Die Klarinette
Das Zitat kommt aus dem Oboen-Thread, und ich wollte meine Antwort auch dort schreiben, habe mir aber gedacht, ich eröffne einen neuen, wo es speziell um die Klarinette gehen soll.
Um ihre Geschichte, um unterschiedliche Bauweisen, um Spieltechniken, um als interessierter Laie (wie ich einer bin) Klarinettisten Fragen stellen zu können etc. etc.
Ja, so ist es. Auf einem Kompositionsworkshop vor einem Jahr habe ich den Klarinettisten, der B und A dabei hatte, mal gebeten, mir denselben Ton auf beiden Klarinetten vorzuspielen - für mich klangen sie identisch. Er meinte dann auch, dass der Unterschied früher viel größer gewesen sei, aber dass die Instrumente heute einfach so professionell hergestellt werden, das wirklich nur noch aufgrund von Vorzeichen geschaut wird, welche Klarinette wo genommen wird.
Das würd mich aber auch sehr interessieren, ob der Unterschied früher, also vor 100 Jahren und davor, deutlicher war!
Der tolle Vienna Symphonic Library Instrumentenkunde-Bereich schreibt den unterschiedlichen Klarinetten diese Klangeigenschaften zu:
B-Klarinette: leuchtend, glanzvoll, füllig, durchsichtig
A-Klarinette: im Vergleich zur B-Klarinette zurückhaltender und sanfter
C-Klarinette: Heller, kälter und härter, „frecher“ als die anderen beiden Klarinetten. Im Orchester wurde sie eingesetzt, um ländliche Stimmungen zu beschwören. (heute selten eingesetzt, z.B. im „Hexensabbat“ in Hector Berlioz’ Symphonie fantastique)
Vielleicht stimmt das auch:
Ich habe mir zwei meiner Partituren (Hänsel und Gretel, Der Freischütz) angesehen, um zu sehen, wie die jeweilgen Komponisten diese beiden Klarinetten einsetzen, und daraus vielleicht Schlüsse zu ziehen über den Klang der Instrumente in früherer Zeit. Beide Opern wurden im gleichen Jahrhundert geschrieben. Humperdinck verwendet hauptsächlich die B-Klarinette, allerdings wechselt er manchmal zur A; auffälligerweise meistens dann, wenn die Musik ruhiger und "besinnlicher" wird, wie z.B. beim Auftrittslied des Sandmännchens, wo gedämpfte tremolierende Streicher und eine Harfe eine sehr intime Stimmung erzeugen.
Im Freischütz verwendet Weber fast nur "2 Clarinetti in B" bis auf vier Nummern:
"Schweig, damit dich niemand warnt" - hier fällt auf, dass der Komponist die A-Klarinette meistens nur an den leisen Stellen einsetzt (besonders an der Stelle "Umgebt ihn ihr Geister, wo sie in der tiefen Lage dunkel und bedrohlich immer wieder anschwellen), während die lauten Stellen meistens von den Hörnern und Streichern übernommen werden.
"Schelm halt fest" - Eine ruhige, "leise" Nummer, hauptsächlich von den Streichern getragen, während die A-Klarinetten selten spielen, meistens lang anhaltende pianissimo-Liegetöne, oder im Unisono mit Ännchens Gesang. Als das beim Scherzando plötzlich im mezzoforte weitergeht, pausiert sie viele Takte lang, und macht erst wieder mit, wenn es ruhiger wird.
"Agathenarie" - Zwei Clarinetti in A (und zwei Fagotte) eröffnen die berühmte Agathenarie im pianissimo.
Wolfsschluchtszene - Auch hier meistens bei den ruhigeren Stellen eingesetzt, selten im fortissimo tätig. (vielleicht klangen A-Klarinetten im fortissimo expressiver, durchdringender?)
Es sieht also so aus, als hätten die unterschiedlichen Klarinetten früher tatsächlich anders geklungen. Weil dass die A-Klarinette so auffällig an ruhigeren, leiseren, besinnlicheren, wärmeren Stellen eingesetzt wird kann kein Zufall sein, meine ich.