Schostakowitsch : 11. Sinfonie in g-Moll op. 103, "Das Jahr 1905"

  • Hat sich Gielen (im Booklet z.B.) eigentlich dazu geäußert, warum er von allen Schostakowitsch-Sinfonien ausgerechnet die 12. aufgenommen hat? Die Verwandtschaft zu den von Gielen auch nicht sonderlich geschätzten Adams und Reich kann's doch nicht gewesen sein...

    (Falscher Thread, ich weiß...)

    Nein, Gielen äussert sich leider nicht dazu, warum er gerade die Zwölfte aufgenommen hat. Aber er hats nun mal getan - und das sicher nicht ohne Grund. Irgendwas scheint er an dem Werk zu finden...

    Und nun seine Werke als absolute Musik, frei jeglicher politischer Deutung darstellen zu wollen, ist zu kurz gegriffen.

    Nun, ich denke nicht, dass das zu kurz gegriffen ist. Wenn Shostakovichs Musik keine absolute Musik wäre, würden sich heutzutage nur noch ein paar vertrocknete Historiker dafür interessieren und nicht ganze Säle voller musikbegeisterter Hörer. Genauso verhält es sich übrigens mit Beethoven und Mahler.

    Warum sollte man auch im Konzertsaal sitzen und sich ständig sagen: "Ach, wie schrecklich war das damals mit Stalin. Was hat der arme Shostakovich unter dem gelitten. Furchtbar, ganz furchtbar. Dieser böse Kommunismus aber auch."
    Das macht heute zum Glück keiner mehr. Die aussermusikalische Konnotation über Lieder, Gedichte und sonstige Texte halte ich für überflüssig. Diese Musik lebt auch so und zwar in einem existentiellen Sinne. Jeder, der hören kann, merkt das.

  • Die aussermusikalische Konnotation über Lieder, Gedichte und sonstige Texte halte ich für überflüssig.

    Das hättest Du dem Komponisten sagen müssen. So hat er sich nun mal anders entschieden und diese außermusikalischen Konnotationen zum Bestandteil seiner Symphonie gemacht.

    Wenn Shostakovichs Musik keine absolute Musik wäre, würden sich heutzutage nur noch ein paar vertrocknete Historiker dafür interessieren und nicht ganze Säle voller musikbegeisterter Hörer.

    Es wäre mir neu, dass sich für Programmmusik nur vertrocknete Historiker interessieren.

    Christian

  • Zitat von »inland_empire«
    Die aussermusikalische Konnotation über Lieder, Gedichte und sonstige Texte halte ich für überflüssig.

    Das hättest Du dem Komponisten sagen müssen. So hat er sich nun mal anders entschieden und diese außermusikalischen Konnotationen zum Bestandteil seiner Symphonie gemacht.

    Nun, da hast Du mich (bewusst?) falsch verstanden, Christian.
    Ich meinte natürlich den heutigen Hörer von Shostakovichs Musik, der diese Texte nicht braucht, um seine Musik zu verstehen bzw. einen Zugang dazu zu finden.
    Das ergab sich allerdings auch klar aus meinen Worten.

    Zitat von »inland_empire«

    Wenn Shostakovichs Musik keine absolute Musik wäre, würden sich heutzutage nur noch ein paar vertrocknete Historiker dafür interessieren und nicht ganze Säle voller musikbegeisterter Hörer.


    Es wäre mir neu, dass sich für Programmmusik nur vertrocknete Historiker interessieren.

    Habe ich hier den Begriff "Programmusik" verwendet? Nein.
    Wie kommst Du also darauf?

    Wenn Du hier weiterhin mit Verdrehungen und Unterstellungen argumentierst, werde ich Deine Postings ignorieren, ganz einfach.

  • RE Nun, ich denke nicht, dass das zu kurz gegriffen ist.

    Hi,
    lies einfach auch meine nächsten beiden Sätze im Kontext und dann ist alles ok!
    Hier nochmal der gesamte Absatz:
    Gruß aus Kiel

    Zitat


    Und nun seine Werke als absolute Musik, frei jeglicher politischer Deutung darstellen zu wollen, ist zu kurz gegriffen.
    Er wußte, was man von ihm verlangte und lieferte, damit er das andere schreiben konnte.
    Deutlich wird es bei den Streichquartetten. Die 12. jedenfalls hat er der Partei hingeworfen, um mal wieder eine zeitlang Ruhe zu haben.

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Habe ich hier den Begriff "Programmusik" verwendet? Nein.
    Wie kommst Du also darauf?

