Nun, wir sollten vielleicht tatsächlich diesen schönen Ravel-Thread nicht nur mit diesem Detailthema vollschreiben. Ich will nur noch einmal meinen Gedankengang klarstellen, dann lasse ich es aber auch wirklich gut sein. Man muss sich dem ja nicht anschließen, aber ich würde schon gern wenigstens verstanden werden.
Also:
Das Stück steht im 3/4-Takt. Warum? Jedenfalls nicht für die linke Hand, denn die spielt diese 3/8-Figur. Der 3/4-Takt steht für die rechte Hand, denn die (und später auch das Orchester) spielt tatsächlich 3/4. Hätte Ravel das Stück in 3/8 aufgeschrieben, würde sich jeder Takt halbieren. Dem Notenbild für die rechte Hand würde das nicht guttun und es würde auch den 3/4-Charakter der rechten Hand noch mehr verschleiern, als dies akustisch ohnehin schon der Fall ist. Er hätte es auch in 6/8 aufschreiben können, das Notenbild wäre dann etwas besser, aber es wäre der Sache auch nicht angemessen.
Nachdem nun also klar ist, warum das Stück in 3/4 steht, können wir uns nun überlegen, was Ravel nun mit der linken Hand ausdrücken wollte. Nur mal angenommen, er wollte tatsächlich, dass die Achtelfiguren so gespielt werden, wie das überall zu hören ist. Wie hätte er das notieren sollen? Er kann ja schlecht für die rechte Hand 3/4 als Taktart vorgeben und für die linke Hand 3/8. Da nun eben auch für die linke Hand 3/4 dasteht, obwohl 3/8 gemeint ist (das ist wie gesagt momentan nur eine Annahme), hat das gewisse Konsequenzen für die Notation. Jetzt kommt der Satz ins Spiel, den ich gepostet habe: "Beaming reinforces meter". Es ist nicht die Aufgabe der Balkensetzung Phrasierungen, Betonungen oder figurative Zusammenhänge darzustellen. Sie dient allein der Übersicht am Blatt und hat sich an der notierten Taktart zu orientieren. Und da nun einmal auch für die linke Hand 3/4 dasteht, wird das eben so verbalkt, wie das für 3/4 üblich ist.
Theoretisch hätte Ravel bei der Balkensetzung auch Dreiergruppen oder Sechsergruppen von Achteln bilden können. Das wäre aber streng genommen schlechter Notationsstil, da dann die Balkensetzung zur Darstellung figurativer Zusammenhänge "missbraucht" wird. Ravel hat für die linke Hand keine Phrasierungs- oder Artikulationsanweisungen aufgeschrieben. Das bedeutet nichts anderes, wie: Möglichst gleichmäßig und ohne besondere Betonungen. Der aktustische 3/8-Effekt stellt sich dann ganz von selbst ein, das braucht man in der Notation nicht extra hervorzuheben.