Der Operngesang - Kritik

  • Kurz und knapp, lieber Merkatz : Agathe ist im Grunde genommen eine Langweilerin, ähnlich der Micaela in Carmen. Salome ist eine - im besten Sinne des Wortes - Verrückte, die zu Cantilenen wie denen der Agathe gar nicht fähig wäre. Die stoische Gelassenheit Jochanaans, der ihren eindeutigen Avancen widersteht, geht ihr, dem verwöhnten jungen Ding, gehörig auf den Keks. Kein Wunder, dass sie von der Mittellage ständig in den Diskant wechselt. Besser als Strauss kann man wohl dieses Geschöpf nicht charakterisieren !

    Ciao. Gioachino :pfeif:

    miniminiDIFIDI

  • Kurz und knapp, lieber Merkatz : Agathe ist im Grunde genommen eine Langweilerin, ähnlich der Micaela in Carmen. Salome ist eine - im besten Sinne des Wortes - Verrückte, die zu Cantilenen wie denen der Agathe gar nicht fähig wäre. Die stoische Gelassenheit Jochanaans, der ihren eindeutigen Avancen widersteht, geht ihr, dem verwöhnten jungen Ding, gehörig auf den Keks. Kein Wunder, dass sie von der Mittellage ständig in den Diskant wechselt. Besser als Strauss kann man wohl dieses Geschöpf nicht charakterisieren !

    Ciao. Gioachino :pfeif:


    AHHHH! Ich bin blöd! Ich habe vorher aus Versehen geschrieben "Ist eine Oper unlogisch, wenn sie nicht permanent im Diskant ist" etc., ich wollte schreiben "Ist eine Oper weniger gut, ist sie schlechter geschrieben, sind die Figuren unglaubwürdiger und unechter, wenn die Melodien eher solche sind wie bei Agathe etc.?"
    Da waren meine Finger wohl schneller als mein Kopf. Keine Ahnung wieso ich "unlogisch" geschrieben habe.

    Zu deiner Antwort: ok, bei Salome kann ich es noch verstehen, aber was ist mit all den anderen Opernfiguren, was ist mit den ganzen Walküren etc.? Und wieso geht es nicht besser? Strauss benutzt doch nur die gleichen Mittel wie alle anderen Komponisten, nämlich permanent hohe Töne, in einer Tour. Ich finde, Komponisten machen es sich ziemlich leicht, wenn sie so schreiben, weil sie sich nicht viel ausdenken müssen, und einfach sagen können "Die Handlung ist dramatisch, die Figuren sind aufgebracht, da passt nur diese Art von Gesang".

    Aber ok, das mit Agathe als Langeilerin mag stimmen ... dem möchte ich aber Humperdincks Hänsel und Gretel entgegen halten. z. B. wenn Hänsel singt "Gretel, ich weiss den Weg nicht mehr", singt er das in einer angenehmen Mittellage - obwohl der Komponist jetzt ohne weiteres hätte sagen können "das ist ein kind, der hat angst, das ist eine ausnahmesituation, der muss jetzt die ganze zeit hoch singen".

    Oder ein noch heftigeres Beispiel, wenn er kurz darauf, während die Musik schon sehr wild und aufbrausend und beängstigend ist, singt "Ich mach dir ne Nase, hörst du, du Wicht!". Da haben die beiden Kinder WIRKLICH Angst, auch Hänsel, trotzdem wechselt er nicht so wie Salome etc. in den Diskant dabei. Und ich finde nicht, dass der Hänsel deswegen "schlecht" charakterisiert ist, im Gegenteil: ich finde die Stelle sehr dramatisch, und der Gesang tut mir nicht in den Ohren weh, weswegen ich noch mehr Spaß dran habe.

