Sind Interpreten Sklaven?

  • Zitat

    Ok, ich hab jetzt mal genau nachgezählt: Es gibt 7 bedeutende und 4 unbedeutende. Und 11, die ich gar nicht kenne.

    Wo hast Du nachgezählt?
    Und was heißt bedeutend?

    Welche Regeln gelten da für Dich?
    Deine?

    Und es gibt nicht nur 11, welche Du nicht kennst, aber vielleicht doch auf Ihre Art bedeutend sind.
    Oder bedeutet es, das daß, was Du nicht kennst, eh unbedeutend ist?

    Vielleicht ist es für Dich unbedeutend, aber Du bist nicht das Maß aller Dinge.

    Und wie kam Lena in den thread?

    Nun, Du hast ja von Dir gegeben, daß Lena nun Komponistin ist.

    Zitat

    Lena ist inzwischen Komponistin. Die Stufe des reinen Interpreten hat
    sie hinter sich gelassen. Wenn du eines ihrer Werke spielen willst,
    musst du dich mit dem Komponistenwillen auseinandersetzen. Den Kontakt
    kann ich ggf. herstellen. Es gibt auch Kaffee und Kuchen.

    Du hast auf einen ironischen Beitrag von mir genau so geantwortet.
    Dann lebe auch mit den Entgegnungen!
    Michael

  • Nein, kenne ich nicht und interessiert mich auch nicht.

    Ich bin kein Theoretiker, sondern Ausführender.

    Und irgendwelche sog." Standardwerke", aus denen Laien Ihren musikalischen Horizont herleiten, interessieren mich schon mal gar nicht.

    Da ist so viel Schwachsinn alleine in den letzten 50 Jahren geschrieben worden.......Nö, danke.

    Ich bilde mir meine Meinung selber durch Selbstspielen und Anhören.

    Und die allermeisten bilden sich hier auch Ihre Meinung durch Anhören völlig unabhängig von irgendwelchen "Standardwerken".

    Du funktionierst immer nach irgendwelchen außermusikalischen Kriterien, durch Bücher, Schwärmerei.......vor allem durch Bücher.

    Sei Dir gegönnt, aber das kannst Du nicht über die Musikerlebnisse und Erfahrungen anderer drüberstülpen, wie es Dir paßt.

    Und schon gar nicht steht es Dir an, Menschen, Die Ihr ganzes Leben der Erforschung und Vermittlung von Musik widmen, anzugreifen mit Deinen eigenen Kriterien!

    Was machst Du eigentlich beruflich?

    Würde es Dir Spaß machen, wenn ich versuchen würde, Dich in Deinem Beruf lächerlich zu machen?

    Welche Denke steckt dahinter, es für völlig legitim zu halten, einen Berufsmusiker als lächerlich darzustellen?

    Und glaube JA NICHT, daß ich Deinen Beitrag, diesen dümmlichen Beitrag, der in die Splitter versenkt wurde, nicht gelesen habe!

    Geh zu Kaffee und Kuchen bei Deinen Lolitas Lena,


    viel Spaß,
    Michael

  • Ich bilde mir meine Meinung selber durch Selbstspielen und anhören.


    Finde ich gut.

    Doch keiner hat sich seinen meinungsbildenden Hintergrund aus sich selbst erschaffen. Da gab es eventuell de Bevorzugung gewisser Tonvorräte (Pentatonik, Dur-Tonleiter) durch Kinderlieder, Instrumentalunterricht im Kindesalter, Formbeispiele des europäischen Kanons (Sonate, dreiteilige Formen, Rondos, ... ), europäische Rhythmusmodelle, Werkdramaturgien, die vor allem durch den Idealismus geprägt sind (gutes Ende oder Tod) und und und.

    Dieses "selbst Meinung bilden" geschieht halt auf einem Hintergrund, den man sich nicht selbst geschaffen hat.

