Der Operngesang - Kritik

  • Der Operngesang - Kritik

    Hallo!
    Es gab ja schon den Thread "Wege zu Wagner", wo ganz kurz der Gesang angesprochen wurde; auch in einem anderen Thread ging es kurz um den Gesang bei Strauss´Salome. In diesem Thread nun soll es mal nur um den Gesang gehen.

    Ich weiss gar nicht recht, wie ich anfangen soll mit diesem Beitrag, aber ich versuche es mal so:
    Die Ausgangssituation ist folgende: bis auf zwei Opern (die ich schon oft genug genannt habe), die ich mir in einem durch anhören kann, gefallen mir bei den meisten Opern nur vereinzelte Stellen, Arien etc. Ich weiß, dass bei folgendem Satz viele die Augenbraue heben werden, und sich denken „naja, junger Banause halt, der hat ja keine Ahnung“, aber es ist leider so, dass ich den Operngesang in den meisten Fällen nicht aushalte.

    Damit meine ich allerdings in erster Linie die hohen Töne, die, wenn sie zu oft und zu laut vorkommen, für mich einfach unerträglich sind, und ermüdend und nervig.
    Selbstverständlich erfordert es eine gute Technik, das zu singen, das stelle ich auch gar nicht in Frage, aber für meine Ohren ist es einfach extrem unangenehm. Oft heißt es dann „gute Sängerinnen singen das, und kreischen nicht“, aber auch wenn es noch so toll gesungen ist, ist es für mich unangenehm, weil es einfach unnatürlich hoch ist. Kein Mensch redet in dieser hohen Tonlage, zumindest nicht permanent.

    Oft heißt es auch, dass das nunmal zur Rollengestaltung gehört, weil die Handlung dramatisch ist, die Figur aufgewühlt, innerlich zerrissen etc. … nur, gibt es keine andere Möglichkeit das musikalische auszudrücken, als in der zwei- und dreigestrichenen Oktave?

    Ich habe schon sehr sehr oft versucht, mir eine neue Oper anzuhören, von der ich eine Arie kannte und die mir auch sehr gut gefallen hat, weil sie melodiös war, hohe Töne sparsam, dafür umso wirkungsvoller eingesetzt wurden.

    Das klingt alles so theoretisch, und ich kann mich leider nicht so gut ausdrücken, vielleicht darf ich ein paar kurze Beispiele bringen:

    Deh vieni non tardar
    , aus Mozarts Figaro, finde ich absolut toll. Der Gesang ist eher leise, melodiös, und hohe Töne werden eben, m. E., eher sparsam eingesetzt, ansonsten bewegt sich die Melodie in einer für MEIN Ohr angenehmen Mittellage, einmal geht sie sogar ziemlich tief runter. Aber die restlichen Arien der Frauen finde ich persönlich einfach langweilig.

    Speziell die Arie „Come unto him“ aus Händels Messias, wo zuerst ein Alt und dann ein Sopran singt. Wenn die Sängerinnen gut sind, und einem die frohe Botschaft nicht entgegenschmettern, finde ich diese leisen hohen Töne sehr angenehm, auch wenn sie hier viel öfter vorkommen, allerdings in einer Melodie, ohne dass der gleiche Ton zig mal wiederholt wird.

    Die Habanera aus Bizets Carmen ist auch so ein Fall: sehr melodiös, meistens auch in einer angenehmen Stimmlage, und wieder werden die hohen Töne nur vereinzelt eingesetzt, niemals permanent. Wenn ich die Oper weitergehört habe, kam aber wieder das „Geschrei“, wo ich mich frage „Was soll das? Grade kam sowas schönes, und jetzt wieder sowas“.

    Die Agathenarie aus Webers Freischütz finde ich auch toll – sieht man sich die Noten an, bemerkt man, dass sie fast ausschließlich innerhalb der fünf Linien des Notensystems spielt; es gibt schöne Koloraturen, und wieder werden hohe Töne sparsam, dafür umso wirkungsvoller eingesetzt. Als gutes Beispiel fällt mir die Stelle ein, wo sie singt „Ob Mond auf seinem Pfad wohl lacht“, normale Stimmlage, und dann singt sie recht hoch „Welch schöööööne Nacht“. Das „schö“ ist hoch, dann steigt die Melodie während dem „öööne“ wieder ab. Bei mir wirken solche Stellen viel stärker, als wenn Senta dem Holländer am Ende extrem hoch nachschreit „treuuuuuu diiiiiir – biiiiiiis zum Tooood“. So eine Hysterikerin wünsch ich nicht mal einem Geist.

