Valery Gergiev

  • Valery Gergiev

    Valery Gergiev

    (geb. 2.5.1953 in Moskau)

    „My real hero is Furtwängler.“ – so sagte Valery Gergiev in einem Interview. Und weiter, dass er ihn für den wahrscheinlich größten Dirigenten überhaupt hält. „Groß“ ist Valery Gergiev inzwischen auch: Er gehört nicht nur zu den charismatischsten und dynamischsten, sondern auch zu den unermüdlichsten Dirigenten unserer Zeit.

    Er studiert zunächst Klavier und Orchesterleitung in Ordschonikidse (heute: Wladikawkas, Kaukasus), geht dann an das Konservatorium von Leningrad, gewinnt noch als Student 1975 den Dirigenten-Wettbewerb der Sowjetrepubliken. Im Jahr darauf wird er Sieger des Herbert-von-Karajan-Wettbewerbs in Berlin. Von da ab geht es steil bergauf mit seiner Karriere: Leitung des Armenischen Staatsorchesters, ab 1988 Chefdirigent der Kirov Oper St. Petersburg (später umbenannt in Mariinsky- bzw. Marien-Theater).

    Gergiev setzt sich rückhaltlos für das in Gefahr geratene Haus ein, 1992 hebt er u.a. die St. Petersburger „Weißen Nächte“ aus der Taufe. Unter unermüdlichem Einsatz gelingt es dem inzwischen als Generaldirektor und künstlerischen Leiter fungierenden Gergiev, das Mariinsky-Theater zur renommiertesten Musiktheaterbühne Russlands und zu einem weltweit bekannten Markennamen aufzubauen.
    Faszinierende Einblicke in die Geschichte des Mariinsky-Theaters bietet das reich bebilderte Buch „Valery Gergiev and the Kirov: A Story of Survival“. Der Autor, John Ardoin, wurde von Gergiev Mitte der 90-er Jahre eingeladen, ein Buch über das Kirov zu schreiben. Zu Wort kommen Freunde des Dirigenten (u.a. der georgische Pianist Alexander Toradze, mit dem Gergiev eine fantastische Gesamtaufnahme der Prokofjew-Klavierkonzerte eingespielt hat), aber auch Gegner.

    Viele Gergiev-Aufnahmen sind dynamisch, mitreißend und elektrisierend (z.B. sein entfesselter und kraftstrotzender „Feuervogel“) – über andere Einspielungen wiederum schweigt man besser. Man muss diesen ungemein charismatischen Dirigenten einmal in Aktion gesehen haben: seine schweißtreibende Verausgabung am Pult, seine eindringliche Gestik und Mimik. Bei allem Showtalent wirkt er jedoch immer authentisch, immer voller Hingabe an die Musik.

    Seit Januar 2007 ist Valery Gergiev Chefdirigent des London Symphony Orchestra. Derzeit ist ein Mahler-Zyklus mit diesem Orchester in Arbeit. Aber damit nicht genug: Unlängst gründete das Mariinsky sein eigenes Label und startete gleich mit einer Aufsehen erregenden Produktion von Schostakowitschs „Die Nase“. Ende Juni sollen bereits die 1. und 15. Symphonie dieses Komponisten auf CD folgen.

    Ein sehr umtriebiger, weltweit gefragter Dirigent, der sich vor allem mit seinen vitalen Interpretationen des russischen und spätromantischen Opern- und Konzertrepertoires einen Namen gemacht hat. Sein Arbeitstempo ist hektisch, sein Pensum enorm – da gelingen nicht immer optimale Interpretationen. Man kann sehr wohl geteilter Meinung ob dieses Dirigenten sein, selten jedoch lässt er den Zuhörer kalt.