    Außerdem finde ich es ganz sinnvoll, bei der Auswahl von Studiermaterial auf diejenigen zu hören, die sich schon länger mit der Sache auseinandergesetzt haben und ungefähr wissen, was lohnend ist und was weniger lohnend ist.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Zitat

    Da gab es eventuell de Bevorzugung gewisser Tonvorräte (Pentatonik,
    Dur-Tonleiter) durch Kinderlieder, Instrumentalunterricht im
    Kindesalter, Formbeispiele des europäischen Kanons (Sonate, dreiteilige
    Formen, Rondos, ... ), europäische Rhythmusmodelle, Werkdramaturgien,
    die vor allem durch den Idealismus geprägt sind (gutes Ende oder Tod)
    und und und.

    Meine Bevorzugung im Alter von drei Jahren ergab sich aus Brahms 1.Klavierkonzert, Dvoraks Sinfonie "aus der neuen Welt", seinem Cellokonzert sowie Mozarts Klavierkonzert KV488.........
    Und alle drei Werke habe ich mitllerweile entweder als Solist (Mozart KV488, Dvorak Cellokonzert) oder als Orchestercellist aufgeführt.
    Ist doch schön,wenn solch früheste Kindheitserinnerungen mal wahr werden.

    Zitat

    Dieses "selbst Meinung bilden" geschieht halt auf einem Hintergrund, den man sich nicht selbst geschaffen hat.

    Diesen Hintergrund habe ich mir damals selber geschaffen(1967 war man als Kind noch sehr auf sich gestellt, was durchaus nicht schlecht sein mußte) gegen den Willen meiner Eltern, welche diese Werke zu schwer fanden.....ok, sie waren halt oft nicht zu Hause-freie Bahn für den Plattenspieler, den ich bedienen konnte!

    Insoferne empfinde ich Deine Behauptung als.......falsch, einfach falsch.........

    Zitat

    Doch keiner hat sich seinen meinungsbildenden Hintergrund aus sich selbst erschaffen.

    Sorry, falsch....ich habe mir als kleines Kind alles stundenlang angehört, was ich konnte(Rundfunk nachts heimlich im Kinderzimmer, LPs meiner Eltern etc, natürlich auch Konzerte) und dann meinen eigenen Hintergrund aufgebaut, den lange keiner verstanden hat,wogegen ich ankämpfen mußte!


    Zitat

    Außerdem finde ich es ganz sinnvoll, bei der Auswahl von Studiermaterial
    auf diejenigen zu hören, die sich schon länger mit der Sache
    auseinandergesetzt haben und ungefähr wissen, was lohnend ist und was
    weniger lohnend ist.

    Dann hätte ich mich als Kind nach dem Willen meiner Eltern niemals mit Busoni beschäftigen dürfen(habe ich dann heimlich getan), die fanden, daß das Kitsch ist........nö, sorry, ich empfinde Deine Meinung als falsch.

    Falls Du Deine Behauptungen also irgendwo gelernt haben solltest....Ich bin wahrlich nicht der einzige, dem das anders ging als Du meinst zu wissen.

    Als ich dann etwa 10 Jahre alt war, habe ich übrigens meine Eltern(selber sehr gute Musiker) dann mit den Vorzügen der Werke von Hiller, Raff,Scharwenka, Busoni und wie sie alle heißen bekannt machen können und sie haben es endlich kapiert.

    Daß dies sehr gute Musik ist.

    Cassetten gab es damals noch kaum, aber als ich 1974 mit der LP von Raffs Klavierkonzert nach Hause kam, hat mein Vater diese aufgelegt....und danach war alles anders.
    Danach kam Medtner auf den Plattenteller wie von selber....Und:

    Meine Eltern konnten nicht genug von diesem angeblich zweitklassigem Zeug bekommen.
    Mein Vater war übrigens Musiklehrer und meine Eltern sind beide immer noch tolle Chorleiter, meine Mutter eine anerkannt erstklassige Komponistin für Chormusik.

    Heute und seit damals extrem aufgeschlossen und völlig modern.

    Ganz ehrlich, ich weiß ganz genau, daß auch ich kleiner Bub meine Eltern damals beeinflußt habe.
    Und NICHT anders herum.

