Kalte Füße - heiße Filme: Berlinale 2012
Zur heutigen Berlinale-Halbzeit möchte ich Euch kurz meine Eindrücke von den Filmen, die ich bisher gesehen habe, beschreiben. Alle Filme waren durchwegs sehenswert, Totalausfälle wie im Vorjahr sind bisher nicht dabei gewesen. Es lässt sich schwer absehen, wer wohl in diesem Jahr einen Preis erhalten wird. Meines Erachtens haben eigentlich alle einen Bären verdient. Ich beginne mit den Wetbewerbsfillmen:
LES ADIEUX À LA REINE
Regie: Benoit Jacquot
Darsteller: Léa Seydoux (siehe auch: L'Enfant d'en Haut), Diane Kruger, Virginie Ledoyen, Xavier Beauvois
Der Film schildert die Ereignisse in Versailles im Juli 1789. Versailles wird als geschlossenes System gezeigt, in dem die Nachrichten von der Revolution in Paris nur tröpfchenweise und sehr vage ankommen. Dementsprechend verunsichert und nervös reagieren die Adligen auf die Meldungen. Das alles wird aus der Perspektive der jungen Sidonie dargestellt. Sidonie ist die Vorleserin der Königin Marie Antoinette. Letztere interessiert sich auch in den dramatischen Stunden doch noch lieber für ihre Modehefte und ihr (Liebes?-)Verhältnis mit der Hezorgin von Polignac. Der Film ist recht ordentlich gemacht, sehr liebevoll und detailreich ausgestattet, und hat eine wunderschöne Musik. Diane Kruger als Marie Antoniette war für mich recht farblos (vielleicht war das aber auch Absicht der Autoren). Hervorragend dagegen Léa Seydoux (mit zwei Filmen dieses Jahr in Berlin im Wettbewerb!!!) als die naiv der Königin ergebene Vorleserin Sidonie. Sehenswert.
Meine Meinung:
AUJOURD'HUI
Regie: Alain Gomis
Darsteller: Saul Williams, Aissa Maiga
Ein sehr seltsamer Film aus dem Senegal. Da erwacht eines Morgens ein gesunder junger Mann, die Familie steht heulend um seinem Bett herum, und ihm wird gesagt, dass er heute sterben müsse, weil Gott es so gewollt habe. Ohne zu Murren akzeptiert er dies. Er steht aus seinem Bett auf und begibt sich in die Stadt, um dort des letzten Tag seines Lebens zu verbringen. Er trifft seine alte Jugendgang, eine frühere Geliebte, besucht seinen Leichenwäscher, gerät in eine Demo, einen Empfang beim Bürgermeister verpasst er, bis er am Abend bei seiner Frau und seinen beiden Kindern ankommt. Auch dieser Film ist eigentlich nicht schlecht und sehr unterhaltsam - den Sinn habe ich jedoch nicht verstanden. Vielleicht fehlt mir der Zugang zur senegalesischen Kultur.
Meine Meinung: :troest:
Á MOI SEULE - Coming home
Regie: Frédéric Videau
Darsteller: Reda Kateb, Agathe Bonitzer
Die Geschichte eines Mädchens, das entführt und acht Jahre lang in einem Kellerloch gefangen gehalten wird. Nachdem es ihr gelungen ist, frei zu kommen, bleibt sie weiterhin eine Gefangene. Zunächst kommt sie in ein Krankenhaus, wo sie unter Beboachtung gestellt wird, und wo sie unter den strengen Besuchs- und Ausgangsregeln leiden muss. Dann wird sie von Ihrer Mutter vor der Presse versteckt und kann das Elternhaus allenfalls heimlich durch die Hintertüre betreten und verlassen. Am Ende versucht sie auf ihre Weise, ihre Freiheit zu erlangen. Zwischendurch werden immer wieder lange Rückblenden auf ihre Gefangenschaft und auf den Entführer gezeigt, der vergeblich ein Verhältnis zu ihr aufbauen will. Der kammerspielartige Film ist sehr sensibel und vielschichtig, sehr gut gespielt und inszeniert. Hat mir gefallen.
Meine Meinung:
BARBARA
Regie: Christian Petzold
Darsteller: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Rainer Bock, Christina Hecke
Drama über eine Ostberliner Ärztin, die wegen eines vergeblich gestellten Ausreiseantrags Anfang der 80er Jahre an ein Provinzkrankenhaus strafversetzt wird. Von dort aus plant sie ihre Flucht in den Westen. Ich weiß nicht, was ich über diesen Film schreiben soll, denn ich bin schlichtweg begeistert (nachdem mich das letzte Werk von Petzold & Hoss Yella nicht so sehr vom Hocker gerissen hat). Der Film hat alles: Drama, Liebe, Wahnsinn und ist klug, spannend, vielschichtig, emotional. Unbedingt ansehen, denn der Film ist ein heißer Bärenkandidat!!!
Meine Meinung: :klatsch: :klatsch: :klatsch: :klatsch: :klatsch: :klatsch:
:juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:
METEORA
Regie: Spiros Stathoupoulos
Darsteller: Theo Alexander, Tamila Koulieva
Ein sehr schöner Film aus Griechenland. In zwei gegenüber liegenden Klöstern auf den Meteora-Felsen leben ein Mönch und eine Nonne. Beide verlieben sich ineinander und müssen sich zwischen dem Klosterleben und dem weltlichen Leben entscheiden. Der poetische und meditative Film enthält wenig Handlung, kaum Dialoge, und teilweise sehr lange Einstellungen Trotzdem wird er nie langweilig. Eindrucksvoll sind die wuchtigen Landschaftsaufnahmen im Breitwandformat und die Sequenzen, die präzise den Klosteralltag und das Leben auf dem Lande schildern, sowie die originell und liebevoll animierten Traumsequenzen. Auch die ungewöhnliche Filmmusik, die in einem gewaltigen Cluster von Kirchenglocken mündet, verdient es, unbedingt gewürdigt zu werden. Die beiden Hauptdarsteller sind hervorragend. Ich würde diesem Film und seinem sympathischen Team einen Preis gönnen.
Meine Meinung: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:
L'ENFANT D'EN HAUT
Regie: Ursula Meier
Darsteller: Kacey Mottet Klein, Léa Seydoux (siehe auch: Les Adieux a la Reine)
Wieder ein Film mit der wunderbaren Léa Seydoux! Diesmal ein berührendes Drama um eine junge Mutter und ihren 12-jährigen Sohn, der täglich mit der Seilbahn in ein Skigebiet fährt, um dort die Touristen zu bestehlen. Ein Sozialdrama über die Schattenseiten hinter den glitzernden Schweizer Ferienorten. Extrem harte Kost, kein Happy-End, aber sehr intensiv und schön gespielt. Ebenfalls sehenswert.
Meine Meinung:
...und heute Abend gibts den neuen Film von Volker Schlöndorff!!!
:jub: