M&M: Musik und Mathematik

  • in phytagoräischer Stimmung


    Eben! Und wer spielt in pythagoräischer Stimmung?

    Aber wenn Du auf Deiner Orgel die üblichen Ober- und Untertasten hast (egal welche Farbe die nun haben), dann spielst Du mit genau dem Tonvorrat, der ursprünglich mal auf die oben angegebene Weise konstruiert worden war.


    Eben nicht! Sondern mit einem praxistauglich angeglichenen Tonvorrat. Heutzutage mehr oder weniger gleichstufig.

    die nächsten Teilungen liefern die Saitenlängen von e", g", b", c'", d'".


    Mitnichten. Schon das b würde niemand als b akzeptieren.

    Beim as wird es superspannend ...

    Sicher haben die Überlegungen der Pythagoräer irgendwann mal einen Einfluss ausgeübt, aber die Praxis hat dies längst ausgehebelt.

    Gruß
    MB

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • manno, ich glaub, Du willst mich nicht verstehen... :wink:

    Der Unterschied zwischen pythagoräisch und gleichstufig beträgt doch bei einzelnen Tönen nur maximal nicht ganz 10 Cent - ich glaube nicht, daß Du damit begründen kannst. daß das ein völlig anderer Tonvorrat wäre.*) Das ist höchstens gezielte Verstimmung. Das Komma ist eine Abweichung von einem Achtelton, die auf zwölf Quinten verteilt wird!

    Denn: Wie stimmst Du denn gleichstufig? Referenzton stimmen (z.B. a'), dann die Oktave darunter rein (a), dann die Quinte darüber rein (e'), dann das e' homöopathisch tiefer, und so weiter mit reinen Quinten aufwärts, die dann differenziell tiefer verstimmt werden (meist 2 Quinten nacheinander, bis auf cis'-as' und c'-g', bei denen jeweils nur eine Quinte aufwärts gestimmt wird) und dazwischen in reinen Oktaven abwärts im Bereich zwischen g und cis", bis man nach 19 mal wieder beim a' angelangt ist - wenn man es richtig gemacht hat. Der häufigste Anfängerfehler besteht darin, die Quinten zu klein zu stimmen, also zu weit von der reinen Quinte entfernt.
    Mitteltönig stimmst du vom Referenzton eine reine Quinte aufwärts, machst sie dann differenziell kleiner, stimmst von da eine reine Quart abwärts, machst sie differenziell größer, wiederholst das ganze noch einmal, und wenn Du es richtig gemacht hast, dann bleibt nun zurück zum Referenzton eine reine oder nur unwesentlich zu große große Terz. Die Übrigen Töne sind reine große Terzen aufwärts und abwärts von diesem Gerüst.

    Also auch zum Stimmen in gleichstufig oder mitteltönig brauchst Du erst mal reine Intervalle. Und angesichts der Vielzahl der Mensuren historischer Tasteninstrumente (eigentlich ist jedes Instrument ein Unikat) und dem Umstand, daß man beim Abtragen dieser Mensuren auf Logarithmenpapier eine üblicherweise perfekte Gerade mit der theoretisch zu erwartenden Steigung erhält, macht es ziemlich unwahrscheinlich, daß die historischen Instrumentenbauer das per Versuch und Irrtum ("Erfahrung") gemacht haben, zumal es auch genügend theoretische Werke darüber gab. Außerdem ließen sich Fehler nur sehr begrenzt "wegstimmen", da historisches Saitenmaterial nicht beliebig hochgezogen werden konnte (modernes auch nicht), und zu geringe Saitenspannung einfach nur miserabel klingt. Und die Stimmbarkeit von Orgelpfeifen hat auch Grenzen...


    Notabene kann man selbstverständlich auch Kubikwurzeln konstruieren, wenn auch nicht mit Zirkel und Lineal. Das Verfahren ist relativ einfach: Im Prinzip besteht die benötigte geometrische Figur aus einem rechtwinkligen Dreieck ACB (rechter Winkel in B), bei dem die Höhenlinie b die Hypothenuse im Punkt P in zwei Teile der Länge a und c teilt, und zwar so, daß die Dreiecke ABC, APB und BCP ähnlich sind. Nun verlängert man die Höhenlinie b über P hinaus bis zu einem Punkt D, der so liegt, daß auch die Dreieck DCB und DCP ähnlich zu den übrigen sind. die Strecke PD hat die Länge d. Es gilt in dieser Figur: a:b = b:c = c:d.
    Ich spare mir jetzt den Beweis, aber in diesem Fall ist die Länge von c die 3. Wurzel aus a, wenn d=1 ist.
    Das Problem besteht in der Bestimmung der Lage der Punkte B und C, die wie gesagt, nicht mit Zirkel und Lineal möglich ist, wohl aber mit einem Hilfsgerät, das aus einem rechten Winkel besteht, an dessen einem Schenkel ein verschiebbarer Arm im rechter Winkel angesetzt ist - wie z.B. bei einer Schublehre; wir haben also 2 parallele Arme in variablen Abstand und einen rechtwinklig dazu angebrachten Verbindungsarm. wir zeichnen nun ein rechtwinkliges Dreieck APD mit den Katheten der Länge 1 (=d) und a. Jetzt wird der "feste" Arm am Punkt D angelegt, der verschiebbare am Punkt A, und der Abstand der beiden so eingestellt, daß der Scheitel des rechten Winkels, der vom festen Arm mitgebildet wird, auf der Verlängerung der Strecke AP über P hinaus liegt, und der Scheitel des rechten Winkels, der vom verschiebbaren Arm mitbestimmt wird, auf der Verlängerung von DP hinaus liegt. Diese beiden Scheitelpunkte sind die gesuchten Punkte C und B. Damit hat man c = 3. Wurzel aus a.

