Olymp der irresten Aufnahmen. Orchestermusik

  • Da gibt es noch den Furtwänglermitschnitt vom 8.12.1942. Was ist perfekt / Perfektion? Diese DG-Aufnahme eigentlich nicht. Bescheidene Tonqualität und im Orchesterspiel gäbe es sicher das ein oder andere Detail zu bemängeln. K.O.-Kriterium für eine "perfekte" Aufnahme? Ich kann auch verstehen, wenn die Gestaltung Furtwänglers nicht jedermann behagt. Für mich jedoch ist diese Aufnahme die soghafteste, lebedigste Interpretation dieser Sinfonie, die sich denken lässt. Furtwängler zieht einen rein in diesen Sog, dass man nicht mehr still daneben sitzen kann. Sein Gestaltungswille ist nicht so vorhersehbar, wie das bei gediegeneren Aufnahmen der Fall ist. Furtwänglers (heute vielleicht mit Argwohn beäugten) Tempiwechsel sorgen dafür, dass der Strom der Musik den Hörer am Kragen packt und ihn nicht loslässt, es ist kein Abgleiten in den Autopilotmodus des Zuhörers möglich. Die Mikroagogik verursacht permanente Herzrhythmusstörungen des musikalischen Flusses, was ich als sehr aufregend empfinde. Die gelegentlich zu lesende Kritik "der kann ja noch nicht mal das tempo halten" verkennt völlig den Gestaltungswillen Furtwänglers.

    Ich habe nur die auch schon beeindruckende Aufnahme von Anfang der 50er; kann man zu der hier auch einen Link setzen?

  • der live-Furtwängler von 1942 ist seeeehr viel fetziger, fesselnder, drastischer etc. als die spätere Studioaufnahme.

    Trotzdem haben die Furtwängleraufnahmen der 9ten eine Gemeinsamkeit, nämlich das irrwitzige Tempo des Schlusses des Finalsatzes - etwas, was mich persönlich regelmäßig zutiefst beeindruckt. Das krasse behäbige Gegenteil meint Roger Norrington mit seinen "The London Classical Players" bieten zu müssen.

  • Trotzdem haben die Furtwängleraufnahmen der 9ten eine Gemeinsamkeit, nämlich das irrwitzige Tempo des Schlusses des Finalsatzes - etwas, was mich persönlich regelmäßig zutiefst beeindruckt. Das krasse behäbige Gegenteil meint Roger Norrington mit seinen "The London Classical Players" bieten zu müssen.


    War oben nicht Schuberts C-Dur gemeint? Das klingt mir eher nach Beethovens d-moll?

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • ...
    Ich habe nur die auch schon beeindruckende Aufnahme von Anfang der 50er; kann man zu der hier auch einen Link setzen?

    (Mit "der" ist wahrscheinlich Schuberts "Neunte" mit Fu aus Berlin 1942 gemeint)

    Ist in Beitrag 6 geschehen. Der Preis ist auch erträglich. Natürlich gibt es diesen Konzertmitschnitt auch in anderen Veröffentlichungen.

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • (Mit "der" ist wahrscheinlich Schuberts "Neunte" mit Fu aus Berlin 1942 gemeint)

    Ist in Beitrag 6 geschehen. Der Preis ist auch erträglich. Natürlich gibt es diesen Konzertmitschnitt auch in anderen Veröffentlichungen.

    Ja, vielen Dank! Da hat man nun schon die große Furtwängler-Box und muss trotzdem ständig nachkaufen. Vor allem das Fehlen der Kriegsaufnahmen ist schon ein Mangel ...

  • Tja .... gar nicht so einfach .....

    meine Wahl fällt auf Tschaikovskij, gleich zweimal ....

    Sinfonie no.4 f-moll
    Warum? Ich hatte vorher nur die Aufnahme der Berliner Philharmoniker unter Karajan gekannt - kultiviert, zivilisiert .... aber irgendwie theatralisch, ohne richtig zu zünden.
    Dann fiel mir die LP mit Markevich in die Hände .... und plötzlich ("Jo mei - des is a Sinfonie" .... ) war ich mitgerissen von der Steigerungsfähigkeit, der markanten Rhythmik und dem melodischen Fluss dieser Symphonie .... besser noch als Mravinskij, den ich sehr schätze, der aber bei aller Straffheit nicht diese Glut entfaltet.