    Was ich damit sagen wollte ist, dass es mir nicht um darum geht, dass sämtlicher Operngesang aus Cantilenen besteht. Vieles aus HuG z.B. sind keine Cantilenen, aber trotzdem in einer angenehmeren Lage und auf ihre Weise melodiös, also kein halber Sprechgesang, wo vier oder fünfmal der gleiche Ton gesungen wird.
    Und auffällig ist bei den Notenbeispielen oben, dass das Muster immer gleich ist: ein paar tiefere Noten hintereinander, und dann plötzlich eine wesentlich höhere. Und das aber sehr, sehr oft. Ich finde es einfach ermüdend.

  • Lieber Merkatz!

    Ich liebe schon die Salome, da ist so klingende ex- und erotische Musik und Gesang drin -

    nur bei der Elektra tun mir von ihrem Gekreisch die Ohren weh, ihre Schwester Chrysothemis singt so wundervoll, aber wenn Elektra zum Singen anfängt da bleibt kein Opernpublikum unbewegt [am Liebsten zum Ausgang hin bewegt].

    Liebe Grüße sendet Dir Peter. :wink: :wink:

  • Vergesst nicht, Ihr Lieben,
    dass Hänsel permanent den Helden mimt, aus Rücksicht auf seine kleine Schwester ! Und Elektra befindet sich in einer emotionalen Extremsituation ! Allein ihrer Agamemnon - Rufe wegen sehe und höre ich mir diese Oper an, auch wegen Klytemnästras Wahnmonolog und der Erkennungsszene Elektra - Orest.

    Ciao. Gioachino :juhu:

    miniminiDIFIDI

  • Ging es jetzt um Koloraturen oder darum, dass ein Sopran in Sopranlage singt und nicht Alt?

    Es ist doch klar, dass es zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Ausdrucksmittel gibt. Bei Wagner und Strauss spielen Koloraturen keine große Rolle, die Stimme ist oft in manchen Aspekten sprachnäher geführt, aber emotionale Extreme zeigen sich dann eben durch Lage, Lautstärke, Harmonien usw. Und natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen Komponisten in derselben Epoche (da ich H & G nicht kenne, kann ich zu den Beispielen nichts sagen).
    Man kann nie sagen, dass eine bestimmte Situation eine bestimmte Vertonung fordert, weil es viele Möglichkeiten gibt. Aber man kann umgekehrt meistens Eigentümlichkeiten der Vertonung durch die dramatische Situation plausibel machen.

    Walküre III,i ist eine Szene mit apokalyptischen Zügen. Der Sturm vom Beginn des ersten Aktes muss übertroffen werden. Den Walküren macht das Gewitter aber nichts aus, im Gegenteil. Diese Atmosphäre von Bedrohung, Tod (Siegmund ist tot, Sieglinde mit Brünnhilde auf der Flucht, die Walküren mit den gefallenen Helden), dabei aber zugleich der wilden Lustigkeit und Rücksichtslosigkeit der Walküren wird durch die Musik kongenial eingefangen und dazu tragen die Schreie der Walküren bei. Denk einfach an das Kriegsgeschrei von Indianern oder Wikingern in entsprechenden Filmen.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • aber es ist leider so, dass ich den Operngesang in den meisten Fällen nicht aushalte.


    Ich warte ja immer noch auf Deinen ersten Beitrag zu wirklicher Musik (Symphonien, Konzerte, Streichquartette...) :stumm:

    Ich meine, es gibt doch Galaxien voller klassischer Musik ohne Operngesang.

    Gruss
    Herr Maria

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • joo, oder isses das Vibrato der Hochdramatischen...??? ?(

    so what, Musik wird störend oft empfunden, da sie mit Geräusch verbunden - wußte schon Wilhelm Busch

    was ist nun mit Violine und Flöte...? Auch ziemlich hoch...

    Mein Vorschlag: einfach streichen. Alle Sopranpartien, alle Violin- und Flötenstimmen. Nur noch Altistinnen, Tenöre (naja. braucht man auch nicht wirklich) und Bässe. Und Fagotte, Celli und Kontrabässe. Und Klaviere künftig nur noch bis c" bauen, das macht sie auch billiger. Und keine klassische Gesangstechnik mit Sänger-Formant mehr. Diese Sch...-Obertöne! Schrecklich! Jawollja! :thumbup:

    Aber wozu gibt's schließlich Equalizer? Einfach alles jenseits von 500Hz auf Null drehen. Wozu sich das antun, wenn's schmerzt? Geht ja auch keiner zum Zahnarzt und sagt "bitte etwas bohren!"....