    Mich langweilt es enorm, immer wieder von sogenannten Standardwerken und den bedeutendsten Werken zu lesen und zu hören.

    Seit 1974..............mein Gott, wer stellt denn die Regeln auf?

    Ich lebe, und habe immer gelebt, nach MEINEN Regeln.

    Und komischerweise gefällt mir alles von damals, als ich ein kleines Kind war, immer noch genau so gut.

    Nur was die "Moderne" angeht und überhaupt, was Toleranz angeht sowie ein gewisses größeres Verstehen im Kontext, da bin ich ich älter geworden und, so hoffe ich, auch reifer.

    Und schlußendlich damit auch skrupulöser, was eine Partitur angeht.

    Trotzdem, schon als 10 jähriger war es mir klar, daß ich eine Napoleon Biografie lesen MUßTE, um Beethoven irgendwie näher zu kommen und bestimmte Werke von Ihm besser erfassen zu können.

    Wer zum Henker hat mir das beigebracht?

    Na ja, die Airfix Spielzeugsoldaten, Luis Trenker Filme, welche in Haydns Todesjahr spielen und somit einen Bezug auf Beethovens Leben bilden, usw.....ich wollte alle Mosaiksteinchen, welche mir damals möglich waren, kennenlernen.
    Damlas gab es nur TV, Rundfunk und LPs.........

    Mit 11 Jahren habe ich dann zum ersten male das 1.Cellokonzert von Schostakowitsch gehört....mit Misha Maisky, das hat alles verändert.
    DAS war dann endgültig meine Musik.
    Bis heute.

    Und zwei Jahre später war ich Jungstudent bei Pergamenschikow.................

    Später, um 1983 herum, als ich endgültig meine große Liebe zu den Werken von Korngold zu einem meiner Lebensinhalte machte, da fand die ganze Korrespondenz mit Z.B. George Korngold bis zu seinem viel zu frühen Tode 1987 noch per Brief statt.

    Und ich sowie einige andere andere Korngoldianer waren damals dem Spott und Hohn derjenigen ausgesetzt, welche sich im Besitz des einzig wahren musikalischen Erbes wähnten.

    Vorzugsweise Strawinsky bis Stockhausen, das war damals in den 80er Jahren "in", da war man mit DIESEM Geschmack immer auf der sicheren Seite............

    War 'ne Scheiss-Zeit, in der Enthusiasten viele Korngold-Konzerte versuchten, gegen massiven Widerstand derjenigen zu ermöglichen, welche sich im Besitz des guten Geschmackes wähnten.

    Mein Freund Stefan Esser und ich waren dabei, von Anfang an.


    Heute ist das meiste, was wir damals aufführten, Standardrepertoire.
    Zum Glück!

    Nicht wegen uns, aber wir waren ein Mosaiksteinchen, und das sehr gerne!

    Damals in den 80ern gab es das Material noch nicht mal gedruckt!

    Nun ja, jetzt spreche ich mal nicht von den ganzen Erstaufführungen lohnender Werke, welche ich mit verschiedenen Partnern seitdem durchgezogen habe in solch komischen Sälen wie der
    Philharmonie St.Peterburg oder dem Marmorsaal des Budapester Rundfunks.

    Oder der Kyoto Symphony Hall oder der Sapporo Symphony Hall.....

    Erstaufführungen der Sonaten von Arnold Bax, Alan Rawsthorne, John Ireland, Delius......ähhhh auch auf CD.... usw. und im Falle von Budapest auch mit einer Live-Aufnahme...........

    Sondern ich spreche mal hiervon:

    Heute kommt jemand locker daher und zählt mir mal eben aus einem sog. Standardwerk ab:

    Zitat

    Ok, ich hab jetzt mal genau nachgezählt: Es gibt 7 bedeutende und 4
    unbedeutende. Und 11, die ich gar nicht kenne. Also auch unbedeutend.

    Ach Du Schande, ich versinke im Erdboden!
    Lachhaft!!!!!!!
    Das Standardwerk, welches auch immer, hat also recht?