    Soweit ein paar Anmerkungen zu diesem Dirigenten, dessen Interpretationen ich zumeist sehr schätze. (Und nebenbei bemerkt: Er hat eine Stimme, bei der man weiche Knie bekommt. :) )

    Wie werden Gergievs Aufnahmen von Euch eingeschätzt? Welchen Stellenwert hat sein Mahler-Zyklus bei Euch (ich kenne die Aufnahmen noch nicht)? Was haltet Ihr im Allgemeinen von diesem „Ein-Mann-Kraftwerk“?
    Nicht zuletzt interessieren mich Eure Live-Erlebnisse. An dieser Stelle möchte ich besonders herzlich Sune Manninen – als großen, intimen Kenner des Dirigenten – einladen, von seinen Eindrücken und Erfahrungen rund um das Gergiev-Festival Mikkeli zu berichten.

    Gruß, Cosima

  • Liebe Cosima,

    ein Gergiev-Thread wird sicherlich auf großes Interesse stoßen. Für mich gehört er zu den Dirigenten, denen ich aufgeschlossen und interessiert gegenüber stehe. Allerdings hält sich meine Begeisterung auch in Grenzen. Ich besitze einige Aufnahmen von Schostakowitsch-Sinfonien (4, 5, 7 und 9 fallen mir ein), die auch sicherlich zu der Oberklasse zählen. Besonders seine Vierte finde ich recht gut. Ich habe die Boris Godunov DVD. Da ich da keinen Vergleich habe, würden mich da Meinungen anderer interessieren.

    Es gibt zumindestens zwei Doku-Filme, bei denen er dabei ist: Einer von Larry Weinstein über Schostakowitschs Kriegssinfonien und einer von Tony Palmer über Sergej Rachmaninoff. Ich empfand es immer so, dass Gergiev sich da etwas inszeniert -- wahrscheinlich ja normal für einen Künstler und Macher in seiner Position. Inhaltlich empfand ich seine Aussagen aber eher etwas dürftig. Naja, aber das soll ja für der Qualität der Musik irrelevant sein.

    Live-Erlebnisse. Da kann ich nur mit anderthalb Erlebnissen aufwarten. Das eine ("halbe") ist nur sehr indirekt. Für mich ist Gergiev untrennbar mit dem Mariinski Theater verbunden. Und da gab es so vor ca. 10 Jahren in der Musikhalle in Hamburg mal ein interessantes Event, sozusagen "über Kreuz" dirigierte Gergiev das NDR-Sinfonieorchester (Schostakowitschs 7.), während Eschenbach das Kirow-Orchester (heisst es inzwischen Mariinski-Orchester?) (Mahlers 6.). Während ich mir Mahlers 6. anhörte, ging meine Freundin einen Tag später in die "Leningrader" (ich selbst konnte aus Termingründen nicht). Soweit ich weiss, ist es wohl ganz ordentlich gewesen.

    Das andere Erlebnis ist letzten Oktober in der Deutschen Oper Berlin gewesen, da war Gergiev zu Gast mit dem Mariinski Theater. Ich habe mir "Die Nase" von Schostakowitsch angehört. Das war zwar alles beeindruckend und interessant, aber es blieb auch eine kleine Enttäuschung zurück. Ich kannte des Werk bis dahin nur von Rozhdestvenskys famoser Einspielung. Und da reichte die Aufführung in Berlin lange nicht heran. Mir kam alles sehr distanziert vor. Damals war mir nicht so 100%ig klar, ob das (auch) mit den akustischen Verhältnissen und einem gewissen Abstand vom Geschehen zu tun hatte. Applaus vom vollen Hause hat es jedenfalls noch sehr lange gegeben. Gergiev ist immer wieder (mit anderen Hauptpersonen) erschienen.

