Verboten, vertrieben, ermordet - Naziopfer in Film und Medien

  • Verboten, vertrieben, ermordet - Naziopfer in Film und Medien

    Wer eine Vorstellung davon bekommen will, was aus dem deutschen Film hätte werden können, wenn die Schergen des großdeutschen Wahnsinns ihr Schandwerk nicht hätten verrichten dürfen, der braucht sich nur die Filme seiner Emigranten anzusehen. Nicht nur Filme wie Michael Curtiz' CASABLANCA, auch Werke ganz anderer Genres wie John Hustons THE MALTESE FALCON, Fritz Langs RANCHO NOTORIOUS oder THE BIG HEAT, Billy Wilders DOUBLE INDEMNITY oder Otto Premingers LAURA wären ohne die europäischen Emigranten undenkbar.

    Dabei waren die Siodmaks, Sirks und Renoirs oder Stars wie Elisabeth Bergner, Adolf Wohlbrück oder Conrad Veidt, die einem heute vor allem einfallen, wenn man an deutschsprachige Künstler der Emigration denkt, noch die Glückspilze dieser Tragödie. Viele wurden auf Dauer mundtot gemacht, nur weil sie von den falschen Eltern oder mit einem Rückgrat geboren wurden. Ihnen soll, analog zu unserer Würdigung verfolgter Musiker hier Verfolgt, Emigriert, Ermordet - Die Namen bewahren , ein Gedenken bewahrt werden.

    Auch hier bitte ich, Nominierungen für diesen Thread zunächst hier einzustellen. Wenn einige beisammen sind, werden sie dann in einem alphabetisierten Thread zusammengefasst.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Gerron, Kurt (1897 - 1944) Schauspieler und Regisseur

    Das Schicksal des jüdischen Schauspielers Kurt Gerron ist wohl eines der furchtbarsten dieser an Tragödien überreichen Zeit. Er war ein Star des deutschen Stumm- und Tonfilms, der auch und als der originale Mackie Messer in Brecht/Weills DREIGROSCHENOPER ungeheuer populär. Die meisten werden ihn heute als Zauberer Kiepert in DER BLAUE ENGEL oder als Dr. Kalmus in DIE DREI VON DER TANKSTELLE kennen. 1933 floh er über Paris und andere Stationen nach Amsterdam, wo er in einem jüdischen Kabarett auftrat und nach der Besetzung des Landes durch die Deutschen verhaftet wurde. Zunächst deportierte man ihn nach Theresienstadt, wo man ihn zwang, den Propagandafilm THERESIENSTADT zu drehen, der später unter dem höhnischen Titel DER FÜHRER SCHENKT DEN JUDEN EINE STADT bekannt wurde, und in dem auch der Kompopnist Hans Krasa mitwirkte. Gerron akzeptierte unter Druck, weil er hoffte, seinen Darstellern und sich selbst das Leben retten zu können. Statt dessen wurden unmittelbar nach Abschluss der Dreharbeiten sämtliche Mitwirkenden an dem Film nach Auschwitz deportiert und vergast. Der hier abgebildete Film PRISONER OF PARTADISE ist eine bewegende Dokumentation seines Schicksals.

    -----

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Lorre, Peter (László Loewenstein) (26. Juni 1904 - 23. März 1964), Schauspieler und Regisseur



    Peter Lorre wurde in Rosenberg (Österreich-Ungarn, heutige Slowakei)
    geboren, 1913 zog die Familie nach Wien wo Lorre als Bankangestellter
    arbeitete und Schauspielunterricht nahm. 1923 Bühnendebüt. In den
    folgenden Jahren stand er u. a. in, Hamburg, Zürich und Berlin auf der
    Bühne. 1929 Leinwanddebüt und 1931 internationaler Durchbruch mit M - Eine Stadt sucht einen Mörder unter der Regie von Fritz Lang. 1933 ging Lorre nach Wien und 1934 über Paris und London, wo er für Hitchcock (Der Mann der zuviel wußte?)
    drehte, in die USA. Dort hatte er anfangs Schwierigkeiten für
    Rollen engagiert zu werden. 1937 gelang der Durchbruch mit Mr. Moto und die Schmugglerbande von dem es in den nächsten Jahren einige Fortsetzungen geben wird. Mit seinem Freund Humphrey Bogart drehte er Die Spur des Falken (John Hustin) und Casablanca (Michael Curtiz).

