LOEWE: "My Fair Lady" - Simply loverly!

  • LOEWE: "My Fair Lady" - Simply loverly!

    Meine Lieben,

    Manchmal schäme ich mich bei besonders beliebten Werken ein bißchen, daß ihnen noch kein Thread gewidmet wurde, und versuche, einen entsprechenden Anstoß zu geben. Manchmal gelingt's ja, die wirklichen Kenner aus der Reserve zu locken. Hier hoffentlich auch, denn "My Fair Lady" ist mein besonderer Musical-Favorit - auch wenn es nicht gerade der Film von George Cukor mit Audrey Hepburn und Rex Harrison ist, der natürlich in jeder Hinsicht Vergnügen pur bedeutet:

    Man sieht Audrey Hepburn zwar, aber bei den Liedern wurde die Stimme von Marni Nixon geborgt. Wenn man die erhaltenen Hepburn-Nummern anhört, finde zumindest ich, daß man ruhig beim Original bleiben hätte können. Rex Harrison ist ja auich nicht unbedingt ein Sänger im vollen Sinn des Worts, was aber bei seiner umwerfenden Persönlichkeit keinen Nachteil bedeutet. Der Vorteil des wunderschön und treffend ironisch gestalteten Films ist die perfekte Besetzung aller Rollen bis in alle Einzelheiten. Auch musikalisch sorgt André Previn für eine musterhafte und von anderen Dirigenten meines Wissens nicht übertroffene Interpretation.

    Vergleicht man musikalisch die Naxos-CVD mit der Broadway-Aufnahme von 1956,

    so fällt diese gegenüber der Previn-Fassung klar ab. Franz Allers dirigiert verhältnismäßig derb, und auch Julie Andrews (von der man wahrlich auch gern eine Leinwand-Eliza gesehen hätte), Rex Harrison und Stanley Holloway sind da noch nicht so ganz in ihre Rollen hineingewachsen. Ich zweifle nicht, daß sie 1958, als sie mit dem Stück erstmals in London auftraten, schon wesentlich besser waren. Auch der Ton klingt bei der Naxos-CD ein wenig hart. Was aber freut, sind die Bonus Tracks, insbesondere die Ausschnitte aus Loewes und Lerners "Brigadoon" mit Kaye Ballard und Alan Jay Lerner selbst. Nebenbei festgestellt: Shaw-Puristen werden vielleicht Lerners Schlußtransfer von Eliza zu Higgins statt zu Freddie als verflachend empfinden. Ich dagegen meine, Lerner hatte damit hundertprozentig recht. Shaw hat seine eigenen Figuren nicht so gut gekannt! In dieser Auffassung bestärkt mich übrigens auch ein kulturell höchst versierter britischer Freund.

    Begeistert bin ich auch von der früher mit einem weit schöneren Cover verkauften Aufnahme mit Kiri te Kanawa und Jeremy Irons:


    Mag Dame Kiri auch nicht die volle Vulgarität von Julie Andrews erreichen, mich stört das nicht, und rein musikalisch ist das eine ausgesprochen göttliche Aufnahme, woran der Dirigent John Mauceri keinen geringen Anteil reklamieren kann. Die Nebenrollen sind ja auch bestens verkörpert (Jerry Hadley als Freddie!)

    Im meinem Regal steht außerdem noch eine undatierte CEDAR-CD, bei der keine Besetzung angegeben ist (wird wohl im besten Fall irgendeine Lizenz-Pressung sein), nur das "Stage Door Orchestra". Demnach müßte das eigentlich eine Previn-Einspielung sein (und sie hört sich auch ebensogut wie die Film-Musik an); es ist aber nicht die Filmversion. Dessenungeachtet aber eine hervorragend besetzte Querschnitt-Aufnahme, die keine Wünsche offen läßt.

    Liebe Grüße

    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi!

    Außerdem gibt es noch diese 2er CD Gesamtaufnahme, mit Bob Hoskins als Dolittle, auch die Eliza ist am Anfang mit einem deratigen Gossen-Englisch, dass es sehr amüsant ist.

    Das ist wohl eine der gelungensten Einspielungen.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter. :wink: :wink:

  • Die Nebenrollen sind ja auch bestens verkörpert (Jerry Hadley als Freddie!)

    Lieber Waldi,

    am meisten hat mich hier Warren Mitchell als Doolittle begeistert, es gibt auch in dieser Besetzung eine konzertale Aufführung aus der Royal Albert Hall aus den 80ern.
    Wundervoll, zumal Jeremy Irons Rex Harrison als Higgins wirklich das Wasser reichen konnte.


    Liebe Grüße

    Kristin :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Lieber Waldi,

    egal, ob zu Recht oder Unrecht, ich fühle mich mal angesprochen. Was aber soll ein "reservierter Kenner", schon gar ein nur vermeintlicher, nach Deinem umfassenden und gut nachvollziehbaren Bericht noch aus diesem Stück heraus holen? Ich will trotzdem noch versuchen, ein paar Ergänzungen anzubringen und etwas später auch von der Aufnahme berichten, die unser Streifenpeter bereits erwähnt hat, und die ich ebenfalls kenne, wenn auch erst seit Kurzem, weshalb ich noch etwas Zeit brauche um sie gut genug kennen zu lernen.

    Das Problem dieses Stückes, das ich ebenfalls schätze, wenn auch nicht so überragend finde wie viele, ist sein Mulicharakter zwischen der Operette, die es vom Stoff und von einigen Nummern Frederick Loewes her eindeutig ist, und dem Musical, für das es bei uns auf Grund langer Unkenntnis und Missverständnisse lange als Spitzenleistung der Gattung stand, was es sicher nicht ist, weil es dazu weder gut noch unübertrefflich genug ist, wie etwa die weitaus vielseitigeren und raffnierteren Musicals eines Gershwin oder Bernstein belegen. Zu diesem Erfolg hat sicher auxch die gelungene Übrsetzung und Besetzung in Berlin mit Paul Hubschmid und Karin Hübner sowie nicht zuletzt das Engagement des proginalen Broadway-Dirigenten Franz Allers beigetragen, dessen in der Tat etwas flügellahmes Dirigat den damaligen deutschen Geschmack gut traf. Ob man deswegen gleich die deutsche Aufnahme haben will
    , muss jeder selbst entscheiden, Immerhin sollte der Preis keine große Rolle bei der Entscheidung spielen:


    Kennzeichnend für den Musicalcharakter ist vor allem der Sprechgesang aller männlichen Stimmen mit Ausnahme des Freddy, dessen "On the Street Where You Live" hörbar der Operette entstammt und deshalb auch bei Mauceri mit Jerry Hadley optimal besetzt ist. Wegen dieser ganz am Dialog orientierten Partien können rhythmisch halbwegs begabte Schauspieler wie der zu wirklichem Gesang unfähige Rex Harrison, der enorme Probleme gehabt haben muss, den Part zu meistern, oder ein Paul Hubschmid in ihren Rollen gefallen oder sogar brillieren. Jeremy Irons ist da aber noch besser, weil er auch die Arroganz und Aggressivität der Rolle glaubhaft macht, indem er sie weniger komisch anlegt und zudem viel gekonnter singt als Harrison. Dagegen wurzelt die Rolle der Eliza tief in der Operette, weswegen man sie auch singen und nicht nur gestalten können muss, wie es gerade Julie Andrews auf beiden Sektoren so vorbildlich getan hat und wie es Audrey Hepburn, bei all meiner Liebe zu dieser großartigen Schauspielerin, eben leider nicht so gut konnte. Deswegen wäre ich auch gegenüber der Broadway-Aufnahme nicht so kritich wie Du, wenn auch Deine Anmerkungen zum Klang (und sowieso zu den Extras) absolut zutreffen (die Londoner Version, die ich leider nicht besitze, habe ich zu lange nicht mehr gehört um sie noch beurteilen zu können, da ich sie nicht habe).

    Deutlich zurückhaltender bin ich dagegen in meinem Enthusiasmus gegenüber der Filmversion, und daran trägt auch Previn bzw. die damals gängige Vorstellung vom notwendigen Plüschklang eines großen Filmmusicals, ein gerüttelt Teil der Schuld. Wenn also die wohl bewusst anonym gehaltene Highlight-Fassung des sogenannten "Stage Door Orchestra" genauso klingt, nur weniger satt, dann scheint sie mir angesichts der derzeit günstigen Angebote anderer Soundtracks verzichtbar zu sein. Der große Vorteil der Version von John Mauceri, der ich unter dem Strich den Vorzug vor allen anderen geben möchte, ist neben ihrer musikalischen Qualität die Tatsache, dass sie einen deutlich besseren Eindruck von dem gesamten Musical bietet als alle anderen Versionen außer der oben erwähnten und wohl wirklich vollständigen Fassung von John Owen Edwards, deren Beurteilung ich noch nachreichen muss. (Die DVD des Films, der sich ausnahmsweise mal sehr stark an der originalen Broadway-Inszenierung orientierte, lasse ich mangels Alternative mal außen vor). Dem Film halte ich eher Jack Warners Fehlentscheidung für Audrey Hepburn statt Julie Andrews vor, die sich dann in MARY POPPINS so glänzend durchsetzte. Dass zudem die hochprofessionelle, aber wenig individuelle Persönlichkeit ausstrahlende Marnie Nixon als Hepburns Singstimme auch keine optimale Lösung war, belegt schon die Tatsache, dass sie ebensogut als die Stimme der Maria in WEST SIDE STORY eingesetzt werden konnte.

    John Mauceri weiß dagegen sehr wohl, was für eine Art Musiktheater er da einspielt, auch wenn er mit Kiri Te Kanawa eine ähnlich problematische Besetzung der weiblichen Hauptrolle hat wie seinerzeit Leonard Bernstein bei seiner WEST SIDE STORY. Immerhin ist Te Kanawa fraglos eine Fair Lady, wenn sie auch als Blumenmädchen mit Cockney-Dialekt ähnlich fehlbesetzt ist wie als puertoricanischer Teenager. Mauceris übrige Besetzung aber macht das absolut wett und wird auch dem Charakter des Musicals gerecht ohne das Operettenerbe zu kurz kommen zu lassen.

    Mit einem endgültigen Urteil möchte ich aber noch abwarten, bis ich Edwards komplette Version besser kenne. Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass Mauceri, von der Vollständigkeit der Aufnahme einmal abgesehen, davon noch übertroffen wird oder der authentische Charakter der Soundtracks aus London und New York durch sie ersetzt werden kann.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • "My Fair Lady" wurde zum Ausgangsmaterial einer Reihe von Jazz-Veröffentlichungen:
         
    Aber sonst? Ist musikalisch irgendetwas der Rede wert von diesem Material?

