Kunst ist nicht einfach - Der Komponist Stephen Sondheim

  • Kunst ist nicht einfach - Der Komponist Stephen Sondheim

    Da die Mittsommernacht in Kürze wieder lächeln wird, möchte ich den ersten Thread über einen Musicalkomponisten einem der größten widmen, der die Mittsommernacht mit so unvergleichlicher Raffinesse zelebrierte, dass er sich vor seinem meisterhaften Vorbild und Stofflieferanten Ingmar Bergman überhaupt nicht zu verstecken braucht. Aber davon später anhand eines Imports, der nicht verloren gehen sollte.

    Vorab: ich halte Stephen Sondheim für einen der bedeutendsten Komponisten unserer Zeit und als Liedtexter nicht nur seiner eigenen STücke für einen der besten aller Zeiten. Sein Musical A LITTLE NIGHT MUSIC zähle ich in seiner genialen Synthese von Mozart, da Ponte, Bernstein, Ingmar Bergman und dessen Einflüssen aus den Spitzenwerken der Theatergeschichte von Marivaux und Beaumarchias bis hin zu Strindberg und Ibsen zu den zehn größten Werken des Musiktheaters mindestens der letzten fünfzig Jahre. Um so bemerkenswerter ist es, dass Sondheim auch an dessen ernsthaftesten Konkurrenten im gleichen Zeitraum und Genre beteiligt war: Leonard Bernsteins WEST SIDE STORY und CANDIDE sowie natürlich seine eigenen Werke, das Musical COMPANY, die Semi-Oper SWEENEY TODD und das brillante Märchendestillat INTO THE WOODS und die musikalische Studie eines Gewmäldes, nämlich Georges SeuratS "Ein Sonntag Nachmittag auf der Insel La Grande Jatte"; SUNDAY IN THE PARK WITH GEORGE mit seinem bezeichenenden Lied: "Art Isn't Easy". Allein die große thematische Spanne seiner großartigen Werke ist bewundernswert.

    Zunächst das Biographische zu Sondheim selbst:

    Geboren wurde er als Sohn eines erfolgreichen Textilfabrikanten am 22. März 1930 in New York, wo er auch, meist im Privatunterricht, seine musikalischen Studien absolvierte, die er als Privatschüler des Komponisten Milton Babbitt (*1916) abschloss, der sich vor allem als Pionier der serieller und elektronischer Musik einen Namen gemacht hatte. Während seiner Jugend verkehrte er oft im Hause Oscar Hammersteins II, der uns heute vor allem als Librettist von Jerome Kerns SHOW BOAT und der legendären Erfolgsmusicals Richard Rodgers’ von OKLAHOMA! bis THE SOUND OF MUSIC bekannt ist, und dessen häufige Ratschläge und didaktischen Aufgabenstellungen zur Konstruktion des Musicals ihn zu einem frühen Mentor Sondheims machten, der dies stets zu würdigen wusste. Während seiner Studienzeit schrieb er seine ersten, übrigens erstaunlich raffinierten, Songs und ein erstes satirische Musical nach Aristophanes’ DIE FRÖSCHE, das an der Yale Universität uraufgeführt wurde.

    Diese Aktivitäten machten den Buchautor der WEST SIDE STORY, Arthur Laurents, auf Sondheim aufmerksam, und er stellte ihn Leonard Bernstein als möglichen Songtexter vor. Bernstein erkannte Sondheims Talent und war von dessen Arbeit dermaßen begeistert, dass er ihn später bat, ihm bei der Überarbeitung seiner zunächst erfolglos gebliebenen Operette CANDIDE zu helfen, was Sondheim gerne und mit Erfolg tat. Allerdings war er überhaupt nicht glücklich damit, dass er nach dem überragenden Erfolg der WEST SIDE STORY nur noch als Textdichter gefragt war, sah er sich doch als (noch verhinderten) eigenständiger Musicalkomponist. Dennoch arbeitete er noch an einem weiteren überragenden Musicalerfolg mit, nämlich Jule Stynes GYPSY (1959). Eine ähnliche Gefälligkeit gegenüber Richard Rodgers, dem Komponisten seines verstorbenen Mentors Oscar Hammerstein, brachte ihn aber endgültig von solchen Kooperationen ab, denn die Zusammenarbeit mit dem sehr hoffärtigen Rodgers war alles andere als ein Vergnügen, und das Resultat, DO I HEAR A WALTZ? ein Misserfolg. Immerhin könnte ihn dieses Projekt darin bestärkt haben, später ein eigenes Walzermusical, eben A LITTLE NIGHT MUSIC, zu schaffen.

