Schönberg – Wege und Zugang zu seiner Musik


  • Ja, vielen Dank! Nicht zuletzt ist ja auch interessant, dass Kosky meint, eigentlich wäre die Oper kein Fragment, und Schönberg habe gewusst, dass nach "O Wort! Du Wort, das mir fehlt!" nichts mehr kommen könne.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Ist aber vielleicht auch ein bisschen Wunschdenken auf Seiten Koskys. :)

    "März 1932
    Am 10. März ist die Komposition bis zum Ende des II. Aktes (II/1136) fertiggestellt (B).

    April bis Juli 1932
    Mehrfach betont Schönberg seine unmittelbare Absicht, den III. Akt und damit die ganze Oper zu vollenden. Er veranschlagt dafür drei Monate.

    März 1933
    In seinem Brief vom 15. März an den Schriftsteller Walter Eidlitz hebt Schönberg vor allem seine Schwierigkeit hervor, zu einer stimmigen und definitiven Lösung des inhaltlichen Problems im III. Akt zu finden; die Frage, ob in ihm Aron oder Moses die Oberhand behalten soll, durchzieht das gesamte Quellenmaterial zum Text des III. Aktes von allem Anfang an und hat zu mehreren divergierenden Fassungen geführt. Bereits in TA vom Oktober 1928 heißt es: Ich entschließe mich (wenigstens vorläufig) als Schlußstück Arons Tod zu setzen. Und Eidlitz gegenüber stellt er jetzt fest: Mein dritter Akt, den ich wenigstens zum viertenmal umarbeite, beziehungsweise neu schreibe, heißt derzeit noch immer: Arons Tod. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die­ses inhaltliche Problem einen der zentralen Gründe dafür darstellt, daß die Oper unvollendet blieb.

    [...]

    1942 bis 1949
    In mehreren Briefen beteuert Schönberg seine Absicht, die Oper zu vollenden[....]

    1950 bis 1951
    [...] Schönberg, der nun höchstens 4-5 Monate für die Komposition veranschlagt, verweist vor allem auf seine materielle Lage und auf seinen Gesundheitszustand."

    Quelle: http://www.schoenberg.at/compositions/w…kunft=allewerke

    Außerdem:

    "III. Akt: »Arons Tod«
    »Moses und Aron« blieb Fragment: Musik zum III. Akt existiert nur in Form einiger Skizzen; der Text hingegen wurde – wenngleich auch nicht als endgültig betrachtet – fertiggestellt. An Versuchen, den Akt zu vollenden, mangelte es nicht, wie folgende Briefstellen belegen: »Ich will den dritten Akt meiner Oper so rasch als möglich (ich hoffe in drei Monate) vollenden« (an die UE, 11. Juli 1932) »Jetzt will ich arbeiten: 'Moses und Aron' III. Akt ...« (an Alban Berg, 16. August 1934) »Dann aber plane ich [...] 'MOSES und ARON' endlich fertig zu komponieren.« (an Peter Lafite, 27. März 1946) »Wenn ich arbeiten könnte, [...] am liebsten die 'Jakobsleiter' und 'MOSES und ARON'« (an René Leibowitz, 5. November 1948)"

    Quelle: http://www.schoenberg.at/index.php/de/t…/moses-und-aron

    :wink:

  • Ist aber vielleicht auch ein bisschen Wunschdenken auf Seiten Koskys. :)


    Klar, die Faktenlage belegt ganz klar, dass Schönberg den 3. Akt immer noch gerne komponieren wollte. Koskys These lässt sich nicht belegen und muss spekulativ bleiben. Aber ich finde sie dennoch nicht so abwegig. Denn immerhin geht aus deiner Zusammenstellung hervor, dass Schönberg sich oft unsicher war, wie die Oper eigentlich ausgehen sollte. Also machte nicht bloß die Vertonung des 3. Akts Schwierigkeiten, sondern auch sein Text.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • danke an alle lieben Hardcore-Schönberg-Junkies für euer Feedback, dass mit diesem Talk einige Anregungen rüberkommen...

    Na, ich weiß nicht ...

    Zitat

    Kosky Schönberg hatte das Moses-Syndrom. Er dachte, er sei der Moses der Zwölftonmusik: Ich bringe Musik aus der Wüste der Tonalität in das Gelobte Land der Zwölftonmusik, dorthin, wo Milch und Honig fließen. Er war ein absoluter Fundamentalist.

