WAGNER: Parsifal – Kunstreligion aus "Noth um den Geschlechtstrieb"? Klangdenkmäler, ungeahnt, edel und voller Kraft?

  • Ich frage mich ja, wie _das_ wohl wird:

    https://bielefelder-philharmoniker.de/veranstaltung/parsifal.html

    Konzertante Lichtspiel-Oper mit Tanz und Gesang :/ (in der Bielefelder Oetker-Halle).

    Werde mir das aber nicht entgehen lassen. Möge Wagner es mir verzeihen. Und, na ja, ist ja auch keine "normale" Opernaufführung, daher gilt das ja vielleicht nicht. Grins1 :saint:

    Heute war ich bei der Veranstaltung "Ein Stück stellt sich vor". War sehr interessant. :thumbup: Näheres dazu später. Von "Tanz" war übrigens keine Rede ...

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • So, nun aber zur heutigen Einführungsveranstaltung im "Alten Theater" (Bielefeld): "Ein Stück stellt sich vor: Parsifal (Oetker-Halle, Bielefeld)".

    Ann Christine Oppermann (Drammaturgie) begann die Gesprächsrunde, die aus ihr, dem musikal. Leiter (Alexander Kalajdzic), Vincent Stefan (Regie Film) und Frank Dolphin Wong (Amfortas) bestand, mit einer „kurzen Einführung“ (O-Ton) zu „Parsifal“. Alexander Kalajdzic wünschte ihr dabei „Viel Glück!“ Daraufhin lautes Gelächter im Publikum. Grins1 Hat sie aber eigentlich ganz gut gemacht, muss man sagen. Interessant auch: Wagner sprach wohl nie von „Leitmotiven“, sondern von „Erinnerungsmotiven“. Ist ja nur eine Sache der Definition, aber dennoch … war mir jedenfalls neu.

    Dann erzählte Alexander Kalajdzic kurz etwas zum Aufbau: Er meinte, dass eigentlich nur der 2. Akt als „Oper“ bezeichnet werden könne. 1. u. 3. Akt wären eher „Oratorien“ (Bach). Er spielte auf dem Flügel zwei Parsifal-Leitmotive und zeigte Parallelen zum „Tristan-Akkord“, sowie zu Mendelssohn auf, aber das hab‘ ich leider vergessen (5. Sinfonie?). Er ist jedenfalls auch ein toller Pianist! :thumbup:

    Dann kam Vincent Stefan zu Wort. Zunächst muss man erwähnen, dass er schon viele Länder bereist hat und großartige Landschaften eingefangen hat. Es wurden einige „Kostproben“ gezeigt, die er für den „Parsifal“ ausgesucht hat. Zudem hat er auch neue Videos gedreht: u. a. auch ein Video am „Quelle See“, Bielefeld. Man sah ein Bild mit einer asiatischen Sängerin des Bielefelder Ensembles, die im See badete (mit Blumen im Haar). Er berichtete, dass er mit einer günstigen Kamera drehen musste, da er so schnell keine andere bekommen konnte. Die Aufnahmen seien aber wohl dennoch gut gelungen. Auf die Bilder/ Videos bin ich auch schon gespannt. Die Videoinstallation wird in Tryptichon-Form aufgebaut, also 3 Leinwände: die Inhalte der Videos können linear miteinander verbunden sein oder auch jeweils Unterschiedliches zeigen. Er erzählte auch, wie er auf den Anruf von Christine Oppermann reagierte, die ihn fragte, ob er sich eine Zusammenarbeit (Parsifal) vorstellen könne. Er hat es sich gleich vorstellen können, hatte aber auch großen Respekt vor der Länge dieser Oper. Er hat in der Vergangenheit aber immerhin schon bei einer „Tannhäuser“-Oper mitgewirkt. Er erzählte dann von seiner Hass-Liebe zu Wagner: er liebt und er hasst ihn zugleich. Er hasst seine antisemitischen Schriften und er ist süchtig nach seiner Musik. <3 Ach, wie gut ich ihn verstehen kann ... Dann erwähnte er etwas, was mir nicht so bewusst war: Parsifal ist Wagners einzige Oper mit "Happy End". Grins1 Er zielte darauf ab, dass Wagner diese Oper am Ende seines Lebens schrieb und verglich es mit dem Lebenswandel eines bekannten Kriegsfotografen, dessen Name mir jedoch entfallen ist. Jedenfalls hätte dieser sein Leben lang nur schlimme Geschehnisse fotografiert und zum Lebensende hin gab es dann eine Abkehr davon und er widmete sich plötzlich positiveren Projekten. Dann erwähnte er noch eine anthroposophische Abhandlung, in der es hieß, dass in Zeiten, in denen es noch kein Eigentum gab, Menschen noch nicht sesshaft waren, noch keine Tiere gehalten haben, etc. … keine Kriege gab und Menschen, mehr oder weniger, recht friedlich miteinander bzw. nebeneinander lebten. Gut, spätestens hier wurde es ein wenig politisch. Fand’ ich aber dennoch gut. :thumbup: Ich hing regelrecht an seinen Lippen: ein Mensch mit Herzens- und Verstandesbildung. Er ist noch so jung und wirkte schon so weise. Dabei keineswegs langweilig. Er brennt für das, was er macht. Das hat man wirklich gemerkt. Er deutete zudem an, dass die ein oder andere Videosequenz auch politisch gedeutet werden könne. Daraufhin folgte ein Raunen im Publikum, was ich, ehrlich gesagt, unmöglich fand. Dann schob er hinterher, dass man das aber nicht „müsse“. Bin nun jedenfalls sehr, sehr gespannt auf die Videos und Bilder. :)

    Frank Dolphin Wong (Amfortas) hat die 2. Arie Amfortas vorgetragen, obwohl er gesundheitlich noch etwas angeschlagen war (schwerer Covid-19-Verlauf!) und wurde am Piano begleitet.

    Was ich nun auf der Website las: "Altersempfehlung: ab 16 Jahren“. Demnach werden also wohl auch schlimme Bilder gezeigt. Hm. Na, mal schauen. Von „Tanz“ war übrigens keine Rede mehr: Ich denke, mich hatte damals nur die Rubrik "Tanz und Gesang" irritiert. Bin nun ein wenig erleichtert darüber. :jaja1: Also, am liebsten würde ich schon die Premiere besuchen, aber das schaffe ich zeitlich leider nicht. Wird bestimmt gut! :thumbup:

    EDIT:

    Parsifal wird nun (erst) zum 2. Mal in Bielefeld aufgeführt. Das erste mal war wohl 1954.

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



  • Noch etwas zum Vortrag von Vincent Stefan:

    Er erwähnte, dass Wagner "quasi" der Erfinder des Kinos war. Hintergrund: er war der Erste, der dafür sorgte, dass man sich auf das Bühnengeschehen konzentrierte, indem er das Orchester unter der Bühne verschwinden ließ.

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



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