Beethoven: Symphonie Nr. 7 in A-Dur, op. 92 - Werk und Aufnahmen

  • Gemäß dem oben zitierten Beitrag ist es doch eine von Beethoven selbst gebilligte Variante, zwei Kontrafagotte zuzufügen und einen relativ großen Klangapparat zu verwenden. Wieso wird es dann als "willkürlicher" Eingriff in die Instrumentation gewertet, wenn ein Dirigent es tatsächlich so macht, wie Beethoven es befürwortet (oder zumindest akzeptiert) hat

    ... gebilligt/akzeptiert ja, aber es ist anscheinend nicht bekannt, in welcher Situation und in welchem Sinne - z.B. als Notlösung?

    Die Partitur sieht neben den Celli nur "Bassi" vor. Was das im einzelnen ist, ist historically informend nicht vorgeschrieben.

    gibt es weitere Belege für die reguläre Besetzung der Bassi mit Kontrafagott?

    Mich irritiert die bekannte Verwendung des KFg für Sondereffekte wie im Fidelio, wo ja Basso+KFg unisono notiert ist. Das würde doch seinen Sinn verlieren, wenn KFg die ganze Zeit schon sowieso dabei gewesen wäre bzw. hätte sein können.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • ... gebilligt/akzeptiert ja, aber es ist anscheinend nicht bekannt, in welcher Situation und in welchem Sinne - z.B. als Notlösung?


    Worin hätte die Not denn in diesem Fall bestehen können? Doch wohl nur in der Herausforderung, einen relativ großen Raum klanglich füllen zu müssen. Das entspräche aber recht genau der heutigen Herausforderung, einen großen modernen Konzertsaal zu bespielen. Insofern macht es vollkommen Sinn, die von Beethoven gebilligte Variante für Liveaufführungen im großen Konzertsaal zu wählen.

    Ich würde dies zumindest als "historisch informiert" im wörtlichen Sinne werten. Historisch weniger informiert wäre es hingegen, unabhängig von Raumgrößen mit dem stets gleich mittelgroß bis klein besetzten Orchester zu spielen. Oder bei Gershwin ohne Streichervibrato zu spielen. Oder bei Mahler ohne Streichervibrato und ohne portamento zu spielen. Ist alles schon vorgekommen.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Oder bei Mahler ohne Streichervibrato und ohne portamento zu spielen. Ist alles schon vorgekommen.

    ... und wurde bei Ravel auch schon als "historisch korrekt" verkauft ... was sich aber als Darstellung alternativer Fakten herausstellte.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Worin hätte die Not denn in diesem Fall bestehen können? Doch wohl nur in der Herausforderung, einen relativ großen Raum klanglich füllen zu müssen

    ... und zu diesem Zweck doch zufälligerweise keine Kb zur Verfügung gehabt zu haben.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Es besteht nicht unbedingt ein Widerspruch zwischen Kontrafagott für Spezialeffekte (alla marcia im Finale der 9.) oder als Bassinstrument in reinen "Harmonie"-Passagen und dem allgemeinen Einsatz als generelle Bassverstärkung, wobei durch das knarzende Timbre evtl. der Bass auch besser herauskommt als (wie von mir oben vorgeschlagen) zwei weiteren Streichbässen.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich bin in einem der Konzerte dabeigewesen - das mit den Kontrafagotten ist mir auch aufgefallen. Rausgehört habe ich sie nicht (auch nicht eine etwaige "knarzigere" Abmischung des Klangs), aber die Basslinie schien mir in der Aufführung schon sehr präsent zu sein.

    Es gibt ja mindestens eine Stelle in der Siebten, in der die Bässe gut Verstärkung gebrauchen können: in der Coda des Finales, wenn erst Bässe, dann Bässe und Celli mit einem ostinaten Motiv aus zwei Viertelnoten am letzten großen Crescendo teilnehmen und selbst beim letzten triumphalen Fortissimo-Erscheinen des Hauptthemas (ab T. 405) daran festhalten - spätestens hier geht der Bass häufig ziemlich unter.

    Meine "Lieblings"-Problemstelle bei Beethoven in dieser Hinsicht ist allerdings der Reprisenbeginn im Kopfsatz der Achten: wenn Bässe, Celli und Fagotte das Hauptthema gegen die fff-Akkorde im Rest des Orchesters durchsetzen müssen - und dabei nur hörbar sind, wenn ebendieser Rest des Orchesters das fff nur andeutet oder sofort zurücknimmt (auch bei kleinerer Besetzung).