    Seit letztem Mittwoch besitze ich von der "Nase" auch die brandneue (SA-) CD, die Cosima auch schon erwähnt hat. Es ist natürlich sehr zu begrüßen, dass von diesem fantastischen Werk nun wenigstens eine zweite Einspielung vorliegt. (Wird es von der Produktion mal eine DVD geben? Wäre ja heutzutage naheliegend, eine DVD gleich mitzuproduzieren.) Ich denke, die Einspielung von Rozhdestvensky wird kaum zu toppen sein. Das war mir vorher schon klar, und ich habe das auch nicht erwartet. Die zweite Einspielung soll die von Rozsdestvensky nicht ersetzen, nur ergänzen. Beim Hören der Aufnahme von Gergiev wird aber genau mein Eindruck aus der Berliner Oper bestätigt. Bei Gergiev wirkt (auf mich) alles eher distanziert, unlebendig, farblos, statisch, trocken, während ich bei Roshdestvensky die Attribute lebendiger, farbiger, frecher, frischer und transparenter wählen würde. Es ist jetzt stark überzeichnet. Das soll nicht heißen, dass sich die Gergiev Einspielung nicht lohnt. Auch dort fallen mir einige Stellen sehr positiv auf.

    Andere Meinungen dazu würden mich interessieren.

    EDIT. Nachtrag: Bei Rozhdestvensky gibt es in der letzten Szene im Epilog ein ca. zwei Minuten langes Gespräch zwischen mehreren Personen. Das fehlt komplett bei Gergiev.

    maticus :wink:

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  • Von Gergiev kenne ich bisher nur die 6. Mahler und die gefällt mir ausgesprochen gut. Gergiev wählt straffe Tempi und achtet sehr auf deutliche Rhytmen (ich höre die Todeschwadronen marschieren, während ich bei anderen Dirigenten mich nur in der Geisterbahn wähne). Vor allem im 1. Satz kommt dadurch dieser IMO schizophrene Charakter des Werks sehr gut heraus. Außerdem lässt er das Scherzo an 3. Stelle spielen, was ich für die Dramaturgie der Symponie sinnvoller finde. Mit dem Klang bin ich nicht 100%ig zufrieden, ohne sagen zu können was mich stört. Irgendwie ist er mir eine Spur zu distanziert. Bei anderen Aufnahmen hat man mehr das Gefühl im Geschehen zu sein.

    Meine andere Aufnahme ist unter Bernstein (DGG) und natürlich ungleich emotionaler, wenn auch nicht so straff. Als nächstes ist der Kauf von Chaillys Box geplant, der die Sache wohl etwas langsamer angeht.

    Hier noch die Zeiten:

    21:59-13:53-12:34-28:45


    Eine Eigenart ist mir bei Fernsehübertragungen aufgefallen: Gergiev dirigiert mal mit, mal ohne Taktstock und manchmal mit einer Art Zahnstocher bzw. unnatürlich kurzem Taktstock. Vielleicht kann mich jemand aufklären was das soll? Ich glaube Sune_Maninnen hat öfter mit ihm zu tun.

    Lg
    Georg

    Wenn ich F10 auf meinem Computer drücke, schweigt er. Wie passend...

  • Eine Eigenart ist mir bei Fernsehübertragungen aufgefallen: Gergiev dirigiert mal mit, mal ohne Taktstock und manchmal mit einer Art Zahnstocher bzw. unnatürlich kurzem Taktstock. Vielleicht kann mich jemand aufklären was das soll? Ich glaube Sune_Maninnen hat öfter mit ihm zu tun.

    Lieber Georg,

    ich fürchte, daß meine "Aufklärung" Dich nicht zufrieden stellen wird, denn es gibt den Gergiev nicht, will heißen, es gibt kein System, wann Gergiev mit oder ohne dirigiert.

    Vor sehr vielen Jahren war ich in Mikkeli als eine Art Inspizient hinter der Bühne und bemerkte, daß Gergievs Orchesterdirektor (= Orchesterwart) ihm mehrere Taktstöcke hinlegte, Gergiev sie kurz prüfte und dann doch entschied, ohne auf die Bühne zu gehen.