    Ich wurde von meinen Eltern in den späten 60er Jahren mitgenommen in das Hamburger Operettenhaus zu einer Vorstellung von "My Fair Lady", in welcher Heidi Brühl und Benno Hoffmann sangen. Das Stück hat mich eigentlich schon damals nicht sonderlich begeistert. Aber sorry :hide: ich will niemandem sein Faible für dieses Material schlechtreden. "Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen" und "Mein Gott, jetzt hat sie's! Ich glaub', jetzt hat sie's!" ist jedenfalls bis heute in meiner Erinnerung geblieben. Frau ist dumm, Mann ist klug und erklärt Frau die Welt, das ist doch wohl in etwa die Botschaft, die von diesem Musical rübergebracht wird? Oder irre ich mich da?

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • "Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen" und "Mein Gott, jetzt hat sie's! Ich glaub', jetzt hat sie's!" ist jedenfalls bis heute in meiner Erinnerung geblieben. Frau ist dumm, Mann ist klug und erklärt Frau die Welt, das ist doch wohl in etwa die Botschaft, die von diesem Musical rübergebracht wird? Oder irre ich mich da?

    Wenn überhaupt, ist die Message doch eher umgekehrt: aufgeweckte Straßengöre zeigt Linguistik-Nerd die Grenzen seiner eingeschränkten Weltsicht.
    Ist von der musikalischen Qualität allerdings eher unabhängig. Wobei mich allerdings wundern würde, wenn es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen bestimmten musikalischen Qualitäten und denen der darauf basierenden Jazzalben geben sollte.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Lieber music lover,

    Da irrst Du in der Tat, denn genau das von Dir angesprochene Klischee wird ja ebenso treffsicher wie amüsant widerlegt. Der Wissens-Snob Higgins, der sich so vergeblich gegen seine Verliebtheit wehrt, läßt halt nur hin und wieder bzw. unterschwellig durchblicken, was ihm Eliza bedeutet, die sich ja in mancher Beziehung sogar als überlegen erweist und ihm das auch zu verstehen gibt ("I can do / Without you"). Higgins reagiert zwar großartig, indem er sie als "tower of strength, a consort battleship" lobt und zugibt "I like you like this!", aber er verfällt sofort, als sie ihm kühl verkündet, daß sie ihn nie mehr sehen wird. Da schreit er wie ein Baby gleich nach der Mama. Eliza geht nur zu ihm zurück, weil sie ihn ja doch liebt und weiß, daß sie ihn so nehmen muß, wie er sich gibt. Aber zweifellos wird sie ihn in der Ehe dann ein bisserl erziehen.

    Lieber Rideamus,

    Triumph! Denn natürlich wollte ich vor allem Dich an diese Leimrute kriegen. Ich bin sicher nicht der, der Julie Andrews gegen Audrey Hepburn ausspielen möchte, weil beide auf ihre Weise einfach überragend sind, aber trotzdem kann ich mir vorstellen, daß Andrews (bei der immer so ein klein bißchen eine kühl-aristokratische Note mitschwingt, was für die Mary Poppins ebenso ausgezeichnet paßt wie für die Anna Leonowens) einfach einen anderen Typ von Eliza verkörpert, während bei der Hepburn schon durch einen Blick sich eine Welt voll tiefer Menschlichkeit auftut. Als Fehlentscheidung empfinde ich die Besetzung daher überhaupt nicht, doch stellte sie zweifellos ein Unrecht gegen die Andrews dar.

    Beim Film muß man übrigens anmerken, daß die deutsche Synchronisation ausgezeichnet ist und die Transponierung in den Berliner Dialekt umwerfend. Ich schwanke daher immer zwischen der englischen und der deutschen Fassung.

    Liebe Grüße

    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • "My Fair Lady" wurde zum Ausgangsmaterial einer Reihe von Jazz-Veröffentlichungen:
    ...
    Aber sonst? Ist musikalisch irgendetwas der Rede wert von diesem Material?

    Lieber Music Lover,

    hier kann und muss ich Dir widersprechen. Das heißt: eigentlich tust Du es schon selbst, denn was gibt es für bessere Beweise für die Ergiebigkeit musikalischer Substanz als derart zahlreiche Bearbeitungen? Deine Aufstellung könnte man ja auch noch um Einiges erweitern, bis hin zu den seinerzeit extrem populären Pop-Bearbeitungen von Ray Conniff:

    Natürlich ist Frederick Loew kein Wiedergänger seiner Beinahe-Landsleute Mozart, Strauß oder auch nur Straus, der als Erster ein Stück von George Bernard Shaw vertonen durfte und diesen (trotz weniger Grund als bei MY FAIR LADY) mit seinem CHOCOLATE SOLDIER dermaßen verärgert hat, dass er eine Vertonung irgendeines anderen seiner Stücke zu Lebzeiten verbot. Aber die Stärke seiner musikalischen Einfälle wird schon durch ihre Haltbarkeit und anhaltende Popularität belegt, die sogar die deutsche Fassung überstand und, wie Du selbst dokumentierst, auch als solche in das Repertoire der Evergreens eingingen:

    Zitat

    ..."Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen" und "Mein Gott, jetzt hat sie's! Ich glaub', jetzt hat sie's!" ist jedenfalls bis heute in meiner Erinnerung geblieben. Frau ist dumm, Mann ist klug und erklärt Frau die Welt, das ist doch wohl in etwa die Botschaft, die von diesem Musical rübergebracht wird? Oder irre ich mich da?