    Ende der Vierziger wurden die Rollen kleiner und als McCarthy begann
    seine "Kommunisten" zu jagen, ging Lorre zurück nach Deutschland und
    drehte dort 1951 seinen einzigen Film - und einen der ersten deutschen
    Filme die sich mit der jüngsten Vergangenheit zu beschäftigen versuchen
    - Der Verlorene als Regisseur und spielte auch die Hauptrolle.
    - Der Film wurde kaum beachtet, enttäuscht ging Lorre zurück in die
    USA, wo er keine nennenswerten Rollen mehr anfgeboten bekam. Ende der
    Sechziger gab es ein kleines Comeback in "B-Movies" von Roger Corman
    und Jacques Tourneur.

    Am 23. März 1964 starb Peter Lorre an einem Schlaganfall.


    "Alles Syphilis, dachte Des Esseintes, und sein Auge war gebannt, festgehaftet an den entsetzlichen Tigerflecken des Caladiums. Und plötzlich hatte er die Vision einer unablässig vom Gift der vergangenen Zeiten zerfressenen Menschheit."
    Joris-Karl Huysmans

  • Wilder, Billy (22. Juni 1906-27. März 2002) Regisseur, Drehbuchautor, Produzent


    Der Regisseur Billy Wilder wurde 1906 als Samuel Wilder in Galizien (damals Österreich-Ungarn, heute Polen) geboren. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs zog die Familie Wilder nach Wien. Dort arbeitete Wilder als Reporter. Durch Kontakt zu dem Jazzmusiker Paul Whiteman kam Wilder 1926 nach Berlin. Hier schrieb er (teilweise als Ghostwriter) Drehbücher, unter anderem gemeinsam mit Erich Kästner für den Film "Emil und die Detektive" (1931). Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 emigrierte Wilder nach Paris und von dort in die USA. Auch hier schrieb er zunächst Drehbücher, erhielt 1936 einen Vertrag von Paramount Pictures und führte ab 1942 Regie. Wilder, der später auch Produzent wurde, schrieb, inszenierte und produzierte mehr als 60 Filme. Er wurde zu einem der erfolgreichsten Drehbuchautoren und Regisseure in Hollywood, 21 Mal wurde er für den Oscar nominiert, sechs Mal erhielt er ihn, für den Alkoholikerfilm "Lost weekend" (Drehbuch und Regie), für "The Appartement" (Drehbuch, Regie und Bester Film), für "Sunset Boulevard (Drehbuch). Billy Wilder starb am 27. März 2002 in Los Angeles.

    One word is sufficient. But if one cannot find it?

    Virginia Woolf, Jacob's Room

  • Bressart, Felix (1892 - 1949) Schauspieler

    "http://i293.photobucket.com/albums/mm51/zh…4000965916-.jpg"

    Felix Bressart und James Stewart in THE SHOP AROUND THE CORNER (1940) von Ernst Lubitsch

    Von der eindringlichsten Szene dieses in Ostpreussen geborenen Schauspielers, gibt es leider kein vernünftiges Bild, aber jeder, der Ernst Lubitschs traurige KOmödie SEIN ODER NICHTSEIN (TO BE OR NOT TO BE) gesehen hat, wird sich daran erinnern, wie Felix Bressart als vermeintlicher Attentäter vor dem falschen Hitler den Monolog des Shylock aus Shakespeares DER KAUFMANN VON VENEDIG rezitiiert:

    "Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht? Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht? Wenn ihr uns vergiftet, sterben wir nicht?"

    Bereits seine Kollegen im Film bescheinigen ihm die Größe dieser Szene, und man spürt, dass sie es meinen, denn anrührender ist kaum ein Denkmal des Schicksals jüdischer Emigranten ausgefallen.

