Programmänderungen im Konzert

  • Zitat

    Ist Dir schon mal der Gedanke gekommen, dass es auch andere, ganz "normale" Berufe gibt, in denen von dem jeweils Berufstätigen Höchstleistungen erwartet werden, und man versucht in diesen Arbeitswelten auch, dieser Erwartung Tag für Tag gerecht zu werden?

    Dieser Gedanke ist mir natürlich völlig neu... :D

    Ich glaube aber schon, dass es etwas anderes ist, ein Klavierkonzert auf dem Niveau von Nelson Freire zu spielen als auf einem Büroposten oder vor einer Schulklasse sein Möglichstes zu geben - wobei Letzteres fraglos auch sehr anstrengend sein kann.

    Zufälligerweise kenne ich ja nun aus eigener Anschauung beides - die Welt der ganz "normalen" Berufe und die des Musikmachens auf (einem wenn auch nur bescheidenen) professionellen Niveau. Und ich bin mir sicher, dass viele den immensen Kraft- und Nervenverschleiß, den das solistische Auftreten als Musiker mit sich bringt, massiv unterschätzen. Jemand, der das noch nicht am eigenen Leibe erfahren hat, weiß in der Regel auch nicht, was es bedeutet. Und jetzt kannst du mir gerne entgegnen, dass jemand, der noch nie als Anwalt in einer Gerichstverhandlung aufgetreten ist, auch nicht weiß, was das bedeutet - ich bleibe in diesem Punkt trotzdem unbelehrbar bei meiner Auffassung: Das Publikum hat nomalerrweise keine Ahnung von dem, was ein Solist wirklich leistet! Ich hatte diese Ahnung früher auch nicht...

    Und deshalb ist es, wenn ein Musiker spürt, dass er an diesem Abend eine bestimmte Leistung nicht abrufen kann, vielleicht nicht so falsch, wenn er stattdessen auf ein leistbares Programm ausweicht, anstatt sich fröhlich zu blamieren. Künstler sind nun mal keine Maschinen, bei denen immer alles geht.

    Für mich als Orchestermusiker erübrigt sich die Diskussion eh: Wenn alle anderen Brahms spielen, kann ich schlecht Bach spielen :D, sondern muss auch Brahms spielen, genau an diesem jenem Abend, egal, ob ich mich gerade dazu in der Lage fühle oder nicht. Aber wenn ich nicht müsste...... ;+)

    Und noch einmal zurück zum Grieg-Konzert mit Nelson Freire: Auch rein vom Klavierklang her gesehen halte ich diese Interpretation für ganz große Kunst!

    Viele Grüße

    Bernd

  • wenn ein Musiker spürt, dass er an diesem Abend eine bestimmte Leistung nicht abrufen kann, vielleicht nicht so falsch, wenn er stattdessen auf ein leistbares Programm ausweicht, anstatt sich fröhlich zu blamieren. Künstler sind nun mal keine Maschinen, bei denen immer alles geht

    Bevor die Moderation die Diskussion verschiebt (in den "Programmänderungen"-Thread würde sie wunderbar passen hiermit geschehen:( Wenn ein Solist indisponiert ist, also die von ihm erwarteten Leistungen an einem bestimmten Abend nicht erbringen kann, sollte er seine Teilnahme an diesem Abend absagen. Große Künstler haben dies immer wieder getan. Was sie indes nicht tun sollten, ist, stattdessen auf etwas von ihnen trotz ihrer Indisposition gerade eben noch "Leistbares" auszuweichen. Man hört dann - zugespitzt formuliert - "Für Elise" und "Die Wut über den verlorenen Groschen", obwohl die "Suggestion diabolique" von Prokofiew und die "Fantasia Contrappuntistica" von Busoni angekündigt waren. So etwas finde ich nicht korrekt.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Mein Name fängt zwar auch mit Be an, aber ich heiße definitiv nicht Berenice :D. Vielleicht kann mir trotzdem mal jemand an anderer Stelle erklären, wie man es schafft, bei Zitaten den Namen der Urhebers einzufügen. Ich Trottel habe das nämlich immer noch nicht kapiert :schaem: .