    Welches bitte, und vor allem, WARUM?

    Also das kann doch nicht wahr sein, ich möchte mich mit so etwas nicht herumschlagen müssen.

    Das ist ja wie in den 80ern, welche ich eben beschrieben habe!
    Und der Author dieser Zeilen fühlt sich vielleicht modern, aber er ist in den 80ern hängen geblieben.

    Jedenfalls geht das zu weit.
    Das geht schon lange zu weit!


    Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Außerdem finde ich es ganz sinnvoll, bei der Auswahl von Studiermaterial
    auf diejenigen zu hören, die sich schon länger mit der Sache
    auseinandergesetzt haben und ungefähr wissen, was lohnend ist und was
    weniger lohnend ist.

    Ungefähr, ja...und warum wissen irgendwelche Leute auch nach längerer Zeit etwas nur ungefähr?
    Auch wenn sie sich damit auseinandergesetzt haben?


    Alle Menschen wissen etwas nur ungefähr, manche mehr und manche weniger......

    Und manche machen aus Ihrem weniger einen Riesenballon mit heißer Luft.........

  • Wir stolze Menschenkinder
    Sind eitel arme Sünder
    Und wissen gar nicht viel;
    Wir spinnen Luftgespinste
    Und suchen viele Künste
    Und kommen weiter von dem Ziel.
    (Matthias Claudius)

    Nun ist dies ein Klassikforum und nicht in erster Linie zur Lebensbewältigung gedacht. Wobei Musik, wenn sie nicht in das Leben eingreift, völlig überflüssig wäre. Als schöne Verzierung des Alltags brauche ich sie nicht. Insofern finde ich es stimmig, wenn Aussagen zur Bevorzugung oder Abneigung bestimmter Formen von Musik als eng mit der eigenen Biografie verflochten wahrgenommen werden.

    Meine Bevorzugung im Alter von drei Jahren ergab sich aus Brahms 1.Klavierkonzert, Dvoraks Sinfonie "aus der neuen Welt", seinem Cellokonzert sowie Mozarts Klavierkonzert KV488.........


    Ok - aber wie hat es der Zufall gesteuert, dass es gerade diese vier waren - und nicht Xenakis, Dufay und Cannabich? Lag da doch ein Kanon zugrunde, dessen sich diejenigen bedienten, die diese Musik zu Gehör brachten, so dass Du sie wahrnehmen konntest?

    Diesen Hintergrund habe ich mir damals selber geschaffen(1967 war man als Kind noch sehr auf sich gestellt, was durchaus nicht schlecht sein mußte) gegen den Willen meiner Eltern, welche diese Werke zu schwer fanden.....ok, sie waren halt oft nicht zu Hause-freie Bahn für den Plattenspieler, den ich bedienen konnte!


    Kenne ich. Von mir existert ein Foto (3 oder 4 Jahre war ich alt), das zeigt, wie ich "heimlich" an den elterlichen Plattenspieler gegangen bin und die Musik gestartet habe.

    Ich lebe, und habe immer gelebt, nach MEINEN Regeln.


    Na ja. Den 24-Stunden-Tag hast Du genauso wenig erfunden wie die Jahreszeiten. Dass es eine Grundschule und ein Gymnasium gibt. Dass ein Cello vier Saiten hat und nicht drei, fünf oder sechs, ist auch nicht Deine Entscheidung. Oder warst Du es, der die Oktave in 12 Halbtonschritte teilte und dem Beethoven sagte, er solle jetzt doch mal ein op. 5 komponieren, damit Du es spielen kannst?

    Deine behauptete Freiheit beschränkt sich (trivialerweise, wie bei jedem) auf die Auswahl aus dem Angebot. Deine Regeln sind gerade so frei, wie Du sie Dir im gegebenen Rahmen erdenken kannst.

    Und komischerweise gefällt mir alles von damals, als ich ein kleines Kind war, immer noch genau so gut.


    Das spricht jetzt nicht für eine übliche Entwicklung. Aber wahrscheinlich hast Du es anders gemeint, als es sich so isoliert liest.