    Nach seinem zweiten überragenden Erfolg mit GYPSY hatte Sondheim endlich das nötige Gewicht am Broadway, so dass man ihm sein erstes Broadwaymusical anvertraute. A FUNNY THING HAPPENED ON THE WAY TO THE FORUM (TOLL TRIEBEN ES DIE ALTEN RÖMER; 1962) erwies sich als enorm wirkungssichere theatralische Farce, von der uns die seinerzeit recht populäre Verfilmung durch den Beatles-Regisseur Richard Lester leider nur einen blassen Eindruck vermittelte. Zwar verhalf sie einigen der Songs (etwa „Comedy Tonight“ und „Everybody Ought to Have a Maid“) zu weltweiter Popularität, trieb aber in bewährter Hollywood-Tradition mit Sondheims Musik ziemlich Schindluder und bestätigte ihn in seiner Skepsis gegenüber Filmmusicals. Dieser Erfahrung folgte sein erster großer Misserfolg, der unterschätzte ANYONE CAN WHISTLE (1964), dem allerdings in späteren Wiederaufnahmen eine Ehrenrettung vorbehalten blieb, und dann sein erstes Musical von überragender Bedeutung, COMPANY (1964), das mit seiner Konfrontation von fünf oberflächlichen Yuppie-Paaren und einem unglücklichen Junggesellen zum zeitlos gültigen Ausdruck einer beziehungslosen Generation wurde und bis heute zu den Marksteinen des Musiktheaters zu zählen ist. Hier eine Aufnahme des Londoner Revivals von 1996


    Damit nicht genug, ließ er dem gleich ein Jahr später mit dem Revue-Musical FOLLIES ein weiteres Werk von überragender Bedeutung folgen, in dem sich mehrere Generationen von (einstigen) Showgrößen anlässlich des Abrisses eines Revuetheaters mit ihrem eigenen Schicksal auseinandersetzen müssen. Zwar war es beim Publikum ein Misserfolg, aber die Nachwirkung des Werkes und sein Erfolg bei jedem - meist semikonzertant aufgeführten - Revival sind enorm. Beide Werke, die übrigens auch mit einem Tony-Award (der OSCAR des Broadway) für das beste Musical bzw. die beste Musik ausgezeichnet wurden, sind einen eigenen Thread wert, der bei genügender Nachfrage vielleicht einmal kommt. Hier ist erst einmal nur wichtig, dass sie sich weitaus deutlicher als noch FORUM um das Thema drehen, das Sondheim immer wieder beschäftigen sollte: die Egozentrik des Einzelnen, der sich mit Sex oder vermeintlicher Liebe über seine ureigene Isolation hinweg zu täuschen versucht, dabei aber mehr oder minder tragisch scheitert, weil er nie über den eigenen Schatten springen kann.

    Ich breche erst einmal an dieser Stelle ab, weil mich interessieren würde, ob es hier schon weitere Sondheim-Enthusiasten gibt, und welche Werke und Aufnahmen die bevorzugen. Vielleicht sogar SWEENEY TODD - THE DEMON BARBER OF FLEET STREET? Den sollte man allerdings besser nicht nach dem Film beurteilen, der einem jetzt sehr oft auf den Tischen mit den preiswerten DVDs begegnet. Nicht, weil er nicht sehenswert wäre, das ist er durchaus, sondern weil er nicht sehr hörenswert ist.

    Demnächst geht es aber bestimmt weiter. Versprochen.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Ich breche erst einmal an dieser Stelle ab, weil mich interessieren würde, ob es hier schon weitere Sondheim-Enthusiasten gibt, und welche Werke und Aufnahmen die bevorzugen. Vielleicht sogar SWEENEY TODD - THE DEMON BARBER OF FLEET STREET?

