Bruckner, Anton: Sinfonie Nr. 6 - Werk und Einspielungen

  • Blomstedt kann ich nur bestätigen. Decca. (Er hat ja jüngst woanders noch eine sündhafte teure GA vorgelegt.) Ist auf dem Zweitmarkt noch zu haben.

    Bei amazon ist diese Aufnahme gebraucht für Preise zwischen 7,50 Euro und 37 Euro gelistet. Neu kostest sie als Importware 19,50. Die Blechbläser sind unglaublich gut.

    Wobei ich finde, dass das Geld gut angelegt ist. Die Neuaufnahme kenne ich nicht, Die ist auch einzeln zu haben, geringfügig teurer als die ältere Aufnahme, rund 21 Euro.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Ein Merkmal, an dem man gleich erkennen kann, ob eine Interpretation der Sechsten was taugt: wenn in T. 24ff. des Kopfsatzes die Hörner zu hören bzw. nicht zu hören sind. Das ist eine der Stellen bei Bruckner, die mir von der Instrumentation her problematisch erscheinen: schweres Blech, Geigen und hohe Holzbläser dröhnen im Fortissimo das Hauptthema, dicht gefolgt von einer Imitation durch die Hörner, die hier auf Tonträgern und im Konzertsaal allzuoft unhörbar sind - die Musik klingt dann schlichter als sie notiert ist.

    Ich weiß noch, wie mir eines Tages (ich kannte das Werk schon lange) bei einem Dirigat von Herbert Blomstedt die Existenz dieser Hornstimmen zum erstenmal aufgefallen ist, sie wurden mustergültig herauspräpariert. Seitdem bin ich allergisch gegen Interpretationen, bei denen schon diese Stelle schiefläuft.


    Viele Grüße

    bernd

    Na, daraufhin höre ich mir doch gleich einmal meine liebste Aufnahme an, die sicher kein Geheimtipp, dafür aber mE ein echter Bruckner-Außenseiter ist:

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    Ich wollte sie schon längst hier besprechen, aber irgendwie hat's noch nicht geklappt...

    :wink: Agravain

  • Bruckners 6. - keckste -modernste ? Jahrelang unter "ferner liefen", noch 1925 die am wenigsten gespielte, inzwischen ein wenig öfter zu hören , aber immer noch im Schatten der anderen Sinfonien . Sicherlich gibt es Probleme : Höhepunkt im Kopfsatz, Tempi , Relation der Sätze zueinander , Verhältnis der Ecksätze - da ist schon viel drüber geschrieben und diskutiert worden.Interessanterweise haben ausgewiesene Bruckner-Dirigenten einen Bogen um diese Sinfonie gemacht : Schuricht , Abendroth, Matacic, Knappertsbusch, van Beinum, Böhm. Andere haben im Rahmen von Gesamteinspielungen eher blasse Aufnahmen hinterlassen. Die Frage der Fassungen stellt sich hier nicht : nur die erste Druckausgabe ist von Hynais "verschlimmbessert" worden, wenn auch nicht so sehr wie Schalk und Löwe es machten. Davon gibt es aber nur 2 Aufnahmen, von denen mir eine aber gefällt (s.u.).
    Eine sehr gute Beschreibung der Sinfonie und der Probleme findet sich bei : Simpson: The Essence Of Bruckner (leider nur Englisch). Ein Schlaglicht auf die verschiedenen Interpretationen wirft die Gesamtdauer der Einspielungen : zwischen 49 und 65 Minuten ! Das sagt aber eigentlich gar nichts. Mal ist der Kopfsatz der Längste, dann das Adagio, dann wieder sind die Ecksätze fast gleich lang : meiner Meinung nach gibt es keine beste oder schlüssigste Aufnahme, sondern das unterliegt dem Eindruck des Hörenden.Der Klang spielt für mich nur eine untergeordnete Rolle !
    Meine ganz subjektiven Favoriten haben sich in den letzten Jahren angesammelt. Neben den nun folgenden habe ich ca. 50 weitere in Händen und Ohren gehabt : gute und weniger gute , die dann aber zurücktreten mußten.
    In meinen Ohren ganz vorne sind: Ferdinand Leitner mit dem Basler Orchester aus 1992 (live, er hat seine frühere Auffassung noch einmal überdacht) , G.Wand mit den Münchnern (1999 live), Heinz Bongartz mit dem Gewandhaus Leipzig (1966) , und, außer Konkurrenz ,da nur die Sätze II-IV erhalten geblieben sind, Wilhelm Furtwängler . ( Hätte ich 3 musikalische Wünsche: es wären Erdmanns Goldberg Variationen, der I.Satz dieser 6. mit Furtwängler, und dann kann ich mich nicht entscheiden).