    Der in Ostpreussen geborene Schauspieler hatte von 1914 bis 1925 eine eindrucksvolle Theaterkarriere hinter sich gebracht, die ihn bis zu Max Reinhardts Theater an der Josefstadt in Wien führte. Dabei profilierte er sich zunehmend als Charakterkomiker. Seit seinem Filmdebüt in dem Stummfilm LIEBE IM KUHSTALL (1928 ) wirkte er in über 20 Filmen mit, von denen sein Gerichtsvollzieher in DIE DREI VON DER TANKSTELLE, der Soldat in DREI TAGE MITTELARREST, von dessen militaristischer Tendenz er sich später distanzierte, und DER HERR BÜROVORSTEHER (1931) Joachim Reißnagel am erfolgreichsten waren. 1933 zog er es als Jude vor, zu emigrieren und gelangte über die Schweiz, Budapest, Wien und Paris in die USA, wo er rasch Anschluss an das kleine Häuflein gut beschäftigter Emigranten fand, denen wenig übrig blieb als Deutsche und Nazis zu spielen. Immerhin hatte er das Glück, von Ernst Lubitsch besonders geschätzt zu werden, der ihm seine drei besten Rollen gab: die des russischen Kommissars Buljanoff in NINOTCHKA (1939), des kleinen Angestellten in THE SHOP AROUND THE CORNER (1940) und eben die schon erwähnte des jüdischen Kleinschauspielers in TO BE OR NOT TO BE (1942). Zu nennen wäre aber auch seine Verkörperung des KZ-Flüchtlings Poldi Schlamm in Fred Zinnemanns Verfilmung von Anna Seghers antifaschistischem Roman THE SEVENTH CROSS (1942). Eine seiner letzten Rollen verkörperte er in Wilhelm Dieterles Klassiker PORTRAIT OF JENNIE (1948 ).

    Neben seiner schauspielerischen Tätigkeit schaffte es Bressart in Los Angeles den Doktor der Medizin zu machen und als medizinischer Berater seiner Kollegen und Heilpraktiker zu praktizieren. Er starb am 17. März 1949 an Leukämie.

    -----

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Müller, Renate (1906 - 1937) Schauspielerin

    Die in München als Tochter des Chefredakteurs der Münchener Neuesten Nachrichten geborene Schauspielerin erhielt ihre Gesangsausbildung in Danzig und Berlin, wo sie bei Max Reinhardt Schauspielunterricht nahm. Nach einer kurzen Karriere an den Preussischen Staatstheatern erhielt sie mit 23 Jahren ihre ersten Stummfilmrollen. Ihr großer Durchbruch kam aber erst 1931 mit dem Tonfilmmusical DIE PRIVATSEKRETÄRIN, in dem sie einige Nummern des Erfolgskomponisten Paul Abraham sang und dessen "Ich bin ja heut' so glücklich" zum Welterfolg machte. Mit dieser Rolle eines arbeitslosen jungen Mädchens, das sein Leben nicht hinter einer Schreibmaschine verbingen will und natürlich den Bankdirektor heiratet, für den sie arbeitet, wurde sie zum Inbegriff des sympathischen Mädels von nebenan. Dieser von Wilhelm Thiele inszenierten Musikkomödie folgten viele weitere, die wie Ludwig Bergers WALZERKRIEG (1933), Reinhold Schünzels Meisterwerk VIKTOR UND VIKTORIA (1933) und DIE ENGLISCHE HEIRAT (1934) sowie Willi Forsts ALLOTRIA (1936) die Zeit überdauert haben.

    Um ihre letzten Jahre ranken sich viele Gerüchte, denn das Naziregime, das ihren Tod mindestens mit verursacht hat, wollte sich das Ende dieser populären Schauspielerin nicht anlasten lassen und verunglimpfte sie als rauschgiftsüchtige Alkoholikerin. Als gesichert darf aber wohl gelten, dass sie sich nicht mit den Machthabern einlassen wollte und wegen einer Beziehung zu einem jüdischen Exilanten unter massiven Druck gesetzt wurde. So befahl Göbbels persönlich ihre Mitwirkung an dem rassistischen Flop TOGGER (1937). Es wurde ihr letzter Film. 1937 starb sie infolge eines Sturzes aus dem Zimmer eines Krankenhauses, in das man sie gegen ihren Willen eingeliefert hatte. 1959/60 drehte Gottfried Reinhardt eine Filmbiographie unter dem Titel ihres Erfolgsfilms von 1930, LIEBLING DER GÖTTER, der aber schon wegen der Fehlbesetzung ihrer Rolle mit Ruth Leuwerik nicht diskutabel war.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • M- Eine Stadt sucht einen Mörder , 1931

    Ein früher Film Fritz Langs, viele werden ihn kennen: Ein Kinderschänder und Mörder wird gesucht, die Polizei wird seiner nicht habhaft, die Bürger geraten in Aufruhr und Panik und die Verbrechersynsikate suchen ihn, in ureigenstem Interesse, sie sehen ihre Kreise durch die aufwendige Polizeiarbeit gestört, sie finden ihn, bringen ihn zur Strecke.