    Für einen Sondheim-Enthusiasten reicht es nicht, aber Sweeney Todd hat mir verfl**** gut gefallen - den gab's bei der letzten Musical-Eigenproduktion der Kölner Oper vor ca. 10 Jahren. Du nennst das eine Semi-Oper; das kommt mir passend vor: so wurde das hier auch gebracht. Nur für die beiden Hauptrollen sowie den "Lover" (Rollenname weiß ich nicht mehr) wurden Gäste verpflichtet, der Rest kam vom Hausensemble, und es spielte IIRC auch das Gürzenich-Orchester. Das war eine ernstzunehmende Produktion, auch mit einigem Aufwand inszeniert (eine herrliche Barbierkunde-zu-Pastete-Verarbeitungs-Maschine inklusive). Wäre auch sicher eine Wiederaufnahme wert gewesen. Ich finde es sehr schade, daß solche Stücke letztlich immer mit soviel Mißachtung gemacht werden. Ich war damals sehr angetan davon. Musikalisch ist das mE eine Kategorie oberhalb von Léhar und Konsorten (gegen die ich allerdings prinzipiell auch nichts habe; nur: je schwächer die Musik, desto schwieriger die Inszenierung).

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Danke für die Erinnerung an diese Inszenierung, die ich seinerzeit leider versäumt habe. Allgemein gehört das Stück ja zu denen, dem man mit guten Gründen auch bei uns gelegentlich einmal die Ehre erweist. Bezeichnenderweise fand seine deutsche Erstaufführung nicht etwa an einer unserer großen Bühnen, sondern 1985 in Freiburg statt. Es sollte noch dauern, bis man es auch auf einer der größeren Bühnen sehen konnte, die es ernst genug nahmen. Der "Lover" heißt übrigens Jonathan.

    SWEENEY TODD ist m. E. eines der größten und vielschichtigsten musikalischen Bühnenwerke des 20. Jahrhunderts, das man getrost neben anerkanntere Meisterwerke stellen kann ohne Abstriche machen zu müssen, weil es "nur" ein Musical ist.

    Ich habe vor, ihm als nächstes eine ausführliche Werkanalyse zu widmen, sobald ich etwas Zeit dafür finde.

    Zunächst ist aber aus Gründen der "Aktualität" zur Mittsommernacht erst einmal die Übernahme und Aufpolierung meiner Werkanalyse von A LITTLE NIGHT MUSIC dran.

    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Lieber Rideamus, bei mir flatterte heute das Programm vom Theatre du Chatelet in Paris ein und ich musste sofort an dich denken! Um den 20. Februar herum läuft die frz. Uraufführung von Sondheims "A little night music" und den Bergman Film liefern sie als Vorprogramm auch gleich dazu.
    Ich ärgere mich schwarz, dass ich nicht hin kann, weil ich an dem Wochenende nach Tours zu einem Kongress muss. :wut2:

    Inszenierung: Lee Blakeley
    Leitung: Jonanthan Stockhammer dirigiert das Orchestre Philharmonique de Radio France
    Besetzung: Greta Scacchi
    Lambert Wilson
    Leslie Caron
    David Curry
    Rebecca Bottone
    Nicholas Garrett etc

    Solltest du einer deiner tollen Mitschnittgelegenheiten haben, ich bin SEHR interessiert!

    Und im April gibts dann auch noch die frz. Uraufführung von Treemonisha......

    Bist du da als Berater engagiert oder raten die bei deinen Rätseln mit?????? 8| :fee:

    Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem und die Heilung eine musikalische Auflösung (Novalis)

  • SWEENEY TODD ist m. E. eines der größten und vielschichtigsten musikalischen Bühnenwerke des 20. Jahrhunderts, das man getrost neben anerkanntere Meisterwerke stellen kann ohne Abstriche machen zu müssen, weil es "nur" ein Musical ist.