    Zitat

    Wenn ein Solist indisponiert ist, also die von ihm erwarteten Leistungen an einem bestimmten Abend nicht erbringen kann, sollte er seine Teilnahme an diesem Abend absagen. Große Künstler haben dies immer wieder getan. Was sie indes nicht tun sollten, ist, stattdessen auf etwas von ihnen trotz ihrer Disposition gerade noch "Leistbares" auszuweichen. Man hört dann - zugespitzt formuliert - "Für Elise" und "Die Wut über den verlorenen Groschen", obwohl die "Suggestion diabolique" von Prokofiew und die Fantasia contrapunctissima von Busoni angekündigt waren. So etwas finde ich nicht korrekt.

    Diese Auffassung ist mir nicht unverständlich, aber man kann das so oder so sehen: Wenn ich mich darauf gefreut habe, den großen Musiker XY endlich einmal im Leben live hören zu können, bin ich unter Umständen glücklich darüber, dass er überhaupt auftritt und etwas anderes spielt, anstatt komplett abzusagen, um das Konzert dann irgendwann an einem Ternin, den ich beim besten Willen nicht wahrnehmen kann, nachzuholen.

    Herzliche Grüße

    Bernd

  • Mein Name fängt zwar auch mit Be an, aber ich heiße definitiv nicht Berenice :D.

    Hast Recht! Ist jetzt oben in #46 korrigiert :prost:

    ich bin mir sicher, dass viele den immensen Kraft- und Nervenverschleiß, den das solistische Auftreten als Musiker mit sich bringt, massiv unterschätzen. Jemand, der das noch nicht am eigenen Leibe erfahren hat, weiß in der Regel auch nicht, was es bedeutet. Und jetzt kannst du mir gerne entgegnen, dass jemand, der noch nie als Anwalt in einer Gerichstverhandlung aufgetreten ist, auch nicht weiß, was das bedeutet

    An den Beruf des Anwalts habe ich ehrlich gesagt in diesem Zusammenhang gar nicht gedacht. Ich dachte z.B. an den Beruf des Chirurgen, der ohne ausreichenden Schlaf eine 36 Stunden-Notdienstschicht in der Ambulanz oder auf dem Notarztwagen schieben muss. Und weiß, dass jeder kleinste Fehler, den er an der Hand, die er gerade operiert, begeht, diese Hand vielleicht für immer bewegungsunfähig machen kann. Vor solchen Menschen habe ich einen Riesenrespekt. Vor Musikern, die vor Publikum auftreten, aber übrigens auch.

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    (Rammstein)

  • Zitat

    Ich dachte z.B. an den Beruf des Chirurgen, der ohne ausreichenden Schlaf eine 36 Stunden-Notdienstschicht in der Ambulanz oder auf dem Notarztwagen schieben muss. Und weiß, dass jeder kleinste Fehler, den er an der Hand, die er gerade operiert, begeht, diese Hand vielleicht für immer bewegungsunfähig machen kann. Vor solchen Menschen habe ich einen Riesenrespekt.

    Dito, wobei mein Respekt manchmal schon ein wenig dadurch getrübt wird, dass ich mich frage, warum Ärzte diesen systemimmanenten Wahnsinn überhaupt mitmachen, anstatt wie der eine oder andere Musiker dann doch irgendwann die Notbremse zu ziehen. Ich bin sehr gut mit zwei Ärzten befreundet und habe gerade über diese Thematik schon sehr häufig nachgedacht und diskutiert....

    ...aber jetzt bewegen wir uns hier im Thread auf wirklich extrem offtopischen Pfaden..... :hide:

    Herzliche Grüße

    Bernd

  • ...aber jetzt bewegen wir uns hier im Thread auf wirklich extrem offtopischen Pfaden..... :hide:

    Ich weiß - möge die Moderation daraus machen, was immer sie will. Ich fand die Diskussion trotzdem spannend!

    Ebenfalls herzliche Grüße an Dich!

    «Denn Du bist, was Du isst»
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  • Zitat

    Und deshalb ist es, wenn ein Musiker spürt, dass er an diesem Abend eine bestimmte Leistung nicht abrufen kann, vielleicht nicht so falsch, wenn er stattdessen auf ein leistbares Programm ausweicht, anstatt sich fröhlich zu blamieren. Künstler sind nun mal keine Maschinen, bei denen immer alles geht.