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    Es folgen :
    Klemperer - Studio und Live ( Testament)
    F.Charles Adler - 1952,die Hynais Version, auf Tahra erschienen
    Hans Rosbaud - 1961, Südwestfunk - Radiomitschnitt
    Jascha Horenstein - 1968, Göteborg Sinfonieorchester -Radiomitschnitt , besser als der BBC -Mitschnitt
    S.Celibidache - 1991 live, Münchner
    J.Keilberth - 1963 Berliner
    H.Stein - 1972 Wiener

    Die "schnelle Truppe" .
    V.Andreae - 1953, Wiener Symphoniker, Gesamteinspielung M&A
    Georg Ludwig Jochum - 1944, Brucknerorchester Linz - gehört fast in die erste Kategorie, erschienen auf Bearac Reissues
    W.Steinberg - 1969, Boston Symphony


    Irgendwie interessant :
    L.Bernstein- 1976 live N.Y.P. ( Danke M L )
    R.Kubelik - 1980 live-Cleveland Orchestra, Radiomitschnitt -toll gespielt,aber Aufnahme sehr komprimiert
    Robert Heger -1962, Stuttgarter Rundfunkorchester -Radiomitschnitt (übrigens ein toller Bruckner Dirigent - seine 4..live aus Berlin sollte man kennen)
    H. Blomstedt - 2003 -live NDR-Orchester, Radiomitschnitt -wohl seine langsamste Einspielung, aber darum mag ich sie !

    Mir fällt eben auf, daß sehr viele Live-Einspielungen dabei sind. Vielleicht ist die 6. eine Sinfonie, die vom Augenblick , der Intuition lebt ?

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Bruckner 6 mit Karajan

    Irgendwo habe ich vielleicht noch Karajan ... gibt's aber eh nicht einzeln.


    Hallo MB,

    ich antworte Dir auf dieses Zitat, da ich die Karajan-Aufnahme sogar als ziemlich deutlich als herausragend empfinde. Es gibt diese Bruckner-Aufnahmen von Karajan alle als Einzel-CD´s bei DG. In der Form habe ich diese nämlich, da die Karajan-GA zum Zeitpunkt meines Kaufes noch gar nicht auf dem Markt war. Damals als meine Erstaufnahme auf CD hat sie die Jochum-GA (DG) auf LP mit Pauken und Trompeten höchst erfolgreich abgelöst. Ich konnte wegen der Verfügbarlkkeit der CD´s gar nicht so schnell mit den Käufen nachkommen, wie ich mich (nach Jochum) um die Karajan-Aufnahmen gerissen hatte.

    Die Sinfonie Nr.6 ist sogar bei DG in zwei Einzel-CD-Versionen auf dem Markt:

    und [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51yGqMH7UTL._SX450_.jpg] -->

    DG, 1980, ADD


    Zu Blomstedt:

    Das Blomstedt mit dem San Francisco SO eine anbständige Aufnahme vorlegt kann ich mit gut vorstellen. Nielsen in gleicher Bestetzung gefällt mir auch ganz ausserordentlich !

    Wenn man das Cover in Caesars Beitrag anklickt steht dort eine sehr einseitige amazon-Rezension, die einige weitere wirklich gute weitere Aufnahmen der 6 als "Wert zu vergessen" und "bei den jeweiligen Dirigenten als emotional überfordert" bezeichnet. :thumbdown: Eindeutig ist das Quark, was der Typ da schreibt !