    Ja, ja, nur ein Musical...
    Wie schrieb doch ein Kritiker einer als gut informiert gelten wollenden österreichischen Tageszeitung über die Verfilmung: "...wer sich mit der atonalen Musik anfreunden kann..."
    Scheint, als habe Sondheim hier ganz einfach etwas verdammt richtig gemacht....
    :wink:

    Na sdarowje! (Modest Mussorgskij)

  • Lieber Rideamus,

    Bist du da als Berater engagiert oder raten die bei deinen Rätseln mit?????? 8| :fee:

    Schön wär's, aber dem ist sicher nicht so. Offenbar sitzt da jemand im Programmausschuss, der einen sehr guten Geschmack hat und zu nutzen weiß, dass Paris bis dato eher Brachland war, was amerikanische Komponisten neben Gershwin und Bernstein angeht. Dass A LITTLE NIGHT MUSIC sogar eine französische Erstaufführung werden kann, haut mich aber schon um.

    Leider gibt es Mitschnitte nur, wenn sie vom Rundfunk oder Fernsehen ausgestrahlt werden, und da habe ich doch meine Zweifel, dass die das übernehmen werden. Aber wer weiß? Die Besetzung mit Greta Scacchi als Désirée (kann die singen?) und Lambert Wilson als Egermann ist immerhin recht bemerkenswert, und Leslie Caron als die alte Madame Armfeld schon ein bemerkenswerter Besetzungseinfall und Coup. Diese Aufführung würde ich nur zu gerne sehen.

    Scheint, als habe Sondheim hier ganz einfach etwas verdammt richtig gemacht....
    :wink:

    Hat er, finde ich. :yes: Nur Atonales kann ich da auch nicht wirklich finden.
    Ob das wohl schon in Frankreich aufgeführt wurde (außer im Kino)?

    Jedenfalls freut es mich, dass Sondheim auch hier immer mehr Fürsprecher findet. Da fühle ich mich doch glatt ermutigt, den richtigen SWEENEY TODD einmal ausführlicher vorzustellen:


    Erst aber muss das Adventsrätsel fertig aufgelöst werden, und irgendwo soll Sondheim da ja auch noch vorkommen. ;+)

    :wink: Rideamus

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  • Punkt für Punkt

    Leider komme ich nach wie vor nicht dazu, mich wie versprochen detailliert mit SWEENEY TODD zu beschäftigen, aber ich möchte doch diesen Thread mal wieder hoch holen, nachdem er schon viel zu lange ignoriert wird. Zur Überbrückung mache ich mal auf das Stück aufmerksam, dem der Thread seinen Titel verdankt. Es handelt sich um eine aktualisierte Übernahme aus einem sehr frühen Rätselthread (eine Bitte an die Moderation, wenn sie mitliest: vielleicht kann der Threadtitel zur Erleichterung der Suche wie folgt geändert werden: SONDHEIM, Stephen - Kunst ist nicht einfach). Ich verbinde damit die Hoffnung, dass sich auch andere zu diesem außerordentlichen Werk und überhaupt zu Sondheim äußern können und wollen, bevor ich bei Gelegenheit noch weiter auf ihn eingehe.

    Die Ausgangsfrage des damaligen Rätsels lautete:

    Das im Titel angesprochene Bild zeigt gleich eine ganze Gruppe von Menschen (und einen Hund) und wird zum Anlass tiefsinniger Überlegungen zur Kunst (und einem Lied über den Hund)

    Zugegeben: die fast asketische Anmutung der Musik dieses Musicals vor allem in seinem zweiten Teil ist nicht jedermanns Sache, auch nicht die jedes Sondheim-Liebhabers, und man sollte möglichst nicht gleich damit anfangen, wenn man sich in Sondheims Klangwelt einfinden will. Wer sich jedoch darin zurecht findet, wird reichhaltig belohnt, denn Sondheim ist das Kunststück gelungen, den Stil eines Meistwerkes der Malerei in Musik zu übertragen und, gemeinsam mit dem Librettisten James Lapine auch die passenden Worte dafür zu finden. Gemeint ist das Riesenbild "Ein Sommernachmittag auf der Insel Grande Jatte" des französischen Pointillisten Georges Seurat, das man hier, wenn auch in schlechter Wiedergabe, aber wenigstens (laut Wikipedia) ohne Copyright-Einschränkung sehen kann:

    In SUNDAY IN THE PARK WITH GEORGE erwecken der Autor James Lapine und der Komponist Stephen Sondheim die Situation, die diesem in jeder Hinsicht exzeptionellen Bild zugrunde liegt, brilliant zum Leben, und das ganz buchstäblich, da nicht nur der Maler und seine Lebensgefährtin, die für die Frau mit schwarzem Schirm im Vordergrund Modell steht, sondern auch die anderen Charaktere des Bildes lebendig werden - bis hin zu dem auf dem Bild dargestellten Hund, der eine Pfütze hinterlässt und seinen Kommentar zu dem Ganzen bellt. Ausgehend von den im Gemälde eingefangenen Menschen, die sich auf der Seine-Insel versammelt haben, spekuliert das Musical über ihre Lebensumstände und wird unversehens zu einer Erkundung von Kunst, Liebe und Verpflichtung.

    Dazu trägt auch der zweite Akt bei, der seinen Ausgangspunkt in der Vernissage eines zeitgenössischen Künstlers hat, der sich mit computergenerierter Kunst beschäftigt. Verbunden durch eine mysteriöse Frauengestalt, die Reinkarnation der Dot, des Modells, das Seurat einst schwängerte und über seiner Kunst im Stich ließ, begreift er im Gegensatz zu Seurat, dass es nicht genügt, "bit by bit" oder wie in seinem Fall "byte by byte" voranzukommen, sondern dass man die Punkte auch miteinander verbinden muss, wenn man seinem Leben einen Sinn geben will.

    Bekanntlich setzte Seurat in seinem pointillistischen Stil Myriaden von Punkten auf seine Leinwände, um Gesamtbilder zu schaffen, die sich erst aus einigem Abstand als sinnvolles Ganzes erschließen. Bei Lapin und Sondheim fügt sich die Individualität der Personen zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammen, dessen Bedeutung man bei zu genauer Betrachtung der Details des alltäglichen Lebens ebenfalls leicht aus dem Auge verlieren kann. Deshalb hilft eine Inhaltsangabe wenig, dem Werk beizukommen. Das Ergebnis ist eine enzigartige Auseinandersetzung um das Leben mit der Kunst, aber auch um die Kunst des Lebens - dargestellt mit den drei zentralen Künsten Bild, Wort und Musik, die hier zu einer oszillierenden Einheit finden. Wenn es im Musiktheater unserer Zeit überhaupt noch ein universelles und alle Künste übergreifendes Meisterwerk gibt, dann ist es SUNDAY IN THE PARK WITH GEORGE.

    Deshalb sollte man auch unbedingt versuchen, dieses Musical nicht nur zu hören, sondern in der für die DVD eingerichteten und von allen künstlerischen Leistungen her maßstäblichen Aufzeichnung der Broadway-Aufführung kennen zu lernen, die zu dem Faszinierendsten gehört, was ich je auf einer Bühne gesehen habe. Zum Glück gibt es sie (noch), nämlich hier als Import aus England:


    Leider hat sie nur englische Untertitel, aber die sind selbst bei Grundkenntnissen relativ gut verständlich. Wer sich nur für die Musik interessiert, kann sie auch günstiger bekommen und hier auch mal hinein hören:


    Kennt noch jemand dieses ungewöhnliche Werk, das einen nicht mehr so richtig los lässt, wenn es einen mal gepackt hat?

    :wink: Rideamus

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  • RE: Punkt für Punkt

    Kennt noch jemand dieses ungewöhnliche Werk, das einen nicht mehr so richtig los lässt, wenn es einen mal gepackt hat?


    Ja, ich (quelle surprise ;+) ).

    Ich werde da auch noch was zu schreiben, vielleicht sogar heute. Freier Tag - allerdings fest im Griff der Steuererklaerung :stern:
    Vielleicht goenne ich mir aber irgendwann eine laengere Pause, insofern ich nicht noch feststelle, dass meine Zahlen alle voellig durch den Wind sind ...