    Ich hab mir schon oft vorgenommen, die Salome von Strauss ganz anzuhören. Nicht zuletzt, weil mir die Musik aus dem Tanz der sieben Schleier so gut gefällt, sondern auch weil mir dieser riesen Orchesterapparat imponiert, die Leitmotive, die immer wieder vorkommen etc. Mich selber stören hektische Stellen in der Musik nicht, ich habe damit kein Problem, womit ich aber ein Problem habe ist – richtig, der Gesang. Vereinzelt gibt es kurze Melodien die von Salome gesungen werden, und auch für mich schöne Stellen, z.B. wo sie singt „Ah, ich habe deinen Mund geküsst, Jochanaan“, normale Stimmlage, und das Orchester klingt sehr atmosphärisch. Wenn sie dann aber wieder anfängt höher zu singen, denk ich mir „Geh nein, nicht schon wieder“ und drehe genervt ab. Ich beneide die Leute, die das schön finden und beeindruckt sind von der Dramatik in dem Gesang, sich dann denken "Boah, die hat ja wirklich Probleme, toll, wie der Komponist das anhand von permanenten hohen Tönen das verdeutlicht".

    Ich vergleiche die hohen Töne gerne mit einem Gitarrensolo. Wenn ein Virtuose minutenlang im Maschinengewehrtempo soliert, und die ärgsten Techniken draufhat (= hohe Töne), dann findet man es natürlich toll, man sagt „Wahnsinn, was der kann“, aber irgendwann ist es doch ermüdend und fad. Wenn allerdings ein Gitarrist auch mal langsamer spielt (= normale Stimmlage), und nur ab und zu schneller wird, dann ist man doch viel aufmerksamer, dann wirken die schnellen Stellen doch umso mehr, oder?

    Ich habe mir vor ca. einem Jahr dieses Buch hier ausgeborgt aus der Bücherei:



    Ich fand es auch toll geschrieben: es gab viel Wissenswertes über die Geschichte der Oper zu lesen, über Komponisten (stimmt es, dass Händel eine Sopranistin, die sich weigerte eine Arie von ihm zu singen, aus dem Fenster gehalten hat, bis sie eingewilligt hat??), und auch viele Opern wurden humorvoll, aber trotzdem interessant besprochen. Bei all dem bekam ich echt Lust mir Opern anzusehen, aber so sehr sich das Buch auch bemüht hat, dem Leser die Oper schmackhaft zu machen, auf eine einzige Sache ist es mit keinem Wort eingegangen: der Gesang. Nirgendwo steht, wie man ihn besser erträgt. Das Buch sagt einem „Oper ist nur ein Spektakel für die Leute gewesen, möglichst groß, am besten exotische Handlungen, viele Effekte, man ging in eine Oper, nahm sich was zu Essen mit, ging während der Vorstellung in die nächste, schaute was es da gab“ etc., es verrät viele interessante Hintergründe zur Entstehung der Werke. Es gibt einem Hinweise, welche Plätze in der Oper die besten sind, aber leider keine, wie man den Gesang mögen kann. Kein Wort :(

    "Ein Vogelfänger bin ich ja". Wer kennt sie nicht, die »Zauberflöte«. David Pogue und Scott Speck begeben sich auf Menschenfang, sie wollen jeden einzelnen für die Oper begeistern. Die Autoren entführen Sie in die Welt der Stimmen, volltönenden Orchester, fesselnden Dramen, aufwändigen Bühnenbilder und prächtigen Kostüme! Von finsteren Königinnen, dem Pakt mit dem Teufel, verarmten Künstlern bis zur wahren Liebe und der trickreichen Ehefrau, die ihren Gatten aus dem Kerker rettet - in der Oper ist alles zu finden. "Oper für Dummies" nimmt Ihnen die Furcht vor der fremden, manchmal von außen ein wenig snobistisch erscheinenden Welt der Oper. Das Buch lehrt Sie die "Opernsprache" und führt Sie anhand der Operngeschichte durch vergangene Jahrhunderte zu den besten Opern, den berühmtesten Komponisten und den Opern-Schauplätzen von gestern und heute.