    Nun, Du hast den Begriff der "absoluten Musik" verwendet, und als deren Gegenteil (für das sich angeblich nur "vertrocknete Musikwissenschaftler" interessieren) wird gemeinhin die Programmmusik verstanden. Dass die Elfte auf einem außermusikalischen Programm basiert, lässt sich wohl kaum bestreiten, sie ist also zweifellos keine absolute Musik.

    Christian

  • Hi,
    lies einfach auch meine nächsten beiden Sätze im Kontext und dann ist alles ok!
    Hier nochmal der gesamte Absatz:
    Gruß aus Kiel

    Was ist "das andere"?

    Und diese permanente Abwertung der Zwölften als Parteitagsschund finde ich unerträglich. Wenn Du sie scheisse findest, bitte, dann hast Du wohl zu viel BRD-Propaganda in den 70ern gehört.

    Dagegen ist für mich vielmehr die Siebte Sinfonie eine schlechte Komposition, die die Bezeichnung C-Musik verdient. Das ist wirklich ein selten schlecht gemachtes Propagandastück, laut, lärmig, einfallslos, leer, hohl, verzichtbar.

  • Ich muss ehrlich sagen, dass ich es absolut unangemessen finde Schostakowitsch´s Sinfonien in A-B-C-Klassen einzuteilen.

    :-OOOO- Man sollte höchsten sagen : "Ich schätze die eine oder ander Sinfonie nicht so hoch" - und dann ist gut. Bei mir wären das die Nr.2, 3, 14. Aber diese in Klassen einzusortieren stände nicht nur mir nicht zu ...

    Die Sinfonien Nr.11 und 12 sehe ich beide für sich als das was sie sind: :thumbup: :vv: Grosse Programmsinfonien des grössten Sinfonikers des 20.Jhd.
    Ich höre Beide gerne und dabei ist mir egal, ob man die eine als Filmmusik und die Andere als Propaganda-Sinfonie betrachtet, denn ich sehe Schostakowitsch grosse Kunst, auch im Bereich Programm-Sinfonien ganz grosse Werke komponieren zu können.

    ;( Und wie man die bekenntnishafte Kriegssinfonie Nr.7 als "verzichtbar u.s.w. (will das nicht noch einmal wiederholen, damit sowas nicht doppel dasteht)" einstufen kann, würde mir ein ewiges Rätsel bleiben, wenn man den Verfasser solch unglaublicher Worte nicht kennen und mittlerweile entsprechend einschätzen könnte ... damit relativiert sich das .. also akhaken, die Sinfonie Nr.7 mit grosser Hingabe und Hörspass unter Swetlanow hören - fertig.

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Ich muss ehrlich sagen, dass ich es absolut unangemessen finde Schostakowitsch´s Sinfonien in A-B-C-Klassen einzuteilen.

    Man sollte höchsten sagen : "Ich schätze die eine oder ander Sinfonie nicht so hoch" - und dann ist gut. Bei mir wären das die Nr.2, 3, 14. Aber diese in Klassen einzusortieren stände nicht nur mir nicht zu ...

    Die Einteilung in "Klassen" finde ich anmaßend und einfach albern. Aber natürlich kann man auch bei Schostakowitsch nicht nur über Geschmack sondern auch über Qualität diskutieren, nur müsste man dann vor allem einmal seine Kriterien benennen. Das fehlte hier leider.


    Christian

  • Dagegen ist für mich vielmehr die Siebte Sinfonie eine schlechte Komposition, die die Bezeichnung C-Musik verdient. Das ist wirklich ein selten schlecht gemachtes Propagandastück, laut, lärmig, einfallslos, leer, hohl, verzichtbar.

    Also ich empfinde den Beitrag 55 als sehr sachlich.


    Ich auch.
    Eskaliert ist die Sache mit Beitrag 67:

    Dagegen ist für mich vielmehr die Siebte Sinfonie eine schlechte Komposition, die die Bezeichnung C-Musik verdient. Das ist wirklich ein selten schlecht gemachtes Propagandastück, laut, lärmig, einfallslos, leer, hohl, verzichtbar.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • Ein hartes Urteil; aber nichts Ehrenrühriges! DS ist kein Säulenheiliger und sein Werk offenbart große Qualitätsunterschiede. Vielleicht formuliert inland so apodiktisch und harsch, weil in vielen Threads und Postings zuweilen ein sehr unkritisches Bild vom Komponisten gezeichnet wird, sowohl, was seine Musik angeht; als auch sein Leben. Er diente immerhin trotz aller anderen Aspekte einem der mörderischsten Systeme der Weltgeschichte und er hat neben großartigen Werken auch Mediokres geschaffen. Vielleicht rührt aus dieser Diskrepanz das scharfe Verdikt.