    Hier gebe ich Dir im Gegensatz zu meinen Vorrednern teilweise Recht, allerdings nur, soweit es den Vergleich des Musicals mit Shaws Original betrifft. Der hat sein Stück nämlich nicht von ungefähr PYGMALION genannt und sich dabei schon auf den antiken Mythos von der Überheblichkeit menschlicher Schöpfereitelkeit sowie deren Aktualisierung des von ihm bewunderten W. S. Gilbert (von Gilbert & Sullivan) als PYGMALION AND GALATHEA bezogen, die auch Franz von Suppé und seine SCHÖNE GALATHÉE inspirierte, die ich ebenfalls Lerners Musical vorziehen würde, wenn ich wählen müsste.

    Shaws Ende, das die Möglichkeit und, wie ich finde, sogar Wahrscheinlichkeit suggeriert, dass Eliza Freddy heiratet um erst einmal ein finanzielles Polster zu haben, dann aber in der Tat so etwas wie die von Higgins geplante "Gefährtin eines Königs" wird, lässt ihr weit mehr Eigenständigkeit und macht Higgins zu einem bösartig egozentrischen Selbstportrait des alten Bärbeißers, der, als er die hundertste Vorstellung seines Stückes besuchte und dort ein aufgepapptes Happy End entdecken musste, dem Intendanten in heller Empörung schrieb, dass verdiente, deshalb erschossen zu werden. Für eine spätere Neuauflage seines Stückes schrieb er sogar eine ausführliche Begründung dafür, dass Eliza und Higgins niemals zusammen finden könnten. Später schrieb er an seine Lieblingsdarstellerin Beatrice Campbell, die erste Darstellerin der Eliza: When Eliza emancipates herself — when Galatea comes to life — she must not relapse. She must retain her pride and triumph to the end. When Higgins takes your arm on 'consort battleship' you must instantly throw him off with implacable pride; and this is the note until the final 'Buy them yourself.' He will go out on the balcony to watch your departure; come back triumphantly into the room; exclaim 'Galatea!' (meaning that the statue has come to life at last); and — curtain. Thus he gets the last word; and you get it too. (zitiert nach Wikipedia). Damit wollte er betonen, dass Galathea, einmal zum Leben erweckt, nie wieder eine gehorsam-passive Statue würde sein können.

    http://en.wikipedia.org/wiki/Pygmalion…29#cite_note-20Aus diesem Grunde widerspreche ich auch Waldi, denn das Happy End des Musicals gehorcht zwar den Konventionen des Genres, reduziert das kritische Potenzial des Werkes aber auch auf ein ziemlich spießiges Klischee von der - immerhin gegenseitigen - Zähmung der Widerspenstigen, das den Vorwurf des Music Lovers zwar nicht richtig, aber durchaus verständlich macht. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass Higgins (wenn der nicht doch schwul ist) für kurze Zeit der Liebhaber von Eliza ist, bevor diese als emanzipierte Dame der Gesellschaft über ihn hinaus in anderen Betten und bei diversen Fredden Karriere macht - natürlich diskret, denn sie ist ja keine Lady Windermere.

    Aber das wäre natürlich kaum mit einer Besetzung wie Audrey Hepburn oder Julie Andrews möglich gewesen. Oder doch????

    Ich fände ein solches Umbürsten des Stückes in Richtung Shaw jedenfalls sehr spannend, auch wenn die Erben von Lerner und Loewe das leider nie erlauben werden.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Da irrst Du in der Tat, denn genau das von Dir angesprochene Klischee wird ja ebenso treffsicher wie amüsant widerlegt.


    Mag sein, dass Du Recht hast - ich kenne mich letztlich mit diesem Stück nicht gut genug aus (habe es nur ein einziges Mal auf der Bühne gesehen, kenne natürlich den Film, aber auch den habe ich lange nicht mehr gesehen). Generell kann ich aber sagen, dass mir dieses "Pretty Woman"-Motiv, das in dem Richard Gere/Julia Roberts-Film in ähnlicher Weise wie bei "My Fair Lady" Leitfaden ist (ungebildete Frau trifft gebildeten Mann, der an ihr erst Erziehungsarbeit verrichtet und sie dann in die feine Gesellschaft einführt, wo sie sich allerdings immer noch nicht richtig benehmen kann. Klar, dass sie sich irgendwann verlieben...), nicht besonders gefällt. Nach meinem Gefühl wird dort ein Frauenbild transportiert, das nicht dem meinigen entspricht. Aber wenn Du sagst, dass dieses Klischee in "My Fair Lady" letztlich widerlegt wird - okay. Dann will ich nichts gesagt haben.

    Sofern ich etwas an der musikalischen Qualität bekrittelt habe, schließe ich mich den obigen Worten von Rideamus an:

    Das Problem dieses Stückes, das ich ebenfalls schätze, wenn auch nicht so überragend finde wie viele, ist sein Mulicharakter zwischen der Operette, die es vom Stoff und von einigen Nummern Frederick Loewes her eindeutig ist, und dem Musical, für das es bei uns auf Grund langer Unkenntnis und Missverständnisse lange als Spitzenleistung der Gattung stand, was es sicher nicht ist, weil es dazu weder gut noch unübertrefflich genug ist, wie etwa die weitaus vielseitigeren und raffnierteren Musicals eines Gershwin oder Bernstein belegen.