    Was soll die Erwähnung dieses Films in diesem Zusammenhang?

    Es ist einer der ersten Sprachfilme und gerade die Sprache stellt ihn hier hinein. Die Sprache, die Neuentdeckung für den Film, wird verräterisch. Tragende Figur des Verbrechersyndikats ist ein Herr in einem langen Ledermantel und schwarzen Lederhandschuhen, ein Mephistopheles, der im Volksgerichtshofton dem Gericht der Verbrecher vorsitzt. Von Ausmerzen spricht der Herr, von Vernichten, Ausrotten, das gesammelte Nazivokabular fließt aus seinem Munde.

    Eine eigenartige Wendung nimmt der Film durch die Verfolgung und vor allem diese schauerliche Gerichtsverhandlung. Zitterte der Zuschauer am Anfang noch um ein weiteres Mordopfer, das vom Täter bereits umgarnt wurde und darum, ob es gelingen würde, den Mörder zu fangen, so wendet sich später das Blatt: Hoffte man zunächst, die Verfolgung würde Erfolg haben, erkennt man vor allem durch die Sprache, wo die wirklichen Verbrecher sitzen.

    Ich, so sagt der Mörder mit angstgeweiteten Augen, ich beging doch meine Taten als Getriebener, als Kranker, weil ich nicht anders konnte, ihr aber, ihr begeht eure Taten aus freien Stücken.

    Höhnisches Lachen ist die Folge. Nein, ruft der Lederbemantelte mit schneidender Stimme, Dich können wir nicht bloß einsperren,
    und dann wirst Du wieder freigelassen und mordest wieder und wieder,
    ausrotten müssen wir solche wie Dich.

    Ein symbolischer Film in früher Erkenntnis.

  • Alfred Deutsch-German

    Alfred Deutsch-German, geb. 1870 in Wien, begann als Schriftsteller und Journalist, wandte sich aber sehr früh dem Medium Film zu und hat als Pionier der österreichischen Filmkunst zu gelten. Bereits1900 stellte er dem erstaunten Wiener Publikum zum ersten Mal einen »Projektionsvorgang« vor. 1915 schrieb er das Drehbuch zu „Das Kriegspatenkind“, einem der ersten österreichischen Propagandafilme. Er inszenierte überwiegend operettenhafte Filme mit häufig biografischem, musikalisch-historischem Hintergrund (1913: Johann Strauß an der schönen blauen Donau; 1923: Wien, die Stadt der Lieder; 1925: Franz Lehár, der Operettenkönig; 1926: Franz Schuberts letzte Liebe; 1929: Erzherzog Johann; 1934: Der Musikant von Eisenstadt).

    Deutsch-German arbeitete bis 1938 als Funktionär in der österreichischen Filmwirtschaft, u.a. als Vorsitzender des Österreichischen Filmkritikerverbandes FIPRESCI. Nach dem "Anschluss" floh er ins Exil nach Nizza, um sich als Jude der Verfolgung durch die Nazis zu entziehen. Er wurde jedoch verhaftet, im Lager von Drancy interniert und am 28. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert, wo er wenig später vergast wurde.

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Ullmann, Hanns (1900 - 1940). Dramaturg, Regisseur

    Hanns Ullmann wird am 19. 08. 1900 in Elberfeld geboren. Nach einem 1922 durch Promotion abgeschlossenem Studium arbeitet er zunächst als Feuilleton-Redakteur. Ab 01. 12. 1926 ist er bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) als Leiter der Programmabteilung sowie Dramaturg und Regisseur in der Hörspielabteilung angestellt. Weil er Jude ist, wird er am 31. 03. 1933 entlassen. Er flieht in die Niederlande, wo er als Versicherungsagent arbeitet.
    Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande stirbt Hans Ullmann im Mai 1940 in Amsterdam durch Selbstmord.