    Klingt ja irgendwie lustig und peppig, aber was soll der Quatsch mit der "Wüste der Tonalität"?

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Klingt ja irgendwie lustig und peppig, aber was soll der Quatsch mit der "Wüste der Tonalität"?


    Ich halte Koskys Aussage weder für lustig noch für peppig, sondern ganz schlicht für ausgemachten Quatsch. Schönberg war kein Fundamentalist (schon gar kein absoluter), er vertrat allerdings die Position, dass man zu künstlerischen Entscheidungen stehen muss und sie auch konsequent umsetzen soll - daher auch das berühmte Diktum, der Mittelweg sei in der Kunst der einzige Weg, der nicht nach Rom führe.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Schönberg war kein Fundamentalist (schon gar kein absoluter)


    was allein schon die sog. "späte Tonalität" zeigt.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Schönbergs bekannte Äußerung von 1923...

    »Ich habe eine Entdeckung gemacht, durch welche die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten hundert Jahre gesichert ist.«

    ...verknüpft aber doch sehr wohl einen messianisch gefärbten Fortschrittsglauben mit der Ideologie des deutschen Kulturnationalismus.

    Ob man das "fundamentalistisch" nennen kann, sei dahingestellt. Und natürlich sollte man Schönberg (auch den Schönberg von 1923) nicht auf diese eine Äußerung reduzieren. Trotzdem erscheint Koskys Äußerung in diesem Zusammenhang nicht als gänzlich absurd.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Klingt ja irgendwie lustig und peppig, aber was soll der Quatsch mit der "Wüste der Tonalität"?

    Na ja, das Bild würde vielleicht richtger, wenn man sagte: von den Fleischtöpfen der Tonailtät durch die Wüste der freien Atonalität ins gelobte Land der Zwölftonmusik... oder so... na ja..

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Schönbergs bekannte Äußerung von 1923...

    »Ich habe eine Entdeckung gemacht, durch welche die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten hundert Jahre gesichert ist.«

    ...verknüpft aber doch sehr wohl einen messianisch gefärbten Fortschrittsglauben mit der Ideologie des deutschen Kulturnationalismus.

    Ob man das "fundamentalistisch" nennen kann, sei dahingestellt.

    Man kann es zumindest "missionarisch" nennen...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Ich kenne die Äußerung Schönbergs. Da ist aber nichts von "Wüste der Tonalität" drin, sondern ein Glaube an die künftige Vorherrschaft der neuen Technik.
    Insofern ist das, was Kosky schreibt, entweder Quatsch, oder er hat andere Quellen, die ich mir aber schwer vorstellen kann. Schließlich macht Schönberg auf mich nicht den Eindruck, dass er die Tradition abtun würde, das passt gar nicht zu dem, was ich von ihm wahrgenommen habe.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Kosky sagt ja auch nirgends, dass er mit "Wüste der Tonalität" Schoenberg zitiert. Dass Schoenberg sich (zumindest ab den 1930ern) selbst nicht so gesehen hat, zeigen, worauf zabki bereits hingewiesen hat, ja schon seine späten "tonale" Stücke. :wink:

  • Kosky sagt ja auch nirgends, dass er mit "Wüste der Tonalität" Schoenberg zitiert.

    Stimmt. Er sagt, dass Schönberg das dachte.
    :mlol:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Eben. ;+) Ist eine spekulative Aussage auf Seiten Koskys, nicht eine Fehlzitierung. Ich dachte, du hieltest es für Letzteres, da du sagtest, Schoenberg habe sich nicht so geäußert, außer Kosky habe dir unbekannte Quellen.

  • Er redet einfach irgendwas daher, Hauptsache es klingt gut. Wird schon sein Publikum haben.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Mit Schönbergs 1. Streichquartett hatte ich bisher Schwierigkeiten.
    Weder LaSalle, Aron, Arditti, noch Quatuor Diotima funzten.

    Beim Reinziehn dieses Youtube-Strings scheint seine SQ1-Mucke endlich mal nicht von den Lauscherchen abzugleiten:

    Schoenberg: String Quartet No. 1 in D Minor
    "http://www.youtube.com/watch?v=PMrYHw2mfv4"

    SF-Conservatory of Music

    Chamber Music Masters Series: Norman Fischer, cello
    November 18, 2011

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Weder LaSalle, Aron, Arditti, noch Quatuor Diotima funzten.

