Größen der Popmusik - Prince
Liebe Cappricisten,
ich möchte mit diesem Thread einer Anregung von Aquarius folgen (vielen Dank dafür!) und einen Beitrag zu einem mir persönlich sehr am Herzen liegenden Vertreter der Popmusik verfassen, nämlich Prince. Wenn ich Aquarius richtig verstanden habe, so fände er es schön, wenn sich nach und nach mehrere Threads dieser Art zu bedeutenden Vertetern der Popmusik ergeben würden, weshalb ich dem Thread einen potentiell serientauglichen Titel gegeben habe. Sollte sich ein entsprechendes Interesse nicht entwickeln, so kann man das ja noch ändern.
Nun aber zum eigentlichen Thema:
Lebensstationen
Prince (bürgerlich Prince Rogers Nelson, geb. 1958 in Minneapolis/Minnesota) gilt als einer der talentiertesten Musiker im Popbereich. Er hat eine wechselvolle Kindheit durchlitten (Trennung der Eltern, zerrüttetes Verhältnis zum Stiefvater) und in der Musik (sein Vater war Jazzmusiker, die Mutter soweit mir bekannt Sängerin) seine Zuflucht gefunden. 1978 erhielt Prince im zarten Alter von 19 Jahren nach der Mitwirkung in verschiedenen Bandprojekten einen Solo-Plattenvertrag mit Warner Bros., der ihm weitreichende Freiheiten zusicherte (z. B. daß er sein eigener Produzent sein durfte), es folgte im selben Jahr das Debüt mit dem Album "For you". In den 80er Jahren stieg Prince zum Superstar auf, den man auf einer Stufe mit Michael Jackson und Madonna sah. Sein Album "Purple Rain" wurde 1984 zum internationalen Megaseller, der zugehörige Kinofilm fand vor allem in den USA großen Zuspruch. Anschließend gab es einen musikalischen Stilwechsel, der Prince zum Kritikerliebling machte, Ende der 80er Jahre gingen jedoch die Plattenverkäufe zurück. Anfang der 90er Jahre gab es eine kurze kommerzielle Erholung (v.a. durch das Album "Diamonds and Pearls"), Prince aber zerstritt sich mit Warner Bros. Was folgte war eine der bizarrsten Episoden der Popgeschichte: Prince legte, um aus seinem Vertrag mit Warner Bros. auszubrechen, seinen Namen ab und gab sich als neuen Namen ein unaussprechliches, selbst kreiertes Symbol. (Bevor jemand fragt: mein Nick hat nur begrenzt etwas damit zu tun, er hat eher eine Korrelation zu meiner Schulzeit, aber das gehört hier nicht her.) Es ergab sich eine Periode der Konfusion, da z. T. Alben unter dem Namen "Prince", z. T. unter dem neuen "Namen" erschienen. Endgültige Auflösung fand diese Situation erst im Jahr 2000, als Prince seinen alten Namen aufgrund des ausgelaufenen Plattenvertrages wieder annehmen konnte. Da er in den späten 90er Jahren eine künstlerische Krise durchlitten hatte, nutzte er die ersten Jahre des neuen Jahrtausends zu einer Art künstlerischer Selbsttherapie und veröffentlichte teils ungewöhnliche Musik in Eigenregie, v.a. online. Im Jahr 2004 betrat er wieder die große Bühne, es gab die Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall of Fame (inkl. eines Tribut-Auftritts zu Ehren des verstorbenen George Harrison, bei dem Prince ein Gitarrensolo ablieferte, welches den Anwesenden die Sprache verschlug), einen Auftritt bei den Grammys, ein neues Album ("Musicology") und die kommerziell erfolgreichste Tour des Jahres in den USA. In den Folgejahren ergaben sich weitere kommerzielle Erfolge, z. B. einen Rekord mit einer Serie von 21 ausverkauften Konzerten innerhalb einiger Wochen in London in der O2 Arena (welche immerhin ca. 20 000 Personen faßt!). Privat war Prince zweimal verheiratet, ist aber jeweils geschieden worden. 1996 kam es zu einer schweren Tragödie, als sein erstes und einziges Kind, ein Sohn mit Namen Gregory, mit schwersten Mißbildungen zur Welt kam und kurz nach der Geburt starb. Man spekuliert, daß dies die Ursache für die nachfolgende künstlerische Krise bis ca. 2001 und auch für das Ende seiner ersten Ehe gewesen sein könnte. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist Prince übrigens nicht homosexuell, auch wenn er früher ein androgynes Auftreten pflegte und auch heute noch ungewöhnliche Kleidung, üppiges Makeup und häufig High Heels trägt. Prince gilt als sehr religiöser Christ und soll seit einigen Jahren Mitglied der Zeugen Jehovas sein. Persönlich gilt er als überaus schüchtern und enigmatisch mit einem deutlichen Hang zum Exzentrischen.