    Wenn also a=2, dann ist c die 3. Wurzel von 2.

    Das Verfahren war bereits in der Antike bekannt, die Erfindung des Hilfsgerätes ("Schublehre") wird gemeinhin Plato zugeschrieben, der jedoch wohl nichts damit zu tun hatte

    und weiter:
    ist a=2 und errichtet man über c ein gleichschenkliges, rechtwinkliges Dreieck mit c als Hypothenuse, und über einer der Katheten dieses gleichschenklig-rechtwinkligen Dreiecks in gleicher weise wiederum ein gleichschenklig-rechtwinkliges Dreieck, dann ist

    die Länge der Katheten dieses zuletzt konstruierten Dreiecks:
    die 12. Wurzel aus 2...

    Zitat

    Ehrlich: ich hab in Mathe nix gelernt, was mir in der Musik helfen könnte.


    Ich könnte mir vorstellen, daß Du es durchaus zu schätzen weißt, daß Dein Gitarrenbauer die Bünde an der jeweils korrekten Stelle positioniert hat..? :D
    Der Unterschied zwischen einer Traversflöte und einer Böhmflöte ist auch u.a. der, daß bei ersterer die Löcher empirisch angebracht und intoniert wurden, bei letzterer aber ihre Position und Größe berechnet ist.
    Daß der Spieler entsprechende Mathematikkenntnisse nicht vorweisen können muß, bedeutet doch nicht, daß er auch dann spielen könnte, wenn keiner diese Kenntnisse hat: Zumindest bei der Konzeption einiger Instrumente hat die mal irgend jemand haben müssen.

    *) Beim Automotor war die Innovation übrigens auch nur der erste Benzinmotor, alles was dann in den letzten 120+ Jahren daran verbessert wurde, war dann nur mehr vom Gleichen, das Ding läuft immer noch nach dem selben Prinzip mit morphologisch gleichen Bauteilen und dem gleichen Treibstoff.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Ich könnte mir vorstellen, daß Du es durchaus zu schätzen weißt, daß Dein Gitarrenbauer die Bünde an der jeweils korrekten Stelle positioniert hat..?

    Da ist schon was dran...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Der Unterschied zwischen pythagoräisch und gleichstufig beträgt doch bei einzelnen Tönen nur maximal nicht ganz 10 Cent - ich glaube nicht, daß Du damit begründen kannst. daß das ein völlig anderer Tonvorrat wäre.*) Das ist höchstens gezielte Verstimmung. Das Komma ist eine Abweichung von einem Achtelton, die auf zwölf Quinten verteilt wird!


    Na, dann spiel doch mal Bachs Fuge h-moll aus dem WK I auf einem Instrument, das pythagoräisch nach C gestimmt ist - wir sprechen uns dann wieder!

    Maximal 10 Cent ... der Hammer ... das ist eine Welt!

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Nö. Will ich nicht.
    Wenn's Dich beruhigt: ich korrigier mich (mea culpa) +13.7 Cent beim cis, wenn's pythagoräisch nach C gestimmt ist gegenüber gleichstufig. Wobei der Bach auch nicht gleichstufig gestimmt hat

    Aber darum gehts doch eigentlich gar nicht, oder?

    Aber wenn Du meinst, daß eine andere Temperatur gleich einen anderen Tonvorrat begründet und Leute wie Silbermann und Riepp ihre auch damals nicht ganz billigen Instrumente rein empirisch gebaut haben (wieso kann man die heute eigentlich immer noch spielen, wo wir doch einen völlig anderen Tonvorrat benutzen?) - meinetwegen.

    viele Grüße

    Bustopher


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    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Hey Bustopher, bleib ganz locker ... ich hab genauso viel Spaß wie Du! :wink:

    ich glaube nicht, daß Du damit begründen kannst. daß das ein völlig anderer Tonvorrat wäre.


    Hab ich ja auch nicht behauptet.

    Wobei der Bach auch nicht gleichstufig gestimmt hat


    Hab ich auch nicht behauptet.

    Aber wenn Du meinst, daß eine andere Temperatur gleich einen anderen Tonvorrat begründet


    ... siehe oben ...