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • aber in ihnen wird wohl keiner einen Ausdruck von Dramatik oder innerer Zerrissenheit sehen.


    Warum nicht? Rückkopplungen nehme ich in mancher Rockmusik genauso wahr. Und ich will das gar nicht anders.


    "Alles Syphilis, dachte Des Esseintes, und sein Auge war gebannt, festgehaftet an den entsetzlichen Tigerflecken des Caladiums. Und plötzlich hatte er die Vision einer unablässig vom Gift der vergangenen Zeiten zerfressenen Menschheit."
    Joris-Karl Huysmans

  • Lieber Merkatz, wenn ich deine Ausführungen hier so lese, scheint es mir viel weniger um die Tonhöhe als um den Charakter der Musik bzw des Gesangs zu gehen. Agathe singt in der Regel keinesfalls tiefer als Salome und wenn du den Freischütz-Gesang toll findest, Salome dagegen zum Ohrenzuhalten hat das ncihts mehr mit der absoluten Tonhöhe zu tun sondern mit der Art und Weise, wie Weber oder Strauss Emotionen in Musik zu setzen und welche Stimmtypen dafür gebraucht werden. Du verwechselt da manche Dinge bzw bist dir wahrscheinlich selbst noch nicht klar darüber, was dich nun speziell abstösst. Deine offensichtliche Abneigung gegen dramatischen bis hochdramatischen, expressiven und deklamatorischen Gesang (und umso schlimmer wenn von hohen Frauenstimmen gesungen....) kann ich ja gut verstehen, aber etwas mehr Differenzierung wâre ganz hilfreich. Höre dir bitte mal auf Youtube folgende Opernarie an"Qui la voce sua soave" und verglecihe das dann mit dem von Dir verabscheuten Gekreische.
    Dass Opernkomponisten fûr Sänger komponieren und deren Potenzial in die Kompositionen mit einbeziehen gehört zu ihrem Beruf. Jemand der ein Klavierkonzert schreibt, ist auch nicht angetreten, um nur 50% der pianistischen Möglichkeiten dabei auszuschôpfen. Und ein Symphoniker lässt in seinen Partituren nciht nur die Hälfte der Mannschaft antreten. Wenn Du keine hohen Stimmen magst und nicht auf Oper verzichten willst, kauf dir Recital-Cds mit Baritonen und Mezzi, da bist du bestens bedient. Komplette Opern ohne Soprane und Tenôre sind eher selten....... 8+) Aber niemand zwingt dich zu dieser gattung udn ich kenne viele Menschen, die Operngesang nciht ertragen und total artifiziell finden. Seltsamerweise können die mit Barockoper meist viel mehr anfangen, obschon die Manierismen und Koloraturen dort noch viel ausgeprägter sind.
    Interessant zu reflektieren , warum mancher die barocken Manierismen besser ertragen kann und âsthetischer findet als die herausgebrüllten aber trotzdem musikalisch asthetisierten Emotionen dramatischer Organe bzw spâterer Kompositionen. :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Auf der Opernbühne kann man die Koloraturen des Soprans auf unterschiedlichste Art und Weise aus dem dramatischen Kontext motivieren, wie z.B. in der folgenden Szene aus "Orphée aux Enfers":

    "

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    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    " (bis zum Ende ansehen!)