    Nun, als selbst auftretender Musiker, der sich auch gerne in den Konzertsaal setzt um einfach nur den Kollegen zuzuhören, sehe dieses Problem ganz nüchtern. Trete ich auf, muss ich mich dem Programm fügen, das ist dann mein "Job". Im Jazz ist das genau so anstregend wie in der Klassik. Die Leute kommen in der Klassik wegen eines bestimmten Programmes. Bekomme ich das nicht geboten, bin ich - zu Recht - enttäuscht. Wenn ich etwas Seltenes zu hören bekommen soll, um am Ende doch wieder den gleichen "Schmarrn" zu hören, hätte ich mir das Geld auch sparen können. Das mag jetzt ziemlich hart klingen, aber so ist es nun mal.

    Ist der Solist "indisponiert", muss ich sagen, dann ist er gesundheitlich gesehen krank, dann soll man absagen, auch wenn das auch keine Befriedigung ist. Aber einfach zu sagen, ich kann Stück x oder y nicht spielen oder das entspricht nicht meiner Stimmung, dann ist das in meinen Augen einfach höchst unprofessionell. Das kann sich kein Hobbymusiker erlauben, das würde sich nicht mal ein Laienorchester wagen. Nee, so gehts nicht. Dann darf ich keine Verträge abschließen über einen solchen Zeitraum.

    Und jetzt kommt aber die Seite des Musikers, der natürlich auch eine Meinung dazu hat. Ab einem gewissen Level kann man bestimmte Leistungen abrufen, auch wenn es dann keine "Sternstunde" werden kann, aber eine gewisse Qualität ist dann vorhanden.

    Man kennt ja die Tücken seines Programmes, und man kennt das Risiko dabei. Es ist, gerade bei den Stücken, die einem weniger liegen, besonders nervenaufreibend. Als Solist kommt da noch viel mehr dazu, denn es ist eine große physische und psychische Belastung, vor allem dann, wenn vielleicht bestimmte Leute im Publikum sind. Ich bewundere Kollegen (ich sage bewusst Kollegen,denn genau das sind sie ja auch), die das über so lange Zeit können.

    Deshalb habe ich, auch wenn man sich über manche Künstler vielleicht mal ärgert, vor den Musikern allergrößten Respekt, sich an vielen Abenden so etwas anzutun. Zu was das führen kann, kennt man zu genüge: Alkohol, Drogen, Depressionen, usw....Und gewisse Allüren, die man aber nicht immer wirklich nachvollziehen kann.....

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Heikles Thema. Hat auch mit den Erwartungen zu tun: wenn ich finde, daß das angekündigte Programm auf jeden Fall gespielt werden sollte, muß ich auch zugestehen, daß u.U. eine nicht ganz so inspirierte Interpretation zustandekommt.
    Wenn ich das als Künstler nicht will - eine unter meinen Möglichkeiten liegende Aufführung - habe ich ein Problem. "Sternstunden" zustandsunabhängig "abliefern" zu können, ist nur sehr wenigen gegeben.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Dann darf ich keine Verträge abschließen über einen solchen Zeitraum.

    Im Vertrag steht sicher, daß das Programm kurzfristig geändert werden darf. Musiker haben auch Anwälte.

    Wenn ich etwas Seltenes zu hören bekommen soll, um am Ende doch wieder den gleichen "Schmarrn" zu hören, hätte ich mir das Geld auch sparen können.

    Schumanns Symphonische Etüden als Schmarrn zu bezeichnen, geht mir etwas zu weit.

    Ab einem gewissen Level kann man bestimmte Leistungen abrufen, auch wenn es dann keine "Sternstunde" werden kann, aber eine geawisse Qualität ist dann vorhanden.

    Gerade ist man "ab einem gewissen Level" mit dieser "gewissen Qualität" eben selber nicht zufrieden.
    Die Situation ist für keinen der Beteiligten einfach. Der Künstler kann nicht ohne weiteres absagen, ohne Verluste zu befürchten (unabhängig von der entschwundenen Gage), wenn er nich erkrankt oder sonst verhindert ist. Programmänderungen sind wohl laut Vertrag zugelassen. Und wenn im geänderten Programm nicht eben einfaches Blabla sondern die Symphonischen Etüden gibt, kann man nicht von Niveauabfall sprechen.
    Klar sind die Zuschauer, die für Skrjabin bezahlt haben, enttäuscht bis wütend. Hätten sie einen lauwarmen Skrjabin erlebt, wär es den Groupies wohl egal gewesen, den Liebhabern aber nicht.