    Als Lang Lang vor einigen Jahren in Mikkeli gastierte (dabei entstand die Rachmaninov-CD), hatte Gergiev sich so auf das 2. Klavierkonzert in den Proben konzentriert, daß er keine Zeit mehr hatte, die nach der Pause folgende 2. Sinfonie desselben Komponisten zu proben (dies kommt bei ihm häufiger vor!). Er meinte denn auch, jetzt müßte er "arbeiten", könne nicht den Auto-Piloten anstellen. Zu meiner Überraschung hatte er einen (langen) Taktstock in der Hand, berührte aber beim Auftakt das Dirigentenpult, woraufhin der Taktstock zu Boden fiel und Gergiev die ganze Sinfonie ohne dirigierte. Beim anschließenden Essen beklagte er sich, daß ein Fan sich offensichtlich den Stock angeeignet hatte und meinte (ich vermute, spaßeshalber), er würde das nächste Konzert absagen, wenn er ihn nicht zurück bekäme. Darufhin überreichte ich ihm (ebenfalls als Scherz) einen Zahnstocher und sagte, dieser hätte doch eine für ihn passende Länge!

    Da Gergiev sich angewöhnt hat, seine Gastspieltätigkeit auf relativ wenige, mit ihm vertraute Orchester zu reduzieren, vermute ich, diese sind so auf seine Dirigiertechnik eingeschworen bzw. haben sich an sie gewöhnt, daß er es sich erlauben kann, seine Klangvisionen mit flattrigen Fingern der rechten Hand in die Lüfte zu malen. Da ich kein Orchestermusiker bin, weiß ich nicht, inwieweit diese in der Lage sind, diese Bewegungen zu lesen und umzusetzen.

    Zurück zum Anfang : Wer versuchen will, zur Erklärung des Phänomens Gergiev ein System oder Regeln zu vermuten, ist auf verlorenem Posten.

    Noch eine kurze Nachbemerkung zu den voran gegangenen Beiträgen, die sich mit Gergievs CDs beschäftigen und diese mit anderen Interpretationen vergleichen. Das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Ich gehe einmal davon aus, daß Rozhdestvenskys "Nase" lange Proben voran gegangen sind, die dann in eine Studio-Aufnahme mündeten. Anders als bei dieser handelt es sich bei Gergievs "Nase" um einen Live-Mitschnitt innerhalb des Repertoire-Betriebs des Mariinsky-Theaters, d.h. Gergiev hat - wenn überhaupt - erst kurz vor der Vorstellung wenige Ausschnitte des Stücks kurz angespielt.

    Dies sollte man wissen, um m.E. Gergiev nicht zu schlecht abschneiden zu lassen. Als "Die Nase" vor wenigen Jahren in St. Petersburg Premiere hatte, war mir aufgefallen, daß er - wie bei ihm üblich - erst 1-2 Tage vor der Premiere zu den Schlußproben erschienen war, und das bei diesem äußerst diffizilen Stück. Er war vorher zu einem längeren Gastspiel in Tel Aviv gewesen. Der Aufführung selber merkte man diesen Umstand in keiner Weise an. Des Rätsels Lösung : Zum System Gergiev in St. Petersburg (und nicht nur dort) gehört, daß er die Proben selbst der schwierigsten Werke einem seiner Assistenten (Tatarnikov, Smelkov, Heine) überlässt und erst zum Konzert bzw. zur Aufführung einsteigt. Anders wäre sein übervoller Terminkalender gar nicht zu bewältigen. Im Falle der "Nase" hatte er das gesamte Ensemble zu Proben nach Israel kommen lassen!!!

    Zum Schluß : Wer Gergiev mit westlichen Maßstäben misst, wird nicht umhin können, ihn äußerst kritisch zu sehen, denn danach wäre vieles in seiner Vorbereitung auf Konzerte und Aufführung künstlerisch fragwürdig. Frei nach dem Fußball-Motto "Wichtig ist, was auf dem Platz ist" meine ich allerdings, wichtig ist, was im Moment im Saal geschieht. Und da denke ich an unendlich viele überwältigende Live-Erlebnisse zurück, da es zu Gergievs hervorstechendsten Fähigkeiten gehört, sich auf den Punkt konzentrieren und seine Energie auf Mitwirkende und Zuhörer übertragen zu können. Doch leider teilt sich dies nicht immer per CD mit.

