Brahms: Streichquartett B-Dur op. 67

  • Ja, diese beiden Variationensätze verwechseln sich bei mir im Kopf manchmal (beim tatsächlichen Erklingen besteht wg. der Besetzung die Gefahr nicht). Ich meine aber, dass der in der Klarinettensonate noch mehr Distanz von dem leicht altfränkischen klassizistischen Ton gewinnt; dafür hat das Quartett die genial-witzige Reprise des "Jagdthemas".

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ganz besonders liebe ich den dritten Satz: diese innere Unruhe, dieses Spiel mit den Bewegungszuständen, das immer wiederkehrende Innehalten (in der Großform wie im Motivischen), der lyrisch-entspannte Schluss usw., ein ganz außerordentlicher Satz.

    Brahms zum B-Dur-Quartett und speziell zum 3. Satz:

    Zitat

    „Ich gebe“, erzählte er Theodor Wilhelm Engelmann (dem Gatten der Pianistin Emma Brandes und selber ein eifriger Amateurvioloncellist) „ein Streichquartett heraus u. brauche vielleicht einen Mediziner dazu (wie zu dem ersten). Dieses 4tett nun sieht etwas Ihrer Frau ähnlich—sehr niedlich—aber genial! … Es handelt sich um keine Zangengeburt mehr; sondern nur um das Dabeistehen. Violoncello-Solo kommt nicht vor, aber ein so zärtliches Bratschensolo, daß Sie dem zu Gefallen noch das Instrument wechseln!“

    Quelle:

    "http://www.hyperion-records.co.uk/dw.asp?dc=W8242_67552&vw=dc"

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Ich habe angeregt vom op.51/1 Thread die LaSalle-Aufnahme gestern komplett angehört und finde sie insgesamt sehr empfehlenswert, nicht nur in op.67. "Moderner" als das ABQ, aber keineswegs ohne Leidenschaft (und mit den Expositionswiederholungen in allen dreien). Auch die 10 Jahre ältere Einspielung des Wolf-Quartetts gefällt mir sehr gut, wobei ich keine andere Interpretation dieses Stücks kenne. Eine historisch sehr eigenartige Kopplung, da Wolf bekanntlich nicht gerade ein Freund von Brahms' Musik oder Person gewesen ist. Aber diskographisch weit attraktiver als die LP-Kopplung (Schumann Klav-Quintett).
    Die Doppel-CD ist nach wie vor nicht wieder aufgelegt worden (eine LaSalle-Box hat die DG verpennt und nur 2. Wiener Schule und Zemlinsky in einer Box herausgebracht, dummerweise nachdem sie diese Werke schon Brilliant überlassen hatten), aber zu einigermaßen zivilen Preisen second hand zu finden.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Brahms Nr. 3 aus der neuen Aufnahme mit dem Hagen-Quartett. Ich verkneife mir mal mit Mühe Superlative. Selber hören!

    Muss nach erneutem Hören nun doch ein paar Worte verlieren.

    Die Tontechnik ist einfach Klasse. Sehr natürlich, tolle Balance, sehr dynamisch. Bin wunschlos glücklich, hatte aber von Myrios auch nichts anderes erwartet.

    Interpretatorisch hat mir das Hagen Quartett Op. 67 richtig nahe gebracht. Vor allem die beiden Binnensätze sind wirklich, wirklich zum Niederknien schön gespielt. Ich hatte das lyrische Thema des zweiten Satzes nicht dermaßen zart und innig in Erinnerung. Und Veronika Hagens Bratschenspiel ist insbesondere im dritten Satz einfach wunderbar. Über das ganze Werk enorm beeindruckt hat mich wieder einmal das unglaublich gut aufeinander abgestimmte Ensemblespiel. Erfreut war ich davon, zwar das Absichtsvolle, Durchdachte, intensiv Erarbeitete wieder deutlich wahrzunehmen, ohne aber diesmal den Eindruck des allzu Gewollten oder gar Manierierten zu haben.
    Für mich für beste Aufnahme des B-Dur-Quartetts, die ich kenne.
    Hat die sonst schon jemand hier gehört?

  • Unsere aktuelle Diskussion über Brahms' 2. Streichquartett op. 51/2 hat mich verführt, auch die anderen beiden Quartette wieder vorzunehmen, z. B. Op. 67. Bemerkenswert finde ich, wie unterschiedlich dieses Werk bewertet wird. Hier ein paar Fragmente aus den bisherigen Beiträgen:

    Ich versuch's immer mal wieder mit op. 67. Eigentlich ein tolles Werk mit ziemlich schrägen Stellen. Aber ob ich das jemals mögen werde wie andere Brahms-Kammermusik :?:

    Und der etwas angeschrägte Klassizismus der Ecksätze gefällt mir zwar im Prinzip gut, aber eine emotionale Verbindung stellt sich nur bedingt ein...