Der Musiker
Prince ist Multiinstrumentalist und auch sein eigener Songwriter und Produzent. Die Kombination dieser Begabungen hat ihn befähigt, z. T. ganze Alben fast allein einzuspielen. Prince beherrscht Gesang, Gitarre, Bass, Tasteninstrumente (Klavier, Keyboard) und Schlagzeug. Seine besonderen Stärken sind auf der Gitarre zu finden, er wird häufig als einer der am meisten unterschätzten Gitarristen der Popmusik bezeichnet (u.a. durch Eric Clapton, zu weiteren Bewunderern seiner Kunst auf diesem Instrument zählt z. B. Steve Vai), seine Fertigkeiten am Bass wurden z. B. durch die exzellente Bassistin Me'shell Ndegeocello gerühmt. Larry Graham, Legende am E-Bass und Erfinder der Slap-Technik, gehört zu seinen engsten Freunden. Im gesanglichen Bereich gilt vor allem Princes exquisites souliges Falsett als bemerkenswert. Prince ist übrigens musikalischer Autodidakt und kann angeblich bis heute keine Noten lesen (was er selbst mal lakonisch mit "I've got a pretty good ear" kommentierte).
Stilistisch ist seine Musik i. W. im Bereich der Black Music, v. a. Funk und Soul, anzusiedeln, allerdings spielt auch der Rock eine große Rolle. Zu seinen musikalischen Idolen zählen u.a. James Brown, Sly Stone und Jimi Hendrix. Prince hat sich jedoch auch immer wieder in musikalisch ungewöhnliche Gefilde begeben, und so gibt es Ausflüge bis in den Akustik-Bereich oder den Jazz. George Clinton bezeichnete ihn einst als "Erneuerer des Funk". Ab 1985 wird immer häufiger eine stilistische Mischung prägend für seine Alben. Prince gilt als ausgezeichneter Live-Musiker mit exquisiten Bands, in denen schon Musiker wie Maceo Parker, Candy Dulfer, Greg Boyer sowie früher Wendy Melvoin und Lisa Coleman spielten.
Eine schier unglaubliche Produktivität ist kennzeichnend für Prince. Er hat angeblich deutlich über 1000 Songs geschrieben (die nur z. T. veröffentlicht sind), über 30 Alben aufgenommen und neben seiner eigenen Musik häufig auch die anderer Künstler geschrieben oder auch produziert. Zu den bekanntesten Songs, die eigentlich aus Princes Feder stammen aber mit anderen Interpreten bekannt wurden, gehören "Nothing compares 2 u" (Sinead O'Connor) und "Manic Monday" (The Bangles). Angeblich nimmt Prince permanant Musik auf, und seine Alben sind jeweils nur eine momentane Auswahl seiner musikalischen Produktion der letzten Jahre.
Empfohlene Alben
Mit einem Prince-Album kann man, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum etwas falsch machen. Trotzdem möchte ich eine kleine Auswahl in chronologischer Reihenfolge geben, an der sich ein Prince-Neuling vielleicht orientieren kann.
Dirty Mind (1980)
Dieses Album ist nicht unbedingt mein musikalischer Favorit, gilt aber als wegweisend für Princes musikalische Entwicklung. Hier kultiviert er erstmals seinen "Minneapolis Sound" der frühen 80er Jahre, eine Variante des Funk mit starker Betonung elektronischer Synthesiser-Klänge. Man könnte auch von einem New Wave-Funk-Punk-Album sprechen. Die Texte sind häufig sexuell explizit, was in den 80er Jahren typisch für Prince war (das Cover ist da recht repräsentativ).