    Hätte im Konzert, das ich vor kurzem erlebt habe, Andrew Staples das Einsehen gehabt, Heidenröslein statt Du bist die Ruh' zu singen, wäre ich sicher enttäuscht gewesen. Da er es nicht getan hat und Du bist die Ruh' massakriert hat, hat er sich meine Gunst verscherzt (was ihm ziemlich egal sein soll).

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Zitat

    Ich weiß, dass der schöne Beisatz "Programmänderungen vorbehalten" gerne und auch regelmäßig in solchen Verträgen steht. Es steht auch in der Regel in den Konzertprogrammen drin. Doch dann von Skriabin zu Chopin zu springen, finde ich, bei aller Wertschätzung für den Komponisten Chopin, einfach vom Zuhörer aus gesehen nicht gerecht.

    Wenn Du mein Posting richtig verstanden hast, wirst Du auch mein Wort "Schmarrn" richtig einzuschätzen wissen. Wenn nicht, soll das Dein Problem sein, nicht meines.

    Das Thema kann sicher die Meinungen spalten, aber die Musiker spielen nun mal für die Zuhörer und nicht nur für sich selbst. Das sollten auch die Künstler im Kopf haben, die gerne Programme ändern. Dann sollte man generell auf eine Vorankündigung eines Programmes verzichten, dann kann sich niemand beschweren.

    Ich stelle mal folgendes Szenario vor :

    In einer Saison finden z.B. drei Klavierabende statt mit drei Pianisten aus der "Premiumklasse". Jeder Künstler entscheidet sich, warum auch immer, zu einer Programmänderung. Rein zufällig spielen dann alle drei Pianisten das gleiche Programm. Mit Sicherheit ist eine bestimmt Anzahl der Zuhörer an allen Abenden anwesend. Muss das sein? Wie fühlt sich dann der Zuhörer?

    Ein Konzert-Veranstalter versucht ja, ein abwechslungsreiches Programm anzubieten, also sucht er sich bestimmte "Künsterangebote" der Agenturen heraus. Und gerade die Künstler, die sich auch mal an seltene Werke wagen, werden genau deshalb ausgewählt, bringen dann aber doch wieder "nur" Standardtitel im Gepäck mit. Das würde ich im Grunde als "Verarschung" bezeichnen. Das mag einige Leute hier irritieren, aber es muss eine gewisse Sicherheit herrschen, dass man sein Publikum mit dem bedient, was man auch mal im Vertrag unterschrieben hat.

    In jeder anderen Situation außerhalb des "Kunstgewerbes" würde man sich auch auf Verträge berufen, warum HIER nicht auch?

    Um wieder im musikalischen Rahmen zu bleiben: Wenn ich eine Dixie-Band verpflichte, will ich auch keinen Free Jazz am Ende präsentiert bekommen.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ich könnte mir denken, der Konzertbesucher, der statt des Programms U ein Programm X vorgesetzt bekommt, kommt sich so ähnlich vor, wie ein Forenbenutzer, der einen Thread mit der Überschrift "Grieg, Edvard: Konzert für Klavier und Orchester a-moll op.16" aufruft und dann plötzlich etwas von Künstlerverträgen und Schumann statt Skrjabin liest. Der eine mag's und beteiligt sich vielleicht aktiv an der unerwarteten Programmgestaltung, der andere fragt sich, ob solche Überschriften eigentlich nur ein Vorwand dafür sind, irgendetwas zu schreiben, was man immer mal loswerden wollte, der Dritte überlegt vielleicht, ob man vielleicht doch wieder die Kurve zum Thema griegt.

  • Zitat

    Ich könnte mir denken, der Konzertbesucher, der statt des Programms U ein Programm X vorgesetzt bekommt, kommt sich so ähnlich vor, wie ein Forenbenutzer, der einen Thread mit der Überschrift "Grieg, Edvard: Konzert für Klavier und Orchester a-moll op.16" aufruft und dann plötzlich etwas von Künstlerverträgen und Schumann statt Skrjabin liest.