    Dazu gehört auch die Karajan-Aufnahme (DG) und die rhythmisch ausgezeichnete Solti-Aufnahme (Decca) - die ich nach wie vor als meinen Favorit sehe, trotz der Hammeraufnahme in Beitrag 1, bei der ich Schwächen im 4.Satz höre.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Neben den nun folgenden habe ich ca. 50 weitere in Händen und Ohren gehabt : gute und weniger gute , die dann aber zurücktreten mußten.


    Gehört dazu auch die unter Leitung von Colin Davis, die ich oben gezeigt habe? Und wenn ja, was hältst du von ihr?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Gehört dazu auch die unter Leitung von Colin Davis, die ich oben gezeigt habe? Und wenn ja, was hältst du von ihr?[/quote]
    Soweit ich mich erinnere , fand ich die Live-Aufnahme aus ´ 97 mit dem Bay.Rundfunkorchester etwas besser. Auch vom Orchester her. Aber allemal besser als seine 9. - Davis überzeugt mich als Bruckner-Dirigent nicht , dazu müßte ich wohl Engländer sein...
    Wenn Du nicht viel ausgeben willst, versuch doch mal, diese Box billig zu bekommen : Du behältst den Bongartz, wenn du ihn magst, kennst eine meiner Referenzen, und kannst den Rest behalten/verschenken etc.-bei 8 CD´s wären das knapp 3 € für eine Erfahrung. Aber aufgemerkt : die Aufnahme stammt
    aus 1966 . Aber ihre Qualität ist zeitlos. Oder probier mal den Münchner Wand aus ´99 .

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51-3G11s-BL._SY450_.jpg]

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  • Aber allemal besser als seine 9. - Davis überzeugt mich als Bruckner-Dirigent nicht , dazu müßte ich wohl Engländer sein...


    Ich glaube nicht, dass das etwas mit der Landsmannschaft zu tun hat. Oder meinst du, Engländer hören Bruckner anders als wir? Ich habe ja keinen Vergleich, aber was mir an Davis als Bruckner-Dirigent gefällt, ist die Transparenz und Klarheit, auf die er hörbar Wert legt. Da geht keine Mittelstimme verloren, da ist auch der größte Bombast klar durchorganisiert. Um das Stück kennen zu lernen, ist das gar nicht verkehrt, glaube ich. Das Orchester spielt tadellos, sehr diszipliniert und gleichzeitig klangschön. Manchmal wirkt es ein Bisschen träge, bei den Crescendi wird dann um des Effektes Willen das Tempo wieder angezogen (das ist aber auch der einzige Effekt, den Davis sich erlaubt!), aber das würde ich eher dem Stück als dem Dirigenten anlasten: Ich habe bisher noch kein Stück von Bruckner gehört, das sich nicht schleppen würde...

    Wenn Du nicht viel ausgeben willst, versuch doch mal, diese Box billig zu bekommen


    Naja, jetzt bin ich ja versorgt und habe Bruckners Sechste. Die Box sieht aber trotzdem sehr interessant aus, danke für den Hinweis.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Ich glaube nicht, dass das etwas mit der Landsmannschaft zu tun hat. Oder meinst du, Engländer hören Bruckner anders als wir?


    Tut mir leid, war unsachlich. Hintergrund : etwa zur Entstehungszeit der Aufnahme wurde in England von der Kritik alles bejubelt, was von ihm kam. Darauf spielte ich an.

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • [Die folgenden beiden Beiträge habe ich aus der Diskussion um die 9. hierhin verschoben. :gurni: Gurnemanz]


    Die Entdeckung des Kopfsatzes der 6. ist mir ein musikalischer Herzenswunsch.

    Keine Chance. Der 1. Satz der Sechsten in dem einzigen Furtwängler-Mitschnitt, den es gibt, ist verschollen. Es hat ihn noch nie auf Tonträger gegeben und es wird ihn sicherlich auch nie geben. Dafür entschädigen ab dem 2. Satz magische Momente, wie sie nun mal Furtwängler-typisch sind.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Keine Chance. Der 1. Satz der Sechsten in dem einzigen Furtwängler-Mitschnitt, den es gibt, ist verschollen. Es hat ihn noch nie auf Tonträger gegeben und es wird ihn sicherlich auch nie geben.