    Genauso sehe ich es auch. Wenn man einmal betrachtet, was Bernstein in "West Side Story" an vertrackter Kompositionsarbeit insbesondere im Orchester geleistet hat, oder wenn man sein Finale von "Candide", welches eine Referenz an Mahlers Auferstehungssinfonie ist, zum Vergleich heranzieht, dann spielt nach meiner Einschätzung "My Fair Lady" einfach nicht in dieser Liga.

    So, nun aber genug mit meinen kritischen Einwänden.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Aus diesem Grunde widerspreche ich auch Waldi, denn das Happy End des Musicals gehorcht zwar den Konventionen des Genres, reduziert das kritische Potenzial des Werkes aber auch auf ein ziemlich spießiges Klischee von der - immerhin gegenseitigen - Zähmung der Widerspenstigen, das den Vorwurf des Music Lovers zwar nicht richtig, aber durchaus verständlich macht. Viel wahrscheinlicher ist doch, dass Higgins (wenn der nicht doch schwul ist) für kurze Zeit der Liebhaber von Eliza ist, bevor diese als emanzipierte Dame der Gesellschaft über ihn hinaus in anderen Betten und bei diversen Fredden Karriere macht - natürlich diskret, denn sie ist ja keine Lady Windermere.

    Lieber Rideamus,

    Shaw hat so entsetzlich viel Worte gemacht, um den von ihm gedachten Schluß zu rechtfertigen, daß dadurch allein schon klar wird, daß ihm das nicht so selbstverständlich war, wie er tat. Seine Gestalten haben sich eben während des Schreibens sozusagen ein wenig emanzipiert und sind nicht so einseitige Klischeetypen, wie es ein hoffnungslos bärbeißiger Higgins wäre. Der zeigt ja in Abständen immer wieder, welcher Idealismus und welches Zartgefühl trotz allem in ihm steckt. Nur verbirgt er es meistens. Aber wie er Eliza endlich dazu bringt, "The Rain in Spain" richtig zu sagen (I.Akt, 5.Szene), das ist nicht die Art eines hartgesottenen Misanthropen. Und prompt verliebt sie sich darauf in ihn, wie es aus "I could have danced all night" hervorgeht. Als sie ihm den Ring zurückgibt, verliert einen Moment völlig die Fassung und gesteht "You have wounded me to the heart". Aber natürlich ist er auch seinem eigenen betulich gepflegten Junggesellen- und Überlegenheitsklischee so verhaftet, daß er diesen weichen Stimmungen nur allmählich und im Stück selbst nicht vollkommen nachgibt (ganz wird er sich vermutlich auch später nicht davon lösen können, aber es auf ein halbwegs tolerables Maß von Schrulligkeit reduzieren).
    Übrigens würde sie nie eine Lebedame werden ("I sold flowers. I didn't sell myself."). Eliza hat Substanz und Charakter. Vor und nach dem Handlungszeitraum des Stücks. Ich finde bei diesem vielfarbigen Paar, das sich wahrscheinlich ein Leben lang liebevoll zusammenraufen wird, eigentlich auch kein Klischee. Die "Zähmung der Widerspenstigen", Shakespeare möge es verzeihen, ist da weit klischeehafter. Higgins und Eliza werden es nicht leicht miteinander haben. Aber das mögen beide. Der selbstverständlich liebenswerte Freddie dagegen ist, übertrieben ausgedrückt, viel zu sehr Weichei. Für den bringt Eliza höchstens mütterliche Gefühle auf. Mit der gar nicht klischeehaften und recht zungenfertigen und keineswegs bloß konventionellen Mrs.Higgins versteht sie sich dafür prächtig (von wem hat denn der Sohn auch seine Anlagen?).

    :D Ich lobe gern Deine Julie Andrews. Aber kratz nicht an meiner Audrey Hepburn. :D

    :wink: :wink: :wink: Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi,

    wie käme ausgerechnet ich dazu, an Audrey Hepburn zu kratzen? Ich überlege doch nur, ob sie wirklich so eine ideale Eliza ist. :hide:
    Dass ich sie trotz dieser Überlegungen immer gerne auch in diesem Film sehe, steht ohnehin außer Frage.

    Im Übrigen haben die meisten Elizas das Problem, dass sie eher als Lady überzeugen, denn als Blumenverkäuferin.

    Das gilt jedenfalls auch für Tinuke Olafimihan auf der bereits angesprochenen Gesamtaufnahme. Sie ist zwar, wie Peter schon mitgeteilt hat, eine ordentlich grässlich klingende, frühe Eliza, setzt dafür aber eine ganz andere Stimme ein, so dass man beide kaum unter einen Hut bekommen kann, selbst einen von Cecil Beaton. Da Kiri Te Kanawa (und Marnie Nixon sowieso) dasselbe Problem hat, bleibt wirklich nur Julie Andrews als die ideale Verkörperung beider Phasen im Leben der Eliza, jedenfalls in den mir bekannten Originalfassungen.

