Ich finde das Finale nicht missglückt. Und selbst, wenn es so "sein" sollte, mir gefällt es.
maticus
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Kater Murr schrieb:
Dagegen könnte man auch Versuch setzen, dass hier nicht mehr erklärungsbedürftig ist als in der 4. oder 5. oder irgendeiner anderen Mahlersinfonie, wenn man nicht mit relativ eng vorgefassten Vorstellungen herangeht.
Kater Murr schrieb:
Wenn eine Sinfonie "die ganze Welt" darstellen soll, dann kann sie eben auch nebeneinander stellen, was nicht offensichtlich schlüssig verbunden ist. (Die Nacht bringt den Tag nicht kausal hervor.)
Kater Murr schrieb:
Vielleicht ist Mahler sogar bewusst enigmatisch? Das ist doch eine Adorno-Figur, der Rätselcharakter eines Kunstwerks. Hoffentlich nicht mit so einer simplen Lösung wie "ironisch gemeint".
Kater Murr schrieb:
Gielen versucht dann wenigstens noch zu zeigen, dass etwas durch klangliche Aushöhlung "demontiert" wird. Das müsste ich mir nun mal im Detail anhören, ob ich das plausibel finde.
Gurnemanz schrieb:
Verstehe ich nicht: Inwiefern würde ein ironisch gemeinter Jubel diffamieren?zabki schrieb:
1. hat für mich was von oben herab, es diffamiert. Das würde ich bei Mahler letztich nicht annehmen.
genau, vorsichtigerweise schreibe ich "affiermiert nicht besonders", weil mir das mit der Affirmation sowieso äußerst unklar ist.[/quote]Auch hier verstehe ich Dich nicht: Wenn ich "überdrehe" - oder ein anderes Wort: "übertreibe" bzw. wie Gielen: "überziehe" -, ist doch gerade das nicht affirmierend.zabki schrieb:
2. Überdrehung ist eigentlich nicht gegen das gerichtet, was überdreht wird, aber affirmiert es auch nicht besonders.
Amfortas09 schrieb:
Einerseits:Gurnemanz schrieb:
Ein musikalischer Pickelhauben-Stil?
Pickelhaube schließt mein Brägen keinesfalls aus. Warum sollte Mahlers fetzige Mucke nicht vom Total-Miesen des beginnenden 20. Jahrhunderts kontaminiert sein. Seine Mucke funzt weder im Vakuum, noch chillt sie als ferne Datsche auf Krim.
Gurnemanz schrieb:
Nochmals zum Finale: Unterschiedliche Sichtweisen wurden hier ja schon ausführlich diskutiert, z. B.: Affirmativ oder ironisch? Ist der Jubel "echt" oder gibt es zumindest ironische Untertöne?
Falls ich dein Posting korrekt checke, meinst du damit, dass die Chose in Mahler Finale keinesfalls aus selbstgefälliger/selbstgerechter Warte/Perspektive verzapft ist, selbst wenn darin Affirmator quasi simultan in die Schnauze gehaun wird ?zabki schrieb:
ich würde versuchen, zwei Dinge zu unterscheiden, die bei Gielen gleichgesetzt sind:
1. Ironie, Destruktion etc. -- 2. Überdrehen
1. hat für mich was von oben herab, es diffamiert. Das würde ich bei Mahler letztich nicht annehmen.
2. Überdrehung ist eigentlich nicht gegen das gerichtet, was überdreht wird, aber affirmiert es auch nicht besonders. Quasi nüchtern: eine bestimmte ausdruck so wie auch trauer oder festlichkeit. Überdrehung wäre m.E. auch noch um eine Nuance nicht das richtige Wort.
Wenn ja, würde sich mein Brägen dem anschließen.
Vielleicht könnte das Wörtchen „Überdrehen“ in Brechung umgemodelt werden. So wärs nicht wie von oben herab. Der in Mahlers Mucke vermöbelte Affirmator wär dann Gestalt von Brechung aufgehoben und nicht platt/hämisch denunziert.
Kater Murr schrieb:
"Überdrehen" bedeutet hier doch, eine Emotion oder einen Affekt ins "Übertriebene" steigern. Das bedeutet normalerweise sicher nicht, dass man sich von der Emotion distanziert. Im Gegenteil, man ist total mitgerissen.
motiaan schrieb:
Mir scheint, hier wird eine Erwartungshaltung demaskiert, und was sich darunter verbirgt, ist - nichts. Es ist eine Enttäuschung, die schockiert und befremdet.
zabki schrieb:
warum fragt man eigentlich gerade bei Musik, ob diese "echt" oder "ernst gemeint" ist?
Gurnemanz schrieb:
Wenn ich "überdrehe" - oder ein anderes Wort: "übertreibe" bzw. wie Gielen: "überziehe" -, ist doch gerade das nicht affirmierend.