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Es besteht nicht unbedingt ein Widerspruch zwischen Kontrafagott für Spezialeffekte (alla marcia im Finale der 9.) oder als Bassinstrument in reinen "Harmonie"-Passagen und dem allgemeinen Einsatz als generelle Bassverstärkung,

    Beim IX.-Finale ist das KFg Bass einer "Harmoniemusik", Streicher spielen (zunächst mal) gar nicht - richtig, da besteht kein Widerspruch zur "generelle Bassverstärkung". Beim Fidelio im Grabesduett sehe ich aber doch einen gewissen Widerspruch, denn hier hätte Beethoven (offensichtlich als Sondereffekt intendiert) etwas notiert, was gleichzeitig "normaler" Bestandteil der Aufführungspraxis gewesen sein soll.

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  • „Bei meinem letzten Konzert im grossen Redoutensaal spielten 18 erste Violinen, 18 zweite Violinen, 14 Bratschen, 12 Cellos, 7 Kontrabässe und 2 Kontrafagotte.“


    also, diese Notiz Beethovens bezieht sich auf ein Konzert am 27.2.1814, in dem die VII. und VIII. Sinfonie sowie Wellingtons Sieg aufgeführt wurden. Es ist also überhaupt nicht klar, wo die KFg eingesetzt wurden, und die Schlussfolgerung, Beethoven habe KFg für die VII. akzeptiert, war voreilig. M.E. könnten die KFg auch nur bei Wellingtons Sieg mitgespielt haben, wo Sie zweifellos gut hinpassen.


    Ein anderer Punkt, der in diesem Zusammenhang wohl zu bedenken wäre , ist folgendes:

    Zitat

    Ein für den Orchesterklang wichtiger Aspekt ist der Einsatz des Kontrafagotts. In der Leonore von 1806 verwendet Beethoven das Kontrafagott in acht Nummern. Alle bisherigen Ausgaben des Fidelio bringen das Instrument in drei Nummern. Tatsächlich hat Beethoven 1814 die besondere Klangfarbe des Kontrafagotts aber nur noch in einer einzigen Nummer eingesetzt: im „Grabe-Duett" von Rocco und Leonore im II. Akt.


    http://www.takte-online.de/musiktheater/d…f752d89b5d1ac5d

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  • zabki: Keine Ahnung, ob man beim Fidelio davon ausgegangen ist, ob das Kontrafagott, obwohl es nicht angegeben ist, sonst oder jedenfalls bei den groß besetzen Nummern den Bass mitspielt. Soweit ich sehe, ist es nur im Duett angeführt, braucht aber einen eigenen Spieler, da beide Fagotte auch spielen. Die Posaunen sind anscheinend auch nur in Ouverture, Pizarro-Arie und Kerkerduett besetzt, Piccolo nur im Marsch vor Pizarros Arie und im Finale des 2. Aktes.
    Ich habe natürlich nur so eine Könemann-Billigpartitur, aber in welchen beiden anderen Nummern käme noch das Kfagott vor?

    In der Reprise der 8. halte ich das nach wie vor für einen "Gag" nicht für eine (da zu offensichtliche) Fehlkalkulation. Sozusagen eine Variante des "falschen" Einsatzes wie im Eroica-Kopfsatz. M.E. soll man das wiederkehrende Hauptthema hier nur erahnen.
    Es haben aber meiner Erinnerung nach Dirigenten wie Toscanini in dieser Passage sogar die Celli mit Hörnern? verstärkt, damit das Hauptthema besser herauskommt.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • aber in welchen beiden anderen Nummern käme noch das Kfagott vor?

    außer in der Kerkerszene ist es noch im 1. Akt Nr. 6 Marsch vorgeschrieben, in meiner Peters-Part. dort ohne eigenes System mit Vc und Kb zusammen. Da passt es jedenfalls auch gut hin. Eine 3. Stelle habe ich bisher auch noch nicht gefunden.

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  • Es gibt von Beethovens Sinfonie Nr. 7 eine Bearbeitung für Bläser-Nonett (9-stimmige Harmoniemusik) aus dem Jahr 1816 in der Besetzung mit 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Hörnern, 2 Fagotte und 1 Kontrafagott. Nicht ganz klar ist, ob diese Bearbeitung von Beethoven selbst stammt. In der ersten Ausgabe des Werks aus dem Jahr 1816 waren jedenfalls sieben verschiedene Bearbeitungen beigefügt u. a. die Harmoniemusik-Version. Der Herausgeber S. A. Steiner behauptete, dass Beethoven diese Bearbeitungen persönlich überwacht haben soll.