    Klavierkonzert no.1 b-moll
    Argerich mit Dutoit gilt als legendär ..... vielfach ausgezeichnet. Aber die Live-Aufnahme aus München schlägt sie um Längen - rasant, impulsiv, präzise und gleichzeitig leidenschaftlich bis an die Grenze der Unerträglichkeit ..... was bei Horowitz und Toscanini musizieren unter Hochspannungselektrizität ist, gerät bei Argerich und Kondrashin zu einem Lava-Ausbruch, der alles hinwegreißt .....

    LG
    tastenrabe

  • auch wenn es einige gute Aufnahmen vom Lied von der Erde gibt, finde ich die Intensität des Abschieds bei Bernstein so intensiv, dass es mich körperlich geradezu beutelt, etwa diese Stelle vom Mond, der wie eine Barke....

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Spontan fällt mir die Live Aufnahme des 3. Klavierkonzert von Rachmaninoff ein, mit einem überragenden Wladimir Horowitz und den New Yorker Philharmonikern unter Ormandy
    (8. Januar 1978 in der Carnegie Hall).
    Seit ich die Aufnahme das erste mal gehört habe (und das ist schon sehr lange her) interessiert mich keine andere mehr (obwohl ich noch einige andere gute im Regal habe), keine andere entzündet bei mir dieses Feuer! :spock:


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Ein aktuelles Beispiel möchte ich hier unbedingt nennen,
    die Asrael Symphonie von Josef Suk, ich fand sie immer "ganz hübsch", bis ich die Aufnahme von Kirill Petrenko und dem Orchester der Komischen Oper Berlin hörte---jetzt liebe ich sie! :juhu: :kuss: :spock:


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


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  • Rachmaninioff - Klavierkonzerte mit Wild/Horenstein

    Hallo Kalevala,

    ja, das ist schon eine tolle Horowitz/Ormandy-Aufnahme.
    Allerdings hatten bis dahin die Rachmaninoff _ KK bei mir nie den hohen Stellenwert der Prokofieff - KK. Das änderte sich schlagartig, als ich die Wild/Horenstein-Aufnahmen durch Capriccio-Empfehlung vor vielen Jahren zu Gehör bekam.
    Das sind für mich die "irresten" Aufnahmen der 4 Rachmaninoff - KK inclusive der Paganini-Variationen:


    Chandos, Mai 1965, ADD

    Diese Aufnahmen sind von mehreren CD-Label verfügbar: ursprünglich und zu erst auf Chesky,sowie Chandos und Brillant.

    Das Klavierkonzert Nr.3 wird von Wild/Horenstein in der gleichen Fassung gespielt, die Rachmaninoff selbst für seine eigene Aufnahme mit Ormandy (CBS) autorisierte.
    Wenn man alleine die Spielzeiten des KK Nr.3 betrachtet, dann ist das alleine der Hammer: 14:54 - 8:43 - 11:38 ... ich sage nur:
    :thumbup: So will ich die Rachmaninoff _ KK hören und nicht als langatmige Schmachtfetzen !

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Hallo teleton,
    so sehr ich sehr oft Dein Urteil schätze,
    aber hier liegen wir sehr auseinander, ich habe die Wild/ Horenstein Aufnahme auch, höre sie aber nicht mehr

    Wenn man alleine die Spielzeiten des KK Nr.3 betrachtet, dann ist das alleine der Hammer: 14:54 - 8:43 - 11:38 ... ich sage nur:
    So will ich die Rachmaninoff _ KK hören und nicht als langatmige Schmachtfetzen !

    mir kommt sie etwas vor wie ein ins Ziel geprügeltes Rennpferd, etwas lieblos durchgepeitscht!
    Als Nr.2 für mich die Argerich!


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

  • Die Horowitz/Ormandy Aufnahme von Rach3 kann ich schon lange nicht mehr hören. Sie mag genial, in jedem Fall unverwechselbar sein, aber sie ist mir irgendwie auch viel zu gekünstelt (von den falschen Tönen mal ganz abgesehen).

    maticus

    P.S. In den nächsten Tagen kommt bei mir Rach3 mit Mazujew/Gergijew herein, darauf bin ich schon gespannt.