    In der Tat - hier wirkt das höchst gelungen :D :thumbup: l-l

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Lieber Merkatz,

    auch ich werde nicht so ganz schlau draus. Dass jemand Oper überhaupt nicht mag, kommt sehr häufig vor und ich wäre die Letzte, die hier irgendeine Zwangsbekehrung versuchen würde. Es gibt einige Musikrichtungen und auch einzelne Opern, die ich nicht so besonders schätze, aber ich würde doch anerkennen, wenn jemand in diesem Bereich gut ist. Aus diesem Grund stößt es mir immer ein wenig sauer auf, wenn im Zusammenhang dieser Diskussion hier immer sehr undifferenziert von "Gekreisch" die Rede ist, wenn es um dramatische (Sopran-) Partien geht (Du bist nicht der einzige, der das sagt, ich weiß). Außerdem entnehme ich deinen Einlassungen, dass dich das Thema doch etwas umtreibt.

    Wirkliches Gekreisch liegt vor, wenn die betreffenden SängerInnen der Partie nicht gewachsen sind, z. B. wenn eine Sängerin der Pamina, die da genau richtig klingt, plötzlich meint, eine Brünnhilde machen zu müssen. Das Gleiche würde ich aber auch anderen, auch Tenören zuordnen, wenn da einer sich mit einer Heldentenorpartie übernimmt. Ich habe leider auch schon genügend gekrischene Pamina - Arien gehört, speziell von Anfängerinnen, aber irgendwie muss man das ja auch üben.

    Dass man Probleme mit den wuchtigen Strauss - Opern hat, verstehe ich sehr wohl, auch nachdem ich mich schrittweise dem angenähert habe und inzwischen eine Menge damit anfangen kann. Allerdings meine ich, dass bei diesen Werken ein Liverelebnis durch nichts übertroffen werden kann. Die Riesenorchester brauchen als Pendant Riesenstimmen und dazu einen entsprechenden Klangraum. In einem großen Konzertsaal oder einer großen Opernbühne streuen die Klangsspektren, sodass sich das eventuell Angetrengte relativiert. Steckt man das Ganze in einen zu kleinen Raum oder ist die Aufnahmetechnik nicht wirklich in der Lage, die Klänge optimal einzufangen, dann gibt es erhebliche Einbussen. Große Räume fressen sozusagen "Überlautstärken" zu Gunsten der Kunst und zum Schaden derer, die ihre Spektren nicht nutzen können oder nicht die geeignete Stimme für Dramatisches haben..

    Dass Opernkomponisten fûr Sänger komponieren und deren Potenzial in die Kompositionen mit einbeziehen gehört zu ihrem Beruf. Jemand der ein Klavierkonzert schreibt, ist auch nicht angetreten, um nur 50% der pianistischen Möglichkeiten dabei auszuschôpfen. Und ein Symphoniker lässt in seinen Partituren nciht nur die Hälfte der Mannschaft antreten.

    Das würde ich umfassend unterstreichen. Aber wie gesagt, man muss es nicht mögen, alles miteinander nicht.


    LG

    :wink: :wink:

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

    ACHTUNG, hier spricht Käpt´n Niveau: WIR SINKEN!! :murg: (Postkartenspruch)

  • Aber man kann umgekehrt meistens Eigentümlichkeiten der Vertonung durch die dramatische Situation plausibel machen.

    Vielleicht kannst du ja etwas zu meinen Salome-Notenbeispielen sagen? Ich habe die extra reinkopiert und versucht, so sachlich wie möglich zu erläutern, was mir daran nicht gefällt. Wieso ist es notwendig, das Wort "Cedern" plötzlich mit so einem Tonsprung so hoch zu singen?

    Lieber Merkatz, wenn ich deine Ausführungen hier so lese, scheint es mir viel weniger um die Tonhöhe als um den Charakter der Musik bzw des Gesangs zu gehen. Agathe singt in der Regel keinesfalls tiefer als Salome und wenn du den Freischütz-Gesang toll findest, Salome dagegen zum Ohrenzuhalten hat das ncihts mehr mit der absoluten Tonhöhe zu tun sondern mit der Art und Weise, wie Weber oder Strauss Emotionen in Musik zu setzen und welche Stimmtypen dafür gebraucht werden.