    "You're so nice. You're not good, you're not bad, you're just nice.
    I'm not good, I'm not nice, I'm just right. I'm the Witch! You're the world!"
    (S. Sondheim/J. Lapine - Into the woods)

  • Punkt für Punkt 2

    Soeben habe ich einen hervorragenden Ausschnitt der originalen Broadway-Produktion von SUNDAY IN THE PARK WITH GEORGE auf YouTube entdeckt:

    das herrliche Ensemble "Sunday" mit Bernadette Peters und Mandy Pantinkin. Es ist zwar leider etwas dunkel geraten, bietet aber dennoch eine hervorragende Illustration der Animation von Seurats Gemälde:
    "

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    Viel Spaß damit. Wenn Euch der Ausschnitt gefällt, werdet Ihr sicher auch die anderen in der Nachbarschaft dort hören wollen

    :wink: Rideamus

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  • Passion

    Es wird leider nicht viele interessieren, aber soeben habe ich entdeckt, dass Stephen Sondheims PASSION, seine Musicalfassung des großartigen Films PASSIONE D'AMORE von Ettore Scola, in einer technisch ordentlichen Fassung der originalen Broadway-Aufführung auf YouTube zu sehen ist, und zwar hier "

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    Wer halbwegs Englisch versteht, sollte sich das Stück ansehen, denn es ist ein besonders gelungenes Stück Sondheims, dem leider nicht der Erfolg beschieden war, den es verdient hätte.

    Und da wir gerade bei YouTube sind: auch die von mir in dem Faden über Sondheims A LITTLE NIGHT MUSIC gepriesene Aufführung der New York City Opera ist jetzt in ganzer Länge auf YouTUbe zu sehen, und zwar hier: "

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    Beide Aufführungen werden von Sondheims bevorzugtem Dirigenten Paul Gemignani geleitet, können also als authentisch gelten.


    :wink: Rideamus

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  • SWEENEY TODD ist m. E. eines der größten und vielschichtigsten musikalischen Bühnenwerke des 20. Jahrhunderts, das man getrost neben anerkanntere Meisterwerke stellen kann ohne Abstriche machen zu müssen, weil es "nur" ein Musical ist.

    Vielleicht sogar SWEENEY TODD - THE DEMON BARBER OF FLEET STREET? Den sollte man allerdings besser nicht nach dem Film beurteilen, der einem jetzt sehr oft auf den Tischen mit den preiswerten DVDs begegnet. Nicht, weil er nicht sehenswert wäre, das ist er durchaus, sondern weil er nicht sehr hörenswert ist.


    Ich gebe zwar zu, dieses Werk erst durch den Tim Burton-Film kennengelernt zu haben (vorher hatte ich noch niemals davon gehört)...bin so gesehen auch kein Musicalfan, mag eigentlich nur drei von einigen, die ich kenne, aber "Sweeney Todd" gehört auf jeden Fall dazu. Und du hast auch nicht Unrecht, dass der Burton-Film gesanglich nur bedingt glänzen kann, wenn er mir ausstattungstechnisch und schauspielerisch auch wunderbar gefällt.
    Wie ich sehe, hast du zumindest schon mal eine Aufnahme hier erwähnt (die, die ich auch habe) :

    Einfach grandios! Len Cariou in der Titelrolle ist so toll! Und Angela Lansbury...bis dahin kannte ich die nur als alte Dame in "Mord ist ihr Hobby" und war wirklich positiv überrascht.

    Da fühle ich mich doch glatt ermutigt, den richtigen SWEENEY TODD einmal ausführlicher vorzustellen:


    Hoffentlich ;+)
    auch wenn ich weiß, dass du mit dem Adventsrästel sich er zur Zeit genug zu tun habe (und es den Ratern- zumindest mir- nicht leicht machst).

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • 85!

    Heute feiert Stephen Sondheim (unter seinen Freunden auch schlicht bekannt als Gott) seinen Fünfundachtzigsten, und ich gratuliere ihm ganz herzlich, wünsche ihm Gesundheit und Glück, und ihm und uns noch viele kreative Momente.

    Was sich die Broadway-Gemeinde wohl dieses Jahr ausgedacht hat, konnte ich noch nicht so richtig entdecken – die Galas vor fünf Jahren in London und New York waren ja wirklich spektakuläre und gelungene Großereignisse mit so vielen Beteiligten, die in seinem Umfeld tragende Rollen spielten. Die brillant-sperrige Elaine Stritch hat uns allerdings in der Zwischenzeit für immer verlassen. Vielleicht macht man’s dieses Jahr ja auch anders, denn diese Art der Präsentation ist nicht immer wieder zu überbieten.

