KERN: SHOW BOAT - Ein Werkführer
Hier nun der im Thread über Jerome Kern versprochene Werkführer zu dessen Meisterwerk SHOW BOAT. Es empfiehlt sich, ihn im Zusammenhang mit dem Thread über den Komponisten zu lesen, obwohl er zwangsläufig einen Teil davon verdoppelt: KERN, Jerome –The Land Where Good Songs Grow
Show Boat
Deutsche TItel: Theaterschiff / Das Komödiantenschiff / als Film: MISSISSIPPI MELODIE)
Musical in zwei Akten und 17 Szenen
Buch und Gesangstexte: Oscar Hammerstein II nach dem Roman von Edna Ferber
UA 27. Dezember 1927 in New York.
DE 31.10.1970 in Freiburg
Spieldauer ca. 3 Stunden (ursprünglich 4 ½ Stunden)
Hauptpersonen
Captain Andy Hawks – Kapitän der “Cotton Blossom“
Parthy Ann Hawks – seine Ehefrau
Magnolia Hawks – beider Tochter
Gaylord Ravenal – Glücksspieler
Julie Laverne – Singende Schauspielerin, eine Mulattin
Steve Barker – ihr (weißer) Ehemann Joe
Joe – farbiger Schiffsarbeiter
Queenie – farbige Köchin
Ellie May Chipley – Soubrette
Frank Schultz – Tänzer
Kim – Tochter von Magnolia und Gaylord
Theaterleute, Croupiers und Spieler, Hafenarbeiter, Volk
Ort und Zeit: entlang dem Mississippi, 1890 – 1927
Diese Inhaltsangabe folgt im Wesentlichen der des Standardwerkes von Miles Krueger über das Musical aus seinem Jubiläumsjahr 1977, dem auch die Gesamtaufnahme John McGlinns folgt, die für mich nach wie vor den absoluten Maßstab für eine Bewertung aller anderen Aufnahmen des Werkes darstellt.
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Erster Akt
Die „Cotton Blossom“, ein Vergnügungsschiff mit Spieltischen und einer Bühne, auf der Melodramen und Gesangsdarbietungen dargeboten werden, ankert in Natchez im Staate Mississippi. Die schwarzen Dockarbeiter besingen die Baumwollblüte (Cotton Blossom). Andy Hawks, der Kapitän des Schiffes, der seine Truppe zusammen mit seiner Frau Parthy wie einen Familienbetrieb führt, lässt seine Leute Proben aus den Aufführungen vorführen um Publikum anzulocken (Cap’n Andys Ballyhoo). Der Schiffsarbeiter Pete bedrängt die Hauptdarstellerin Julie und wird deswegen von ihrem eifersüchtigen Ehemann Steve zusammengeschlagen. Andy feuert Pete, der schwört, sich dafür zu rächen. Parthy aber beschuldigt Julie, Pete provoziert zu haben und wird dabei von der Soubrette Ellie belauscht, die sofort anbietet, Julies Stelle einzunehmen. Ihr Kummer über Andys Absage währt nur kurz, denn sie erblickt den blendend aussehenden Glücksspieler Ravenal. Der aber interessiert sich nicht besonders für sie, denn er genießt sein ungebundenes Leben (Where is the Mate for Me?). Dazu gehört allerdings auch, dass ihn wieder einmal ein Sheriff auffordert, die Stadt binnen 24 Stunden zu verlassen. Als Gaylord Parthys und Andys Tochter Magnolia begegnet, hat er also gleich zwei Gründe, auf das Schiff zu gehen. Auch Magnolia ist auf den ersten Blick in Ravenal verliebt. Da sie nicht mit einem Fremden sprechen sollte, nutzt Ravenal die Erkenntnis, dass sie selbst gerne eine Schauspielerin wäre und schlägt ihr vor, sie sollten so tun, als kennten sie einander schon eine Weile und wären unsterblich ineinander verliebt. Magnolia stimmt begeistert zu und in das Duett ein (Make Believe).