    In der Aufnahme des Octophoros-Ensembles kommt das Kontrafagott sehr gut zur Geltung: https://www.youtube.com/watch?v=6n6MrXDPBjs (AD: August 1984, Sint Gilliskerk, Brügge).

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • gibt es weitere Belege für die reguläre Besetzung der Bassi mit Kontrafagott?

    Mich irritiert die bekannte Verwendung des KFg für Sondereffekte wie im Fidelio, wo ja Basso+KFg unisono notiert ist. Das würde doch seinen Sinn verlieren, wenn KFg die ganze Zeit schon sowieso dabei gewesen wäre bzw. hätte sein können.

    Beim Fidelio im Grabesduett sehe ich aber doch einen gewissen Widerspruch, denn hier hätte Beethoven (offensichtlich als Sondereffekt intendiert) etwas notiert, was gleichzeitig "normaler" Bestandteil der Aufführungspraxis gewesen sein soll.


    Ist es nicht ein Unterschied, ob etwas intendiert ist (Fidelio), es also obligat ist, oder ob die Verwendung "nur" ad lib. geschieht? Wenn's dabei sein kann oder auch nicht, und ich möchte aber, daß es dabei ist, dann würd' ich's auch explizit notieren...

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Ist es nicht ein Unterschied, ob etwas intendiert ist (Fidelio), es also obligat ist, oder ob die Verwendung "nur" ad lib. geschieht? Wenn's dabei sein kann oder auch nicht, und ich möchte aber, daß es dabei ist, dann würd' ich's auch explizit notieren...

    sicher, aber es geht im Fidelio doch offensichtlich um ein ganz spezifisches Kolorit, welches nivelliert würde, müßte der Komponist damit rechnen, dass mit einer ad-lib.-Lizenz derselbe Effekt auch an wer weiß welchen Stellen sonst noch auftreten kann.

    Die in dem Zitat oben geschilderte Reduktion der Stellen mit KFg von acht auf eine kann man doch so verstehen, dass Beethoven dieses "Kolorit" quasi "immer besonderer" hat einsetzen wollen.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Octophoros-Ensembles kommt das Kontrafagott sehr gut zur Geltung

    Danke! Auf die wollte ich auch hinweisen, aber Du warst dankenswerter schneller als ich's zur Zeit bin.

    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Beethoven 7. Finale

    Dieser und der nachfolgende Beitrag wurde aus "Eben gehört" hierher kopiert. Weitere Diskussionen zu diesem Thema können dann hier geführt werden.
    Lionel - Für die Moderation -

    [nur in die Hörschnipsel der Vänskä-Beethoven-Box hineingehört. Wenn gewünscht, können wir über folgendes auch im Spezialthread weiterdiskutieren. Vorläufig mal soviel:]

    Aus obiger Box nochmal:

    Ludwig van Beethoven: Sinfonien
    Nr. 2 D-Dur Op. 36
    Nr. 7 A-Dur Op. 92
    Osmo Vänskä, Minnesota Orchestra

    Besonders hatte mich nochmal die Siebte interessiert, von der ich meinte, neulich beim ersten Hören nicht ganz zufrieden gewesen zu sein. Ich kann jetzt nur sagen, dass ich sie sehr gut finde. Ich weiss aber, was mich gestört hatte: Es irritiert(e) mich etwas die Betonung eines häufig vorkommenden Dreitonmotivs im Finale. Erstmals im 8. Takt, die Noten (cis''--a'')--a'' (Klammern für Bindung) in den 1. Violinen, das zweite a im sf (Notenwerte: pkt. Achtel--Sechzehntel--Viertel (verlängert in den nächsten Takt)). Ich muss das bezeiten nochmal mit Karajan und Bernstein vergleichen. Aber egal, es hört sich "auch so" gut an. --- Aufgrund der Partitur würde ich auch sagen, dass es wohl so sein muss. Habe das anders in Erinnerung, muss das aber, wie gesagt, nochmal überprüfen, ob es dort wirklich anders ist.