  • Hartmann, Hanns (1901 - 1972). Intendant

    Hanns Hartmann wird 1901 in Essen geboren. Er besucht sie Oberrealschule, noch vor dem Abitur verlässt er die Schule und beginnt eine kaufmännische Lehre sowie eine Schauspielausbildung. 1925 beginnt seine Theaterkarriere, als jüngster Intendant in Deutschland übernimmt er das Hagener Stadttheater. 1929 wird er als Generalintendant zu den Städt. Bühnen Chemnitz berufen und im März 1933 von den NS-Machthabern abgesetzt.
    Hanns Hartmann bleibt in Deutschland und weigert sich, sich von seiner jüdischen Ehefrau, der Opernsängerin Ottilie Schwartzkopf zu trennen. Er arbeitet als Verlagsdirektor der Edition Meisel in Berlin und erweitert das Programm dieses Verlags um Bühnen-, v.a. Operettenliteratur. Es gelingt ihm mit einiger Chuzpe, der Einberufung zu entgehen und mit Hilfe von Freunden seine Frau an wechselnden Orten zu verstecken und so zu retten.
    Nach dem Krieg wird Hartmann Intendant am Metropol-Theater im sowjetisch besetzten Sektor Berlins. Im Oktober 1946 verlassen er und seine Frau Ost-Berlin unter ungeklärten Umständen unter falschen Namen und kommen über Frankfurt nach Hamburg. Am 01.09.1947 übernimmt er das Amt des Intendanten beim NWDR Köln, das er auch nach der Trennung des NWDR beim nun selbständigen WDR bis zum 31.12.1960 behält.
    Hanns Hartmann stirbt am 05. 04. 1972 in Mindelheim.

  • Heil, Carl (1901 - 1983). Sprecher, Geräuschemacher, Regisseur, Schauspieler

    Carl Heil wird am 15. 92. 1901 in Elberfeld als Sohn eins Arbeiterehepaars geboren. Von 1918 -1921 macht er eine Lehrerausbildung. Mangels Stelle geht er nach Köln, um dort ein breit angelegtes Studium in Literatur, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft zu absolvieren. Außerdem arbeitet er als Schauspieler und Inspizient für Kölner Bühnen. Ab 1927 ist er zunächst gelegentlich, später kontinuierlich als Sprecher, Spielleiter und Geräuschemacher bei der WERAG (Westdeutscher Rundfunk AG) ohne festen Vertrag beschäftigt. Dem Geräuschemacher oblag es, eine akustische Kulisse für die Rundfunksendungen herzustellen und diese auch zu archivieren. 1931 ist er aufgrund dieser Erfahrungen auch in Paris tätig.
    Der Pazifist Carl Heil gehört der politischen Linken an und muss den Sender im Frühjahr 1933 verlassen. Am 15. 02. 1933 wird seine Wohnung durchsucht, am 01. 04. 1933 wird seine Wiederbeschäftigung untersagt. Heil emigriert nach Frankreich und kann aufgrund seines Visums für die frühere Tätigkeit in Paris bleiben. Er arbeitet bei Film und Rundfunk, als Statist, Synchronsprecher, Übersetzer, sowie als Sprecher für den deutschsprachigen Rundfunk.
    Im Juni 1940 wird er in Nimes interniert, später folgt ein Arbeitslager bei Langlade, 1942 wird er entlassen. Nach der Besetzung Süd-Frankreichs durch deutsche Truppen besorgt er sich falsche Papiere auf den Namen Charles Hébert.
    Nach einer Denunziation wird er im Juli 1943 von der Gestapo verhaftet und in Maseille sowie in Les Bourmettes, Lager Compìegne inhaftiert. Danach kommt er ins KZ Buchenwald, Baubrigade Ellrich. Anfang April 1945 begeben sich die Häftlinge, die noch dazu fähig sind, auf den Marsch nach Oranienburg. Nach wenigen Tagen werden sie von amerikanischen Truppen befreit.
    Heil kehrt nach Paris zurück, wo er sich unter dem angenommenen Namen Charles Hèbert naturalisieren lässt. Er arbeitet bis zum Ruhestand 1966 als freier Journalist und Sprecher beim französischen Rundfunk
    Carl Heil stirbt am 18. 11. 1983 in Paris.