Wieder allein, fragt Magnolia den schwarzen Arbeiter Joe, was er von dem Fremden hält. Diplomatisch entgegnet Joe, der mitbekommen hat, warum Ravenal die Stadt verlassen muss, dass sie lieber den alten Fluss fragen solle, denn der kenne seine Pappenheimer und kümmere sich trotzdem um nichts (Ol‘ Man River). Eine bessere Antwort erhält Magnolia später von Julie, die zwar ahnt, dass der Fremde ein Taugenichts ist, aber auch weiß, dass gegen die Liebe kein Kraut gewachsen ist (Can’t help lovin‘ dat man of mine). Die schwarze Köchin Queenie ist erstaunt, dass Julie dieses Lied kennt, aber den Grund dafür erfährt man erst später, als der rachsüchtige Pete dem Sheriff verraten hat, dass Julie ein Halbblut ist und deshalb im Staat Mississippi nicht mit einem Weißen verheiratet sein darf. Panikartig schneidet Steve seine Frau in den Finger, saugt Blut aus der Wunde und kann nunmehr behaupten, dass auch in seinen Adern „Niggerblut“ fließe. Der Sheriff muss das anerkennen, verbietet den beiden aber, in seiner Stadt aufzutreten. Traurig muss Andy seine Hauptdarsteller gehen lassen. Elsie, die ihre Rolle übernehmen möchte, warnt noch alle, dass das Leben auf der Bühne kein Zuckerschlecken sei (Life Upon the Wicked Stage), aber Andy befiehlt seiner Tochter Magnolia, Julies Rolle zu übernehmen und engagiert Ravenal als Ersatz für Steve. Den beiden fällt es nicht schwer, in den Liebesszenen des Melodrams zu überzeugen, und sie werden ein erfolgreiches Paar – nicht nur auf der Bühne, wie ihr großes Liebesduett belegt (You Are Love). Da hört Parthy, dass Ravenal ein Mörder ist. Als der Sheriff erklärt, dass der Richter die Tat als Notwehr erklärt hat, brüstet sich Andy, dass ihm einmal etwas Ähnliches passiert sei. Großmütig willigt er ein, dass Magnolia und Ravenal heiraten. Parthy bleibt nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
Zweiter Akt
Sechs Jahre sind vergangen. Man schreibt das Jahr 1898. Magnolia und Ravenal leben in Chicago, wo gerade die Weltausstellung ihre Pforten geöffnet hat und zahlreiche Schausteller ihre Attraktionen anpreisen (At the Fair / Dandies on Parade). Gaylord hat gerade eine Glückssträhne, und Magnolia und er sind glücklich (Why Do I Love You?). Das Glück hält jedoch nicht lange vor, und bald nach der Geburt ihrer Tochter Kim verlässt Ravenal seine Frau, weil er es nicht ertragen kann, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine Familie zu unterhalten. Magnolias Freunde Frank und Julie beschaffen ihr einen Job als Sängerin bei einer Neujahrsfeier. Sie ahnen nicht, dass die Mulattin Julie ebenfalls dort engagiert ist. Sie wurde zwischenzeitlich von ihrem Steve verlassen und singt eine wehmütige Ballade, weil sie ihn nicht vergessen kann (Bill). Als Magnolia zum Vorsingen antritt und das Lied Can’t help lovin‘ dat man of mine vorträgt, das Julie ihr einst beigebracht hatte, erkennt diese das Schicksal, das Magnolia getroffen hat und zieht sich stillschweigend aus der Truppe zurück, so dass die nichtsahnende Magnolia ihre Rolle übernehmen kann. Am Neujahrsabend wird Magnolia von ihren Erinnerungen übermannt und fast von der Bühne gebuht. Zum Glück befindet sich Captain Andy auf einem Überraschungsbesuch im Publikum, und gemeinsam mit Magnolia stimmt er den Klassiker After the Ball (aus dem sehr frühen Musical A TRIP TO CHINATOWN von Charles K. Harris) an und vermag so das Publikum umzustimmen. Magnolia wird der neue Gesangsstar von Chicago.
Wiederum vergehen 20 Jahre. Der alte Joe arbeitet immer noch auf der „Cotton Blossom“ und singt sein Ol‘ Man River. Zufällig trifft Captain Andy auf Ravenal und arrangiert ein Treffen mit Magnolia, die sich vom Showgeschäft zurückziehen und auf das Schiff ihres Vaters zurück kehren will. Bei ihrem Treffen umwirbt Ravenal Magnolia erneut mit einer Reprise seines You Are Love, während die Showtradition der Familie von Magnolias Tochter Kim fortgesetzt wird, die es sogar zum Star am Broadway gebracht hat und nunmehr als Hauptattraktion des Show Boats das Publikum mit einer Version des Why Do I Love You im Charleston-Rhythmus unterhält. Indessen schämt sich Gaylord zu sehr um seine Frau um Verzeihung zu bitten. Magnolia jedoch, die nie aufgehört hat ihn zu lieben, vergibt ihm, und das wiedervereinigte Paar geht frohgemut auf das Schiff, wo ein letztes Mal die unsterbliche Hymne an den Mississippi erklingt.
Fortsetzung folgt
Rideamus