    Nein, tatsächlich geht es mir nur um die Tonhöhe, die ich als unangenehm empfinde, egal in welcher Situation. Wenn Elisabeth Grümmer, die ich toll finde, den Hänsel oder die Agathe singt, finde ich das superschön, aber wenn sie eine Arie aus Don Giovanni singt, dann vergehts mir auch, weil dort sehr oft im hohen Register gesungen wird, aber meistens auch mehrere gleiche Töne hintereinander, bevor ein GANZ HOHER Ton kommt, ähnlich den Salome-Notenbeispielen. Auch geht es mir NUR um den Gesang, weil ich finde die Musik aus der Salome echt toll, die vielen Instrumente, die Stimmungen, die immer wiederkehrenden Motive. Genauso wie bei Wagner: ich mag den Bombast, das wuchtige, auch das dramatische - nur, wenn dann "unmelodiöses" Geschrei dazu kommt, wirds unerträglich. Der Walkürenritt, der berühmte, wäre so toll, wenn da nicht ein paar Walküren herumbrüllen.

    Dass jemand Oper überhaupt nicht mag, kommt sehr häufig vor und ich wäre die Letzte, die hier irgendeine Zwangsbekehrung versuchen würde

    Ich mag die Oper sehr gerne. Ok, mit vielen Handlungen kann ich mich nicht wirklich anfreunden, aber trotzdem hätte ich, wie gesagt, überhaupt kein Problem mit dramatischen Stellen etc. Nur mit dem Gesang.
    Ich meine, die Natur hat dem Menschen ja keine unverwüstbaren Ohren gegeben, wenn etwas zu laut oder zu schrill ist, bekommt man leicht Ohrenpfeiffen. Genauso wie Schmerzen dafür da sind, den Körper vor Verletzungen zu schützen, soll man seine Ohren schützen wenn etwas unangenehm ist. Aber nur weil so laute hohe Töne plötzlich unter "Kunst" laufen, verschwindet der Schutzreflex, sich die Ohren zuzuhalten, oder abzudrehen, nicht automatisch.

    Aus diesem Grund stößt es mir immer ein wenig sauer auf, wenn im Zusammenhang dieser Diskussion hier immer sehr undifferenziert von "Gekreisch" die Rede ist, wenn es um dramatische (Sopran-) Partien geht (Du bist nicht der einzige, der das sagt, ich weiß)

    Da habe ich ein paar Beiträge weiter oben aber explizit gesagt, dass ich das Wort "Gekreisch" nicht benutze, weil es, wie du schon sagst, undifferenziert ist. Ich will ja sachlich darüber reden mit Leuten, denen es gefällt, und Meinungen austauschen, ohne dass ich jemanden verarsche deswegen, oder er mich verarscht. Natürlich erfordert es eine tolle Technik, sowas zu singen, noch dazu über mehrere Stunden, und das finde ich auch bemerkenswert. Nur, ich will ja nicht in die Oper gehen, um 4 Stunden lang zu sagen "bumm, die hat immer noch eine Stimme" oder "wow, die kann aber hoch singen, die hats drauf", sondern in erster Linie um "schönen" Gesang zu hören. Das ist natürlich individuell verschieden, was schön ist; für mich ist es der Gesang der Agathe z.B.. Ich freue mich darüber, wenn ein paar Koloraturen vorkommen, hohe Töne sparsamer, dafür wirkungsvoller eingesetzt werden.

    Als Beispiel vielleicht diese Stelle: in der Agathenarie singt sie "Süß entzückt entgegen ihm". Die Worte "Süß entzückt" sind "melodiöse" Achtelnoten, und nur die Silbe "ge" von "entgegen" ist EIN hoher Ton, dann geht es wieder runter. Wagner oder Strauß hingegen hätten diese Stelle garantiert so vertont: "Süß entzückt ent" sehr hoch, gleicher Ton, und dann "geeeeegen ihn" noch höher, wieder gleicher Ton.
    Mich nimmt die Agathe-Fassung mehr mit, mir tun nicht die Ohren weh wenn ich es höre, und ich bewundere, wenn die Sängerin die Koloraturen sauber singt.