    Oper für Dummies macht sich mit Humor an alle Vorurteile und Bedenken heran. Dieser außergewöhnliche Opernführer für willige Anfänger bietet einen sanften, verständlichen und sehr amüsanten Einstieg in die Mysterien des kultivierten Geschreis.

    Das steht auf der Rückseite. Und tatsächlich funktioniert das auch: die volltönenden Orchester, fesselnden Dramen, und sonderheitlich die aufwändigen Bühnenbilder und Kostüme werden erwähnt.
    Nur, was nützen einem Hintergrundgeschichten, tolle Handlungen und Kostüme, gewaltiger Orchestersound, wenn man das „kultivierte Geschrei“, wie es da genannt wird, nicht auch näher erklärt wird … wenn einem nicht geholfen wird, das besser zu ertragen?

  • (leider konnte ich keine ASIN finden, hätte gern das Bild hier reingestellt)

    Bei Büchern bitte die ISBN wie die ASIN verwenden. Habe das Bild ergänzt.

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Lieber merkatz, so ganz schlau werde ich aus Deinem Eröffnungsbeitrag nicht: Geht es Dir darum, uns mitzuteilen, daß Du hohe Soprantöne nicht magst? Oder willst Du in diesem Zusammenhang etwas diskutieren? Wenn ja, was?

    Was mich angeht, so bin ich kein ausgesprochener Bewunderer hoher Koloraturen. Doch wenn die Sängerin das kann und schön rüberbringt und mich das Werk interessiert - warum nicht? Dann ist doch alles in Ordnung.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Als ich als Teenager zum ersten Mal die Arien der Königin der Nacht hörte, fand ich das auch kurios, tendenziell abstoßend. (Mit Taminos Bildnisarie oder Paminas hatte ich keine Schwierigkeiten). Ein Musiklehrer wies dann darauf hin, dass im Falle der KdN man die Koloraturen als Ausdruck höchster emotionaler Erregung sehen könnte. Es gibt sicher immer noch größere Fans von Koloraturen als mich, aber inzwischen finde ich außer der Idee, dass es eben ein besonderes Ausdrucksmittel ist auch den virtuosen Aspekt durchaus faszinierend. Natürlich das künstlich, aber das ist anderes Singen auch. (Es spricht auch kaum jemand so wie im Sprechtheater normalerweise gesprochen wird.)

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    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Hallo Merkatz!

    Kann es sein, dass Du Dich auf die klassische Gesangstechnik im Allgemeinen beziehst? Denn hohe Töne gibt es ja nicht nur in der Oper ... Threadtitel dann eher "Klassischer Gesang - Kritik"?

    DiO :beatnik:

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Ich kenne auch Leute, die auf hohe Töne generell allergisch reagieren und das dann als "Gekreisch" empfinden (bei Gesang, aber auch bei Geige und Flöte). Da kann man dann wohl nichts machen...

    Übrigens: Auch wummernde Bässe können schaurig klingen. In Mannheim gab es da einen altgedienten Herren, der gern den Wotan und anderes dieser Art gab, aber auf Töne weitgehend verzichtete: Er bellte bloß noch. Den Namen habe ich vergessen (besser so).

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • es ist leider so, dass ich den Operngesang in den meisten Fällen nicht aushalte.


    Nichts verkehrt dabei, man kann nicht alles mögen. Mein Vater mochte keinen Fisch und keine Meeresfrüchte (als Bretone !), ein Freund von mir mag keine Romane ... Warum sich zwingen ?
    Es ist wie der Käse, die meisten jungen Leute mögen ihn nicht. 30 Jahre später würden einige von ihnen ihre Seele für einen echten Roquefort verkaufen.
    Entweder man hat das "Ha-ha" Erlebnis oder man hat's halt nicht. Die beste Methode, um ein Kind dauerhaft vom Käse fern zu halten ist, ihm ständig zu erzählen, wie köstlich es sei und es wiederholt aufzufordern, es doch zu probieren.