    Na ja, der Witz ist halt, dass die pythagoräische Stimmung für das, was wir so Musik nennen, unbrauchbar ist. Jedenfalls für >99% davon.

    Jedenfalls - wenn überhaupt: Unsere Musik basiert nicht auf geometrischen Konstruktionsvorschriften, sondern auf einfachen Verhältnissen ganzer Zahlen. 1:2, 1:3, 2:3, 3:4 usw. (Ja, ich weiß, dass man diese Verhältnisse auch geometrisch konstruieren kann.) Das war es, was die Pythagoräer sexy fanden. Übrigens nicht nur in der Musik.

    Mal für die Praxis: Wenn Dein Klavierstimmer Dein Instrument pythagoräisch stimmen würde, könntest Du ihn wegen Schlechtleistung verklagen und würdest wohl recht bekommen. (Sachverständigengutachten)

    Dass man erst eine reine Quinte stimmt und die nach um ein paar Schwebungen verbiegt - ok. Pythagoras als Hilfskonstruktion, als Näherung dessen, was tatsächlich brauchbar ist. So, wie ein Jahr eben nur ungefähr 365 Tage hat. Damit es funktioniert, muss man das Jahr halt alle vier Jahre verbiegen, weil das theoretische Ideal eines Jahres mit einer ganzzahligen Anzahl von Tagen nicht praxistauglich ist. (Und alle 100 Jahre nicht und alle 400 Jahre doch ... die Welt ist kompliziert!)

    Ich meine nur, dass de Überfrachtung unserer Musik mit diesen Zahlverhältnissen völlig unangebracht ist und letztlich insbesondere zu einer Theorie geführt hat, die unseren Tonvorrat als den einzigen naturgegebenen betrachtet und darum als anderen Kulturen überlegen ansieht. Das halte ich für großen Quatsch, da kein Mensch mit reinen Zahlenverhältnissen musiziert. Diese werden als Krücke zum Stimmen herangezogen - meinetwegen, ist ja richtig -, aber sind bis auf die Oktave (und selbst die nicht bei einem gut gestimmten, d. h. oktavgespreizten Klavier) dem gegenüber verstimmt. Die Pytagoräer hätten jemanden, der solches tut, vermutlich umgebracht. Ich bin froh, dass wir da etwas weiter sind und von den Kopfgeburten jener Zeit lösen können.

    Gruß
    MB

    :wink:

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  • Liebe MB,

    Unsere Musik basiert nicht auf geometrischen Konstruktionsvorschriften, sondern auf einfachen Verhältnissen ganzer Zahlen. 1:2, 1:3, 2:3, 3:4 usw.:


    Leider nicht, außer, du verlangst extra eine reine Stimmung. Unsere Musik basiert auf überall gleichen Abständen von 1200 Cents, überall gleichbleibend schlecht klingend. Das ist, was wir der reinen Stimmung in C und a mit den Wolfsquinten in den entfernten Tonarten vorziehen. DU kannst von C-Dur nach fis-moll wechseln, es geht und klingt nicht mal allzu schlecht.

    Helli

  • Lieber Helli,

    danke für Deine Rückmeldung!

    Bitte lies den Thread mal von vorne: Dass in der Praxis die einfachen Zahlenverhältnisse verbogen werden, und dass dies höher zu bewerten ist als die Nähe zu den "reinen Verhältnissen", ist mein Standpunkt gegen den von Bustopher.

    Bustopher hatte allerdings obendrein fälschlicherweise behauptet, dass die Pythagoräer mit geometrischen Konstruktionsvorschriften gearbeitet hätten. Das ist leider auch falsch. Zugrunde lagen bei den Pythagoräern einfache Zahlenverhältnisse (1:2, 2:3, 1:3, 1:4, 3:4 usw. - natürlich können die auch geometrisch konstruiert werden, aber das war seinerzeit nicht der Ausgangspunkt). Nicht nur in der Musik.

    Das wollte ich nochmals hervorheben.

    Nochmals danke für Deinen Beitrag.

    Gruß
    MB

    :wink:

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  • Liebes Mauerblümchen,

    ich denke, ich habe jetzt mitbekommen, was du meinst. Ich finde aber, ob die Pythagoräer nun erst gerechnet und dann konstruiert haben oder anders herum, ist für das Ergebnis ohne Belang. Und wir sind hier ja aller derselben Meinung, dass nämlcih für die derzeitigen Musikdarbietungen die gleichstufigen Stimmung am zweckmäßigsten ist.

    Menno, irgendwo hatte ich mal eine tolle Tabelle mit den Cent-Werten der verschiedenen Stimmungen, aber die finde ich leider nicht mehr.

    Vielleicht kennt jemand diese CD, Michael Harrison "From Ancient Worlds". In reiner Stimmung eingespielt, klingt sehr schön!

    Ein recht großer Teil der von mir konsumierten Musik (beatless ambient) ist übrigens modal und wäre daher für reine oder pythagoreische Stimmungen gut geeignet.