    Ein wichtiges Ereignis in diesem Jahr wird jedenfalls das Revival von »Gypsy« in London sein, mit der fabelhaften – und ich gebrauche das Wort mit größter Hochachtung – Rampensau Imelda Staunton. Die aktuelle Disney-Verfilmung von »Into The Woods« (ist besonders vom Buch her eh nicht unbedingt mein Sondheim-Favorit) habe ich bisher erfolgreich umschifft; irgendwann werd ichs angehen, aber mir schwant nichts allzu Gutes. Hier in München wird es 2016 immerhin eine »A Little Night Music« des Gärtnerplatz-Ensembles geben (allerdings auf deutsch 8|).

    Aber vor allem hoffen wir natürlich, dass Sondheims aktuelles Projekt mit David Ives, basierend auf zwei Filmen von Luis Buñuel, Gestalt annehmen und zu einem erfolgreichen Abschluss kommen wird. Bin sehr gespannt.

    Aber erst mal soll gefeiert werden! :vv:

  • Hab gestern im Geiste auch einmal angestoßen auf Rideamus, der sich seinerzeit (bei bedeutend höherem persönlichen Einsatz) auf ähnlich verlorenem Posten gefühlt haben muss. Schade, dass wir uns nicht mehr kennenlernen konnten.

    Well, maybe next year … ;+)

  • Die aktuelle Disney-Verfilmung von »Into The Woods« (ist besonders vom Buch her eh nicht unbedingt mein Sondheim-Favorit) habe ich bisher erfolgreich umschifft; irgendwann werd ichs angehen, aber mir schwant nichts allzu Gutes.


    Und wie dumm ich doch einmal wieder war. Regisseur Rob Marshall und die gesamte Besetzung und Crew haben Hervorragendes aus diesem Werk herausgearbeitet. Zugeständnisse an Disney sehe ich möglicherweise in der Begegnung von Rotkäppchen und dem Wolf, deren mögliche Kontroverse (für ein Mainstream-Produkt vielleicht klug) weitgehend umschifft wurde – vielleicht auch in der reduzierten Intensität anderer Ereignisse (Unterspielen der Figur der Riesin, oder dem unerwarteten Abgang einer der Hauptfiguren).

    Unterm Strich glaube ich an eine sehr gelungene Musical-Verfilmung. Möglichen Novizen kann ich nur empfehlen, Erwartungshaltungen freizugeben. Und im weiteren Verlauf, dann nochmals freizugeben. Dann macht die Sache Sinn und viel Spaß!

  • Auf der Disk zum Film befindet sich übrigens ein mehr als bemerkenswertes Outtake. Stephen Sondheim 8| schrieb speziell für den Film einen neuen Song 8|, speziell für Meryl Streep 8| 8|. Sie hat ihn im Audio-Studio aufgenommen, er wurde gefilmt und in den Film montiert, und jeder fand die Szene fabelhaft. Zumindest laut Aussage von Regisseur Marshall waren sich alle Beteiligten dennoch letztlich einig, dass die Szene an dieser Stelle dem Fluss des Films nicht dienlich war, und sie wurde daher gestrichen.

    Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung sehr schmerzlich gewesen sein muss. Ob sie letztlich richtig war … ich bin nicht der Profi, das zu entscheiden. Laie der ich bin, hätte ich wahrscheinlich gesagt: scheiß auf den Fluss; dieser Song, diese Darbietung ist großartig und ein Höhepunkt des Films. Die Szene schildert die Reaktion der Hexe, als ihre geraubte Stieftochter gegen alle Überredungskunst und widriges Hexenwerk schließlich dennoch mit dem Prinzen davon zieht. Der Liedtext reflektiert die widersprüchlichen Gefühle der Hexe – an der Oberfläche beschwört sie eine reumütige Rückkehr der Tochter, aber der Subtext, als Gegensatz wunderbar deutlich und dennoch wunderbar subtil gespielt von der einmaligen Meryl, ist ein ganz anderer.

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