    Nachtrag: Bei Karajan (BPO, DG 1983) ist es so viel anders nicht ?( , es wirkt (auf mich) aber etwas anders: Bei Vänskä ist die punktierte Achtel eine Winzigkeit länger, bei Karajan klingt alles etwas schwammiger. Merkwürdig... :spock1:

    Vänskä und Karajan sind allerdings in Detail schon ziemlich konträr.
    Zunächst einmal bringt Vänskä alles rhythmisch auf den Punkt, was dadurch erleichtert wird, dass er nicht schneller als Beethovens Metronomangabe spielt (im Gegensatz zu Karajan). So sind die (von Maticus nicht gemeinten, aber auch interessanten) Punktierungen kurz vor Ende des Hörschnipsels exakt gespielt, ganz im Gegensatz zu Karajan, bei dem diese ausgesprochen schludrig beginnen - das erste Sechzehntel nach der ersten Punktierung hört man sogar doppelt, so auseinander ist hier das Orchester, das sich im weiteren Verlauf gerade mal auf eine triolische Ausführung einpendeln kann. Das ist ungenügend, sorry. Deutlich zu hören wenn man diesem Link folgt:

    Back to the roots.

    (Anderes Cover, wie silberne Sonnenstrahlen)

    Ludwig van Beethoven: Sinfonien
    Nr. 4 B-Dur Op. 60
    Nr. 7 A-Dur Op. 92
    Herbert von Karajan, Berliner Philharmoniker
    (rec. 1983)

    Immer noch nicht schlecht...

    Was bei Vänskä dagegen dem Notentext nicht ganz entspricht, ist das oben angesprochene Motiv cis''-a''-a'' in Takt 8: Das lange a'', das mit dem Sforzato beginnt, klingt hier unzulässig verkürzt, praktisch ist die Überbindung in den nächsten Takt unterschlagen (der Punkt geht also an Karajan, schönes Sforzato und richtig ausgehaltenes a''). Solche Tricks, Noten zu verkürzen, sparen Kraft und fördern die Durchhörbarkeit. Letzteres wäre aber gerade bei Vänskä eigentlich unnötig, weil allein schon durch die deutsche Streicher-Sitzordnung eine bessere Durchhörbarkeit gegeben ist. Schade. (Gerade bei der 4. und 7. Sinfonie sind antiphonische Violinen unverzichtbar, da gibt es die besten augenöffnenden Notenbeispiele. Mit ein wesentlicher Pluspunkt für Vänskä).
    Zwischenergebnis 2:1 für Vänskä. Wobei die Diskussion endlos weitergehen könnte und wohl letztlich doch niemand so genau interessiert...

    Gruß,
    Khampan

  • Vielen Dank, lieber Khampan. Mich jedenfalls interessieren deine fachmännischen Kommentare (habe das Thema ja auch aufgebracht). [Die Moderation kann diese Diskussion gerne in den entsprechenden Thread verschieben.]

    Ich kann leider kaum wahrnehmen, dass bei Vänskä das zweite a'' kürzer ist als bei Karajan, auch das schnellere Tempo bei Karajan in Betracht ziehend. (Aber durch die unterschiedlichen Tempi mag es vielleicht auch weniger auffallen.) Ich kann jedenfalls anscheinend nicht greifen, was mir hier immerhin spontane Irritationen bereitete.


    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • leider keine antiphonischen Violinen, die in dieser Sinfonie eigentlich besonders wichtig sind: z.B. im Finale ein links-rechts Wechselspiel erst im 5- bzw. 4-Takt-Block, dann als Steigerung im taktweisen Wechsel. Das bekommt man kaum mit, wenn die Violinen alle auf einer Seite sitzen.

    Das kann doch kaum wahr sein! Selbst C. Kleiber hat für die Aufnahme der 7. die Violinen in "deutscher" Sitzordnung plaziert (bei der Stelle im finale wird einem fast schwindlig, wenn es gut rüberkommt) und Haselböck wirbt mit Originalschauplätzen und -programmen und macht so einen elementaren "Fehler"...

    Er wirbt sogar mit der Originalaufstellung.

    Wissen wir eigentlich wie die Originalaufstellung war? :wink:

    Wäre für mich sogar zweitrangig. Dass eine Art Echo-Effekt intendiert sein muss, ist m.E. kaum zu bestreiten. Vielleicht gibt es unterschiedliche Aufstellungen, die den Effekt deutlich werden lassen, aber jedenfalls nicht die "moderne" mit allen Geigen links.

