Schönberg – Wege und Zugang zu seiner Musik

  • Ich schlage mal vor, das wir erstmal in diesem Thread weiter über Schönbergs Werke posten. Anfänge über Werke sind immer schwer. Gegebenenfalls kann sich aus einzelnen Beiträgen und Diskussionen ein eigener Thread über ein bestimmtes Schönbergwerk ergeben, und wir könnten ja dann einen Mod bitten, das thematisch Zusammengewachsene in einen Extra-Thread zu einer bestimmten Schönbergkomposition einzuflechten. Auch ist mit dem jetzigen Zusatnd des Threads die Wahrscheinlichkeit geringer, dass dieser in vorzeitigem Winterschlaf verfällt, als wenn nur über eine einzige Schönbergkomposition debattiert werden würde...

    Es könnten z.b. Beiträge gepostet werden über ein besonders intensives Konzert- oder Radioerlebnis mit Schönbergmusik.

    Oder vielleicht könnten sich auch diejenigen einbringen, die noch Schwierigkeiten mit Schönbergs Musik haben. Wer weiss, vielleicht kommen sie danach wie verwandelt aus diesem Thread heraus und werden auch zu Schönberg-Junkies ;+).

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Ich sage ja auch nicht, dass dieser Thread dann wird ruhen müssen :) Auch allgemein gibt es fraglos viel zu Schönberg zu schreiben. Er hat ja total viele Facetten in seinen Werken untergebracht - es gibt aggressiv klingenden (Napoleonode), schönen klangschwelgenden (6 kleine Klavierstücke), auch gutgelaunten (Serenade, Suite Op. 29) Schönberg! Wenn man den bisher noch skeptischen Interessierten näherbringen könnte, dass atonale Musik längst nicht immer düster, hoffnungslos und selbstmordgefährdungshervorrufend (Überlebender aus Warschau?) ist, wäre schon viel gewonnen. :)

  • Zitat

    Wenn man den bisher noch skeptischen Interessierten näherbringen könnte, dass atonale Musik längst nicht immer düster, hoffnungslos und selbstmordgefährdungshervorrufend (Überlebender aus Warschau?) ist

    wobei ich bekennen muss, dass die düstere, agressive Seite in Schönbergs Musik diejenige ist, die mich besonders fasziniert... in den Threads über Wozzeck bzw. Atonalität hatte ich mal die Frage aufgeworfen, ob die sog. tonale Musik tatsächlich "beschwingter", "lebensfroher" daher kommt, als die sog. atonale. Ich habe da meine - nicht unberechtigten - Zweifel...

    Zitat

    schönen klangschwelgenden


    ja, das Klangschwelgerische in allen Phasen von Schönbergs Musik (auch in seinen "strengsten") ist ein nie zu überschätzendes Moment.....

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • folgende Message ist bei Klassic.com zu lesen:

    Budapest, 04.12.2009. In Budapest sind Unbekannte in das Haus des ungarischen Komponisten und Dirigenten Zoltan Kocsis eingebrochen und haben seinen Laptop gestohlen. Kocsis hatte darauf die Partitur seines gerade fertig komponierten dritten Aktes von Arnold Schönbergs (1874-1951) Oper "Moses und Aron" gespeichert. Dies berichtet die Nachrichtenagentur MTI unter Berufung auf Kocsis.
    Ich vermute, dass diese Nachricht keine Ente ist denn es steht weiter geschrieben:
    Mit dem Verlust des Laptops ist nun die Weltpremiere der vollständigen Oper Mitte Januar gefährdet.
    Zoltan Kocsis fertigte die Komposition des dritten Aktes auf der Grundlage von nur wenigen Entwürfen Schönbergs an. Auch die in den USA lebenden Erben Schönbergs hatten zuletzt ihr Einverständnis gegeben, die von Kocsis vervollständigte Fassung der Oper aufzuführen. Nun hofft man in Budapest, dass die Aufführung nicht abgesagt werden muss, dass die Partitur irgendwie doch noch rekonstruiert werden kann oder dass der Computer mit den Daten wieder auftaucht.

