Genau. bzw würde ich nicht ausschließen wollen, dass es bei Schostakowitsch ein grundsätzliches Einverständnis mit dem sowjetischen Staat und seinen Zielen gab und gleichzeitig Kritik am konkreten Stalinismus bis hin zur Todesangst.
Es kann meines Erachtens keinen Zweifel daran geben, dass Schostakowitsch auch und gerade über Stalin hinaus an den Kommunismus geglaubt hat. Wie sonst sollte man erklären, dass die beiden Symphonien, die als Ganzes die Revolution(en) des Jahres 1917 verherrlichen, also die 11. und 12. erst nach dessen Tod entstanden sind, in einer Phase relativer Freiheit, in der z.B. Solschenizyns "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" erscheinen konnte, während Schostakowitsch fast zeitgleich die 12. mit dem Titel "Das Jahr 1917" und der Widmung "Zur Erinnerung an Wladimir Illjitsch Lenin" komponierte? Schostakowitsch hatte weder äußeren noch inneren Kontakt zu Dissidenten wie Solschenizyn oder Sacharow sondern gab sich gerade in der Chruschtschow-Zeit zunehmend staatskonform.