    Gruß, Sune

  • Lieber maticus,

    witzigerweise war ich auch im Oktober in der Deutschen Oper in der "Nase" mit Gergiev und dem Mariisnki Theater und hatte einen ganz ähnlichen Eindruck: Ich war durchaus sehr beeindruckt, die "Nase" überhaupt einmal live erleben zu können. Ebenso vom großartigen "russischen" Sound des Orchesters, etwa dem tollen Bläsersound. Aber leider war das ganze auch etwas matt, als spielten Gergiev und sein Orchester noch im Jet-Lag und so mir zu wenig akzentuiert. Die streckenweise etwas schrille Modernität und Aufgedrehtheit des Werks schien so viel harmloser als bei Rozhdestvensky, manches auch etwas verwaschen, unzureichend ausbalanciert.

    Gergievs Einspielung der "Nase" habe ich mir aufgrund dieses Eindrucks nicht mehr zugelegt, da ich auch die wirklich großartige Rozhdestvensky-Einspielung besitze.

    Von Giergiev habe ich noch ein oder zwei Mahler-Aufnahmen mit dem LSO, die ich noch nicht anzuhören kam und eine meiner Erinnerung nach sehr gelungene Prokofiev-CD mit dem Petersburger Orchester. Dieser Thread schafft eine gute Gelegenheit, diese CDs bald zu hören. Dann mehr.

    :wink: Matthias

  • Liebe Nasianer,
    soooooooo übel finde ich Gergiews "Nase" eigentlich gar nicht.
    Bitte bedenkt: Das Stück hat nun ein paar Jährchen auf dem Buckel - und zwar nicht von seinem Alter her, da ist es sowieso zeitlos, aber in seiner Rezeptionsgeschichte. Als Roschdestwenskij es seinerzeit aus der Schublade holte, in die es Stalins Notenwächter gelegt hatten, war es neu, fast wie eine Uraufführung. Das merkt man der Aufnahme an. Ich nenne das gerne "Kampf ums Werk", da geschehen mitunter die besten Dinge. Roschdestwenskij packt unglaublich zu, und das Ergebnis ist grell und bunt und überdreht und so scharf, wie eine Satire nur sein kann.
    Für Gergiew ist das Werk schon eher ein Klassiker der Neuen Musik. Weniger Sau rauslassen, mehr Detailarbeit, auch was die Dynamik betrifft, macht Gergiew feinere Unterschiede. Natürlich wirkt diese Oper bei ihm etwas gezähmter - aber das hat auch stellenweise Vorteile: Zum Beispiel gibt es da Lyrismen, die bei Roschdestwenskij sehr überdreht klingen, bei Gergiew jedoch einen leicht melancholischen Anstrich bekommen, was ich in Zusammenhang mit Gogol überhaupt sehr mag.
    Sollte ich zwischen den beiden Aufnahmen entscheiden müssen, würde auch ich zu Roschdestwenskij greifen. Aber ich bin sehr froh, daß es diese Alternative jetzt gibt.

    Gar nicht froh bin ich, daß es nur eine CD ist. Ich will von dieser Oper endlich eine DVD haben, denn ich habe sie zweimal szenisch gesehen - und wenn dieses Stück auch nur halbwegs gut inszeniert ist, dann ist es von einer Bühnenwirkung, wie nur wenige Opern des 20. Jahrhunderts.
    :wink:

    Na sdarowje! (Modest Mussorgskij)

  • Lieber Edwin,

    du machst mich jetzt doch auf die CD neugierig: Ich hatte ja nur meinen Live-Eindruck schildern können.

    Dabei war ich so froh, mal etwas gefunden zu haben, was ich vielleicht nicht unbedingt brauche - und dann kommst du!

    :wink: Matthias, der persönlichen Finanzkatastrophe entgegenrasend.