    Helli

  • Bustopher hatte allerdings obendrein fälschlicherweise behauptet, dass die Pythagoräer mit geometrischen Konstruktionsvorschriften gearbeitet hätten. Das ist leider auch falsch. Zugrunde lagen bei den Pythagoräern einfache Zahlenverhältnisse (1:2, 2:3, 1:3, 1:4, 3:4 usw. - natürlich können die auch geometrisch konstruiert werden, aber das war seinerzeit nicht der Ausgangspunkt).

    Mit welchen Methoden haben die Menschen von der Antike bis in die beginnenden Neuzeit herausgefunden, daß zwei gleiche Saiten mit gleicher Spannung, aber unterschiedlicher Länge genau dann schwebungsfrei klingen, wenn sich ihre Längen wie kleine rationale Brüche verhalten? Daß das die Pythagoräer waren, die das herausgefunden haben sollen, ist ja eher ungewiss: Die überlieferten Versuche mit Hämmern unterschiedlichen Gewichts wurden ja schon von Ptolemaios als nicht aussagefähig und ihr vorgebliches Ergebnis als falsch kritisiert und die gleichfalls überlieferten Versuche mit Bronzescheiben unterschiedlicher Dicke (Hippasos) lassen ja genau diese Erkenntnis nicht zu. Es ist auch fraglich, ob es im 5. Jh. v.Chr. schon Monochorde mit verstellbaren Stegen gab. Der fragliche Zusammenhang zwischen Saitenlängenverhältnis und Schwebung bzw. Schwebungsfreiheit ist nämlich a priori nicht selbstverständlich, wenn man über die physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Schallerzeugung auf Saiten noch nichts weiß. Das ist dann erst einmal nur die phänomenologische Beschreibung einer Beobachtung.

    • Wie haben sie dabei die tatsächlichen Längenverhältnisse ermittelt?
    • Und wie haben sie ermittelt, daß diese Beobachtung universell ist, unabhängig von den tatsächlichen Saitenlängen?

    A priori ist auch das ohne weitere Kenntnisse nicht selbstverständlich, das Ergebnis hätte ja auch ein Artefakt des individuellen Versuchsaufbaus gewesen sein können. Wie haben sie also die ermittelten Verhältnisse auf Monochorde abweichender Baugröße übertragen? In der Beschreibung von Guido von Arrezo wird dazu von der ganzen Saitenlänge (= Γ (Gamma) = Sol) zunächst ein Neuntel abgeteilt (A), dann vom Rest wieder ein Neuntel (B quadratus), dann vom Ganzen ein Viertel (C), dann jeweils ein Viertel ausgehend von den ersten zwei Teilungspunkten usw....

    • Wie teilt man eine gegebene Strecke in z.B. neun gleiche Teile - exakt, und zwar mit den Möglichkeiten der Antike und des Mittelalters?


    Sag jetzt nicht: Mit dem Meterstab. So etwas war seinerzeit im Sinne der reinen Lehre ziemlich verpönt (Ist es bei den Mathematikern immer noch: weil zu ungenau! Der Anekdote nach soll Apollonius von Perge den Ausschluß des Archimedes aus der Akademie von Alexandria gefordert haben, als dieser - Skandal! - das Volumenverhältnis von Zykinder, Kegel und Halbkugel durch Auswägen von Holzmodellen, also durch Messung bestimmt hat). Und sogar wenn sie das getan hätten, bleibt neben dem metrologischen Problem der Existenz eines Maßstabes geeigneter und hinreichend feiner Teilung und der damaligen Schwierigkeiten beim Rechnen mit Brüchen (die es auch noch über tausend Jahre später bei Alcuin gab! Zur Erinnerung: Es gab noch keine Dezimalbrüche mit Stellensystem...) die Frage, wie denn dann der Maßstab geteilt wurde: Das Problem wird so nur auf eine andere Ebene verlagert ohne es zu lösen.

    • Und schließlich, was denn unter diesen Prämissen die einfachste der damals bekannten Methoden ist, derartige Teilungen vorzunehmen?


    Da meine Behauptung Deiner Meinung nach falsch ist, hast Du auf alle diese Fragen sicher eine befriedigende Antwort.

    Your turn... :wink:

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Lieber Bustopher!

    Mit welchen Methoden haben die Menschen von der Antike bis in die beginnenden Neuzeit herausgefunden, daß zwei gleiche Saiten mit gleicher Spannung, aber unterschiedlicher Länge genau dann schwebungsfrei klingen, wenn sich ihre Längen wie kleine rationale Brüche verhalten?

    Wie haben sie dabei die tatsächlichen Längenverhältnisse ermittelt?
    Und wie haben sie ermittelt, daß diese Beobachtung universell ist, unabhängig von den tatsächlichen Saitenlängen?


    Der Ansatz war andersherum: Sie haben nicht etwa getrachtet, schwebungsfreie Zusammenklänge zu erzeugen.