    Na ja, die Airfix Spielzeugsoldaten, Luis Trenker Filme, welche in Haydns Todesjahr spielen und somit einen Bezug auf Beethovens Leben bilden, usw.....ich wollte alle Mosaiksteinchen, welche mir damals möglich waren, kennenlernen.


    Ok. Auch Bierdeckelsammler sind zu erstaunlichen Kennern der Geschichte einzelner Privatbrauereien geworden.

    Heute kommt jemand locker daher und zählt mir mal eben aus einem sog. Standardwerk ab:

    Zitat
    Ok, ich hab jetzt mal genau nachgezählt: Es gibt 7 bedeutende und 4
    unbedeutende. Und 11, die ich gar nicht kenne. Also auch unbedeutend.

    Ach Du Schande, ich versinke im Erdboden!
    Lachhaft!!!!!!!
    Das Standardwerk, welches auch immer, hat also recht?


    Da gebe ich Dir zunächst mal recht.

    Aber auch der, der sich ein Standardwerk kauft ("Die 100 schönsten Konzerte - Auswahl von Herbert von Karajan") und danach sein CD-Regal bestückt, macht ja zunächst mal keinen Fehler. Warum mit Miaskowsky anfangen, wenn man Bach, Mozart, Beethoven nicht kennt?

    Und nicht jeder stellt die Musik als einzige Sache so in den Mittelpunkt, dass er sein ganzes Leben drumherum anordnet. Dann ist externe Unterstützung sinnvoll. Ich höre beim Kochen auch auf Experten. Ich käme nicht auf die Idee, mit dem Dessert zu beginnen, dann einen schönen Braten zu reichen und zum Schluss einen Salat mit feiner appetitanregender Säure. Da höre ich lieber auf die Experten und fahre gut damit. Würde ich das Kochen zur Hauptsache meines Lebens machen, würde ich vielleicht experimentieren.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Aber auch der, der sich ein Standardwerk kauft ("Die 100 schönsten Konzerte - Auswahl von Herbert von Karajan") und danach sein CD-Regal bestückt, macht ja zunächst mal keinen Fehler. Warum mit Miaskowsky anfangen, wenn man Bach, Mozart, Beethoven nicht kennt?


    Nein, falsch macht er bestimmt nichts, aber das heißt ja auch nicht, dass jeder das so machen muss. Ich kenne zB das Cello- und Violinkonzert von Miaskowsky, aber keine von Mozart und Beethoven und habe deshalb auch nichts falsch gemacht.
    Ich mag das Wort Standardwerk nicht...wer legt das fest, was Standard ist? (für mich selbst, nur ich selbst) Warum ist etwas Standard? Weil es musikalisch wichtiger sein soll? Weil man es kennen muss? Ich muss gar nichts. Wenn man vom landläufigen Standard ausgeht, bin ich nicht mal "ordentlicher" Klassik-Hörer, denn ich kenne zB bis auf die sattsam bekannten Stellen, keine einzige Beethoven-Sinfonie, aber eben zB Rimskis Klavierkonzert...ja, ist das jetzt schlimm? Ich finde es auch nicht schlimm, wenn es bei jemandem genau umgekehrt ist, um es mal etwas polemisch zu sagen, was geht mich der Geschmack anderer Leute an? Klar, kann mir jemand Tipps geben oder Empfehlungen aussprechen,aber was ich draus mache, ist ganz allein meine Sache.
    Und ob Werke als bedeutend gelten oder nicht, ist mir ebenso egal, Bedeutung hat etwas, weil es mir erstmal persönlich etwas bedeutet, erst danach kann ich mir weitere formalere Gedanken darüber machen.
    Und deswegen sind Interpreten, die sich an "undedeutendes" wagen immer unheimlich wichtig, sie halten das Musikleben und die Musik selbst am Leben, damit sie nicht zu einem unverrückbaren, komartigen Kanon verkommt aus dem keiner mehr ausbrechen kann.