    Wie ein anderes Mitglied (weiss jetzt nicht wer) weiter oben geschrieben hat, haben Komponisten natürlich auch geschrieben, damit die Künstler auch zeigen können was sie draufhaben. Aber ich möchte einfach (für mich) schönen Gesang hören, von schönen Stimmen.


    Dass man Probleme mit den wuchtigen Strauss - Opern hat, verstehe ich sehr wohl,

    Nur mit dem Gesang. Ich mag das wuchtige.

    Hallo Merkatz,

    mal eine Frage, hast du dir die Opern live angehört oder kennst du sie nur von Aufnahmen?

    Den Tanz der sieben Schleier habe ich oft auf Youtube gehört, deswegen habe ich mir Salome damals live angesehen. Davor kannte ich nichts aus der Oper. Schon der erste Satz "Wie schön ist die Prinzessin Salome heute naaaaaacht" ließ schlimmes ahnen. Ich dachte mir "ist das ernst gemeint jetzt? heute naaaaacht, so hoch gesungen... soll mich das jetzt emotional mitreißen?" Und auch danach war es schwer erträglich. Ich hab mich immer gefreut, wenn man nur das Orchester hörte, das auch wirklich toll klang. Natürlich war es nicht so, wie mit Kopfhörern, aber trotzdem sehr unangenehm, abgesehen davon, dass ich das Ganze eher komisch fand. Mitgerissen hat es mich nicht, und dramatisch schon gar nicht. Es wirkte mir zu unnatürlich: Salome steht vor Jochanaan, und schreit so herum. Ich hab mich manchmal echt gefragt "was mache ich hier?"
    Würde ich als Komponist eine Opernparodie schreiben, dann würde ich den Gesang so notieren, aber nicht, wenn ich mein Publikum ernsthaft mitreißen will. Ich fand es eher ermüdend und nervig, weil es pausenlos so war, und das Muster (ein paar gleiche Töne, dann ganz hohe) sich auch immer wiederholt hat. Hätte ich das Libretto nicht vorher schon gelesen, hätte ich wahrscheinlich gar nichts verstanden, weil durch diese hohen Töne Laute ja auch gar nicht mehr so genau artikuliert werden können.

    Dazu sagen muss ich allerdings, dass auch viele Sängerinnen die Hänsel und Gretel Partien, aber auch die Agathe verhunzen. Ich mag den vibratoarmen, hellen Gesang von Barbara Bonney, ihr "deh vieni non tardar" ist meine absolute Lieblingsversion! Aber andere Sängerinnen nutzen die hohen Töne der Arie um möglichst vibratoreich und laut zu zeigen, was sie draufhaben. Auch bei der Agathe: die Grümmer hat die hohen Töne oft piano genommen, oder etwas leiser gesungen, ebenfalls vibratoarm - im Gegensatz zu vielen anderen, die grade da meinen, sie müssen jetzt ihr ganzes Stimmvolumen zum Einsatz bringen. Die Grümmer sang die Agathe nicht wie eine Primadonna. Weniger ist mehr, finde ich.

  • Wenn Du keine hohen Stimmen magst und nicht auf Oper verzichten willst, kauf dir Recital-Cds mit Baritonen und Mezzi, da bist du bestens bedient. Komplette Opern ohne Soprane und Tenôre sind eher selten....... 8+)

    Wie wärs mit:

