Gustav Mahler: Symphonie Nr. 2 c-Moll "Auferstehung"

  • aus "eben gehört":

    und was da verkündigt wird ist ein ganz christlicher Auferstehungsgedanke, mit Gott und Erlösung, der Gewissheit, dass im Jenseits bei Gott alles gut wird. Und damit wäre der letzte Satz dieser Symphonie wenn schon keine Kirchenmusik, so doch ein ausgesprochen christlich-religiöses Stück.

    mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass in Mahlers Spezial-Katholizismus (oder wie man das nennen will) die zentrale Gestalt des Christentums irgendwie keine Rolle spielt - weder im Urlicht noch im Auferstehungsfinale überhaupt vorkommt. Da gibt es die Einzelseele ("Ich" im Urlicht, "Du" (("mein Herz")) im Finale), das Engelein im Urlicht, dass auch noch die zweifelhafte Rolle zugewiesen bekommt, das "ich" "abzuweisen", und Gott. Ich finde das faszinierend.

    Es ist halt eine eher pantheistische als streng christliche Vorstellung von der Auferstehung, die hier vermittelt wird. Festzuhalten ist m. E. aber, dass diese Vorstellung in dem Stück letztlich nicht "gebrochen", also in Zweifel gezogen wird - da bin ich ganz bei Cherubino. Man könnte es auch so formulieren: wenn es Zweifel gibt, wie sie im "Urlicht" oder in Teilen des Finales durchschimmern, dann werden diese spätestens in dem gigantischen Schluss weggewischt.

    ja, das mit der "eher pantheistischen Vorstellung" habe ich früher auch so gehört... Jetzt kommen mir Zweifel: die "größte Pein", in der der Mensch "liegt", das abweisende Engelein... "ich bin von Gott und will wieder zu Gott", das baut doch eher eine große Distanz zwischen "Welt" und "Gott" auf - und die Seele gehört zu letzterem, erhofft sich ein "Lichtlein" für den Weg bis in das "ewig Leben", wiederum keine pantheistische Vorstellung, weil es ja scheints nicht Diesseits, sondern bei "Gott" verortet wird, während man in der Welt ein "Lichtlein" braucht - es scheint recht dunkel zuzugehen. Und da findet dann ganz organisch auch wieder die Mahlersche "Gebrochenheit" ihren Platz, aber nicht im Verhältnis zum Glauben, sondern zur Welt.

    Als einen Reflex davon, dass tatsächlich im Verhältnis von Seele, Welt und Gott NICHTS geschieht, mag man ansehen, dass es keinen echten Tonarten-Wechsel gibt: es endet einfach in der Paralleltonart.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • m.E. nicht pantheistisch, sondern allgemeint theistisch. Das Judentum der Zeit Christi glaubte auch schon an die leiblliche Auferstehung (jedenfalls der Mainstream und die wesentlichen Sekten, mit Ausnahme der Sadduzäer) und entsprechend gedeutete Passagen gibt es im AT. Ebenso der Islam.

    Klopstocks Gedicht ist christlich (Jesus wird in einer späteren Strophe genannt) und diente lange als protestantisches Kirchenlied, s.u. Ich vermute mal, dass Mahler die Auswahl bewusst so getroffen hat, dass es nicht so explizit christlich wirkt. So ähnlich auch bei "Urlicht". Das ist ja auch "kompatibel"; aus christlicher Sicht ist halt klar, wer das Licht vom Licht, das zum ewigen Leben führt ist, aber der Text wäre eben auch allgemeiner deutbar. Aufgrund der Bekanntheit des Klopstock-Lieds noch in Mahlers Zeit wird für viele Hörer der christliche Kontext bestanden haben, aber die Beschränkung auf die allgemeiner deutbaren Passagen passt auch gut zur weniger konfessionellen Religiosität.

    Auferstehn, ja auferstehn wirst du – Wikipedia

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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