Satzdisposition und Hörbegleitung (1. Satz)
Das Quintett ist dreisätzig:
I. Molto moderato quasi lento - Allegro f-moll (Sonatenhauptsatz mit langsamer Einleitung)
II. Adagio a-moll/Des-Dur/a-moll (langsamer Satz in dreiteiliger Form)
III. Allegro non troppo, ma con fuoco (a-moll -> ) F-Dur (Sonatenhauptsatz)
Man erkennt bereits in der Disposition der Tonarten im Großen die Bevorzugung von Terzverwandtschaften.
Die folgenden Zeitangaben beziehen sich auf die jüngst erschienene Einspielung des Werkes mit Cristina Ortiz und dem Fine Arts Quartet (Naxos, 1. Zeitangabe) und auf die ältere Einspielung mit Clifford Curzon und dem Quartett der Wiener Philharmoniker, die zur Zeit nur gebraucht oder in einer (sehr empfehlenswerten!) Sammelbox mit weiteren Aufnahmen des britischen Pianisten erhältlich ist (Decca, 2. Zeitangabe).
Die Introduktion des ersten Satzes beginnt (0:00/0:00) mit einem als „dramatico“ bezeichneten Thema (Thema A, C-Takt) in der 1. Violine, welches akkordisch von den anderen Streichern begleitet wird – eine abfallende Tonleiter in doppelt punktiertem Rhythmus, gefolgt von Seufzermotiven, verlöschend (man höre die chromatischen Linien in 2. Violine und Cello bei 0:19/0:18'). Es folgt ein zartes, kontrastierendes Klaviersolo (Thema B, 12/8-Takt, ab 0:24/0:25), bei dem die führende Mittelstimme von einer zarten getupften Oberstimme begleitet wird, die die Kontur des „zyklischen“ Themas vorweg zu nehmen sein (c‘‘/des‘‘/d‘‘ ). Bei 0:58/0:59 wieder Thema A, jetzt stärker harmonisch angereichert (aufsteigende, fast durchweg chromatische Linien in den drei unteren Streichern), wieder das Verlöschen, gefolgt von Thema B im Klavier. – Der nächste Streichereinsatz (1:52/1:54) bringt nacheinander in allen vier Streichern eine Variante von Thema A, begleitet von wechselnd chromatischen und akkordisch fallenden Linien im Klavierbass – das erste Zusammenspiel aller fünf Instrumente. Erregte Zweiunddreißigstel in den Streichern führen zu einer Steigerung, die einen ersten Höhepunkt mit Thema A bringt (2:26/2:25). Man achte auf die Klavierbegleitung: Des-Dur – a-moll – Des-Dur – a-moll – Des-Dur – a-moll; das ist nur eine von vielen Stellen mit terzverwandten Harmonien. Thema B im Klavier wird nun bohrend im ppp vom Themenkopf A begleitet (ab 2:50/2:52), bis das Klavier diesen Themenkopf A selbst aufnimmt (ab 3:10/3:05) und als Ausgangspunkt für ein kurzes kadenzartiges Solo nimmt, welches in das Sonaten-Allegro mündet.
Bei 3:23/3:15 hören wir den Beginn der ersten Themengruppe mit Thema C, welches deutlich mit dem „dramatico“-Thema A verwandt ist – absteigende Skala, punktierter Rhythmus, C-Takt. Weitere punktierte Rhythmen mit chromatischer Kontur folgen im Klavier (Motiv D). Bei 3:33/3:25 beginnt ein neues Motiv (E) mit Akkordbrechungen, welches chromatisch sequenziert wird und mit D abwechselt. Bei 3:48/3:40 ein neuer Gedanke in der ersten Violine (Chromatik im Klavier linke Hand). Bei 4:09/3:57 beginnt das letzte Thema (F) der ersten Themengruppe, zunächst in der Bratsche, dann ebenso in den übrigen Streichern, im Klavier chromatisch – mal aufwärts, mal abwärts – begleitet.
Die zweite Themengruppe eröffnet mit dem „zyklischen Thema“ des Werkes (G) bei 4:38/4:27, welches unvermittelt in der bewusst exterritorialen Tonart Cis-Dur erscheint (Franck hätte es ja auch in der Subdominantparallele Des-Dur notieren können, zumal das Klavier hier alleine spielt – ein Hinweis auf Außermusikalisches?). Man beachte wieder die Harmonik: zwei Takte Cis-Dur, ein Takt a-moll, wieder ein Takt Cis-Dur – Terzverwandtschaft, analog beim zweiten Auftreten (E-Dur/c-moll). – Bei 5:02/4:53 ein neues Motiv (H), das einem aus der Violinsonate Francks bekannt vorkommen mag. Ab 5:25 ein Motiv (I), dessen Andeutung schon vorher zu hören war (4:00/3:52, rechte Hand Klavier – es gibt viele mikroskopische Bezüge dieser Art, alle zu erwähnen scheint unmöglich und würde die Lesbarkeit noch mehr erschweren). Als Schlussgruppe der Exposition erklingt ab 5:42/5:30 das „zyklische Thema“ (G) dann in der 1. Violine, nunmehr in der „korrekten“ Tonart As-Dur (d. h. in der Tonikaparallele, wie es sich für einen Sonatenhauptsatz in moll gehört), flankiert von einem versprengten Einwurf des Thema C (5:55/5:44). Übergangslos geht es in die Durchführung (ab 6:20/6:09), in der das Klavier das Thema C zunächst („un poco marcato“) in der linken Hand durchführt.
Mit all den Themen und Motiven der Exposition im Kopf sollte der hörende Nachvollzug der Durchführung keine Probleme bereiten. Man beachte, dass ab 7:09/7:00 das Thema C einfach in eine chromatisch fallende Skala in Sechszehnteln verwandelt wird. – Bei 7:49/7:42 tritt überraschenderweise das „dramatico“-Thema (A) aus der Introduktion wieder auf, nochmals bei 8:31/8:27.
Ab 9:54/9:48 kündigt sich die Reprise an, deren Beginn bei 10:10/10:06 eher verschleiert wird – bis man sie bemerkt, ist man schon mittendrin. – Interessant ist, dass nach der Rekapitulation des letzten Themas der ersten Themengruppe (F) das „zyklische Thema“ (G) in den Streichern nur beschwörend angedeutet wird (11:27/11:23), stattdessen aber das Klavier darauf mit dem Thema B der Introduktion antwortet! Wieder ein Hinweis auf Außermusikalisches? Erst ab 12:31/12:29 erklingt dann das „zyklische“ Thema in der „richtigen“ Reprisentonart F-Dur.
Ab 13:06/13:05 wird man die Coda ansetzen können, hymnisch, rauschhaft, wie so oft bei Franck, in einen rasanten Schluss (Piu Presto, ab 14:32/14:27) mündend, an dessen Ende ein letztes Mal das Hauptthema C im fff erscheint, um sogleich zum Verlöschen geführt zu werden („estinto“, auch das „dramatico“-Thema A ist noch einmal zu hören).