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Liebe Leute, darf ich Euch zart daran erinnern, worum es hier geht bzw. eigentlich gehen sollte: "Sind Interpreten Sklaven?" Um mich selbst zu zitieren:

    Ist die Provokation Ravels im Grunde berechtigt oder kommt dem Interpreten im Gegenteil eine bedeutendere Rolle zu? Ist auch das, was er schafft, ein "Werk", ebenso wie das, welches er aufführt oder einspielt? Inwieweit ist der Interpret autonom? Ist auch er "Schöpfer"? "Neuschöpfer"?

    Fragen wie die frühkindlicher musikalischer Prägung oder die, wer "Standardwerke" festlegt, sind zweifellos interessant. Es wäre mir aber lieber, wenn Ihr damit in passende Threads (z. B. Frühe Prägungen) wechselt oder eigene Threads aufmacht. ;+)

    Danke! :)

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • In gewisser Weise führt das zur Ausgangsfrage zurück. Ich stelle sie einmal so: Wenn ich Miaskowski (Rimsky oder wen auch immer) interpretiere, muss ich dann Beethoven (Mozart) kenne?. Ein wenig - so meine ich - hilft uns das schon weiter. Denn die Konzentration auf ein Werk, einen Komponisten und seine (vermutete) Intention lenkt ja davon ab, dass das Werk auch in einem musikalischen Umfeld entsteht, als Teil einer Entwicklung, die bewirkt und bewirkt wurde. Auf Beethoven beziehen sich wohl mehr oder weniger alle Komponisten (im Bereich abendländischer Musik) nach Beethoven. Kann ich das Werk überhaupt interpretieren, wenn ich Beethoven nicht kenne? Wenn ich nicht darstellen kann, wie es sich zum Werk Beethovens verhält.

    Statt Beethoven könnte ich nun auch Bach nennen, Brahms, Debussy usw. Ein musikalisches Werk ist ja nicht ein starres Artefakt, sondern ein Werk das sich in einem Fluss der historischen Weiterentwicklung und in vielfältigen Beziehungen befindet. Wie weit der Komponist davon wissen konnte oder wollte, kann da gar keine Rolle spielen, ob es nun bewusst oder unbewusst reagiert hat, was er darüber zu äußern imstande ist (oder will), spielt mE keine Rolle. Als Hörer darf ich mich dem entziehen, dann kann ich tatsächlich Miaskowski ohne Kenntnis von Beethoven hören (vielleicht begegne ich ja mal einer Interpretation, die es mir nahe legt, mal beim ollen Beethoven nachzufragen). Aber ein Interpret ist eben kein Hörer.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Ich bilde mir meine Meinung selber durch Selbstspielen und Anhören.

    Das ist doch mal eine Aussage, die ich richtig gut finde, gesetzt den Fall, man hat die Freiheit historisch gewachsene Traditionen durchaus auch radikal in Frage zu stellen, um sich einer höchst individuellen Interpretationssichtweise zuzuwenden. Dies hängt wohl auch damit zusammen, wie "wichtig" einem der Notentext ist, bzw. was man darin sucht oder welche eigenen Vorlieben und/oder Zielsetzungen man im Umgang mit der Notenvorlage hat.

  • Lieber Rocker,
    reg dich nicht auf. Denn es ist eine feststehende Tatsache: Nichtkünstler werden Künstler niemals verstehen können.
    Herzlich Punk


    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Immer noch da ... ab und an.

  • Nichtkünstler werden Künstler niemals verstehen können.


    Mich würde eine Definition von "Nichtkünstler" und "Künstler" interessieren, vor allem, wenn sie trennscharf wäre.

    Viele Grüße
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Lieber Rocker,
    reg dich nicht auf. Denn es ist eine feststehende Tatsache: Nichtkünstler werden Künstler niemals verstehen können.
    Herzlich Punk


    Mich würde eine Definition von "Nichtkünstler" und "Künstler" interessieren, vor allem, wenn sie trennscharf wäre.

    Viele Grüße
    MB

    :wink:


    Darum ging es sicher nicht in dem Post. ;+)

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)


  • Mich würde eine Definition von "Nichtkünstler" und "Künstler" interessieren, vor allem, wenn sie trennscharf wäre.