    s.a. "http://www.kulturation.de/ki_1_text.php?id=23"

  • Vordemberge, Els (1902 - 1999). Leiterin des Kinderfunks

    Els Vordemberge wird 1902 in Wien geboren. Bei Louise Dumont in Düsseldorf macht sie eine Schauspielausbildung. Ihre Engagements führen sie nach Düren, Düsseldorf und Osnabrück. Bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) ist sie ab 1927 als Sprecherin angestellt, später übernimmt sie die Leitung des Kinderfunks. Als Jüdin wird sie 1933 entlassen, sie erhält Hausverbot. Nachdem die Verfolgungen einsetzen, organisieren ihr Mann, der Künstler Friedrich Vordemberge und Freunde ihre Flucht von Versteck zu Versteck. Bei Kriegsende lebt sie in Bad Honnef.
    Ab 1946 ist Els Vordemberge beim NWDR in Köln Leiterin des Kinderfunks bis zu ihrem Ruhestand 1964. Sie stirbt 1999.

  • Maass, Alexander (1902 - 1971). Schauspieler, Sprecher

    Alexander Maass wird am 11. 04. 1902 in Essen geboren. Als Schauspielschüler und Volontär ist er ab 1919 am Stadttheater Essen. Von 1921 an hat er Engagements an verschiedenen Bühnen, so in Düren, Köln, Münster. Er tritt 1926 in die KPD ein. Ab 1927 arbeitet er als Sprecher bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG), daneben ist er journalistisch für verschiedene Zeitungen tätig. Von Oktober 1931 bis August arbeitet er beim sowjetischen Staatsrundfunk in Moskau mit.
    Zurückgekehrt nach Deutschland emigriert er 1933 nach Frankreich. 1935 ist er in Spanien, wo er am Bürgerkrieg teilnimmt und die Auslandssendungen des republikanischen Rundfunks organisiert. Er wird Freiwilliger der spanischen Miliz, dann Angehöriger der Centuria Thälmann, XII. Internationale Brigade. Als Hauptmann wird er 1936 schwerverwundet. Danach arbeitet er als Sprecher beim Deutschen Freiheitssender Kurzwelle 29,8, zuletzt ist er Informationschef der 45. Division.
    1938 gerät er in Konflikt mit der KPD. Er tritt aus der Partei aus und flüchtet nach Frankreich. Dort findet er Anschluß an den Kreis um Willi Münzenberg. Nach Kriegsbeginn organisiert er im Auftrag des französischen Informationsministeriums deutschsprachige Rundfunksendungen. 1940 wird er in der Bretagne interniert. Ihm gelingt die Flucht nach Marseille, mit britischer Hilfe gelangt er von dort nach Oran. Was als Ausreise nach Mexiko geplant war, endet über die Bermudas und Kanada in Großbritannien.
    Im Auftrag der britischen Besatzung kommt er 1945 zum NWDR Hamburg. Dort wird er u.a. Leiter der Rundfunkschule (an der z.B. auch Gerd Ruge ausgebildet wurde). 1950 wird er Programmdirektor. Im beginnenden Kalten Krieg wird er als Kommunist denunziert. Anläßlich der Trennung des NWDR in WDR und NDR 1956 scheidet er aus dem Rundfunk aus. Er veranstaltet Rednerkurse für DGB und SPD. 1958 - 1962 ist er Geschäftsführer beim Ausschuss “Kampf dem Atomtod” in Bonn. Nach Aufgabe dieser Kampagne kommt es gelegentlich noch zur Mitarbeit im Rundfunk .
    Am 13. 11. 1971 ist Alexander Maass in Bad Homburg gestorben.