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Ein aktuelles Beispiel möchte ich hier unbedingt nennen,
    die Asrael Symphonie von Josef Suk, ich fand sie immer "ganz hübsch", bis ich die Aufnahme von Kirill Petrenko und dem Orchester der Komischen Oper Berlin hörte---jetzt liebe ich sie! :juhu: :kuss: :spock:

    Petrenko hat jedenfalls schon mal etwas durch seine Aufnahmezurückhaltung geschafft: Menschen hören Suk... :D Und auf youtube scheinen alle seine Aufnahmen auch immer wieder gemeldet zu werden...(Im Gegensatz zu der meisten anderen Klassik: Anzeichen für seinen gewachsenen Status...) Da habe ich die Asrael Symphonie bis zur Hälfte gehört, dann wurde sie gelöscht....Aber CPO hat jetzt zum Bargain Preis alle 3 Einspielungen von Petrenko herausgebracht:

    Wie verträgt sich eigentlich die Digital Concert Hall mit Petrenkos Ansatz?

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960)

  • Zitat

    Petrenko hat jedenfalls schon mal etwas durch seine Aufnahmezurückhaltung geschafft: Menschen hören Suk...

    Den hören die Leute schon lange. Libor Pesek und JIri Belohlavek sei Dank. Petrenko hat die Werke AUCH eingespielt, nicht mehr und nicht weniger. Ob sie wirklich "besser" sind, kann ich noch nicht beurteilen. Sie werden mir aber bald geliefert, dann schauen wir mal. Die beiden Kollegen am Pult haben nämlich ausgezeichnete Arbeit geleistet - und bei der Asrael-Sinfonie noch ein paar mehr.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Den hören die Leute schon lange. Libor Pesek und JIri Belohlavek sei Dank. Petrenko hat die Werke AUCH eingespielt, nicht mehr und nicht weniger. Ob sie wirklich "besser" sind, kann ich noch nicht beurteilen. Sie werden mir aber bald geliefert, dann schauen wir mal. Die beiden Kollegen am Pult haben nämlich ausgezeichnete Arbeit geleistet - und bei der Asrael-Sinfonie noch ein paar mehr.

    Ich höre Suk seit fast 30 Jahren, und während der Wende und der Öffnung der Mauer entdeckte ich im Dezember 1989 das Tschechische Kulturzentrum in der Leipziger Strasse in Ost-Berlin,
    ein wahres Schlaraffenland für einen Fan der Tschechischen Symphonik wie ich einer war und bin, ich bin dort jeden 2-3 Tag hingefahren und habe stapelweise und zum Schleuderpreis die Supraphon ( und Panton) Schätze gehoben ( natürlich nicht nur die Tschechen), darunter auch die Aufnahmen mit Pesek, Belohlavek.
    Später kam dann auch die Kubelik Aufnahme dazu ( die war bis zu dem Moment wo ich Petrenko gehört hatte meine Lieblingsaufnahme).
    Ich möchte, damit keine Missverständnisse entstehen, nur einmal darauf hinweisen das ich hier nie Werturteile über diese oder jene Aufnahme von mir gebe, alles was ich hier schreibe ist rein subjektiv.
    Vielleicht ist eine andere Einspielung "besser" als die Petrenkos---aber MIR gefällt nun einmal seine um ein vielfaches mehr und hat mich gepackt!
    Ich bin so gestrickt und verlasse mich nur auf MEINEN Höreindruck und MEINE Gefühle, ob die Musik etwas in mir auslöst---oder eben nicht!
    Ich bin für jede Anregung dankbar aber ob es gefällt, wie gesagt...! ^^


    Herzliche Grüße:
    KALEVALA :wink:

    Die Wahrheit ist hässlich: wir haben die Kunst, damit wir nicht an der Wahrheit zugrunde gehen. (Nietzsche)


    Es gibt nichts Überflüssigeres und Schädlicheres als wie Musik. Wenn ein Mensch eine gewisse Zeit lang Musik hört, wird sein Gehirn faul und unseriös. (Ayatollah Khomeini)

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