    Viele Grüße
    MB

    :wink:

    O, von meiner Seite sieht das sehr trennscharf aus. Von deiner sicherlich nicht.


    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Immer noch da ... ab und an.

  • Nichtkünstler werden Künstler niemals verstehen können.

    Wieso denn nicht? Künstler sind doch auch nur Menschen, nicht mehr und nicht weniger.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Also ehrlich gesagt, wundern mich hier einige Aussagen. Nämlich, dass

    • an der Professionalität von Musikern (und Künstlern) gezweifelt wird;
    • das Publikum Klassischer Konzerte generell für laienhaft gehalten wird;
    • Zweifel daran herrscht, dass man sich seinen Geschmack selbst bilden kann.


    Die Professionalität, wie sie Michael beschrieben hat, erwarte ich sogar von "ernsthaften" Musikern und hätte nicht ernsthaft gedacht, dass es anders wäre; so wie ich das in meinem Beruf von mir und meinen Kollegen auch erwarte. Und "einer von 10000" (Zuhörern, die sich auskennen), da kann ich nur den Kopf schütteln. Wie kommt man darauf? Gerade in der heutigen Zeit ist es einfacher denn je an wertvolle Informationen zur Musik zu kommen, sei es in (Fach-) Büchern oder im Internet.

    Mehr Sorgen macht mir, dass das Klassikpublikum allmählich ausstirbt, bzw. die kritische Masse in einigen Jahren vielleicht nicht mehr erreicht wird.

    Wie ist nochmal des Thema des Threads??... Achja, mir fällt doch noch eine Frage ein: liegen die Urheberrechte nicht beim Verlag? Erlischen diese auch nach 70 (oder wievielen) Jahren nach dem Tod des Komponisten?

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • liegen die Urheberrechte nicht beim Verlag


    nein, beim Urheber und seinen Erben. Der Verlag hat nur ein vitales Interesse daran, sie durchzusetzen. Ausnahme: wissenschaftliche Neuausgaben und Erstdrucke, da gelten eigene Fristen. Es gibt zwei interessante Urteile dazu: in einem Fall hat ein amerikanischer Verlag eine etwa 50 Jahre alte, aber noch im Handel befindliche Ausgabe UrhRecht-freier Stücke eines deutschen verlages kopiert und selbst herausgegeben. Der deutsche V. hat wegen unlauterem Wettbewerb geklagt (nicht wegen copyright-Verletzung!) und verloren u.a. auch deswegen, da kaum davon auszugehen ist, daß die Kalkulation enier solchen Veröffentlichung über 50 Jahre geht. In einem weiteren Fall hat ein Verlag freie Stücke herausgegeben und mit copyright-Vermerk versehen. Unzulässig: sowas zu drucken begründet kein Urheberrecht...
    aber ist die Frage nicht komplett OT?

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • aus einem andern Faden hier fortgesetzt:


    nun, sehr viele Musiker sind Pädagogen oder zugleich Pädagogen. Möglicherweise ist das "Interpretieren" doch nicht eine so fundamental andere Tätigkeit wie das Lehren?

    (ich wüßte ja gern mal von den unterrichtenden Musikern, die diese neue Theorie von der "Interpretation als eigenes Kunstwerk, das ein anderes nur verwendet" - und solche gibt es, wie wir wissen - , wie diese gedenken, ihren Beruf auszuüben. Denn konsequenterweise müßte auf jede Bezugnahme auf "die Noten" im Unterricht (auch z.B. in Prüfungskommissionen) verzichtet werden, da diese Noten ja nur als Anregung, aber nicht als Kriterium für irgendwas (nicht mal "falsche" Töne) gelten würden.)

    Ansonsten würde ich sagen, der Interpret soll tatsächlich nicht (direkt) das Werk den Hörern nahebringen, sondern er soll versuchen, sich selbst dem Werk zu nähern, und an diesem Versuch können dann Hörer teilhaben und so sich ebenfalls dem Werk nähern.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

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