Kennzeichnung schwankt je nach Sorgfalt und Forschungsstand).
    • Man nimmt neben den zweifelhaften auch die unechten Stücke auf, die früher Bach zugeschrieben wurden, und kennzeichnet sie als solche (Weinberger).

    :wink: Fugato

  • Lieber Matthias, im Faden J.S. Bach - Hitparade hast Du einen kleinen Streifzug durch Bach-Orgel-Aufnahmen unternommen, dem ich mich hier gern anschließe. Du schreibst:

    Ich habe selbst wenig Vergleichsmöglichleiten, besitze nur eine Gesamteinspielung, nämlich (vermutlich) diese:


    Marie-Claire Alain auf vier verschiedenen Orgeln (Dänemark, Schweiz, Frankreich, Erato, 15 CD, aufg. 1978-80). Die mir vorliegende Box enthält allerdings 17 CDs (finde ich leider weder bei JPC noch bei Amazon). Ich nehme an, daß es sich hier um den mittleren Zyklus von insgesamt drei Zyklen handelt.

    In den letzten Tagen habe ich mich relativ ausgiebig hier durchgehört. Mein Eindruck: Für mich so, wie Du Gerhard Weinberger charakterisierst: "mit sehr klarem Klangbild, auch sehr gut gespielt": Die Triosonaten bspw.: Herrlich, wie Frau Alain die drei Einzelstimmen liebevoll herausarbeitet. Auch die Präludien und Fugen: Niemals Klangbrei, sondern durchsichtig, klar und pulsierend (wenig Agogik), mit transparentem Kontrapunkt. Und ihre Registrierungen ganz auf (französische?) Klangsinnlichkeit aus: Mir gefällt das! Auch die Aufnahmetechnik (in Kirchen bekanntlich eine heikle Sache): räumlich, aber nie dumpf, mit herrlichen Bässen (scheint eine Spezialität von Erato zu sein: Bei Messiaen-Aufnahmen gibt es das auch).

    Fragen: Wenn Du dieselbe Edition mit M.-C. Alain meinst: Inwiefern gefällt sie Dir "gar nicht", wie Du schreibst? Und was ist an der Weinberger-Edition (von der ich schon Gutes gelesen habe und auf die ich schon ein wenig spekuliere) so anders?

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Lieber Gurnemanz,

    da war ich wohl zu vorschnell vollmundig. Ich entnehme einem der obigen Beiträge, das es mehrere GAs mit M.-C. Alain gibt. Die ich kenne, aber nicht selbst besitze, insofern kann ich nicht nachschauen, bzw nachhören, war - wohl eine ältere - LP-Box. Wenn ich deine Bescheibung lese, muß ich jedenfalls vermuten, dass ich deine Erato-Aufnahmen gar nicht kenne, denn ich habe ein häufig verschwommenes Klangbild und mir zu viel Agogik in Erinnerung. Allgemein war sie mir nicht streng genug. Ich kenne mich mit Orgeln nicht gut genug aus, aber meinem Eindruck nach wurden da zu viele Möglichkeiten der Orgel und eher der Nach-Bach-Orgeln ausgenutzt. Es klingt für mich nicht nach Bach, sondern irgendwie verspielter, was die Musik m.E. nicht nötig hat, mir ein überflüssiges "mehr" ist, das Wirkung nimmt. Wenn du schreibst, sie lege "ihre Registrierungen ganz auf (französische?) Klangsinnlichkeit aus", macht mich das jedoch auch gegenüber der Erato-Aufnahme etwas skeptisch.

    Sorry, aber weniger dilettantisch bekomme ich es gerade nicht hin.

    :wink: Matthias

  • Wenn du schreibst, sie lege "ihre Registrierungen ganz auf (französische?) Klangsinnlichkeit aus", macht mich das jedoch auch gegenüber der Erato-Aufnahme etwas skeptisch.

    Danke, lieber Matthias, damit kann ich - selber kein Orgelkenner - schon etwas anfangen. Ob M.-C. Alain nun wirklich "französisch" spielt, kann ich selbst auch nicht beurteilen; da wären wohl weitere Vergleiche nötig.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Die Orgel und ihre Literatur

    Hallo Orgelfans!
    Ich bin leider kein Orgelfachmann, aber Lieberhaber von Orgelmusik, und interessiere mehr diesbezüglich zu erfahren.
    Die Organistin Marie Claire Alain ist mir natürlich ein Begriff, feinste Sahne. Berühmt war zu seiner Zeit der etwa gleich alte Wiener Organist Anton Heiller, und schließlich der ebenfalls gleichaltrige italienische Organist, Luigi Ferdinando Tagliavini, der auch unheimlich berühmt war.
    Orgelkenner sollten natürlich auch Kenner von Orgeln sein, und da hört bei mir das Wissen mit der Silbermannorgel auf, die ich wunderschön im Klang finde.
    Ich denke, daß die Orgel als "Königin der Instrumente" heute zu Unrecht m.E. nicht ihren gebührenden Stellenwert genießt, auch punkto Zuhörer. Obige CD Box von M C Alian finde ich traumhaft schön.
    PS: Übrigens gibt es eine Menge großer französischer Orgelkomponisten.
    Vielleicht gesellt sich hier doch ein Orgelexperte hinzu, oder gleich mehrere.

  • Danke, lieber Matthias, damit kann ich - selber kein Orgelkenner - schon etwas anfangen. Ob M.-C. Alain nun wirklich "französisch" spielt, kann ich selbst auch nicht beurteilen; da wären wohl weitere Vergleiche nötig.

    Französisch sind die vier verwendeten Orgeln jedenfalls nicht, wie ich inzwischen erfahren habe, sondern anscheinend neobarock, so um 1960-80 herum erbaut. Mit französischer Klangsinnlichkeit haben wir es hier also nicht zu tun.

    Obige CD Box von M C Alian finde ich traumhaft schön.

    Ich auch - wobei es aus historisch informierter Sicht womöglich kritische Einwände geben könnte - das zu beurteilen, überschreitet allerdings meine Grenzen.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

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