    Sondern sie haben alles, was sich durch einfache Zahlenverhältnisse darstellen ließ, als schön angesehen. Mit anderen Worten: Sie haben nicht erst gehört und dann gemessen, was schön klingt; sondern sie haben postuliert, dass nur schön klingen kann, was einfache Zahlenverhältnisse hat.

    Wie teilt man eine gegebene Strecke in z.B. neun gleiche Teile - exakt, und zwar mit den Möglichkeiten der Antike und des Mittelalters?


    Sehr einfach.

    Sei AB die gegebene Strecke. Wir ziehen nun durch A eine Gerade g, die nicht durch B geht. Auf dieser Geraden g tragen wir, ausgehend von A, neunmal dieselbe Distanz ab (bspw. die Länge der Strecke AB). Sei C der "Endpunkt" des neunten Abtragens.

    Nenne h die Gerade durch B und C.

    Nun wird durch jeden "Endpunkt" des Abtragens (den 8., 7., 6., ... usw.) die Parallele zu h konstruiert, was mit Zirkel und Lineal möglich ist. Die Schnittpunkte dieser Parallelen mit AB liefern die gewünschte Teilung.

    Das dürfte auch Deine letzte Frage beantworten.

    Die Legende von der Inkommensurabilitätenkrise der Pythagoräer gehört wohl tatsächlich in das Reich der Legenden.

    Warum man keine Kugelvolumina, Zylindervolumina usw. mit Zirkel und Lineal bei gegebenem Radius darstellen kann, lernt man in der Algebra. Kurz gesagt, bilden die Koordinaten der mit Zirkel und Lineal konstruierbaren Punkte einen Teilkörper der reellen Zahlen, der keine transzendenten Zahlen enthält (also nicht Pi) und auch bestimmte Wurzelausdrücke nicht (Winkeltrisektion, Delisches Problem).

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Angeregt durch meine Lektüre des Abschnitts über Stimmungen im eingangs vorgestellten Buch, habe ich mich mal wieder mit einem Thema beschäftigt, das mich sehr stark aus aufführungspraktischer Sicht interessiert, nämlich der Frage, inwieweit Intonation zu zwecken der Interpretation genutzt werden kann. Zunächst mal einige subjektive Vorbemerkungen: Mein erstes Interesse am Thema fällt zeitlich zusammen mit dem Wechsel meines Primärinstruments von der Orgel zur Stimme. Als Organist beschäftigt man sich zwar mit Stimmungen, ist aber gewohnt, eine Stimmung als gegeben hinzunehmen bzw. entwickelt leicht einen gewissen Pragmatismus gegenüber Stimmungen. Für die alltägliche Interpretationspraxis spielen Stimmungen eher eine untergeordnete Rolle, Als Sänger ist die Perspektive ganz anders: Gerade in der Vokalpolyphonie ist die Stimmung ja nicht eine gegebene Konstante, sondern es wird vielmehr jeder Ton bewusst "intoniert", d.h. man entscheidet sich (was beim Singen ein sehr konkreter körperlicher Prozess, also eine Muskeleinstellung ist) für ein Tonhöhe. Natürlich sind dem Grenzen gesetzt, man führt natürlich ein Werk entweder in mitteltöniger oder in temperierter Stimmung auf etc. - aber, innerhalb dieser Grenzen gibt es viele konkrete Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen können bedeuten, dass man aus interpretatorischen Gründen gewisse Quinten pythagoräisch intoniert und gewisse Quinten gleichstufig. In der Praxis geschieht das sehr oft, und erfahrene Chorleiter haben ein Ohr dafür, ob diese Terz enger oder diese Quarte weiter zu nehmen ist. Was mich immer schon beschäftigt hat, ist die Frage, inwieweit diese Intonationsentscheidungen eine mathematisch-physikalische Grundlage haben, und inwieweit hier eine willkürliche Entscheidung des Interpreten vorliegt (bzw. was ein Interpret mit solch einer Entscheidung ggf. bewirkt). Erfordern gewisse harmonische Fortschreitungen eine Quinte höher oder tiefer zu intonieren? Spielt es für die Intonation eine Rolle, wie weit man von der Grundtonart entfernt ist? Diese Fragen, z.T. technischer und z.T. interpretatorischer Natur, muss man als Sänger in der ein oder anderen Form für sich beantworten. Meine derzeitige, noch unfertige Position zu dem Thema ist, dass die "Instabilität" des pythagoräischen Systems unter Transposition ein ganz grosses Geschenk ist, weil sie - Komponisten und Interpreten - zu einer Lösung zwingt, diese aber nicht vorgibt. Dabei sind die historisch gewählten Wege des Umgangs sicher nicht die einzig möglichen, aber man sollte sich natürlich damit beschäftigen. Wenn ich mehr Zeit habe, werde ich versuchen, diese Gedanken hier fortzuführen.

