Valery Gergiev
Valery Gergiev
(geb. 2.5.1953 in Moskau)
„My real hero is Furtwängler.“ – so sagte Valery Gergiev in einem Interview. Und weiter, dass er ihn für den wahrscheinlich größten Dirigenten überhaupt hält. „Groß“ ist Valery Gergiev inzwischen auch: Er gehört nicht nur zu den charismatischsten und dynamischsten, sondern auch zu den unermüdlichsten Dirigenten unserer Zeit.
Er studiert zunächst Klavier und Orchesterleitung in Ordschonikidse (heute: Wladikawkas, Kaukasus), geht dann an das Konservatorium von Leningrad, gewinnt noch als Student 1975 den Dirigenten-Wettbewerb der Sowjetrepubliken. Im Jahr darauf wird er Sieger des Herbert-von-Karajan-Wettbewerbs in Berlin. Von da ab geht es steil bergauf mit seiner Karriere: Leitung des Armenischen Staatsorchesters, ab 1988 Chefdirigent der Kirov Oper St. Petersburg (später umbenannt in Mariinsky- bzw. Marien-Theater).
Gergiev setzt sich rückhaltlos für das in Gefahr geratene Haus ein, 1992 hebt er u.a. die St. Petersburger „Weißen Nächte“ aus der Taufe. Unter unermüdlichem Einsatz gelingt es dem inzwischen als Generaldirektor und künstlerischen Leiter fungierenden Gergiev, das Mariinsky-Theater zur renommiertesten Musiktheaterbühne Russlands und zu einem weltweit bekannten Markennamen aufzubauen.
Faszinierende Einblicke in die Geschichte des Mariinsky-Theaters bietet das reich bebilderte Buch „Valery Gergiev and the Kirov: A Story of Survival“. Der Autor, John Ardoin, wurde von Gergiev Mitte der 90-er Jahre eingeladen, ein Buch über das Kirov zu schreiben. Zu Wort kommen Freunde des Dirigenten (u.a. der georgische Pianist Alexander Toradze, mit dem Gergiev eine fantastische Gesamtaufnahme der Prokofjew-Klavierkonzerte eingespielt hat), aber auch Gegner.
Viele Gergiev-Aufnahmen sind dynamisch, mitreißend und elektrisierend (z.B. sein entfesselter und kraftstrotzender „Feuervogel“) – über andere Einspielungen wiederum schweigt man besser. Man muss diesen ungemein charismatischen Dirigenten einmal in Aktion gesehen haben: seine schweißtreibende Verausgabung am Pult, seine eindringliche Gestik und Mimik. Bei allem Showtalent wirkt er jedoch immer authentisch, immer voller Hingabe an die Musik.
Seit Januar 2007 ist Valery Gergiev Chefdirigent des London Symphony Orchestra. Derzeit ist ein Mahler-Zyklus mit diesem Orchester in Arbeit. Aber damit nicht genug: Unlängst gründete das Mariinsky sein eigenes Label und startete gleich mit einer Aufsehen erregenden Produktion von Schostakowitschs „Die Nase“. Ende Juni sollen bereits die 1. und 15. Symphonie dieses Komponisten auf CD folgen.
Ein sehr umtriebiger, weltweit gefragter Dirigent, der sich vor allem mit seinen vitalen Interpretationen des russischen und spätromantischen Opern- und Konzertrepertoires einen Namen gemacht hat. Sein Arbeitstempo ist hektisch, sein Pensum enorm – da gelingen nicht immer optimale Interpretationen. Man kann sehr wohl geteilter Meinung ob dieses Dirigenten sein, selten jedoch lässt er den Zuhörer kalt.
Soweit ein paar Anmerkungen zu diesem Dirigenten, dessen Interpretationen ich zumeist sehr schätze. (Und nebenbei bemerkt: Er hat eine Stimme, bei der man weiche Knie bekommt. )
Wie werden Gergievs Aufnahmen von Euch eingeschätzt? Welchen Stellenwert hat sein Mahler-Zyklus bei Euch (ich kenne die Aufnahmen noch nicht)? Was haltet Ihr im Allgemeinen von diesem „Ein-Mann-Kraftwerk“?
Nicht zuletzt interessieren mich Eure Live-Erlebnisse. An dieser Stelle möchte ich besonders herzlich Sune Manninen – als großen, intimen Kenner des Dirigenten – einladen, von seinen Eindrücken und Erfahrungen rund um das Gergiev-Festival Mikkeli zu berichten.
Gruß, Cosima