    ;+) :D

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Lieber Areios, der ist echt gut! Ich könnte auch noch Rossini "La pietra del paragone" bieten, das singen etlcihe Baritone, Bässe, die Hauptrolle hat ein Contralto und die Soprane haben so gut wie nix zu melden. Allerdings fürchte ich, dass wir selbst wenn wir die genauen Grenznoten und Dezibelwerte von Merkatz kennen würden, kaum weiterkommen. Mir leuchtet es aus den obigen Ausführungen immer noch nicht ein , dass es da wirklich nur um die Tonhöhe gehen soll ?( ?( ?(
    Meines Erachtens muss es um die Kompostionsweise gehen, denn Agathes Tessitura liegt wie gesagt nicht tiefer als die der Salome. Nur dass Agathe im romantischen und Salome im deklamatorisch expressiven Stil singt. Dass man die Donna Anna oder Elvira-Arien hysterisch fidnet, kann ich ja noch halbwegs nachvollziehen. aber wenn schon Susanna aus dem Figaro als einzig akzeptables Mozart- Beispiel angeführt wird und man alle anderen Frauenarien aus derselben Oper nciht gelten lâsst, was ist z.B. an dem herrlichen Arie "Porgi amor" der Contessa auszusetzen??????? Nichts gegen Susanna, im Gegenteil, aber ich blick bei dieser Argumentation nicht durch und vermisse die interne Logik :stern:
    Aber vielleicht kann ja auch bei Strauss und Mozart-Gekreische geholfen werden? Hat Stokowski die nicht auch rein instrumental arrangiert so wie Wagner?
    Liebe Ulrica, du als Contralto bist per definitionem nciht kreischfâhig, brauchtst also nicht zu fürchten, unter einem Intendanten Merkatz zwangsgeknebelt zu werden. :stumm:
    :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • Meine Lieben!

    So sehr ich Elisabeth Grümmer liebe - aber als Donna Anna in der berühmten DVD aus Salzburg schluchzt sie mir zu viel, als Agathe und auch als Pamina ist sie aber bekannt gut gewesen. Da sang ich ja auch noch mit ihr mit.

    Liebe Grüße sendet Euch Euer unwissender Peter aus Wien. :wink:

  • Liebe Ulrica, du als Contralto bist per definitionem nciht kreischfâhig, brauchtst also nicht zu fürchten, unter einem Intendanten Merkatz zwangsgeknebelt zu werden. :stumm:


    Nun, Definitionen sind in der regel Theorie und die ist bekanntlich grau. Klythämnestras Durchgeknalltheit äußert sich in der Tat anders als die von Elektra, obwohl mehr Zweigestrichenes vorkommt, als gemütlich wäre. Und wenn die hemmungslos histrionische Farbe fehlen würde, wäre das langweilig. Ansonsten, lieber Merkatz, wäre eine Alternative, die Orchestermusik der Elektra ohne allen Gesang zu hören. Im Übrigen hast du "Geschrei gesagt.

    Nun, was du mit den Notenbeispielen der Salome nun genau bezwecken willst, erschließt sich mir nicht so ganz. Alle Musik hat eigentlich Bögen und Phrasen, die zu analysieren wären, du aber ziehst Bruchstücke heraus. Was das mit den Cedern auf sich hat, kann man, wenn man nicht mit jedem Detail dieser Szene vertraut ist, so nicht deuten.Was die Phrase bez. des geküssten Mundes angeht, so finde ich, dass diese Melodie in Relation dazu, was Salome da gerade tut, eingentlich ganz gefällig klingt.

    :wink: :wink:

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

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  • Im Übrigen hast du "Geschrei gesagt.

    Ab einer gewissen Lautstärke ist es Geschrei, von mir aus kultiviertes und technisch einwandfreies. Ich liebe piano gesungene Höhen, übrigens, aber aber einer gewissen Lautstärke tuts weh. Aber ich sage nicht Gekreische; Gekreische ist eher das, was die Frauen in den Talkshows produzieren. Nur, das läuft nicht unter Kunst, obwohl die genauso in emotionalen Ausnahmezuständen sind wie Salome und Co. ;)

    Nun, was du mit den Notenbeispielen der Salome nun genau bezwecken willst, erschließt sich mir nicht so ganz. Alle Musik hat eigentlich Bögen und Phrasen, die zu analysieren wären, du aber ziehst Bruchstücke heraus.