    Genieß Deine Lieblingmusik, laß ab und zu das Radio an und irgendwann wirst Du aufhorchen und siehe da, es läuft gerade Alcina oder I Puritani oder Lady Macbeth von Mtsensk ... und Deine Aufmerksamkeit erwacht. Oder nicht.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Liebe Meerkatze,

    Ich kann das sehr gut nachvollziehen!
    Aus diesem Grunde bevorzuge ich die Alte Musik, da bleibt einem das affektive, vibratöse Gekreische erspart.
    Was man nicht mag, muss man sich nicht antun, bis auf einige wenige Arien kann mir die Oper gestohlen bleiben.
    Andere sehen und hören das anders und das ist auch in Ordnung so.
    Aber ich habe meine Entscheidung schon vor längerer Zeit getroffen und lebe sehr gut damit.
    Das Leben ist zu kurz, um es mit Musik, die einem nicht zusagt, zu verplempern.

    Einen schönen Abend mit schönem Gesang wünscht Dir

    Juli

    8+)

    "Eine Semmel enthält 140 Kalorien, 700 Semmeln pro Jahr ergeben 98000 Kalorien,
    diese benötigt man, um eigenhändig 1 Elefanten 9 Zentimeter weit zu tragen. Aber wozu?"
    (Loriot)

  • Kann es sein, dass Du Dich auf die klassische Gesangstechnik im Allgemeinen beziehst? Denn hohe Töne gibt es ja nicht nur in der Oper

    Das stimmt, generell hohe Töne finde ich, wenn sie zu oft und zu laut vorkommen, unerträglich. Ich mag auch die hohen Töne einer Rückkoppelung nicht, aber in ihnen wird wohl keiner einen Ausdruck von Dramatik oder innerer Zerrissenheit sehen.

    Ich kenne auch Leute, die auf hohe Töne generell allergisch reagieren und das dann als "Gekreisch" empfinden (bei Gesang, aber auch bei Geige und Flöte). Da kann man dann wohl nichts machen...

    Naja, die Menge machts ... vielleicht gilt auch hier der alte Spruch "Qualität vor Quantität". Wenn Wagners Walküren ständig im hohen Register, und dann auch noch in einer Art unmelodiösen Sprechgesang (die Königin der Nacht wiederum finde ich ok, weils eben eine Melodie hat) singen, dann hab ich keine Freude mehr daran, Dramatik hin oder her. Ich finde, man kann Dramatik auch auf andere Weise erzeugen. Und ich finde es eben schade, weil ich viele Opern wegen ihrer Handlung interessant finde, sie mir aber durch diese Art des Gesangs verleidet werden.

    (An dieser Stelle würde mich interessieren, wieso in der Arie "Deh vieni non tardar", während der Worte "notturna face" Mozart die weibliche Gesangsstimme derart tief singen lässt. In der Entführung gibts eine ähnliche Stelle, jedoch ist das ganz eindeutig eine Imitation der Melodie, die Osmin (?) vorher gesungen hat)

  • Andere sehen und hören das anders und das ist auch in Ordnung so.


    Absolut! Wie ich schon sagte, ich beneide die Leute, denen das gefällt, und die sich deswegen auch so ziemlich alle Opern anhören können, ohne weiteres. Nur mache ich immer wieder neue Anläufe und gebe verschiedenen Opern eine Chance, versuche, mich dran zu gewöhnen. Leider ist mir das noch nicht gelungen.

  • Auf der Opernbühne kann man die Koloraturen des Soprans auf unterschiedlichste Art und Weise aus dem dramatischen Kontext motivieren, wie z.B. in der folgenden Szene aus "Orphée aux Enfers":

    "

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    " (bis zum Ende ansehen!)