    Hättest Du genauer gelesen, wäre Dir vielleicht aufgefallen, dass bereits der Hinweis an die Mods gegangen ist, entsprechend die threadfremden Beiträge in den entsprechenden Thread umzugruppieren. Das wurde auch auf der anderen Seite gepostet. :D

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Danke an AlexanderK für das Verschieben!

    Und an uliwer: Du wirst bei längerer Forumszugehörigkeit vielleicht auch noch die Erfahrung machen, dass sich aus der Diskussion zu einem bestimmten Thema eine OT-Diskussion zu einem anderen Thema entwickeln kann. Unsere Moderation verschiebt dann diese OT-Diskussion, sofern sie zu den Kernthemen unseres Forums gehört (also wenn es um Musik und nicht z.B. um Politik geht), dorthin, wo sie passt, also in einen bereits bestehenden Thread, oder es wird ein neuer Thread von der Moderation eröffnet. Lediglich dann, wenn es um forumsfremde Themen geht, wird gelöscht. Zum Glück würgt unsere Moderation eine zu den Forumsthemen passende OT-Diskussion nicht sofort ab, sondern lässt sie laufen, um dann später zu verschieben. Dafür gebührt ihr Dank.

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    (Rammstein)

  • Wie ist das eigentlich formal-rechtlich - ich kaufe eine Eintrittskarte für ein Konzert, in dem (1) Künstler A das Progamm 1 spielen soll. Nun wird etwas geändert, da gibt es folgende Fälle:

    (2) Künstler A spielt Programm 2
    (3) Künstler B spielt Programm 1
    (4) Künstler B spielt Programm 2

    Identisch sind Datum und Veranstaltungsort.

    Bei welchen Änderungen muß der Veranstalter meine Eintrittskart zurücknehmen und den Preis erstatten?

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • In keinem dieser 3 Fälle. Der Veranstalter muss - so jedenfalls die üblichen AGB-Regelungen - nur dann den Eintrittspreis zurückerstatten, wenn die Veranstaltung ausfällt oder auf einen anderen Termin verlegt wird. Der Einspringer (in Deinem Beispiel Künstler B) mag zwar ein Totalausfall sein, aber die Veranstaltung fällt deswegen nicht aus.

    Programmänderungen oder Umbesetzungen berechtigen nicht zur Kartenrückgabe. So heißt es z.B. in den AGB der Berliner Philharmoniker ("http://www.berliner-philharmoniker.de/agb/"):

    Zitat

    4.3 Umtausch und Rücknahme von Karten
    Es besteht kein Anspruch auf Rücknahme und Umtausch der Karten. Änderungen des Programms sowie Umbesetzungen begründen ebenfalls kein Umtausch- und Rücknahmerecht.


    In den AGB der Bayreuther Festspiele ("https://ticketshop.bayreuther-festspiele.de/de/agb") heißt es:

    Zitat

    9.2. Besetzungsänderungen und sonstige Änderungen des Aufführungsablaufs berechtigen nicht zur Rückgabe von Eintrittskarten.

    9.3. Bei Aufführungsabbruch wird das Eintrittsgeld nur dann erstattet, wenn zum Zeitpunkt des Abbruchs weniger als die Hälfte der Aufführung gezeigt war.

    Die letztgenannte Regelung definiert den "Ausfall" einer Veranstaltung näher - es ist also kein Ausfall der Veranstaltung, wenn der Parsifal ab der Hälfte der Oper nur noch krächzt, kein Ersatz zur Verfügung steht und deswegen alle nach Hause gehen müssen. Auch dann gibt's kein Geld zurück.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • (3) Künstler B spielt Programm 1


    Diesen Fall werde ich nächsten Samstag erleben: Die Heidelberger Sinfoniker werden nicht mit ihrem Chefdirigenten Thomas Fey auftreten (schade, darauf hatte ich mich gefreut!), denn der ist erkrankt, sondern mit dem mir unbekannten Timo Jouko Herrmann. Verständlicherweise wollte man das Konzert nicht absagen.

    Ich glaube kaum, daß ich einen Rechtsanspruch auf Rückerstattung habe.