    Eine Aufführung einer gelungenen Rekonstrution wäre möglicherweise eine Sensation, denn es ist mir nicht klar, ob die Idee des Werkes Moses + Aron wirklich mit dem 2. Akt abgeschlossen ist ..

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Wenn die Weltpremiere davon abhängt, wird der Meister ja wohl Sicherungskopien gemacht haben. Wenn nicht, ziemlich dumm... Scheint mir aber nur schwer vorstellbar.

    :wink: maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
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  • Zitat

    Den Text für den dritten Akt hatte Schoenberg ja schon geschrieben, oder? Und "nur" die Musik fehlte noch?

    der M + A endet ja mit dem bekannten Ausspruch: O Wort, du Wort, das mir fehlt! dazu das lange Fis... und es drängt sich die Frage auf, warum der M + A nicht vollendet werden konnte. Weil es nach solch einem eindringlichen Schluss weiterer musikalischer Verlauf kaum möglich scheint ? Ich weiß es natürlich nicht.. mich würde aber die Komplettierungs-Version mehr als brennend interessieren...

    Zitat

    Wenn die Weltpremiere davon abhängt, wird der Meister ja wohl Sicherungskopien gemacht haben. Wenn nicht, ziemlich dumm... Scheint mir aber nur schwer vorstellbar.

    Na, hoffentlich bleibt das unvorstellbar... es wäre mega-bescheuert...

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Wenn ich an die Komplettierung der Lulu durch Cerha denke, weiß ich gar nicht, ob so viel zu hoffen ist von einer von Moses und Aron...?
    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Zitat

    Wenn ich an die Komplettierung der Lulu durch Cerha denke, weiß ich gar nicht, ob so viel zu hoffen ist von einer von Moses und Aron...?

    wollen wir diese besser nicht zu schlecht machen :shake: ;+) .... unter Levine (vom 20.04.02 NYC) klingt sie nämlich gar nicht übel :yes: .... und wollen wir nicht gleich den Stab über Zoltan Kocsis brechen.. vielleicht gibt es genug Material in Kompositions- + Instrumentationsskizzen, wer weiß ?( .... Problem: durch diese Klassik-Message wurde ein Bedürfnis geweckt und gleichzeitig große Frustration, weil es nicht erfüllt wird...

    :wink:

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  • der M + A endet ja mit dem bekannten Ausspruch: O Wort, du Wort, das mir fehlt! dazu das lange Fis... und es drängt sich die Frage auf, warum der M + A nicht vollendet werden konnte.

    Hi,

    Schoenbergs Website sagt:

    "III. Akt: »Arons Tod«
    »Moses und Aron« blieb Fragment: Musik zum III. Akt existiert nur in Form einiger Skizzen; der Text hingegen wurde – wenngleich auch nicht als endgültig betrachtet – fertiggestellt. An Versuchen, den Akt zu vollenden, mangelte es nicht, wie folgende Briefstellen belegen: »Ich will den dritten Akt meiner Oper so rasch als möglich (ich hoffe in drei Monate) vollenden« (an die UE, 11. Juli 1932) »Jetzt will ich arbeiten: 'Moses und Aron' III. Akt ...« (an Alban Berg, 16. August 1934) »Dann aber plane ich [...] 'MOSES und ARON' endlich fertig zu komponieren.« (an Peter Lafite, 27. März 1946) »Wenn ich arbeiten könnte, [...] am liebsten die 'Jakobsleiter' und 'MOSES und ARON'« (an René Leibowitz, 5. November 1948)"

    :wink: Philipp

  • Zitat

    Musik zum III. Akt existiert nur in Form einiger Skizzen;

    jetzt müsste man mal wissen, was (also auch wieviel) auf diesen Skizzen niedergeschrieben ist. Es wäre auch möglich, dass es ein Komplettierungsversuch von Kocsis ist, der das Fragmentarische, Unabgeschlossene nicht verleugnen möchte. Interessant, dass die Erben (und wäre ja auch Nuria Nono-Schönberg zu nennen) sich nicht gegen den Versuch stellen... aber das sind allles reine Spekulationen.... mein Problem ist, dass mir diese Nachricht des - vermutlich weit fortgeschrittenen - Komplementierungsversuches von Kocsis mir nicht mehr aus meinem Kopf geht..