  • Worm, Fritz (1887 - 1940). Dezernent Literatur u. Geisteswissenschaften

    Fritz Worm, 1887 geboren, entstammt einer jüdischen, assimilierten Familie aus Oberschlesien. 1910 lebt er als Inhaber einer Buchhandlung in Düsseldorf, die als Treffpunkt für Schriftsteller und Künstler gilt. Von 1910 - 1914 rezensiert er in seiner “Bücherschau” alte und neue Bücher. Nach dem Krieg, den er an der Westfront erlebt, kehrt er nach Düsseldorf zurück. Seine Buchhandlung wird aufs neue Treffpunkt für Künstler und nun auch Vereinsadresse des 1919 gegründeten “Immermannbundes”, der wichtige Vertreter der Klassischen Moderne zu seinen Veranstaltungen heranzieht.
    1927 ist Worm als freier Mitarbeiter bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG), 1928 wird er festangestellt als Dezernent für Literatur und Geisteswissenschaften.
    Als Jude und Sozialist wird Worm 1933 entlassen Er arbeitet für den Jüdischen Kulturbund Rhein-Ruhr, es gelingt ihm nicht, eine feste Anstellung zu finden. Nach einer Hausdurchsuchung emigriert er 1936 nach Brasilien, wo er von Übersetzungen, Deutschunterricht und Vorträgen und Lesungen über die deutsche Klassik und Kultur lebt. Er leidet sehr unter dem Klima und ist oft krank. In seinen Briefen an Richard Weimar (s. hier unter Weimar) berichtet er von den Mühen und Beschwernissen dieses Lebens.
    Am 09. 05. 1940 ist Fritz Worm in Rio de Janeiro gestorben.

  • Weimar, Richard (1903 - 1983). Schauspieler, Sprecher, Regisseur

    Richard Weimar wird am 02. 08. 1903 in St.Petersburg geboren. Nach Beginn des 1. Weltkriegs und der folgenden Internierung übersiedelt die Familie 1915 nach Berlin. Richard Weimar macht eine kaufmännische Lehre, nimmt Schauspielunterricht und wird Volontär an der Volksbühne Berlin. 1924 ist er am Schauspielhaus Düsseldorf, 1925 -1926 in Köln, 1927 wieder in Berlin. 1928 wird er als Sprecher bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) angestellt. Im Juni 1933 erhält er die Kündigung.
    Danach versucht Richard Weimar wieder am Theater Fuß zu fassen. Er spielt einige Rollen an Berliner Theatern, 1938 hat er eine Rolle im Film “Du und ich”. Ab 1938 arbeitet er an Theatern in Meiningen, Kassel und Posen. 1944 wird er Soldat, gerät 1945 in russische Kriegsgefangenschaft, zunächst im Ural, später in der Umgebung von Moskau.
    Aus der Gefangenschaft entlassen ist er im Herbst 1949 wieder in Berlin. Ab März 1950 ist er Schauspieler und 1. Spielleiter am Staatstheater Schwerin, 1956 -1958 Oberspielleiter in Halle, ab 1958 Schauspieler und Sprechmeister am Staatstheater Dresden.
    Am 04. 07. 1983 stirbt Richard Weimar in Erfurt.

  • Kohrs, Karl (1911 -1985). Hausschreiner

    Karl Kohrs wird am 06. 01. 1911 geboren. Ab 1930 arbeitet er bei der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) als Hausschreiner. Im Juni 1933 erhält er die Kündigung weil er Mitglied der Zentrumspartei und katholischer Jugendführer ist. Danach macht er sich selbständig mit einer Werkstatt für Innenausbau bis er Soldat werden muss. Nach dem Krieg kommt er 1945 zum NWDR Köln bis zu seinen Ruhestand 1976, zuletzt als Hauptsachbearbeiter im Einkauf.
    Karl Kohrs stirbt am 06. 01. 1985.

  • Brückner, Franz Peter (1886 - 1956). Kritiker, Redakteur

    Franz Peter Brückner wird am 24. 06. 1886 geboren. Von 1905 - 1912 studiert er, von 1913 bis 1932 ist er Redakteur beim “Kölner Tageblatt” sowie Schauspiel- und Kunstkritiker. 1928 wird er Chefredakteur der Programmzeitschrift “Die Werag”. Ab April 1933 ist er auf der Flucht: Frankreich, Spanien, aus der Schweiz ausgewiesen, Italien und wieder Frankreich. Er übernimmt jede nur erdenkliche Arbeit, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Dezember 1943 wird er von der Gestapo in Nizza gesucht.
    Ab Dezember 1946 ist er beim NWDR Köln als stellvertretender Leiter der Abteilung Künstlerisches Wort bis zu seinem Ruhestand 1952 Er stirbt 1956.