    Ansonsten ist aber Tinuke Olafimihan besser, als ihr für mich bislang unbekannter Status vermuten lässt, wie überhaupt diese Gesamtaufnahme (mit gut gewählten Dialogfragmenten) ein Gewinn für die Diskografie dieses Musicals ist. Alec McCowen ist ein sehr guter Higgins, der sich problemlos neben Harrison und Irons behaupten kann, wenn ich diese beiden anderen auch nach wie vor lieber höre, und auch der Rest der Besetzung ist mehr als zufriedenstellend. Die betrübliche Ausnahme ist ausgerechnet Bob Hoskins als Dolittle, der zwar den Dialekt von Elizas Vater perfekt über die Rampe bringt, statt zu singen aber nur brüllend so etwas wie Gesang vortäuscht, was zunächst noch zur Rolle zu passen scheint, auf Dauer aber nur noch nervt. Der eigentliche Gewinn dieser Aufnahme aber sind die vielen sonst regelmäßig gekappten Orchesterzwischenspiele, die ein gutes Gefühl dafür geben, wie das Stück wirklich abläuft, und wie wichtig die Teile, die uns üblicherweise unterschlagen werden, für den überzeugenden Charakter des Ganzen sind. Jedenfalls hat die Aufnahme den Preis der Zeitschrift "Grammophone" für die beste Musiktheateraufnahme ihres Jahres vollauf verdient.


    Ob sie einem allerdings auch den nicht unbeträchtlichen Preisunterschied zu den inzwischen recht billig zu bekommenden Songkompilationen wert sind, muss jeder für sich entscheiden. Ich würde mir jedenfalls viel lieber diese Version anhören als den kompletten Soundtrack des Spielfilms.

    Inzwischen habe ich übrigens auch den Londoner Soundtrack des Musicals anhören können. Wer den Broadway Soundtrack hat, braucht ihn sicher nicht, denn nicht nur ist die Besetzung fast identisch, auch die Interpretationen sind - trotz naheliegenden Unterschieden nach zwei Jahren Erfahrung mit dem Stück - praktisch gleichwertig. Der entscheidende Unterschied ist eher, dass die Londoner Aufführung in echtem Stereo aufgenommen wurde, während man den Broadway Soundtrack nachträglich stereophonisieren musste. Wer also noch eine Neuaufnahme mit den (meisten) Darstellern der Originalbesetzung haben möchte, sollte zu dieser Fassung greifen:

    Unterm Strich aber würde ich aus rein musikalischen Gesichtspunkten und trotz der gegenüber Julie Andrews leicht suboptimalen Besetzung der Titelrolle für die Aufnahme John Mauceris plädieren, wenn man nur eine einzige haben will oder kann. Dass es sich in jedem Fall lohnt, das Musical immer wieder mal zu hören oder zu sehen, egal, wie man die Unterschiede zu dem Original von GB Shaw beurteilt, darin bin ich mir sicher nicht nur mit Waldi einig.


    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Lieber Rideamus,

    :kiss: Bei Mauceri sind wir vollkommen einig. Und so völlig unglaubwürdig ist auch Kiri te Kanawa als Blumenmädchen ja doch nicht. Als noch nicht erzogene Eliza gefällt sie mir halt besser denn als Tosca.

    Bei der Aufnahme von John Owen Edwards warte ich weiter geduldig, bis der Preis menschlicher wird. Wenn ich vorher abkratze, hab' ich eben Pech gehabt.

    Wie oft, löst der Cukor-Film bei mir eine englische Phase aus. Nach Erledigung der Unipflichten und bevor ich mich morgen wieder ins Nachbarland absetze, tanke ich gerade wieder "Pride and Prejudice". Und demnächst lege ich dort wieder "The King and I" auf - mit Julie Andrews und John Mauceri.

    Übrigens glaube ich mich zu erinnern, daß in Wien auf der Bühne Michael Heltau den Higgins gespielt hat. Auch kein "Sänger", aber mit seiner nuancierten Stimme (hör einmal sein" In einem kleinen Café in Hernals") sehr passend. Zweifellos hat Rex Harrison (obwohl fast etwas zu reif für den phonetischen Professor) diesen "Halb-Sänger"-Typus so entscheidend geprägt, daß es ein Jeremy Irons dagegen sehr schwer hat. Ungerecht, aber es ist halt so. Dagmar Koller soll eine gute Eliza gewesen sein. Leider habe ich sie als solche nie gehört, aber ich kann es mir ganz gut vorstellen. Hat eigentlich jemand von uns Cornelia Froboess in dieser Rolle erlebt? Die muß auch eine Traumbesetzung gewesen sein.

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Ist von der musikalischen Qualität allerdings eher unabhängig. Wobei mich allerdings wundern würde, wenn es überhaupt keinen Zusammenhang zwischen bestimmten musikalischen Qualitäten und denen der darauf basierenden Jazzalben geben sollte.

    Der Zusammenhang ist überhaupt nicht zwingend. Ich würde behaupten, ein guter Jazzmusiker kann aus beinah jedem Quatsch etwas Interessantes, ganz Eigenes machen. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass "My Fair Lady" ein Quatsch ist. Ich habe es nie gehört und Rideamus und Waldi können das sicherlich nach genreangemessenen Kriterien besser beurteilen. Ich will nur sagen, insofern trifft es schon nicht, dass etwa die von music lover gezeigten Alben von Oscar Peterson oder Shelley Manne auf dem Musical "basieren" würden. Sie nützen nur die Melodien der Songs als Ausgangsmaterial für ihr eigenes Werk, dass etwas anderes ist, als nur eine Interpretation und das wieder nach anderen Beurteilungskriterien verlangt.