    Das liegt alles in irgendeinem Haus im Umkreis von Moskau, die Stereoaufnahmen und fehlenden Sätze. Aber unsere Regierung hat nichts für Kultur über, sofern sie nicht in einen Beutel passt, und verhandelt nicht über die Rückgabe.

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Das liegt alles in irgendeinem Haus im Umkreis von Moskau, die Stereoaufnahmen und fehlenden Sätze. Aber unsere Regierung hat nichts für Kultur über, sofern sie nicht in einen Beutel passt, und verhandelt nicht über die Rückgabe.

    wenn die alten Bänder nicht sorgfältig und sachgerecht gelagert wurden, sind sie mit einiger Sicherheit längst verschimmelt und/oder zerbröselt. Die archäologische Behandlung alter Tonbänder nicht sehr weit entwickelt, da dürfte kaum was zu retten sein. Geht ja auch nur um Musik.

  • Wenn man das so zusammen fassen kann,muss man davon ausgehen,dass die Aufnahme verloren ist.Leider ist das ein Fakt,wenn auch hier der Ein oder Andere einen Funken Resthoffnung haben dürfte.

    Allerdings gibt es doch einige sehr gute Aufnahmen aus "modernen" Zeiten,so dass doch hier mMn kein wirklicher Mangel besteht.Oder doch?

    VG,Maurice

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Allerdings gibt es doch einige sehr gute Aufnahmen aus "modernen" Zeiten,so dass doch hier mMn kein wirklicher Mangel besteht.Oder doch?

    Doch. Es besteht ein Mangel. Und zwar ein gravierender. Auch wenn ich die Sechste mit Klemperer für state of the art, für die beste Aufnahme des Werks schlechthin halte, ist die Rumpfaufnahme Furtwänglers interpretatorisch ebenfalls so dermaßen maßstabsetzend, ja fast schon wahnwitzig zu nennen, dass an ihr ebenfalls kein Weg vorbeiführt. Was "moderne" Dirigenten mit der Sechsten machen, ist ja durchaus schön und gut (z.B. Blomstedt, Wand, Nagano). Aber an Klemp und Dr. Fu reicht nichts, aber auch gar nichts heran.

    Bevor es hier harsche Widerworte gibt: Just My Humble Opinion. Ich gönne jedem das, was er gern mag. Möchte aber auch, dass man mir meine historischen Aufnahmen gönnt. Meine Empfehlungen richten sich immer nur an jene, die sich in der Welt der historischen Aufnahmen wohlfühlen. Wer DDD und ähnliches braucht, soll meine schwärmerischen Äußerungen über Furtwängler, Mitropoulos, Kapell & Co. bitte überlesen.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Ich reiße gerne Köpfe ab,das ist eine meiner Spezialitäten..... :-I
    Nein,warum sollte ich?Allerdings gebe ich zu,mich mit den Aufnahmen aus der Mono-Zeit nicht mehr groß zu beschäftigen,Ausnahmen bestätigen die Regel. Gerade bei Wand sehe ich doch einen Bruckner-Dirigenten,der wirklich im späten Alter zu Einspielungen fähig war,die man vermutlich nicht mehr erwarten konnte,dazu mit Orchestern der ersten Güteklasse,wie den Berliner Philharmonikern,Dem DSO Berlin oder den Münchner Philharmonikern.

    VG,Maurice

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ich sagte zwar, dass ich Furtwängler 1943 und Klemperer 1964 für maßstabsetzend halte. Möchte bei der Sechsten aber auch unbedingt auf Bernstein 1976 hinweisen. Erhältlich in dieser Box:

    Zugegebenermaßen nicht gerade wohlfeil zu erwerben - am besten direkt bei den New Yorker Philharmonikern bestellen statt über Drittanbieter zu gehen. Es lohnt sich! Die einzige Aufnahme Bernsteins von dieser Sinfonie. Und wer seine Großtat mit Bruckner 9 (live mit den Wiener Philharmonikern auf DG) kennt, weiß, welch ein Bruckner-Dirigent in ihm schlummerte.