    Beim Reinziehn dieses Youtube-Strings scheint seine SQ1-Mucke endlich mal nicht von den Lauscherchen abzugleiten:

    Schoenberg: String Quartet No. 1 in D Minor
    "http://www.youtube.com/watch?v=PMrYHw2mfv4"

    Wie wär es, mal mit dieser zu versuchen:
    "

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    "

    Obwohl auf yt nicht näher angegeben, handelt es sich um die "frühe" Schönberg-Aufnahme der Juilliards (1952), noch in der Gründungsbesetzung R. Mann, Koff, Hillyer, Winograd.

    befindet sich mit allen Schönbergqartetten sowie den Bartokquartetten (der ersten Einspielung von 3en des JQ) + Berg Lyr. Suite + Webern Op. 5 auch in dieser Box:

    "https://www.amazon.de/gp/product/B008Y1S1I0?ie"

    (Coverlink will wiedermal nicht bei mir)

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Großen Dank für deine Anregung !
    Du bist schon der 2. User von Capriccio, der mir SQ1 mit den frühen Juillards empfiehlt.
    Ich habe die frühe Schönberg-SQ1-4-Komplett-Einspielung. Als ich mir daraus SQ 3 + 4 reinzog, war ich von den Juillards enttäuscht und fand beide Mucken sogar von den Kolischs geiler gespielt.

    Also bei SQ 3 + 4 fetzen radio-live: Quatuor Diotima, Parrenin, Asasello.
    Und als Konserve: Aron und Wihan (letzteres spielte bedauerlicherweise bloß Nr. 4 ein).

    Schönbergs Quartette Nr. 1 + 2 glitten lange Zeit bei mir ab.

    Seit kurzen funzt bei mir die besagter SF-String (SQ1) und beide ersten Sätze vom Fis-Moll Quartett mit Zapolski (worüber ich äußerst happy bin):

    "http://www.youtube.com/watch?v=wuidmT…TVIySuq3QuPuE2n"

    Bei Litanei und Entrückung ist mir aber bei Zapolski das Verhältnis von Sopran und Quartett viel zu unausgewogen.
    Schade.

    Konsequenz:
    Ich werde Juillards bei Schönbergs SQ1 und 2 eine Chance geben.
    Zumal deren frühe Einspielung von Bergs Lyrischen Suite bei mir absolut hammer-geil rüber kommt (in einem Radio-Talk zur LS mit E. Brühning wurden frühe Julliards von ihr m.E. zu unrecht als zu buchstabengetreu bzw. akademisch abgewatscht) und neben Emerson sich zum LS-Favorit mauserte...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • auf yt habe ich eingestellt:

    ARNOLD SCHÖNBERG: BLÄSERQUINTETT Op. 26

    Czech Philharmonic Wind Quintet; 1966

    "

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    "

    m.E. eine schöne Aufnahme, das Stück klingt direkt freundlich-lieblich, gar nicht so knarzig, wie man es sich vielleicht vorstellt.

    Die LP dürfte man aber auch antiquarisch noch kriegen können.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Die Musik ist viel schöner und melodiöser als dass uns durch Vorurteile der unsäglichen Musikpädagogik in den Schulen beigebracht wird. Hören Sie sich die Orchestervariationen in der Einspielung unter Karajan an, das klingt sinnlich und sanglich,so müssen sie gespielt werden, da werden Begriffe wie dolce verwedet und nicht Prügeln in die Trompeten :humor1: Schoenberg sah sich als Nachfolger Wagners und nicht als reiner Tonmathematiker und er komponierte in der Tradition von ihm und Pelleas und Melisande vom Sinopoli, ist ein romantischer Klangrausch sondersgleichen Schoenberg (so wünschte er sich geschrieben zu werden) war in der Tat kein Positivist wie Mahler, der gemäß Falsche Pflege der Tradition ist Schlamperei. sondern ein eher konservativer Komponist. Die Kritik an ihm hat durchaus antisemitische Züge (Dissonanzenprügler). Er ist leicht zugänglich und nicht so schwierig wie Mozart

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!