    Die "My Fair Lady"-Freunde mögen diese kurze Unterbrechung entschuldigen.

    :wink: Matthias

  • Dass ein zwingender Zusammenhang besteht, habe ich nirgends behauptet, nur angezweifelt, dass überhaupt kein Zusammenhang besteht...
    Und selbstverständlich kann sich ein Musikstück sehr gut als Basis für Improvisation oder Variation (Diabellis Walzer) eignen, ohne als solches besonders herausragend zu sein. Daher schrieb ich ja auch "bestimmte musikalische Qualitäten" nicht "überragende Qualitäten schlechthin".
    Denn komischerweise suchen sich die meisten Jazzmusiker aber eben nicht "jeden Quatsch", sondern es wird weitestgehend eine recht überschaubare Menge "Standards" immer wieder neu abgehandelt. Kann natürlich sein, dass sich die o.g. Alben nur die Popularität der Schlager eines berühmten Broadwaystücks ausnutzen wollten. (Schlagereingängigkeit ist aber auch eine gewisse Qualität.)
    Die Idee, dass hier ein triviales Musical dadurch nachträglich geadelt wird, dass Baker oder Peterson darauf basierende Alben gemacht haben, finde ich jedenfalls reichlich arrogant, bei allem Respekt.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Die Idee, dass hier ein triviales Musical dadurch nachträglich geadelt wird, dass Baker oder Peterson darauf basierende Alben gemacht haben, finde ich jedenfalls reichlich arrogant, bei allem Respekt.

    Was nun widerum nicht meine Position ist, denn ich kann es gar nicht beurteilen, weil ich meistens die Musical-Originale gar nicht kenne. Deswegen sind Rideamus Beiträge für mich immer sehr interessant.

    Denn komischerweise suchen sich die meisten Jazzmusiker aber eben nicht "jeden Quatsch", sondern es wird weitestgehend eine recht überschaubare Menge "Standards" immer wieder neu abgehandelt. Kann natürlich sein, dass sich die o.g. Alben nur die Popularität der Schlager eines berühmten Broadwaystücks ausnutzen wollten. (Schlagereingängigkeit ist aber auch eine gewisse Qualität.)

    Die Menge der Standards ist gar nicht so überschaubar, sondern ziemlich groß.

    Zu Anfang wurden sie zumeist aufgenommen, weil Produzenten das von Musikern verlangten, um von der Popularität des Ausgangsmaterials profitieren zu können. Zu Standards wurden sie dann, weil weitere Jazzmusiker sich mit den Ersteinspielungen irgendwelcher Jazz-Meister messen wollten, an deren Erfolg teilhaben oder daran ihre eigene Originalität beweisen wollten oder natürlich auch, weil sie diese schlicht schön fanden. Das war früher sicherlich noch etwas anders, aber schon lange geht es wohl den meisten, wie mir: Sie kennen die Originale des "American Songbooks" nicht mal. Im Jazzstudium lernt man die in der Regel auch nicht kennen, sondern meist nur wichtige Jazzaufnahmen dieser Standards.

    Aber wir sprengen diesen Thread, deswegen halte ich auch jetzt wieder die Klappe.

    :wink: Matthias

  • :wink:

    Ich kenne leider nur den wunderbaren Film mit Hepburn und Harrison etc., habe also noch nie das ganze Musical im Original gesehen. Dass mir gleich aber eine Hand voll großartiger Lieder über die Lippen kommen, die ich natürlich auch in vielen Versionen von Fitzgerarld zu Sinatra kenne, spricht doch auch sehr für diese Qualität des Stückes. Eigentlich ebenso wie die Werke von Gershwin, die ich zwar auch besser finde, aber deswegen My Fair Lady trotzdem sehr zu schätzen weiss.

    Gruß, Frank

    Gruß, Frank

    Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu.

  • Mein Lieben! Lieber Waldi!

    Dagmar Koller war eine hervorragende Elizza, sie konnte singen und tanzen und sah immer gut aus,

    aber auch die Wiener Fassung mit Josef Meinrad als Higgins, Hugo Gottschlich als Dolittle, und, die mir weniger sympathische, Gaby Jacoby als Elizza waren in der Gerhard Bronner Fassung, recht gut.

    Dass diese Fassung aber nicht an der Volksoper gebracht wurde hatte den Grund, das der Berliner Dialekt sich besser eignet. Es handelt sich ier um eineArt Mischform von beiden Dialekten>>>>>>. Es gibt auch eine CD, wo ich das Cover nicht finden kann, aus der Volksoper in Wien, mit Michael Heltau als Higgins, Julia Stemberger als Elizza und Hans Kraemmer als Dolittle in einer Fassung von Prof. Hugo Wiener und Alexander Steinbrecher.

    Liebe Grüße sendet Euch Euer Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Meine Lieben,

    Dank Peters unerschöpflicher Sammlung konnte ich meine "Fair Lady"-Kenntnisse etwas erweitern.