    (Inszenierung: Laurent Pelly, die hohen Töne produziert Natalie Dessay)

    :D

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Ich hab mir mal die Partitur von Salome angesehen, und drei Stellen rauskopiert, wo ich Fragen dazu hätte. Zum Beispiel diese hier:

    "http://www.fotos-hochladen.net/uploads/salome…et0hnwzsmgu.jpg"

    Ich meine, was hat sich der Herr Strauss dabei gedacht? Nicht nur sind diese ewig langen Textwiederholungen ermüdend, sondern auch diese "Melodie". Schön laut, in einer unangenehmen Lage. Noch schlimmer finde ich, dass diese Spitzentöne meistens durch mehrere Töne auf gleicher Höhe "angekündigt" werden. (in diesem Beispiel durch die Worte "ich will deinen"). Paradebeispiel für das was ich oben erwähnt habe: Hohe Töne, aber keine Melodie, sondern meistens die gleiche Tonhöhe.

    Noch ein Beispiel:

    "http://www.fotos-hochladen.net/uploads/salomenoten22wan56tquz.jpg"

    Salome beschreibt hier wie der Körper von Jochanaan aussieht. Und wieder findet sich das gleiche Muster: ein paar Töne, die auf einen Spitzenton hinarbeiten, der dann auch für zwei halbe Takte ausgehalten wird. Entspannung findet das Ohr aber keine, weil das die ganze Zeit so weitergeht, wie im unteren Beispiel, bei "wie die Cedern". Dieser extreme Tonsprung vom hohen "a" aufs tiefe "f" finde ich fast schon unfreiwillig komisch - nur ist die Oper nicht komisch.
    Überhaupt, wieso wird das Wort "Purpur" derart hoch gesungen? Oder die Cedern? "Wie die Ceeeeeee-dern". Was ist so besonders an den Zedern, dass man sie dem armen Jochanaan derart entgegenschmettern muss? Reicht es nicht, das in einer normalen Tonlage zu singen? Was denkt sich ein geneigter Opernbesucher dabei, wenn er diese Stellen hört? Was hält er davon, dass Cedern und Purpur so hoch gesungen werden, was hält er von den Tonsprüngen? findet er das superdramatisch? Oder denkt er "Das wird hoch gesungen, also muss es bedeutend sein, das ist große Kunst"? Wird das Libretto erst dadurch interessant?

    Ein letztes Beispiel:

    "http://img4.fotos-hochladen.net/uploads/salomenoten3a1zun7c8x0.jpg"

    Das ist für mich ein ganz übles Beispiel: über DREI Takte wird ein Ton ausgehalten, der dann abgelöst wird von einem noch höheren Ton, der eineinhalb Takte ausgehalten wird. Koloraturen? Nein. Melodie? Nein. Trommelfellzerschneidend? Ja!.
    Im 6. Akt endet der Gesang abrupt, das Ohr freut sich.... und schon gehts wieder los, es wird weiter traktiert: noch kurz eine Viertelnote, und dann wieder eineinhalb Takte NOCH HÖHERER Ton als vorher, bis am Ende die allerhöchste Achtelnote kommt. Hier endet mein Beispiel, aber das geht wirklich die ganze Zeit so weiter. Mich ärgert sowas einfach nur. Entweder hat der Komponist keine Ideen für Melodien (wobei, über Hänsel und Gretel von Humperdinck sagte er "welch köstlich naive Melodik", also vielleicht sieht er Melodik als etwas kindisches, aber nicht als große Kunst? Wer weiß?), oder er findet keine andere Möglichkeit, Gesang zu schreiben ... so oder so, mir wird diese für mich interessante Oper durch diese Art des Gesangs verleidet :(
    (Ich sage bewußt nicht Gekreische, weil es natürlich eine Technik und Können braucht, sowas zu singen, egal obs einem gefällt oder nicht. Ich rede auch nicht so sehr vom Geschmack, dass es mir nicht gefällt, sondern hauptsächlich darüber, dass es mir tatsächlich in den Ohren wehtut, speziell über Kopfhörer, sowas zu hören. Wenn ich in eine Talkshow zappe, wo sich welche ankreischen, halt ich das auch nicht aus, da hab ich instinktiv das Bedürfnis, meine Ohren zu schützen und sie mir zuzuhalten)

  • Lieber Merkatz!

    Das ist ja das Problem bei der Oper - der Gesang,

    aber ohne ihn wäre es eben nicht die Oper [die ich wiederum sehr liebe, falls das nicht bekannt ist].

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Lieber Merkatz!

    Das ist ja das Problem bei der Oper - der Gesang,

    aber ohne ihn wäre es eben nicht die Oper [die ich wiederum sehr liebe, falls das nicht bekannt ist].