    :wink: Konrad (der leider gerade wenig Zeit hat, aber die Diskussionen hier mit Gewinn liest)

  • In der Praxis geschieht das sehr oft, und erfahrene Chorleiter haben ein Ohr dafür, ob diese Terz enger oder diese Quarte weiter zu nehmen ist. Was mich immer schon beschäftigt hat, ist die Frage, inwieweit diese Intonationsentscheidungen eine mathematisch-physikalische Grundlage haben, und inwieweit hier eine willkürliche Entscheidung des Interpreten vorliegt (bzw. was ein Interpret mit solch einer Entscheidung ggf. bewirkt). Erfordern gewisse harmonische Fortschreitungen eine Quinte höher oder tiefer zu intonieren? Spielt es für die Intonation eine Rolle, wie weit man von der Grundtonart entfernt ist?


    Man kann anstreben, im Streichquartett, im Bläserquintett, im a-capella-Chor "lokal rein" zu singen, d. h. schwebungsfrei, Dur-Akkord in Grundstellung = 4:5.6. - Wird eine andere Tonart erreicht, so singt man diese dann wieder "lokal rein".

    Bei 12töniger Musik wird es schwierig, hier ist wohl nur gleichstufiges Musizieren angemessen.

    Harnoncourt sagte bei seiner Zweitaufnahme der "Jahreszeiten" von Haydn mal, dass er bestimmte Tonarten bevorzugt rein intonieren ließ (F-Dur beispielsweise), andere Tonarten aber nicht. War, glaube ich, ein Interview in FonoFoum. Ich suche mal.

    Viele Grüße
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Die mathematisch-physikalische Grundlage für die Bevorzugung reiner Terzen (Quinten sowieso) ist, dass dann möglichst viele Obertöne zusammenfallen, was unserem Ohr "konsonanter" erscheint - es sei denn, unser Ohr ist durch Training so verbildet, dass es "große große" Terzen wünscht, obwohl die sehr unrein sind. Letztere Unart ist vor allem bei nicht-HIP-Streichern verbreitet (gewesen?).

    Dass die Stimmungssysteme und ihre Verbiegungen das Gebiet darstellen, das am ehesten entdeckt werden kann, wenn man sich auf die Suche nach Zusammenhängen zwischen Musik und Mathematik begibt, zeigt mE, dass Musik nicht viel mit Mathematik zu tun hat.
    :wink:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • D'accord! Aber das ist ja erst einmal nur der Arbeitsauftrag. Ein Gebäude mit entsprechenden Proportionen zu bauen, ist nicht schwer. In der Musik muß man aber erst einmal entsprechende Parameter finden - Die Tonhöhe bietet sich da ja an - und dann eine Methode zur passenden Quantifizierung erarbeiten:

    Zitat von »bustopher« Wie teilt man eine gegebene Strecke in z.B. neun gleiche Teile - exakt, und zwar mit den Möglichkeiten der Antike und des Mittelalters?

    Sehr einfach.


    ...ich kenne das Verfahren. Die Frage war eher rhetorischer Art... ;+)

    Wobei, wie gesagt, es nicht ganz unumstritten ist, ob Versuche mit dem Monochord zur Zeit der Pythagoräer überhaupt bereits möglich waren, die Geschichte mit den Schmiedehämmern und deren Gewicht bereits in der Antike als Unsinn erkannt wurde und die Versuche mit den Bronzeplatten (oder Glocken?) mit den damaligen Mitteln eigentlich keine Systematisierung des Phänomens erlaubt haben sollten. Überliefert ist uns das alles ja von Autoren, die sehr viel später gelebt haben (Boethius, Cassiodorus, Augustinus...). Insofern bin ich eigentlich geneigt, anzunehmen, daß da zwar Pythagoras draufsteht, aber das, was drinnen ist, erst sehr viel späteren Datums ist und mit den Pythagoräern und ihrem Verständnis des Kosmos eher post hoc in Verbindung gebracht wurde.

    Das dürfte auch Deine letzte Frage beantworten.

    Das wollte ich doch nur von Dir hören! :prost:

    Gerade in der Vokalpolyphonie ist die Stimmung ja nicht eine gegebene Konstante, sondern es wird vielmehr jeder Ton bewusst "intoniert", d.h. man entscheidet sich (was beim Singen ein sehr konkreter körperlicher Prozess, also eine Muskeleinstellung ist) für ein Tonhöhe.

    Natürlich sind dem Grenzen gesetzt, man führt natürlich ein Werk entweder in mitteltöniger oder in temperierter Stimmung auf etc.


    Also meine Erfahrung: Wenn Sänger oder/und Streicher unter sich sind, dann spielen die alles mögliche, nur keine bestimmte Temperatur. Und ja: Unter sich tendieren sie zu einer eher reinen Stimmung. Nach ein paar Stunden Vokalpolyphonie klingt auch ein frisch (gleichstufig) gestimmtes Klavier ein bisschen schräg.

    und inwieweit hier eine willkürliche Entscheidung des Interpreten vorliegt (bzw. was ein Interpret mit solch einer Entscheidung ggf. bewirkt).