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • es drängt sich die Frage auf, warum der M + A nicht vollendet werden konnte.

    Habe eben ein Zitat gefunden, möchte aber noch nicht verraten, wer es äußerte :wink: (vielleicht kennst Du es als Schoenberg-Kenner ohnehin schon), Auflösung auf Wunsch­:

    "Und nun verstehe ich, warum du, geliebter Freund, so wie Moses und Aron das gelobte Land nicht betreten darfst: Der Gedanke (...) läßt [...] keine materielle Verwirklichung zu. Wer sich dem Gedanken ergibt, muß entweder auf den Versuch der Verwirklichung verzichten; oder aber sich mit einer Verwirklichung begnügen, welche er nicht erleben möchte. Darum werden alle, die einen Gedanken leben müssen, zu Märtyrern an ihm; darum werden immer andere die Früchte seines Wirkens genießen; darum darf er das gelobte Land niemals selbst betreten..."

    Philipp :)

  • Zitat

    vielleicht kennst Du es als Schoenberg-Kenner ohnehin schon), Auflösung auf Wunsch­:


    ich hoffe, dass ich kein Schönberg-Kenner bin bzw. werde, denn dann fehlte mir möglicherweise so etwas wie "Eros" wenn ich mich mit Schönbergs Musik beschäftige...

    Nein bei diesem Zitat muss ich passen, Auflösung würde mich natürlich sehr interessieren. In seiner Rigerosität ist es für mich sehr typisch für den Moses und Aron.... Also spann mich nicht zu sehr auf die Folter.

    Zitat

    Der Gedanke (...) läßt [...] keine materielle Verwirklichung zu...


    damit tue ich mich natürlich so schwer wie Moses und Aron.

    Die Stimme im Dornbusch (Orchestersatz dabei mit großem Ausdruck) " Du hast die Greul gesehen, die Wahrheit erkannnt.." ist noch beeindruckender als der "Schluss" (?) "Oh Wort, du Wort, das mir fehlt." .....

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Jetzt hast Du mich neugierig gemacht auf das Drama, was ich nicht kenne, jetzt habe ich Blut geleckt... Danke für den Link.

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • um das beurteilen müsste ich natürlich erstmal das Stück gelesen haben. Aber selbst die Kurzopern bzw. Jakobsleiter (als Fragment) mit Libretti, die nicht immer das Gelbe vom Ei sind (den Text der Jakobsleiter finde ich grauslich, kommt mir vor eine Zusammenballung von Hofmannsthal-Klischees), sind für mich musikalische Meisterwerke... insofern wäre zu schön, wenn uns Schönberg weit mehr Meisterwerke (sei es ob instrumental oder vokal) geschenkt hätte...

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • wer Fragmente aus Schönbergs 5. Streichquartett sich reinziehen will, kann Youtube aufrufen und eingeben:

    Arnold Schoenberg: String Quartet No. 5 (1949) (unfinished fragments)

    aktuelle News zur Komplementierung von Moses + Aron bei Youtube leider nur in ungarischer Sprache:

    Schönberg: Mózes és Áron Világpremier a Kocsis Zoltán által megírt 3. felvonással

    und

    Kocsis Zoltán gondolatai Schönberg szerepéről a zenetörténetben.

    Wer mehr Infos über diese ganze Sache hat, möge sich hier einbringen und diese uns allen rüberwachsen lassen. Mit Links, wenn gefunden.

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Arnold Schoenberg: String Quartet No. 5 (1949) (unfinished fragments)

    Danke!! Wäre es vermessen, zu fragen, wieso Schoenberg jemals sterben musste? Das klingt ja mindestens so gut wie das vierte Streichquartett, und das ist schon herrlich... ^^

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