  • Lieber Matthias,

    ich setze noch einen drauf: Über Kopfhörer gehört, finde ich die Gergiev CD deutlich besser als über Boxen. Das hat mit der schon angesprochenen empfundenen Distanziertheit zu tun, die sicherlich durch die Art der Aufnahme noch verstärkt wird. Aber über Kopfhörer gleicht man es wenigstens etwas aus. Ist zwar immer noch nicht so gut wie Rozhdestvensky, aber wie Edwin freue ich mich auch, eine Alternative zu haben.

    maticus :wink:

    P.S. Wer weiss, vielleicht haben wir ja nebeneinander gesessen.

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  • Lieber Matthias,
    damit Du siehst, wie gerne ich Dir bei Deinem Einsparprogramm behilflich bin, kann ich Dir gerne ein paar Karajan- und Böhm-Aufnahmen nennen, die man wirklich nicht braucht. Aber diese "Nase" gehört leider nicht dazu. Ich bedauere. :D
    :wink:

    Na sdarowje! (Modest Mussorgskij)

  • "Nase" in Berlin

    Lieber Matthias und maticus,

    bevor ich meine Eindrücke zu Gergievs Berliner "Nase" (und allgemein) schildern möchte, würde mich interessieren, in welcher der beiden Aufführungen Ihr wart (ich besuchte die zweite), denn da Gergiev niemals (oder selten) derselbe ist und seine Interpretationen von Aufführung zu Aufführung wechseln, halte ich dies für entscheidend.

    Sune

  • Lieber Sune,

    ich war dort am 5. Oktober (das war dann wohl die zweite Vorstellung).

    In der Tat würden mich Deine Eindrücke sehr interessieren. Auch ein Vergleich der Berliner Aufführung mit der CD aus Deiner Sicht.

    Nebenbei: Hast Du Kenntnisse darüber, ob es bei Mariinsky auch eine DVD von der "Nase" geben wird? Wäre ja naheliegend, dass ein Film gleich mitproduziert wurde.

    maticus :wink:

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  • Ich war auch dort am 5. Oktober :)
    Heike

    P.s. vielleicht ein andres Mal mehr, muss jetzt erstmal was andres machen - bin aber grad über diesen Thread gestolpert.

    „Wahrscheinlich werden künftige Generationen sich erinnern, dass dieses Jahrhundert das ,Century of Recordings’ war, in dem die Menschen auf die seltsame Idee verfielen, man könne Musik in kleine Plastikteile einfrieren. Mich erinnert das an die Idee der Ägypter vom Leben nach dem Tod. Eine ungesunde Idee. Studiomusik ist eine Verirrung des 20. Jahrhunderts. Das wird verschwinden.“ (F. Rzewski, Komponist, in der FAZ vom 21.4.2012)

  • Hallo Sune, hallo allerseits,

    schön, dass Du wieder da bist. Ich freue mich auf Deine Schilderungen über „Die Nase“. Natürlich auch auf die der anderen Mitglieder. Ich muss unbedingt einmal versuchen, Gergiev live zu erleben.

    Inzwischen habe ich seine Aufnahme gehört. Mangels Vergleich – die Roschdestwenskij-Aufnahme kenne ich leider (noch) nicht – kann ich nur sagen, dass mir außerordentlich gefiel, was ich da hörte. Eine DVD wäre in der Tat toll, und da Gergiev zudem ein gewitzter Geschäftsmann ist, ist die Hoffnung nicht ganz unbegründet.

    Gruß, Cosima

  • Eine DVD wäre in der Tat toll, und da Gergiev zudem ein gewitzter Geschäftsmann ist, ist die Hoffnung nicht ganz unbegründet.