    So etwas passiert natürlich öfter mal. Ich habe es auch mal erlebt, daß wegen kurzfristigen Austausch des Dirigenten eine Nielsen-Symphonie durch eine Brahms-Symphonie ersetzt wurde. Auch hier: Nix zu machen, nehme ich an.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • So um 1988 sind meine Freunde und ich mal nach Nürnberg gefahren, um dort Gary Graffman mit dem Korngold-Konzert zu hören.
    Als wir ankamen, stellten wir zu unserer Bestürzung fest, daß der Dirigent abgesagt hatte und sein Einspringer auf die schnelle den Korngold nicht machen wollte.
    Also wurde das Ravel- Konzert für die linke Hand gegeben.

    Allerdings sind wir zu Graffman wegen Autogrammen gegangen, und der ebenfalls anwesende Intendant bekam dadurch mit, daß wir wegen Korngold angereist waren.
    Und wir bekamen alle später Entschuldigungsschreiben sowie einige tolle LPs als Geschenk.
    Das fand ich schon sehr zuvorkommend.

  • Danke für die Antworten. Wobei dies zumindest im Fall (4) (anderer Künstler und anderes Programm) doch etwas mit meinem Rechtsempfinden kollidiert, und es mich auch stört, daß die "Identität" der Veranstaltung dann nur in Datum/Veranstaltungsort besteht. Entspricht also dem Verhältnis zur Musik, bei dem man sagt "heute abend gehen wir mal ins Konzert, was gibt es denn?"

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Dass ein kurzfristiger Einspringer (in Deinem Beispiel Künstler B) nicht stets das angekündigte Programm (in Deinem Beispiel Programm A) übernimmt, sondern moderat abwandelt, kann ich völlig verstehen. Ich hatte weiter oben schon mal etwas dazu geschrieben (dort äußerte ich die Meinung, dass ich natürlich nicht eine konzertante "Gräfin Mariza" anstelle der angekündigten Achten von Bruckner hören möchte, während aber Bruckners Siebte als Ersatzprogramm okay ist). Nicht jeder Pianist und jeder Dirigent hat natürlich alles - und sei das Stück noch so exotisch - konzertreif "drauf". Weniger Verständnis habe ich dafür, wenn der angekündigte Künstler A zwar auftritt, aber dann was ganz anderes als das angekündigte Programm A spielt. Auch hierbei gibt es zwar verständliche Ausnahmen. Roshdestwenskij konnte seinerzeit in Hamburg nicht das angekündigte Ballett "Peer Gynt" von Alfred Schnittke uraufführen, weil es (infolge eines Schlaganfalls des Komponisten) noch gar nicht fertig war. Er dirigierte also Prokofiew, Schostakowitsch und einen bereits fertigen Teil des Schnittke-Werks (nämlich den Epilog). Das versteht jeder. Bei den oben diskutierten anderen Fällen (Nelson Freire, Olga Scheps) stößt es für mich aber an Akzeptanzgrenzen. Von daher finde ich persönlich - anders als Du, lieber zabki - den Fall "Künstler A spielt Programm B" eigentlich schlimmer als den Fall "Künstler B spielt Programm B".

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Die letztgenannte Regelung definiert den "Ausfall" einer Veranstaltung näher - es ist also kein Ausfall der Veranstaltung, wenn der Parsifal ab der Hälfte der Oper nur noch krächzt, kein Ersatz zur Verfügung steht und deswegen alle nach Hause gehen müssen. Auch dann gibt's kein Geld zurück.

    Glücklicherweise gibt es auch Kulanzfälle. Im letzten Jahr hatten wir in Lübeck eine Aufführung der "Toten Stadt" besucht. Der Sänger der Hauptrolle war offenbar indisponiert, konnte den 2. Aufzug gerade noch durchstehen, mußte jedoch nach der Pause aufgeben, so das wir notgedrungen nach Hause gehen mußten. Ich hatte diesen Vorfall in einem anderen Forum beschrieben, und die neue Intendantin hatte offenbar dort mitgelesen. Ich erhielt also über einen Umweg eine Mail, in welcher sie mir anbot, uns einen Gutschein in Höhe des Kartenpreises zu geben. Den habe ich dann bei einer anderen Veranstaltung eingelöst. Ich fand das eine noble Geste, glaube aber das gibt es nur an den kleineren Bühnen. Jedenfalls hat mir das das Lübecker Theater noch sympathischer gemacht.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

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