    Edit: Ich entdecke dies jetzt erst

    Irgendwie interessant :
    L.Bernstein- 1976 live N.Y.P. ( Danke M L )

    Freut mich, lieber b-major, dass Du die Bernstein-Aufnahme interessant findest! :prost:

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Bernstein / New Yorker PH (SONY; 1976)

    Es lohnt sich! Die einzige Aufnahme Bernsteins von dieser Sinfonie. Und wer seine Großtat mit Bruckner 9 (live mit den Wiener Philharmonikern auf DG) kennt, weiß, welch ein Bruckner-Dirigent in ihm schlummerte.


    Hallo music lover,

    mich hat ja seit Beitrag 1 (02/2012) gewundert, das Du nie auf meine Begeisterung für die Bernstein-Aufnahme eingegangen bist. :angel: Danach war es mir ein Bedürfniss diesen Thread für die Sinfonie Nr.6 zu eröffnen.

    Was b-major schreibt - "Irgendwie interessant" halte ich für stark untertrieben. Nach deinem Zitat oben, weis ich aber jetzt wie Du, der die Aufnahme als einer der wenigen überhaupt hat und kennt, selber zu der Aufnahme steht.
    Nach deiner hohen Wertschätzung für die Klemperer-Aufnahme (EMI) war ich mir nämlich gar nicht sicher, ob Dir die Bernstein-Aufnahme überhaupt selber tatsächlich so wahnsinnig liegt. Denn zwischen Beiden liegen ja doch Welten !

    Den letzten Satz der Bernstein-Aufnahme würde ich auch nicht unbedingt als "die perfekte Orchesterleistung" betrachten. Vielleicht war das auch ein Grund weshalb die Aufnahme im Prinzip (bis auf die schwer erhältliche Bernstein-Box gem deiner Abb) nie veröffentlicht wurde. Da fällt zudem vieles auseinander und der vorwärsschreitende Fluss ist nicht immer vorhanden. In Beitrag 1 hatte ich weitere Ungereimtheiten beschrieben, die mir aufgefallen sind. :-OOOO- Aber nicht falsch verstehen - auf das Perfekte kommt es mir auch gar nicht an - auch hier finde ich Bernsteins auszelebrierte Emotionen - :thumbup: absolute Extraklasse. Ich könnte mir vorstellen, dass Michael Schlechtriem auch hier Vorbehalte äussern würde, da er als Orchestermusiker westlich empfindlicher auf solche Gegebenheiten reagiert.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Was b-major schreibt - "Irgendwie interessant" halte ich für stark untertrieben.


    Ich bitte, den Gesamtbeitrag -unter No.23 - im Auge zu behalten. Da ist meine subjektive Wertung zu finden, und in Anbetracht der doch immerhin nicht mehr so ganz geringen Zahl der Einspielungen ist eine Nennung als "Interessant " -vergleiche auch die weiteren Nennungen -eine Würdigung dieser Aufnahme. Und ich glaube, Bernstein tat gut daran, nicht mehr Bruckner zu spielen. Er wußte wohl am besten, was ihm lag.

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Denn zwischen Beiden liegen ja doch Welten !

    Das macht es ja gerade interessant, diese beiden Aufnahmen miteinander zu vergleichen :D Im Booklet der von mir abgebildeten Box (dort S. 175) wird übrigens in einem Text des Ersten Hornisten Philip Myers zum Bernstein-Mitschnitt der Sechsten von 1976 gerade der Ansatz Klemperers mit dem Bernsteins verglichen. Er ist der Meinung, dass Bernsteins Auffassung der Sechsten ähnlich der Bruckner-Auffassung Klemperers aus dessen jungen Jahren sei, also mit dessen frühen Bruckner-Aufführungen aus Wien vergleichbar sei. Die Bruckner-Aufnahmen Klemperers mit dem Philharmonia bzw. New Philharmonia Orchestra aus späteren Jahren kommen bei Herrn Myers hingegen nicht gut weg. Er schreibt: " But later on, you get to the ones with the Philharmonia, where Klemperer is much older, and they're dragging".