    Gruß, Cosima

    Habe gerade geschwitzter Geschäftsmann gelesen und wunderte mich über diesen Ausdruck, der aber von so ganz weit her nicht geholt worden wäre ;)

  • Hallo zusammen, hallo Sune,

    Noch eine kurze Nachbemerkung zu den voran gegangenen Beiträgen, die sich mit Gergievs CDs beschäftigen und diese mit anderen Interpretationen vergleichen. Das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Ich gehe einmal davon aus, daß Rozhdestvenskys "Nase" lange Proben voran gegangen sind, die dann in eine Studio-Aufnahme mündeten. Anders als bei dieser handelt es sich bei Gergievs "Nase" um einen Live-Mitschnitt innerhalb des Repertoire-Betriebs des Mariinsky-Theaters, d.h. Gergiev hat - wenn überhaupt - erst kurz vor der Vorstellung wenige Ausschnitte des Stücks kurz angespielt.

    soweit ich im Beiheft der Gergiev-Aufnahme lese, fehlt ein Hinweis auf eine Live-Aufnahme aus dem Repertoire. Aufgenommen wurde offenbar in der theatereigenen Mariinsky Concert Hall vom 15. bis 23. Juli 2008. Ich habe bisher nur oberflächlich reinhören können, daher weiss ich nicht, ob sie wirklich live ist.

    Das Mariinsky-Label scheint übrigens mit dem LSO-eigenen Plattenlabel zu kooperieren, auch Produzent und Tontechniker der "Nase" sind (nicht nur) von "LSO live" CDs bekannt. Naja, selber Chefdirigent....

    Beste Grüsse,

    Claus


  • Habe gerade geschwitzter Geschäftsmann gelesen und wunderte mich über diesen Ausdruck, der aber von so ganz weit her nicht geholt worden wäre ;)

    Mal so unter uns Frauen: Ich mag es, wie er sich verausgabt und schwitzt beim Dirigieren. :stumm:
    Und dann diese Stimme, hast Du die mal gehört (es gibt auf youtube einige Interviews)? Wow! Was für ein Mann! Er hat etwas sehr Sinnliches, Animalisches, Ursprüngliches an sich.

    Entschuldigung, das kam gerade so über mich. Aber ich schwöre: Ich habe zuerst seine Musik gemocht, der Rest kam erst später. :hide:

    Aber um zum Thema zurück zu kehren, und um noch irgendetwas halbwegs Sinnvolles zusammen zu stammeln: Seine „Nussknacker“-Aufnahme – und da sind sich wohl alle einig – ist toll!

    Verschämte Grüße,
    Cosima :D

  • Gergievs "Nase"

    Mein Dank gilt Claus, der mir dazu verhalf, einen Irrtum meinerseits aufzuklären. Da ich die "Nase"-CD (noch) nicht besitze, also auch keine Kenntnis des Booklets hatte, vermutete ich, es handelte sich dabei um die Veröffentlichung eines Live-Mitschnitts aus dem Mariinsky-Theater aus dem Jahre 2007 (?), der via EBU auf manchen Stationen zu hören war.

    Nun, es macht Sinn, daß diese Aufnahme in der neuen Mariinsky-Konzerthalle erstellt wurde, die ein exzellentes Tonstudio besitzt, zu der die Londoner Crew eingeflogen wurde, die für die Aufnahmen des LSO-Labels verantwortlich ist. Weil es sich also um eine Studio-Einspielung handelt, vermute ich, daß es von der "Nase" keine DVD geben wird. Aber ich verspreche, Gergiev in zwei Wochen darauf anzusprechen.

    Ich kann also leider (noch) nicht mitreden, was die Qualität dieser CD anbelangt, aber ich kann versuchen, einige Hintergrundinformationen zu geben.

    Interessant ist für mich der Aufnahmetermin Mitte Juli 2008, also während des für alle Künstler (Chor, Orchester, Solisten, Gergiev) äußerst anstrengenden Festivals "Stars der Weißen Nächte" in St. Petersburg. Während der Aufnahmeperiode vom 15. - 23. Juli dirigierte Gergiev :

    am 16. + 18.7. (als Premiere) Szymanowskis "Krol Roger"
    am 21.7. ein Opernkonzert mit Maria Guleghina
    am 22.7. ein Rachmaninov-Konzert (u.a. Aleko)
    am 23. + 24.7. (ebenfalls als Premiere) Smelkovs "Brüder Karamazov"

    Jeder kann sich seinen eigenen Reim darauf machen, unter welchen Umständen die "Nase" entstanden ist.