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:


    Der Gesang ist ja lustigerweise nicht immer ein Problem. Wieso ist der Freischütz gesanglich ganz anders als Wagners Opern? Obwohl BEIDES Opern sind. Nur, den Freischütz halte ich ohne Probleme aus, die Salome aber nicht - und beide Opern finde ich von der Handlung her interessant.

  • darüber, dass es mir tatsächlich in den Ohren wehtut, speziell über Kopfhörer, sowas zu hören

    Salome über Kopfhörer zu hören ist vielleicht eine Antwort zur Frage "Wie komm ich am schnellsten zum Zentralfriedhof", was denkste Peter ? Oder lieber Elektra ?

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ergänzung zu meinem Salome-Beitrag oben: Oder schreiben Komponisten das nur, damit die Sängerinnen zeigen können was sie draufhaben. Geht es gar nicht darum dass es schön klingen soll, sondern nur darum, dass das Publikum sagt "Boah, die kann 4 Stunden lang so hoch singen, respekt"?

  • Abgesehen davon, lieber Merkatz, dass ich selbst höchste Töne einer gut ausgebildeten Sopranistin überaus schätze und genieße, fällt mir an Deinen Beispielen auf, dass sich Salome dort meist in der oberen Mittellage tummelt, mit Spitzentönen unterhalb c```. Darüber beginnt dann das so genannte Pfeifregister, wo technisch unausgereifte Stimmen auch in meinen Ohren schon mal peinigend sein können. Bedeutende Salomes wie etwa Ljuba Welitsch oder Inge Borkh erfüllen die sängerischen Vorgaben des Komponisten mit erschütternder Intensität. Übrigens wird auch ein Mensch, der im Normalfall in der Dir so angenehm klingenden Mittellage spricht, in emotionalen Ausnahmesituationen meist in den Diskant wechseln. Und eben diese Situationen sind in der Oper die Norm. Was uns im Alltag - Gott sei Dank! -. eher selten widerfährt, geschieht in der Oper ständig, dazu in komprimierter Form. Genau das macht für mich die Faszination dieser unvergleichlichen Gattung aus !

    Ciao. Gioachino

    miniminiDIFIDI

  • Abgesehen davon, lieber Merkatz, dass ich selbst höchste Töne einer gut ausgebildeten Sopranistin überaus schätze und genieße, fällt mir an Deinen Beispielen auf, dass sich Salome dort meist in der oberen Mittellage tummelt, mit Spitzentönen unterhalb c```. Darüber beginnt dann das so genannte Pfeifregister, wo technisch unausgereifte Stimmen auch in meinen Ohren schon mal peinigend sein können. Bedeutende Salomes wie etwa Ljuba Welitsch oder Inge Borkh erfüllen die sängerischen Vorgaben des Komponisten mit erschütternder Intensität. Übrigens wird auch ein Mensch, der im Normalfall in der Dir so angenehm klingenden Mittellage spricht, in emotionalen Ausnahmesituationen meist in den Diskant wechseln. Und eben diese Situationen sind in der Oper die Norm. Was uns im Alltag - Gott sei Dank! -. eher selten widerfährt, geschieht in der Oper ständig, dazu in komprimierter Form. Genau das macht für mich die Faszination dieser unvergleichlichen Gattung aus !

    Ciao. Gioachino


    Hallo!
    Danke erstmal für deinen Beitrag, ich finde, das ist eine interessante Erklärung, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind!

    Ich möchte fragen, wieso z.B. die Agathe im Freischütz, obwohl sie auch "operesken" Situationen ausgesetzt ist, völlig anders singt als Salome und Co. Ist der Erklärung zufolge eine Oper unlogisch, sobald sie in einer "normalen" Lage gesungen wird, und nicht fast ausschließlich so hoch?

    Und wegen meinen Beispielen: in allen drei singt Salome nur, wie schön sie Jochanaan findet, und vergleich ihn mit verschiedenen Dingen, Zedern, einer Mauer etc. Sie ist mit Jochanaan quasi alleine, aber deiner Erklärung zufolge ist sie trotzdem in einer Ausnahmesituation.

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