    Ein weiteres interessantes Detail verrät das Booklet der obigen Bernstein-Box an anderer Stelle (S. 164): Die Partitur der Sechsten, die Bernstein verwendete, sei über und über mit handschriftlichen Anmerkungen von ihm versehen. Bei keinem anderen Werk in dieser Box habe Bernstein dies in ähnlicher Weise gemacht. Einige von Bernsteins Anmerkungen und Anweisungen werden im Booklet wiedergegeben: "He asks the horns to play 'bells up' (one of Mahler's frequent requests) at their first fortissimo tutti; he doubles the winds and horns, which gives a more aggressive, soloistic, Mahlerian texture to Bruckner's customary blended sonority; he adds several unmarked ritards and makes even more in performance" (a.a.O. S. 164)

    Und ich glaube, Bernstein tat gut daran, nicht mehr Bruckner zu spielen. Er wußte wohl am besten, was ihm lag.

    Dass Bernstein relativ wenig Bruckner dirigierte, hat einen ganz simplen Grund. Er hielt die Bruckner-Interpretationen Karajans für unübertrefflich (vgl. Humphrey Burton, "Leonard Bernstein. Die Biographie", Albrecht Knaus Verlag, 1. Auflage 1994, S. 654). Zwar spielte er mit seinen New Yorkern noch zu Lebzeiten Karajans die Sechste und die Neunte, wobei er die Sechste nicht einmal veröffentlichen ließ. Mit den Wiener Philharmonikern aber traute er sich erst nach Karajans Tod (16. Juli 1989) an Bruckner heran, als er im Februar 1990 zwei Wochen in Wien war und viel beachtete Bruckner-Proben abhielt, zu welchen Musikkritiker aus ganz Europa von der Deutschen Grammophon Gesellschaft eingeladen wurden (vgl. Burton, a.a.O., S. 654 und 669).

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • (Seitensprung zu Bruckner 9, Assoziation zum hier Geposteten - danke, music lover!) Ich war damals in den Konzerten im Musikverein (auf Stehplatz). Das sind von der Intensität und der Innenspannung bis zur Zerbrechlichkeit her mit die unvergesslichsten Konzerterlebnisse meines Lebens. Mag sein dieser Bruckner ist für die Werkkenner nicht optimal, aber wie da (mir ist es lebenslang gegenwärtig) geradezu verzweifelt versucht wurde, im dritten Satz Tore ins Unendliche aufzustoßen, wie da um jede Steigerung gerungen wurde, das war unbeschreiblich intensiv, das war totale Gegenwart. Ich habe CD und DVD damit, aber die geben nicht wieder, wie erschütternd und zutiefst liebevoll menschlich diese Sternstunden waren, sie können die zum Zerreissen gespannte Atmosphäre im Musikverein nicht konservieren (aber immerhin vieles davon wach halten). Ich bin unendlich froh, die letzten Bernstein Jahre in Wien als Konzertbesucher noch mitbekommen zu haben, auch sein Dirigat von "A Quiet Place" in der Staatsoper, und die Bruckner Neunte gehört zu den herausragendsten Konzerterinnerungen meines Lebens.

    Diese vielen Bernstein Boxen - danke für die (kritischen) Hinweise hier auf seine Bruckner Sechste, die steht jetzt auch auf meiner Wunschliste.

    Habe die Sechste in einer mir lieben Aufnahme mit Horst Stein und den Wiener Philharmonikern - und war heilfroh, beim "Zwielicht-Schnelltest" die Hörner sehr wohl gehört zu haben...

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Habe die Sechste in einer mir lieben Aufnahme mit Horst Stein und den Wiener Philharmonikern - und war heilfroh, beim "Zwielicht-Schnelltest" die Hörner sehr wohl gehört zu haben...

    Ach ja, richtig - der "Zwielicht-Schnelltest" aus #18 :D Exakt diese Stelle ist es dann ja wohl auch, die Bernstein meinte (siehe mein obiges Zitat aus dem Booklettext: "He asks the horns to play 'bells up' (one of Mahler's frequent requests) at their first fortissimo tutti".

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

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