    Ich habe bereits in anderen Foren bekannt, daß ich Gergiev "live" den Studio-Einspielungen vorziehe. Dieser Mann ist ein Spontan-, ein Augenblicks-Musiker, dessen "Timings" von Aufführung zu Aufführung erheblich abweichen (können - meistens tun sie es). In einer Studio-Aufnahme müssen einzelne Takes in demselben Tempo wie vorher wiederholt werden. Dies von Gergiev zu erwarten, hieße, ihn zu "kastrieren" (pardon, meine Damen!), ihn seiner Spontaneität zu berauben.

    Was heißt übrigens "live"? Im letzten Sommer gab es bei uns in Mikkeli zu Ehren Rimsky-Korsakovs ein Konzert, in dem Gergiev dessen "Scheherazade" und Stravinskys "Petrushka" dirigierte, zwei Werke also, die von ihm üblicherweise nicht geprobt werden, da das Orchester sie rauf und runter spielt. So war es auch diesmal : Zwar probte Gergiev ausgiebig, aber nicht diese Stücke, sondern Schuberts für das Orchester neue Neunte. Da sich im Orchester einige Mitglieder befanden, für die Petrushka neu war, gab es denn auch in der Aufführung einige Patzer : Trompetenkiekser, verspätet einsetzende Flöte usw. Da das Konzert wenige Tage später gesendet werden sollte, bat Gergiev die Tontechniker des finnischen Rundfunks, im Anschluß an das Konzert einige Korrekturen vornehmen zu dürfen. Dies durfte er, und in dieser korrigierten Fassung wurde das Konzert "live" übertragen!

    Zum Schluß noch einige Anmerkungen zur Besetzung der "Nase". Mit wenigen Ausnahmen werden die Hauptrollen von Sängern gesungen, die der "Akademie für junge Sänger" des Mariinsky-Theaters (eine Art Opernstudio de luxe) entstammen und fast alle ins Ensemble des Theaters übernommen wurden. Sulimski gastiert regelmäßig am Bolshoi-Theater, Tanovitski wurde von Gergiev an der Met (!) als Wotan präsentiert, und von Semishkur und Skorokhodov gibt es eine nette Story zu berichten. Beide Tenöre sind junge, aber schon renommierte Mitglieder des Mariinsky-Theaters; beide waren in St. Petersburg Partner von Anna Netrebko (Semishkur als Bohème-Rodolfo, Skorokhodov als Lucia-Edgardo). Meine Überraschung war nicht gering, als ich diese beiden Solisten bei der Berliner "Chowanschtschina" im Chor entdeckte!!! Sie hatten mit geholfen, den Klang zu verstärken. Kann sich das jemand von westlichen Solisten vorstellen?

    Vielen Dank für die Geduld beim Lesen!

    Sune

    P.S. Letzte Woche hat Gergiev in der Mariinsky-Konzerthalle für sein neues Label Wagners "Parsifal" eingespielt, mit einer z.T. Nicht-Mariinsky-Besetzung : Violeta Urmana, Gary Lehman, Evgeny Nikitin, Nikolai Putilin, René Pape.

  • Mal so unter uns Frauen: Ich mag es, wie er sich verausgabt und schwitzt beim Dirigieren. :stumm:
    Und dann diese Stimme, hast Du die mal gehört (es gibt auf youtube einige Interviews)? Wow! Was für ein Mann! Er hat etwas sehr Sinnliches, Animalisches, Ursprüngliches an sich.


    Verschämte Grüße,
    Cosima :D

    Dann hab ich was für dich: auf CNN.com gabs vor kurzem ein Feature über ihn. Informationsgehalt ist eher dürftig, aber er kommt des öfteren zu Wort und nimmt da auch Stellung was sein umstrittenes Konzert während des Georgienkrieges anlangt.

    Wenn ich F10 auf meinem Computer drücke, schweigt er. Wie passend...

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