    Ich glaube, das hat wirklich hörpsychologische Gründe - z.B die 3. oder 7. Stufe höher nehmen, um den Leittoncharakter stärker zu betonen, oder auch tiefer, um ihn etwas zu verwischen. Kann bewußt eingesetzt werden, aber auch unbewußt geschehen

    Die Einzigen, die wirklich gleichstufig temperiert spielen müssen, sind die gebundenen Zupfinstrumente (haben sie auch schon immer, geht gar nicht anders), die Tasteninstrumente haben wenigstens die Wahl der Temperatur. Naturtoninstrumente (Blech...) können nur rein, und die Holzbläser haben zumindest in Grenzen etwas Einfluß auf die Intonation (was jeder bestätigen können wird, der schon mal zwei Kinder ein Duett auf der Blockflöte spielen gehört hat...), Harmonikainstrumente übrigens auch: blue notes auf der Bluesharp...

    viele Grüße

    Bustopher


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    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Die Einzigen, die wirklich gleichstufig temperiert spielen müssen, sind die gebundenen Zupfinstrumente (haben sie auch schon immer, geht gar nicht anders),


    Also die gebundenen Streichinstrumente spielen nach Möglichkeit auch rein - indem sie mit den Griffingern an den Saiten ziehen. Würde mich wundern, wenn das bei den Zupfinstrumenten und deren Darmsaiten nicht ginge und Praxis wäre.
    :wink:

    Edit: Verstehe ich "gebunden" richtig als "mit Bünden"?

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  • Zitat

    Edit: Verstehe ich "gebunden" richtig als "mit Bünden"?


    ja

    Zitat

    Also die gebundenen Streichinstrumente spielen nach Möglichkeit auch rein - indem sie mit den Griffingern an den Saiten ziehen. Würde mich wundern, wenn das bei den Zupfinstrumenten und deren Darmsaiten nicht ginge und Praxis wäre.


    Durch Ziehen läßt sich aber nur höher temperieren. Es muß - egal in welcher Temperatur gespielt wird - aber in Summe über die Oktave auf 1200 Cent aufgehen. Deswegen liegen auch immer einige Töne (egal in welcher Temperatur) tiefer als der jeweils entsprechende gleichstufig temperierte...

    Dass die Stimmungssysteme und ihre Verbiegungen das Gebiet darstellen, das am ehesten entdeckt werden kann, wenn man sich auf die Suche nach Zusammenhängen zwischen Musik und Mathematik begibt, zeigt mE, dass Musik nicht viel mit Mathematik zu tun hat.


    guggsdu z.B. da:

    "http://de.wikipedia.org/wiki/Tonstrukt…e_Beschreibung)"

    ausserdem sollte man nicht aus dem Umstand schließen, daß die Berechnung von Proportionen und Brüchen (der historische Aspekt) nicht mehr fordert als Kenntnisse im Einmaleins und Bruchrechnen, daß das über die größere Zeit der Existens des homo sapiens ebenfalls nur triviale Probleme waren. Schriftliche Multiplikation und Division mit römischen Zahlen ist zwar möglich, aber doch etwas aufwendiger als das, was man heute in der Grundschule lernt, vom Umgang mit Brüchen oder gar irrationalen Zahlen mal ganz abgesehen (Wie schreibt man z.B. das Ergebnis von Wurzel aus 2 in römischen oder baylonischen Ziffern?). Den Satz des Pythagoras kennt heute auch jeder Hauptschüler (sollte ihn zumindest kennen): Das heißt aber nicht, daß dessen Formulierung seinerzeit kein erkenntnisgeschichtlicher Meilenstein war.

    Und daß heute jeder Gitarrenbauer die Bünde fix in das Grifbrett fräsen und mit Draht auslegen kann, ist auch erst mit der Erfindung der Logarithmen möglich geworden. Vorher mußte sich die der Spieler selber aus alten Saiten um den Instrumentenhals binden (daher der Name!) und ihre Position durch Versuch und Irrtum bestimmen. Und wenn die Luftfeuchtigkeit mal höher war, sind diese Bünde weiter geworden und dann im schlechtesten Fall verrutscht...

    Von der Berechnung der Mensur von Orgelpfeifen oder Klaviersaiten wollen wir gar nicht reden. Von der Festlegung von Lage und Größe der Löcher auf modernen Blasinstrumenten auch nicht.

    Im übrigen gäbe es da vor allem in der Zeitgenössischen Musik ja auch noch die algorithmische Musik, Anwendung von stochastischen Prinzipien, von fraktalen Strukturen...

    Man könnte auch ganz traditionelle Musik daraufhin untersuchen, ob die Anwendung harmonischer Regeln nicht zu einer Art Markov-Prozeß führt, da die Wahrscheinlichket des Auftretens der Töne in ihrer zeitlichen Abfolge davon abhängt, welche Töne jeweils zuvor erklungen sind...

    oder Kombinatorik: z.B. wieviele auf 12 unterschiedlichen Tönen bestehende Reihen sind möglich (unter Vernachlässigung der relativen Tondauer)?
    (12! = 479001600)

    t.b.c....