    [...] richtig warm geworden bin ich mit dem Werk aber nach wie vor nicht.

    Auch bei mir als ausgesprochenem Brahms-Kammermusik-Liebhaber gibt es ein paar Werke, um die ich einen Bogen mache. Das 3. Streichquartett gehört nicht dazu.

    Auch mit op. 67 kann ich nur wenig anfangen.

    Ich mag op. 67 nach zigfachem Hören in den letzten Wochen inzwischen ziemlich gern.

    Ich geselle mich bezüglich op. 67 hier zu den Skeptikern.

    Op. 67 ist mir unter Brahms' Streichquartetten das liebste.

    Mir auch. Ganz besonders liebe ich den dritten Satz: diese innere Unruhe, dieses Spiel mit den Bewegungszuständen, das immer wiederkehrende Innehalten (in der Großform wie im Motivischen), der lyrisch-entspannte Schluss usw., ein ganz außerordentlicher Satz. Auch die Variationen finde ich wunderschön.

    Ich selbst habe damals - # 16, vor 10 Jahren - geschrieben:

    Das "Akademische" des Werks, dem man anmerkt, daß es dem Komponisten - so mein Eindruck - nicht in erster Linie um Selbstausdruck (was bei Brahms meist aufs Melancholische zielt) geht, sondern um Abarbeiten an der Tradition (Haydn, Beethoven, Schumann), das gefällt mir gut!

    Im Moment bin ich mir nicht sicher, ob ich das heute auch noch so eindeutig positiv werten würde - bin da, offen gesagt, etwas ambivalent. Aber das Quartett verdient sicher, daß man (= alle, die Brahms mögen und alle, die Brahms mögen könnten, ach nein, einfach alle) sich eingehender mit ihm befaßt.

    Auch sind in den letzten Jahren ein paar neue Aufnahmen veröffentlicht worden... :pfeif:

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Das nächste SQdW bestimmt dann Quasi. Aber ob seine Wahl auf op. 67 fällt.... Grins1

    Ich werde mir dessen ungeachtet das Werk demnächst wieder anhören und überprüfen, ob sich meine Meinung geändert hat. Erwarte aber nicht zu viel... ;)

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Erwarte aber nicht zu viel... ;)

    Ich bin geduldig und bescheiden. :saint:

    Daß Op. 67 irgendwann zum SQdW avanciert, wollte ich nicht abwarten, zumal hier ja schon einiges dazu bemerkt wurde und ich in ein paar Wochen mit dem Werk konfrontiert werden will:

    Workshop mit Oliver Wille und Arete Quartet: Typisch Brahms? – Heidelberger Frühling

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Jetzt habe ich das Quartett erneut gehört, die letzten Tage mit dem Auryn Quartett, eben mit dem Quartetto Italiano und mit dem LaSalle Quartet.

    Nur soviel: Bei wiederholtem Hören gewinnt das Werk für mich immer mehr und ich bin gerade regelrecht begeistert von der Schönheit dieser Musik: die Italiener kraftvoll, intensiv, die Amerikaner etwas filigraner, nehmen sich manchmal etwas zurück, um sich dann zu steigern; insgesamt differenzierter, subtiler, hintergründiger - dies nur im Kontrast. Beide Aufnahmen in meinen Ohren auf höchstem Niveau. (Auryn muß ich mir nochmal vornehmen; da ich das Werk lange nicht mehr gehört hatte und ich mich erst wieder eingewöhnen mußte, ist mir gerade nicht klar, worin sie sich von den eben gehörten Ensembles unterscheiden.)

    Werde ich öfter hören, zumal mir scheint, daß ich jedesmal mir neue Details entdecke, die das Werk mir noch preisenswerter machen.

    Vielleicht liegen die Vorbehalte, die gegen Op. 67 geäußert wurden, zum Teil auch daran, daß bestimmte Erwartungen, die mit Brahms verknüpft werden, nicht so recht erfüllt werden? Nämlich dann, wenn man auf den Melancholiker setzt? Den höre ich hier nämlich nicht, außer vielleicht ganz gelegentlich und dann nur kurz aufschimmernd. Darin unterscheidet sich dieses Werk jedenfalls m.E. von seinen beiden Vorgängern.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Helmut Lachenmann

  • Und so klang es mit dem Smetana Quartet in den 60erm .

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