Krystian Zimerman - Versuche höchstmöglicher Authentizität des Nachschöpferischen
Ich finde, dieser Pianist hat in Capriccio einen eigenen Thread verdient.
Der 1956 in Polen geborene Zimerman gewann 1975 den nur alle fünf Jahre ausgetragenen Chopin Wettbewerb. Vorgänger von ihm waren dort unter anderem Martha Argerich und Maurizio Pollini. Das war der Startschuss für die Karriere eines Pianisten, der meiner Meinung nach besonders durch sein Verantwortungsbewusstsein den Werken gegenüber die er interpretiert herausragt. Auf den Konzertpodien der Welt gibt er sich rar, er hat da wohl ähnliche Skrupel wie viele andere große Pianisten, es gab auch schon diesbezügliche Krisen. Zimerman sträubt sich auch vielfach lange, CDs freizugeben, die an sich selbst gestellten Ziele (siehe Verantwortung!) gehen von der Einlösung allenfalls allerhöchsten Anspruchs und höchster Authentizität aus.
Ich habe diesen außergewöhnlichen, sicher zu den ganz Großen zählenden Pianisten in den letzten Monaten mit einigen Aufnahmen die ich neu kennengelernt habe besonders schätzen gelernt.
Meine erste Hörerfahrung mit ihm (und mit diesen Werken) waren die Klavierkonzerte von Brahms mit Leonard Bernstein und den Wiener Philharmonikern in den 80ern. Nobel zurückhaltend könnte man sie im Vergleich zu anderen beschreiben, ich mag sie immer noch sehr gern.
Hier die Original CDs (die Aufnahmen gibt es mittlerweile mit anderen Covers, in Boxen)
Auf DVD:
Mit Herbert von Karajan hat Zimerman die Klavierkonzerte von Schumann und Grieg veröffentlicht, diese Aufnahme kenne ich noch nicht, sie ist aber sicher für die Zimerman Diskografie wichtig zu nennen, vielleicht möchte jemand anderer darüber schreiben.
Mit zu den letzten Projekten Leonard Bernsteins vor seinem Tod gehörten die Beethoven-Klavierkonzerte mit Zimerman, wieder mit den Wiener Philharmonikern. Ich hatte das Glück damals bei den Konzertmitschnitten im Publikum dabei gewesen zu sein, das bleiben (wie alle Bernstein Liveerlebnisse) unvergessliche Erinnerungen.
Bedingt durch Bernsteins Tod stellte sich die Herausforderung, erstmals in Personalunion als Dirigent und Pianist aufzutreten, um den Zyklus zu vollenden.
Der komplette Zyklus auf DVD:
Seine Klavier Solo CDs (zumindest die die ich bis jetzt gehört habe) zeugen durchwegs von diesem Höchstmaß an künstlerischem Anspruch. Es wirkt alles bis ins kleinste Detail durchdacht und gleichzeitig wird versucht, allem wirklich von Herzen Seele zu geben. Ich glaube das bei Zimerman in jedem Takt, mit jedem Ton zu spüren.
Zimermans „seriöse Hingabe“ macht für mich diese CDs zu den wertvollsten meiner Sammlung. Seine Aufnahme von Liszts h-Moll Sonate etwa empfinde ich (mittlerweile auch nach über 80 anderen gehörten Interpretationen dieses Werks) als eine der ganz großen, zeitlos bedeutenden Aufnahmen des Werks.
Neu entdeckt habe ich Zimerman in den letzten Monaten aber vor allem mit für mich exemplarischen Aufnahmen von Klavierkonzerten. Man kann die alle anders spielen, aber den Versuch höchste künstlerische Authentizität zu erzielen mit allem was einem an interpretatorischem Genie zur Verfügung steht kann man Zimerman meiner Meinung nach nie absprechen.
Und DIESE Doppel CD gehört meiner Meinung nach zum Allerbesten überhaupt, das sind Sternstunden der Aufnahmegeschichte. Zimerman und das speziell für dieses Projekt zusammengestellte Orchester widerlegen zunächst das Vorurteil, Chopin sei nichts für das Orchester eingefallen, und Zimerman spielt die Werke derart inspiriert, dass so einer wie ich aus dem Staunen nicht mehr herauskommt und auch nicht mehr herauskommen will.
Zimermans Liszt Aufnahmen bei der DGG gibt es zum Liszt Jahr übrigens auf dieser neuen Kopplung:
Im Detail zu einzelnen Aufnahmen vielleicht später mehr, dies soll ja nur einmal der Anstoß sein – welche Aufnahmen mit Krystian Zimerman gibt es noch, welche mögt Ihr, welche gefallen Euch gar nicht, und warum?