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)


  • Das ändert jetzt nichts an meinem oben dargelegten Eindruck.

    Zitat

    Im übrigen gäbe es da vor allem in der Zeitgenössischen Musik ja auch noch die algorithmische Musik, Anwendung von stochastischen Prinzipien, von fraktalen Strukturen...


    OK, so etwas gibt es. Aber in der zeitgenössischen Musik gibt es dann auch Querverbindungen zu allen möglichen anderen Bereichen - da kann man sich dann darüber freuen, dass Musik mit allem und jedem zusammenhängt.

    Zitat

    Man könnte auch ganz traditionelle Musik daraufhin untersuchen, ob die Anwendung harmonischer Regeln nicht zu einer Art Markov-Prozeß führt, da die Wahrscheinlichket des Auftretens der Töne in ihrer zeitlichen Abfolge davon abhängt, welche Töne jeweils zuvor erklungen sind...


    Das mag ich so besonders an diesen disziplinübergreifenden "Forschungen" (ich habe mal so einer Konferenz über Musik und Mathematik beigewohnt) - "ich habe eine Idee, was man noch beforschen könnte, und da würde sicher noch viel herauskommen".

    Zitat

    oder Kombinatorik: z.B. wieviele auf 12 unterschiedlichen Tönen bestehende Reihen sind möglich (unter Vernachlässigung der relativen Tondauer)?
    (12! = 479001600)


    Du kannst Dir auch ausrechnen, wieviele Möglichkeiten es gibt, aus einer vorgegebenen Speisekarte eine Vorspeise, eine Hauptspeise und eine Nachspeise zu bestellen. Dennoch hat Kochen nicht so viel mit Mathematik zu tun.
    ;+)

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Das mag ich so besonders an diesen disziplinübergreifenden "Forschungen" (ich habe mal so einer Konferenz über Musik und Mathematik beigewohnt) - "ich habe eine Idee, was man noch beforschen könnte, und da würde sicher noch viel herauskommen".

    hm... das ist deine private Einstellung zum Thema. Jeder hat das Recht, die Beschäftigung mit irgendwelchen Themen doof und für Zeitverschwendung zu finden, keine Frage.

    Man kann natürlich auch die Frage für uninteressant halten, worauf z.B. die Erwartungshaltung beim Hörer beruht, wie es bei einem Musikstück unmittelbar weitergeht (besonders z.B. in der Barockmusik), und was in diesem Zusammenhang einen Trugschluß zum Trugschluß macht und aufgrund welcher Parameter man beim Hören erkennen kann (hinreichendes Hörtrainig vorausgesetzt), daß ein unbekanntes Stück aus der Renaissance, dem Barock, der Klassik... der Moderne stammt, ob es ein Menuett oder Rock n'Roll ist und gegebenenfalls sogar von welchem Komponisten? Die Frage nach Mustererkennung. Die Frage mit welcher Wahrscheinlichkeit Ereignis A mit Ereignis B verknüpft ist.

    Das hier beispielhaft Angeführte ist auch kein musikalisches Problem, sondern in der Suche nach geeigneten Parametern ein mathematisches: Das ist ein nicht ganz unbedeutender Unterschied.

    Aus diesem Grund kann man Musik betreiben, ohne sich mit derartigen Fragen zu beschäftigen, genauso, wie man auch autofahren, orgelspielen, das Internet nutzen kann, ohne wissen zu müssen, was jenseits des Armaturenbrettes, des Spieltisches oder des Monitors passiert, und schließlich kann auch jeder Dreijährige radfahren, ohne die geringste Ahnung davon zu haben, welche Prinzipien ihn denn auf den zwei Rädern aufrecht erhalten.

    Macht man aber diese im Sinne der Alltagsbewältigung fraglos trivialen Aussagen zum allgemeinen Programm, die Erscheinungen unserer Umwelt einfach so hinzunehmen, wie sie sind, ohne nach potentiellen Verknüpfungen dazwischen und dem warum und wieso zu suchen, dann wird man nicht um die Feststellung herumkommen, daß unser heutiges Weltbild (und unsere Lebensumstände) allenfalls das eines Naturvolkes wäre, wenn das die Generationen der letzten -sagen wir: 6000 Jahre auch so gehalten hätten. Es ist ein banales Kennzeichen jeder Forschung, daß man immer erst post hoc beurteilen kann, ob "etwas" herausgekommen ist, wobei das "etwas" noch nicht mal exakt kategorisierbar ist, und sich vieles erst rückwirkend aus einer höheren Stufe der Erkenntnis als Irrweg oder als Meilenstein herausstellt.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Naja, jetzt ist schon wieder alles Mathematik, da Du zu allem und jedem versuchen kannst, Wahrscheinlichkeiten aufzustellen, dass es eintritt oder eben nicht.
    ;+)

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