1999 (1982)
Sozusagen das Reifewerk des "Minneapolis Sound". Prince spielt hier Synthesiser-lastigen Elektrofunk vom Feinsten. Das Album beinhaltet die ersten wirklich großen Hits aus seiner Feder, nämlich "1999" und "Little Red Corvette", einen Song, der übrigens nicht von einem Auto handelt!
Purple Rain (1984)
Das kommerziell erfolgreichste Album des Meisters. Der "Minneapolis Sound" wird deutlich durch Elemente aus Rock und Pop aufgeweicht. Zum Album gibt es einen besonders in den USA erfolgreichen Film, von den ausgekoppelten Singles dürften vor allem "When Doves Cry" (ein Meisterwerk des reduktionistischen Elektropops der 80er Jahre - es gibt nicht mal einen Bass) sowie der Titeltrack geläufig sein.
Sign 'o' the Times (1987)
Was für die Beatles "Sgt. Pepper's", ist dieses Album für Prince. Von der ZEIT in die 100 bedeutendsten musikalischen Werke des 20. Jahrhunderts gewählt, kombiniert dieses ambitionierte und größtenteils von Prince allein eingespielte Doppelalbum alle möglichen Stile. Nicht so kommerziell wie "Purple Rain", gilt dieses Werk vielen als das beste Prince-Album seiner (bisherigen) Karriere.
Love Symbol (1992)
Dieses exzellente Album wird häufig übersehen, wohl da es kurz vor dem bizarren Namenswechsel rauskam und nicht die Verkaufszahlen seines Vorgängers "Diamonds and Pearls" erreichte. Prince reist hier erneut durch alle möglichen Stile, man findet sogar Reggae und Bombast-Rock im Stil von Queen auf dem Album.
The Gold Experience (1995)
(ohne Bild)
Dieses Album ist inzwischen leider "out of print". Es spiegelt Princes Seelenlage nach Ausbruch des Streits mit Warner Bros. wider - die Musik ist häufig rauh, es dominieren Rock und z. T. mit heftigen Beats versehener Funk. Damit dokumentiert das Album eine extrem produktive Phase im Schaffen von Prince, die vielen Fans trotz der widrigen äußeren Umstände bis heute als ein zweites "golden age" (nach den Erfolgen der 80er Jahre) gilt. "The Most Beautiful Girl in the World" war 1994 ein großer Hit.
Emancipation (1996)
(ohne Bild)
Ein Tripelalbum mit dem vielleicht besten, melodiösesten und klarsten Songwriting in der Karriere von Prince. Er war hier bereits weitgehend aus dem Warner-Vertrag befreit und feierte mit diesem Album seine neu gewonnene Freiheit. Die gesamte zweite CD erscheint wie eine große Liebeserklärung an seine damalige Frau Mayte.
The Rainbow Children (2001)
Dieses aufregende, durch religiöse Inhalte inspirierte Funk-Fusion-Jazz-Konzeptalbum kann als künstlerische Wiedergeburt nach einer kritischen Phase in den späten 90er Jahren gelten. Ein echter Geheimtipp!
3121 (2006)
(ohne Bild)
Ein weiterer Geheimtipp für all diejenigen, die den etwas kommerzielleren Prince neueren Datums erkunden wollen. Stilistisch erneut sehr vielseitig!
aktuelles Album:
Lotusflow3r (2009)
(ohne Bild)
Ein Set von 3 CDs. Die erste enthält meiner Meinung nach das kohäsivste Rock-Studioalbum, das Prince bisher aufgenommen hat, mit einigen großartigen Momenten an der Gitarre. Die zweite CD "MPLSound" bietet elektronisch dominierten Retro-Funk, die dritte ist ein von ihm geschreibenes und produziertes R'n'B-Album für die Sängerin Bria Valente mit dem Namen "Elixer". Leider ist das Set momentan nur als US-Import oder als Download von Princes Webseite verfügbar, für die allerdings eine Mitgliedsgebühr von 77 $ fällig wird.
Den Prince-Neulingen viel Spaß beim Hören, und vielleicht ergibt sich mit den Prince-Vertrauten eine kleine Diskussion über dies und das!