STANDARDS - Hoagy Carmichael: Star Dust
Ich starte diesen neuen Versuch, die Threads zu den Jazz Standards wieder zu beleben, weil mir gerade auffiel, dass der großartige Songwriter Hoagy Carmichael noch gar nicht berücksichtigt wurde. Das geht natürlich nicht.
Hoagy Carmichael (eigentlich Hoagland Howard Carmichael, 1899 – 1981) gehörte zu den wenigen Großmeistern des American Songbook, die ihren Ruhm ganz auf einer Karriere im Jazz aufbauten, bevor später ihm der Film zu noch größerer Popularität verhalf. Das Klavierspielen brachte er sich auf einem alten Instrument seiner Mutter weitgehend selber bei, wobei der Ragtime, in seinen eigenen Worten „sein tägliches Wiegenlied“, ein prägender Einfluss war. Als Jurastudent, der bereits einige Songs komponiert hatte, lernte er den Kornettisten Bix Beiderbecke kennen, der ihm mehr als jeder andere ein Vorbild wurde. Zu seinen großen Erfolgen, die er mit Textern wie Johnny Mercer und Mitchell Parish verfasste, zählen u. a. die Standards „Georgia on My Mind“, „Lazy River“, „Skylark“ und „In the Cool, Cool Cool of the „Evening“, für den er zusammen mit Johnny Mercer eines Oscar gewann. Ab 1936 war er auch mit großem Erfolg in Hollywood aktiv und trat sogar selbst in Filmen wie Howard Hawks‘ TO HAVE AND HAVE NOT oder der Filmbiografie seines Freundes Bix Beiderbecke, YOUNG MAN WITH A HORN, auf.
Sein größter Erfolg aber blieb „Stardust“, obwohl es 1927, als er den Song erstmals als relativ flottes Instrumentalstück aufnahm, zunächst gar nicht danach aussah. Das änderte sich erst, als ihn ein neuer Verleger mit dem Texter Mitchell Parish in Verbindung brachte, der ihm u. a. diese Lyrics schrieb:
Sometimes I wonder why I spend
The lonely nights
Dreaming of a song.
The melody haunts my reverie
And I am once again with you.
When our love was new, and each kiss an inspiration.
But that was long ago, and now my consolation
Is in the stardust of a song.
Diese melancholischen Zeilen verlangten natürlich nach einer deutlich langsameren Umsetzung, und es ist in dieser Fassung mit dem nunmehr getrennt buchstabierten Titel, in der das Lied von zahlreichen Jazzmusikern eingespielt, allen voran Isham Jones, der den Song 1930 zu einem Hit machte,
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und Benny Goodman, dessen Version man hier hören kann: "
Schon im Jahr danach, als auch Bing Crosby einen großen Erfolg damit hatte, wurde der Song auch zu einem Standard Hit im Schlager- und Easy Listening Sektor mit Interpreten wie Frank Sinatra, Jo Stafford und Nat King Cole, dessen Version mithalf, den Film SLEEPLESS IN SEATTLE zum Erfolg zu machen. Seine Tochter Natalie machte ihn schließlich zu einem ihrer signature songs.
1980 erhielt der Song dann den Ritterschlag des Jazzliebhabers Woody Allen, der eine Version mit Louis Armstrong an den Abschluss seines Soundtracks zu diesem naheliegenden Film setzte:
Der Erfolg dieser einschmeichelnden Melodie ist insofern erstaunlich, als sie mit ihrer A-B-A-C – Struktur eher ungewöhnlich für einen Popsong ist. Wer sich für die Feinheiten seiner Struktur interessiert, kann mehr darüber hier nachlesen: http://www.jazzstandards.com/compositions-0/stardust.htm
Jetzt bin ich mal gespannt, welches Eure Lieblingsversionen sind, denn die Auswahl ist groß. Vermutlich ist die Liste der populären Interpreten von Standards, die ihn nicht eingespielt haben, wesentlich kürzer als die Diskografie der Aufnahmen dieses Songs.
Rideamus