    Da wäre zunächst die wienerische Fassung von 1993, als CD erschienen bei Reverso, eine Querschnittfassung der Wiener Volksoper, dirigiert von Uwe Theimer. Cover kann ich leider nicht bieten. Alles in allem ganz brav, mit teilweise viel Bemühen und nicht immer passendem Können. Mir fehlt das gewisse Etwas. Die Keßheit, die pointierte Ironie, der geschliffene Witz, hm! Schmalspurig ist natürlich ein zu harter Ausdruck dafür, aber deutet in etwa die Richtung meiner Einschätzung an. Das Wiener Idiom eignet sich nicht so gut wie das Berlinerische. Man glaubt fast eine gewisse Gemütlichkeit zu spüren. Hin und wieder läßt die Textfassung zwar das Genie des daran beteiligten Hugo Wiener durchschimmern, aber doch zu wenig.
    Theimer dirigiert nicht schlecht, aber so, daß man merkt, er möchte lieber Johann Strauß spielen (der ihm ja wirklich liegt). Michael Heltau und Julia Stemberger haben sich in anderen Rollen als weit besser erwiesen. Heltau als Higgins trifft den richtigen Ton immerhin wenigstens eingeschränkt zu 100 Prozent, meistens bleibt es bei 75-85 Prozent. Wenigstens empfinde ich einen Hauch des Originals bei ihm. Ich würde sagen, die Seelchen-Typen liegen ihm mehr. Julia Stemberger singt für eine Schauspielerin überraschend gut, aber sie strahlt einfach nicht das Besondere aus, das für eine Eliza erforderlich ist. Biederkeit ist hier nicht gefragt, wird aber lokalkolorierend geboten. Mit Freddy keift Stemberger zu sehr und im entscheidenden Augenblick wirkt sie nicht als "große Dame". Sebastian Reinthaller bleibt als Freddy recht blaß. Dasselbe gilt für Erich Auers Pickering. Ein vorzüglicher Burgtheatermann, der hier einfach falsch eingesetzt ist. Hans Kraemmer ist eine wienerische Miniausgabe des Doolittle, als solche recht ergötzlich, aber der "Welsh Spirit" geht ihm natürlich ab.

    Und dann die Version von 1996, deren größter Vorteil die musikalische Komplettheit ist.

    John Owen Edwards dirigiert routiniert, aber mir ein bißchen zu oberflächlich, wird aber im Verlauf immer besser. Die Besetzung reißt mich nicht vom Stockerl (interessant: Die Bewertungen bei Amazon.com sind auch durchaus gemischt). Alec McCowen ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich herausragend: recht großväterlich, "ordinary man" in der Ausstrahlung (was in diesem Fall kein Kompliment ist) und für einen Phonetiker sollte seine Artikulation ein wenig klarer sein; so aber stellt er nicht unbedingt ein beispielgebendes Vorbild dar. Michael Denison gefällt mir als Pickering gar nicht, zeitweise wirkt er mir viel zu blasiert. Man glaubt ihm aber - und das zu betonen, fordert die Gerechtigkeit - sofort den Militär, während der - für mich überragende - Wilfrid Hyde-White einen völlig zivil strukturierten Onkel abgab. Henry Wickham ist ein guter Freddy, der allerdings stimmlich an seine Grenzen stößt. Bob Hoskins als Doolittle krächzt sich durch seine Partie und kommt nicht im entferntesten an Holloway und Mitchell heran. Gut sind hingegen die Cockneys, wie überhaupt bei den Nebenrollen und dem Chor alles stimmt..
    Tinuke Olafimihan (eine nigerianisch-walisische Kombination) könnte einmal eine ausgezeichnete Eliza werden. Ihr Dialekt ist beeindruckend, aber sie übertreibt zu sehr. Bei den besten Elizas (Andrews, Hepburn/Nixon, Kanawa) fasziniert von Anfang die Fähigkeit, mehr zu sein als ein primitives Blumenmädchen. Olafimihan klingt wie ein hoffnungsloser Fall und schafft die "grande dame" nicht so ganz, bleibt zumindest akustisch irgendwie kleinbürgerlich, deutet nur an, daß sie sich künftig entwickeln könnte. Potential hat sie sicher.
    Den derzeit im Handel verlangten Preis ist die Aufnahme nicht unbedingt wert.

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Diese Aufnahme wurde bisher noch nicht genannt:

    Sie läuft hier gerade zum Vergleich mit der (gestern gehörten) Previn-Aufnahme und scheint mir und meiner Mithörerin bisher in allen Belangen weit, weit überlegen - das ist eine ganz andere Liga! Das beginnt bei der musikalischen Fassung und Orchestrierung samt Dirigat (kann Orchester und Dirigenten im Moment leider nicht nachsehen) - bei Previn nervte uns der unangemessene "Hollywood"-Stil schon nach kurzer Zeit maßlos. Mit den Solisten geht das weiter: abgesehen von ihrem perfekten (soweit ich das beurteilen kann) Cockney ist Martine McCutcheon auch eine glaubwürdigere junge Frau als Marni Nixon (Julie Andrews hören wir vielleicht noch dieser Tage). Jonathan Pryce kann im Gegensatz zu Rex Harrison richtig singen und Dennis Waterman ist ein umwerfender Doolittle. Vor allem aber wird Loewes Musik hier ernst genommen und nicht nur als Folie für ein paar Star-Darsteller.

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

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