Gestern und vorgestern:
Mo., 06.03.2017, 20:00 Uhr
Di., 07.03.2017, 20:00 Uhr
Mannheim, Rosengarten, Mozartsaal
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 9
Nationaltheater-Orchester Mannheim
Dirigent: Friedemann Layer
Ich hatte mich auf beide Konzerte gefreut und mir Karten besorgt, denn ich hoffte, zum ersten Mal Bertrand de Billy zu erleben. Umso größer meine Enttäuschung, als ich letzte Woche erfuhr, daß der Franzose kurz vor Probenbeginn abgesagt hatte ("aus persönlichen Gründen") und der frühere Mannheimer GMD Friedemann Layer kurzfristig eingesprungen war. Mit Layer habe ich nämlich bislang eher zwiespältige Erfahrungen gemacht (z. B. mit Debussys Pelléas et Mélisande in Frankfurt).
Meine Erwartungen waren also nicht allzu hoch.
Beide Konzerte habe ich durchaus unterschiedlich erlebt. Am Montag hätte ich nicht in depressiver Stimmung nach Mannhein fahren sollen, denn der erste Satz schleppte sich trist und träge dahin, die düsteren Seiten dieser Musik deutlich hervorkehrend. Damit ich nicht mißverstanden werde: Ich fand das faszinierend, denn ich empfand das keineswegs als Manko oder als Nichtkönnen: Im Gegenteil, diese düsteren, resignativen Seiten, das ständige Abmühen mit den immer präsenten vier Schlägen des Hauptmotivs sind ja bewußt komponiert!
Im 2. Satz fiel mir der Mittelteil mit einer Art grotesken Wienerwalzer auf - so noch nie gehört! Großartig, wie die Steigerungen in den beiden letzten Sätzen gestaltet wurden, sehr intensiv auch der volle Streichersound im Finale: weniger Abgesang als noch einmal ein volles Aufblühen von Lebenskraft!
Im Unterschied zum sehr homogenen Orchesterklang, in dem das Collagenartige eher in den Hintergrund trat, fiel mir am Dienstag eine andere Art der Durchgestaltung auf: wesentlich transparenter, mehr Betonung der Einzelstimmen ("analytischer"?), nicht mehr mit ganz so spannungsvollen Bögen, dafür aber mit vielen eindrucksvollen Details: Vor allem die Bläser zeigten sich noch präsenter und konzentrierter (ein paar kleine Wackler, die noch am Vortag gehört hatte, fehlten hier), spieltechnisch war das eine Steigerung (auch wenn mich die natürliche Agogik am Montag besonders beeindruckt hatte).
Übrigens wurde in "deutscher Orchesteraufstellung" gespielt, also 1. Geigen links, 2. Geigen rechts vom Dirigenten. Letzteren wies der Komponist mehr Eigenständigkeit zu als es normal der Fall ist, das war mir neu.
Friedemann Layer erwies sich nicht als Notlösung, das ist nun klar: Er agierte insgesamt unauffällig, ganz auf die Musik konzentriert, ohne theatralische Aktion.
Jedenfalls waren das meine Eindrücke: Ich bin mir nicht sicher, ob meine unterschiedlichen Erwartungen jeweils vor den beiden Konzerten eine größere Rolle gespielt hatten; auch hatte ich am Montag Probleme mit meinen Hörgeräten und ein Besuch beim Akustiker gestern vor dem Konzert erwies sich als glückliche Aktion: Die Wahrnehmung größerer Transparenz am Dienstag gegenüber Montag war sicher auch darauf zurückzuführen.
Insgesamt zwei sehr beeindruckende Konzerte!