    Das stimmt, aber diese Bruchstücke werden für mich nicht weniger unerträglich, wenn man den Rest auch hört - deswegen ja auch mein Hinweis, dass mein Beispiel hier aufhört, es aber die ganze Zeit in der Art weitergeht. Die vier Beispiele haben aber alle gemeinsam, dass sie in einer unnatürlich hohen Lage spielen, jedoch nicht nur kurz, sondern permanent, und das Ohr überhaupt keine Entspannung finden kann. Abgesehen davon, dass das Muster, nämlich eben die erwähnten paar Noten auf gleicher Tonhöhe, gefolgt von einem noch höheren Ton, sich auch immer wiederholt.
    Aber nicht nur Salome singt so, sondern auch der ganze Rest. Schon der erste Satz, von diesem Soldaten gesungen, beginnt so: "Wie schön ist die Prinzessin Salome heute Naaaaaacht", und das "Nacht" ist wieder hoch. Weils eine Männerstimme ist, halte ich das leichter aus, weil es sich nicht so in mein Trommelfell schneidet und keinen Tinnitus verursacht, aber ich finde das weder dramatisch nocht spannend - eher unfreiwillig komisch.

    Wobei ich ja generell finde, wenn etwas gesungen wird, soll es sich auch deutlich unterscheiden vom normalen Sprechen, deswegen mag ich auch Rezitative, Sprechgesang etc. nicht wirklich.

    Was die Phrase bez. des geküssten Mundes angeht, so finde ich, dass diese Melodie in Relation dazu, was Salome da gerade tut, eingentlich ganz gefällig klingt.

    Du sagst jetzt nur, dass es dir gefällt. Aber kannst du mir auch genauer erläutern, wieso es dir gefällt? Wo die große Kunst darin liegt, ein paar Hohe Töne über mehrere Takte hinweg auszuhalten? Und wieso diese Stelle nicht eine Oktave tiefer nicht auch funktionieren würde?

    Versteh mich bitte nicht falsch, ich will nicht über diesen Gesang, oder hohe Töne generell herziehen, ich wills einfach nur verstehen, was man tun kann, Spaß dran zu haben, oder irgendeinen künstlerischen Wert darin zu erkennen. Oder zumindest, wie man dafür sorgen kann, dass einem die Ohren nicht physisch wehtun beim hören. Ich kann ja nicht mit Oropax in die Oper gehen. (Obwohl meine Opernzeit sowieso vorbei ist, aber das hat andere Gründe)

  • Zitat

    Was das mit den Cedern auf sich hat, kann man, wenn man nicht mit jedem Detail dieser Szene vertraut ist, so nicht deuten.

    Darüberhinaus ist die Frage, ob es notwendig ist, dieses Wort mit einem Tonsprung nach oben besonders hoch singen zu lassen, völlig absurd. Musik besteht nicht aus lauter Gleichungen, für die es nur bestimmte Lösungen gibt. Strauss hat die Stelle halt so komponiert; das kann einem gefallen oder nicht, hat aber mit irgendwelchen Notwendigkeiten überhaupt nichts zu tun.

    Viele Grüße

    Bernd

  • Darüberhinaus ist die Frage, ob es notwendig ist, dieses Wort mit einem Tonsprung nach oben besonders hoch singen zu lassen, völlig absurd.

    Warum? Immerhin wird sich doch der Komponist etwas dabei gedacht haben - oder hat der die Noten einfach irgendwie, willkürlich aufgeschrieben. Ich möchte an der Stelle gioachine zitieren: "Die stoische Gelassenheit Jochanaans, der ihren eindeutigen Avancen widersteht, geht ihr, dem verwöhnten jungen Ding, gehörig auf den Keks. Kein Wunder, dass sie von der Mittellage ständig in den Diskant wechselt. Besser als Strauss kann man wohl dieses Geschöpf nicht charakterisieren!"
    Für ihn bedeutet diese Art des Gesangs, diese plötzlichen Tonsprünge nach oben, etwas.

    Strauss hat die Stelle halt so komponiert; das kann einem gefallen oder nicht


    Also soll man am Besten alles so hinnehmen wie es ist und sich keinen Kopf drum machen, nichts mehr analysieren, und darüber reden und diskutieren gleich überhaupt nicht?

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