Musik aus dem Baltikum - ein Überblick
Vielleicht würde sich dann mal ein Thread über Musik aus dem Baltikum anbieten?
DiO :beatnik:
Da sich ein Thread auf jedenfall lohnt, habe ich mal einen erstellt. ;+)
Ich bin von der baltischen Musik sehr angetan, insbesondere von der estnischen Musik.
Zu nennen wäre da erstmal Arvo Pärt (* 1935), der vor allem durch seine geistliche Musik (u.a. Berliner Messe), aber auch durch seine sehr minimalistisch wirkende Musik (Tintinnabuli-Stil)
bekannt geworden ist. Zwischen 1964 und 2008 schrieb er auch vier Symphonien, von denen mir allerdings noch keine bekannt ist.
Ich persönlich habe folgende Veröffentlichungen von ihm:
Natürlich gibt es da noch das ein oder andere mehr.
Zu empfehlen ist auch die Musik der Lehrer von Arvo Pärt:
Dies sind Heino Eller (1887 - 1970) und Veljo Tormis (* 1930)
Letzterer ist eher für Chor- und Liedkompositionen bekannt geworden.
Eller schrieb diverse Kammermusikwerke u.a. drei Symphonien und ein Violinkonzert.
Von ihm habe ich die Veröffentlichung http://www.amazon.de/Neenia-Tonu-Ka…34354949&sr=1-1
Die Bildverlinkung hat hier leider nicht funktioniert.
Die Aufnahmen von ECM New Records zeichnen sich durch eine hohe Klangqualität aus.
In der letzten Zeit habe ich die Musik einiger unbekannter estnischer Komponisten für mich entdeckt -
Das Label "Antes Edition" hat hier seit Mitte der Neunziger Jahre eine große Lücke geschlossen:
Da wäre erstmal Anti Marguste (* 1931) zu nennen, der sich in seinen Kompositionen teilweise an die estnische Volksmusik anlehnt.
Besonders gefallen mir seine Sinfonischen Runen op. 36
Bei zwei weiteren Komponisten habe ich mir auch das „Musikalische Porträt“ gekauft:
Boris Parsadanjan (1925 - 1997), der armenischer Abstammung war, komponierte u.a. 11 Symphonien.
Auf seinem "Musikalischen Porträt" ist allerdings nur die 7. Symphonie enthalten.
Allein an der Musik erkennt man, dass Parsadanjan kein gebürtiger Este war - sie klingt an einigen Stellen recht düster und erinnert an die Symphonien Schostakowitschs.
Mati Kuulberg (1947 - 2001) hingegen war ein gebürtiger Este, dessen Musik ebenfalls maßgeblich von der estnischen Volksmusik, aber auch Polyphonie und Aleatorik geprägt ist.
Er schrieb fünf Symphonien, von denen allerdings keine auf dem "Musikalischen Porträt" enthalten ist, dafür recht lohnenswerte Sonaten und ein Klaviertrio.
In der Antes Edition (deren CDs für jeweils ca. 3 € neuwertig über Amazon Marketplace erworben werden können) gibt es aber u.a. auch noch folgende Veröffentlichungen.
Heino Jürisalu (1930 - 1991) - ebenfalls ein Schüler Heino Ellers
Von Eller (s.o.) selbst sind auch zwei CDs erschienen:
Raimo Kangro (1949 - 2001)
Urmas Sisask (* 1960), der sich vor allem mit dem Eklektizismus in seinen Kompositionen auseinandersetzte
Bei Kangro und Sisask hätte ich gerne mal gewusst, ob jemand die genannten Veröffentlichungen im Regal stehen hat?
Gerade Sisask hört sich interessant an.
Eino Tamberg (1930 - 2010) schrieb mehrere Symphonien, wurde aber eher durch die Oper Cyrano de Bergerac bekannt.
Ich bin nicht der größte Freund von Opern, aber diese sollte man haben, wenn man sich für baltische Musik interessiert.
Zumal die CPO-Veröffentlichung auch gerade reduziert angeboten wird. 8+)
René Eespere (* 1953), der am Moskauer Konservatorium Assistent von Aram Khachaturian war.
Peter Vähi (* 1955) ist vor allem für elektronische Musik bekannt.
Lepo Sumera (1950 - 2000) wirkte nicht nur als Komponist, sondern auch als Politiker und estnischer Kulturminister.
Er schrieb sechs Symphonien und diverse elektronische Werke.
Bei BIS erschienen sehr lohnenswerte Aufnahmen seiner Symphonien mit dem Malmöer Symphonieorchester unter der Leitung von Paavo Järvi.
Auch nicht zu vernachlässigen ist die Musik von Jaan Rääts (* 1932), der acht Symphonien und diverse Konzerte schrieb.
In seiner Schaffen ist eine Entwicklung zu erkennen: Zunächst war seine Musik noch vom Sozialistischen Realismus geprägt, Rääts entwickelte aber
mehr und mehr einen eigenen Stil. Allerdings ist er ein Anhänger der Polystilistik, sodass er in späteren Werken u.a. auch Minimal Music einfließen ließ.
Auf Eduard Tubin (1905 - 1982) möchte ich jetzt hier nicht nochmal näher eingehen und verweise auf diesen Thread.
Eine wichtige Figur in der estnischen Musik stellt Erkki-Sven Tüür (* 1959) dar. In seinen Kompositionen verwendet er viele avantgardistische Mittel wie die Atonalität oder Polyrhythmik.
Auch hier gibt sehr empfehlenswerte Aufnahmen von ECM:
Sehr gut gefällt mir auch seine 2. Symphonie, von der es eine recht günstige Aufnahme (apex-Serie) gibt:
Kann mir jemand zuällig etwas über diese recht neue Veröffentlichung bei Ondine sagen?
Bei all diesen Herren, deren Musik sich aber weit unterscheidet, darf man die Komponistin Ester Mägi (' 1922) nicht vergessen.
Sie schrieb vor allem Kammermusik, die ebenfalls von der estnischen Volksmusik beeinflusst ist.
Ich kenne ihre Musik nur von folgender Veröffentlichung, auf der auch Musik von den oben genannten Sisask, Vähi, Rääts und Eespere ist.
Daher sehr abwechslungsreich.
Von Mägi gibt es noch folgende weitere Aufnahmen:
Bei ersterer habe ich mal bei JPC in die Symphonie reingehört, habe allerdings auf die Schnelle nicht wirklich einen Zugang finden können -
mir wirkt die Musik etwas aufgewühlt und hektisch. Aber ich denke, da müsste ich mir die CD zunächst zwei-drei Male anhören, bevor ich
ein detaillierteres Urteil abgeben könnte.
In der Antes Edition soll von ihr auch ein "Musikalisches Porträt" erschienen sein, was allerdings nur (noch?) zum MP3-Download verfügbar ist.
Das war erstmal ein Einblick in die Welt der estnischen Musik, wobei ich nur Komponisten genannt habe, wo ich CDs habe bzw. von denen ich schon mal
das ein oder andere im Internet gehört habe. Ich hoffe, dass ich dabei keinen wirklich wichtigen Komponisten vergessen habe, verweise aber mal vorsichtshalber hier drauf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_est…assischer_Musik
Morgen werde ich dann mit einem Überblick über die litauische Musik weitermachen.
Viele Grüße und eine geruhsame Nacht
klassikfan