  • Hardt, Ernst (1876 - 1947). Schriftsteller und Intendant

    Ernst Hardt wird 1876 in Graudenz geboren. Von 1882 - 1893 besucht er die Schule und eine Kadettenanstalt, die er jedoch vor Abschluss der Ausbildung verlässt. Er begibt sich auf Reisen, erste journalistische und schriftstellerische Arbeiten erscheinen. Von 1898 - 1900 ist er Feuilletonchef der Dresdener Zeitung, danach arbeitet er als freier Schriftsteller. Im 1. Weltkrieg wird er aus gesundheitlichen Gründen nicht eingezogen, stattdessen ist er ehrenamtlicher Dolmetscher in einem Kriegsgefangenenlager.
    Von 1919 - 1924 leitet er als Generalintendant das Landestheater Weimar, danach ist er von 1925 - 1926 Intendant am Schauspielhaus Köln. Im Juli 1926 wird er zum Intendanten der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) gewählt.
    Ende März 1933 wird Hardt beurlaubt und ein Hausverbot gegen ihn erlassen, danach erfolgt die Kündigung und Vertragsauflösung. Am 10. 09. 1933 wird er verhaftet und verbringt eine Woche im Gefängnis, im Rundfunkprozess 1935 wird er jedoch vollständig rehabilitiert. 1934 wird er in die Reichsschrifttumskammer aufgenommen. 1935 übersiedelt er nach Berlin, 1943 nach Ichenhausen. Dort suchen ihn Vertreter der britischen Besatzung auf mit der Bitte, Rundfunkintendant in der britischen Zone zu werden, aus gesundheitlichen Gründen muss er dies ablehnen.
    Ernst Hardt stirbt im Januar 19947 in Ichenhausen.

  • Sistig, Alfred Erich (1909 - 1980). Spielleiter und Regisseur

    Alfred Erich Sistig wird 1909 in Hagen geboren. Nach Absolvierung der Oberrealschule und einer Banklehre kommt er 1929 als Assistent und Spielleiter der Hörspielabteilung und Mitarbeiter in der Literaturabteilung zur WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG). 1933 scheidet er aus und arbeitet danach als Spielleiter an Theatern, Dialogregisseur bei der UfA und als Drehbuchautor.
    Ab 01. 01. 1946 wird er Chefdramaturg beim Bayr. Staatsschauspiel München, ab 01. 06. 1946 stellvertretender Intendant und Regisseur bei den Münchner Kammerspielen. 1960 wir der Intendant der Städtischen Bühnen Münster und ab 1968 ist er Intendant des Staatstheaters Wiesbaden. 1980 stirbt Alfred Erich Sistig in Duisburg.

  • Lewy, Fritz (1893 - 1950). Graphiker, Bühnenbildner, Pressestellenleiter

    Fritz Lewy wird 1893 in Essen geboren. Von 1911 bis 1914 absolviert er an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf eine Ausbildung in Malen und Zeichnen, Typographie, Buchgestaltung und studiert Kunstgeschichte in Bonn. Nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg kehrt er 1918 nach Düsseldorf zurück, wo er als freier Grafiker arbeitet. Am Theater in Düsseldorf gestaltet er Bühnenbilder und Kostüme zu Schillers Turandot. 1921 finden wir ihn als Bühnenbildner am Theater in Weimar. Als Wohnungsnachbar von Paul Klee knüpft er Verbindungen zum Bauhaus. 1926 wechselt er mit Intendant Ernst Hardt (s. hier unter Hardt) ans Schauspielhaus in Köln.
    1928 wird er Leiter der Propagandaabteilung (eine Art Pressestelle) der WERAG (Westdeutsche Rundfunk AG) in Köln. Er gestaltet die Veröffentlichungen des Senders wie Programmzeitschrift, Jahrbücher und das Briefkopflayout im Stil der Neuen Sachlichkeit. Als Jude und Linker wird Lewy im März 1933 beurlaubt und im Juni gekündigt. Er flieht nach Spanien, arbeitet dort als Plakat- und Buchgestalter, auch beim Film wird er tätig. 1938 emigriert er in die USA. Er findet Arbeit in Cincinnati, 1947 wird er Dozent, später auch Fakultätsmitglied an der Art Academie of Cincinnati.
    1950 stirbt Fritz Lewy in Cincinnati.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!