Amfortas09 schrieb:
Vielleicht könnte das Wörtchen „Überdrehen“ in Brechung umgemodelt werden
Kater Murr schrieb:
"Überdrehen" bedeutet hier doch, eine Emotion oder einen Affekt ins "Übertriebene" steigern. Das bedeutet normalerweise sicher nicht, dass man sich von der Emotion distanziert. Im Gegenteil, man ist total mitgerissen.
Symbol schrieb:
Anders ausgedrückt: wir können uns ziemlich sicher sein, dass dieser Satz so klingt, wie Mahler ihn haben wollte. Wenn er dann als reiner Jubelsatz in den Ohren vieler Hörer nicht funktioniert: ist dann nicht das Hinterfragen der Ernsthaftigkeit dieses Satzes eine naheliegende Konklusion?
zabki schrieb:
gewissermaßen seine charakterlichen Überspannungen und Überdrehungen als adäquates Gegenstück zu den direkter thematischen und harmonischen Überspannungen des ersten Satzes. Die ganze Sinfonie also völlig ausbalanciert,
zabki schrieb:
Aber warum sollten Pickelhauben in Mahlers Musik diese "kontaminieren"?
Man ist "gegen" Pickelhauben, klar aber die Darstellung von oder besser des "Geistes" von Pickelhauben ist deshalb doch nichts abzulehnendes
zabki schrieb:
Sicher, eine Distanz zum Dargestelten muß sein.
zabki schrieb:
Würde die nicht allein schon dadurch eintreten, daß das Kunstwerk eben "gzut" ist, was immer das heißt?
zabki schrieb:
Für mich selbst kann ich da nicht völlig mitgehen, den agressiven Zug an der Sache.
zabki schrieb:
Das Kunstwerk hat ohnehin eine selbstbezügliche Distanz zur Nichtkunst
Kater Murr schrieb:
Wo kommt denn die Pickelhaubenprojektion her? Ich finde das eine ziemlich abwegige Assoziation; das Finale klingt nicht mehr wie ein preussischer (oder österreichischer) Militärmarsch als die Marschmotive in den ersten beiden Sätzen (m.E. klingt es deutlich weniger danach)
Kater Murr schrieb:
Mich würde interessieren, ob und wenn ja, warum deutlich weniger Hörer Schwierigkeiten mit dem m.E. sehr ähnlichen Finale der 5. haben.
Amfortas09 schrieb:
Weiß nicht, ob viele beim Reinziehn vom Finale der 5. weniger Schwierigkeiten haben.Kater Murr schrieb:
Mich würde interessieren, ob und wenn ja, warum deutlich weniger Hörer Schwierigkeiten mit dem m.E. sehr ähnlichen Finale der 5. haben.
Meine Lauscherchen stoßen vor allem auf Unterschiede zwischen beiden Mucken.
Finale der 5., sowas wie Sonaten-Rondo oder Sonate, kommt mir vergleichsweise blockhaft rüber und nimmt einen beim Reinziehn mit an der Hand zum Ziel: der Choral vom 2. Satz.
Im Finale von der 7. gibts zwar am Ende auch Rückgriff, allerdings auf 1. Satz. Und Final-Chose der 7. kommt mir nicht dermaßen zielgerichtet rüber, wie in der 5.; eher im Trend zerfasernd.....
Kater Murr schrieb:
Wo kommt denn die Pickelhaubenprojektion her? Ich finde das eine ziemlich abwegige Assoziation; das Finale klingt nicht mehr wie ein preussischer (oder österreichischer) Militärmarsch als die Marschmotive in den ersten beiden Sätzen (m.E. klingt es deutlich weniger danach).
philmus schrieb:
führt eine etwaige "jubelnde" Stimmung quasi sofort ad absurdum...
philmus schrieb:
Adorno würde sagen: Pseudo-)Polyphonie
Eusebius schrieb:
Das Zukunftweisende in der Musik Mahlers ist ja evident
zabki schrieb:
ich gebe zu, es ist ein Unterschied zwischen Mahler und Ives (obwohl die bemerkenswerter Weise die Züge von wehmütiger Nostalgie gemeinsam haben).
Ives ist jedenfalls m.E. nicht "gebrochen". er findet alles schön. ein Ton ist schön, also her mit den Tönen, am besten gleich ganz viele zusammen. ein Marsch ist schön, also sind 4 gleichzeitig noch schöner ...aber tolle Musik ...
Kater Murr schrieb:
Abgesehen davon, dass das 7-Finale nicht besonders marschmäßig ist, sind Marschthemen bei Mahler viel zu häufig und zu unterschiedlich, um ein Chiffre für so was wie "Pickelhaubenmilitarismus" zu sein.
Kater Murr schrieb:
(Nochmal, woher kommt die Idee, dass Mahlers Musik als wesentliches Thema Kritik oder Entlarvung oder was weiß ich bzgl. dieses Aspekts seiner Zeit haben soll? Gibt es da irgendwelche Äußerungen oder andere Quellen von Zeitgenossen?)