    Das wäre nach meiner Einschätzung sogar zweitrangig. Komponiert wurde nicht für ein bestimmtes Konzert. Die links-rechts-Wechselspiele der Violinen waren mindestens seit Haydn gängig, viele Stellen wirken nur so überzeugend.Sicherlich wurde damals auch mit Aufstellungsvarianten experimentiert, aber die antiphonischen Violinen waren eigentlich immer der Standard, nicht zuletzt wegen der Celli und Kontrabässe, die frontal auf den Hörer gerichtet sonorer und melodiöser klingen als wenn das Publikum sie von der Seite hört.
    Der einzige, der keinen klanglichen Unterschied merkt, ist der Dirigent, weil stets alle so sitzen dass sie ihn ansehen könnten*
    Beethoven kann das akustische Ergebnis schon mal ganz egal gewesen sein...

    musikalisch wesentlich entscheidender ist der links-rechts-Effekt. Ob die rechts sitzenden, nach hinten gerichteten 2. Violinen tatsächlich leiser beim Publikum ankommen, hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist nicht zwingend vorgesehen.Ein Echo-Effekt ergibt sich vor allem wenn die 2. Violinen hinter den 1. sitzen, wegen größerer Entfernung und Abschottung durch die davor sitzenden 1. Violinen. Bei Aufnahmen wird natürlich eine ausgewogene Balance durch die Mikrofonierung angestrebt.

    Soweit OT...

    *dieses -t- ist ein berühmter Witz des Spezialisten für musikalische Akustik Prof. Jürgen Meyer, der sich unermüdlich für die deutsche Orchesteraufstellung stark gemacht hat.

    Diese Diskussion hatte sich gestern in der Kaufberatung entwickelt.

    Ich habe nun den Stein des Anstoßes gehört:

    Wenngleich ich das Gesamtprogramm mit den unfreiwillig komischen Märschen mit Mälzels mechanischem Feldtrompeter und einem Wellington, der einen klanglich aus dem Sessel fegt, für spannender halte als speziell die Wiedergabe der Siebten (die Konkurrenz ist halt mächtig), fand ich gerade das Finale dieser Siebten hier in der nicht-antiphonischen Aufstellung - überzeugend :versteck1: =O

    Wie findet Ihr denn in der antiphonischen Aufstellung die Passagen, in denen das Motiv mit den sechs Sechzehnteln durch die Streichergruppen von den ersten Violinen bis zu den Bratschen durchgereicht wird, z. B. T. 37ff.? Das hüpft dann von links nach rechts und dann halbrechts. Ist okay, klingt aber in dem Fall für mich von links nach rechts durchlaufend stimmiger. Dann T. 92ff. mit dem punktierten Motiv, das durch die Streicher läuft. Ist das mit Bestimmtheit für die deutsche Sitzordnung geschrieben? Dann T. 129f., ein für meine Begriffe ziemlich eindeutiges Wechselspiel zwischen einerseits Violine I und II und andererseits Viola, Violoncello und Kontrabass. Klang für mich hier im Wechsel zwischen links und rechts ziemlich passend.

    Im Beiheft ist zur Aufstellung speziell bei der Siebten leider nichts erwähnt. Meines Erachtens kann man aber aus der Partitur allein nicht herleiten, dass erste und zweite Geigen bei dem Werk unbedingt einander gegenüber positioniert werden müssen.

  • o.k., mal etwas präziser:
    Ich bezog mich auf Takt 388 im Finale, bei Gardiner ab 7:55, bei P. Järvi ab 7:21

    Die entscheidenden 18 Takte habe ich hier abgeschrieben und als jpg hochgeladen:
    Beethoven 7. Sinfonie Finale Violinen ab Takt 388

    [an die MODs: falls es möglich ist, das Notenbeispiel auf den Capriccio-Server zu laden, bitte ich darum]

    Das ist natürlich für sich alleine keine ausreichende Begründung für die Notwendigkeit der antiphonischen Sitzordnung. Aber die Summe der ähnlich gelagerten Fälle in den meisten Sinfonien von Haydn bis mindestens Mahler (!) sollte doch zu denken geben.
    Das schönste Beispiel findet sich ausgerechnet in einem noch neueren Stück, und zwar dem Bolero von Ravel: beide Violinen sind 4fach geteilt, spielen aber jeweils die gleichen vier Stimmen. Also Violine 1/1 = Violine 2/1 etc. bis zu Violine 1/4 = Violine 2/4.
    Das ergibt keinen Sinn, wenn alle auf einer Seite sitzen, denn dann wäre es einfacher, die beiden Violingruppen je zweifach zu unterteilen. Wenn ich mal Lust habe, schreibe ich das Notenbeispiel dazu noch ab.

    Gruß,
    Khampan

  • Mir ist schon klar, um welche Stelle es Dir ging. Es gibt halt andere Stellen im gleichen Satz, bei denen die andere Sitzordnung m. E. besser funktioniert.

    Vorschlag zur Güte: die Instrumentengruppen wechseln während der Aufführung rasch die Plätze :D

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