  • sein Werk offenbart große Qualitätsunterschiede

    Worin zeigen die sich? Ohne Begründung ist der Satz, die Siebte (oder die Elfte oder die Zwölfte oder...) sei "eine schlechte Komposition" genauso ein Nullsatz wie sein Gegenteil. Bringt doch endlich mal ein paar Argumente statt bloßer Behauptungen!

    Christian

  • Worin zeigen die sich? Ohne Begründung ist der Satz, die Siebte (oder die Elfte oder die Zwölfte oder...) sei "eine schlechte Komposition" genauso ein Nullsatz wie sein Gegenteil. Bringt doch endlich mal ein paar Argumente statt bloßer Behauptungen!

    Christian


    In der Musik, lieber Christian, in der Musik. Diese Unterschiede finden sich sogar bei Bach, Mozart, Beethoven.

  • In der Musik, lieber Christian, in der Musik. Diese Unterschiede finden sich sogar bei Bach, Mozart, Beethoven.[/quote]


    In der Musik, lieber Christian, in der Musik. Diese Unterschiede finden sich sogar bei Bach, Mozart, Beethoven.


    Aber nach welchen Maßstäben denn? Beats Per Minute? Politische Parolen je Notensystem? Anzahl Tonika-Aufrufe pro Satz? Gänsehäute beim Hörer pro Minute? Wann ist denn eine Symphonie schlecht, überflüssig und inhaltsleer?

    Die hier ursprünglich folgenden Postings, die sich vom eigentlichen Thema des Threads entfernten, wurden in die Splitter verschoben. AlexanderK, Moderator

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • In eigener Sache

    OH, wie es aussieht, bin ich wohl mit der Schuldige an dem Streit, der oben losbrach, obwohl völlig von mir unbeabsichtigt.
    Also muss ich wohl was erklären.
    Ich unterscheide für mich die Werke Schostakowitschs schon länger in A, B und C Werke. Das hat nicht unbedingt mit deren Qualität zu tun, eher mit dem betriebenen Aufwand und dem zugrundeliegenden Zweck. Informationen dazu stehen in den einschlägigen Biografien.

    Es ist kein Geheimnis, dass auch DS überleben musste und dazu bedurfte es in der SU zweierlei,
    - milde gestimmte Zensoren und Parteifunktionäre und
    - Geld!
    Geld konnte er mit Auftragsarbeiten verdienen, wenn er mal wieder „persona non grata war“, daher die vielen Filmmusiken zwischen 1937 und 1950. Darunter waren üble Propagandaschinken mit denen er dann auch sein Renommee bei der Partei aufpolieren konnte. Auch das „Lied von den Wäldern“ gehört dazu.
    Solche Werke sind für mich in der Kategorie C.

    Wenn man allerdings bedenkt, dass „Komm Brüderchen trink Kosakenkaffee“ Gayaneh von Khachaturian inhaltlich ein wahrlich übles Propagandastück ist, so muss ich zugeben, dass die Musik zum großen Teil hervorragend ist. So geht es mir mit vielen Kategorie C Stücken von DS.

    Der andere Teil betrifft „große“ Auftragsarbeiten und Programmmusiken aber auch Filmmusiken wie Hamlet. Ich zähle dazu die 7., die 11., die 3., König Lear, Cheryomushki, und anderes. Das ist meist tolle Musik,
    Ein wichtiges Kriterium für mich ist dass es ihm gelingt, eine besonders einfache Melodiensprache in den Vordergrund zu stellen, die oftmals was Heroisches hat und dabei gut konsumierbar bleibt.
    Beispiel. „Fünf Tage und 5 Nächte, Das befreite Dresden", wo er mal schnell die „Ode an die Freude" einbaut: Großartige Musik, aber eben Filmmusik. Das ergibt Kategorie B

    Schließlich die Werke, die er schrieb, weil er sie schreiben wollte, darunter Sinfonien, Klavierwerke und wohl (Ich kenne nicht alles!) die gesamte Kammermusik. Werke für die Schublade, weil er sie noch nicht aufführen konnte, solche die er schreiben konnte, weil er sich mit anderen Werken den Kredit erworben hatte, oder weil ein anderer (Prokofjew) mal wieder im Zentrum stand oder, oder.
    Beispiele sind die 4., die er zurückzog, die 8., die 9, für die er „heftige Prügel“ bezog, die 10. Nach Stalins Tod schrieb er sich nicht nur seinen Frust von der Seele und triumphierte mit seinem D-S-C-H die letzten Sätze der Sinfonie sondern schilderte auch ein gematertes Land.
    Dieses sind dann die Werke der Kategorie A

    Das mir dabei Fehler unterlaufen, ist klar.

    So ähnlich legen viele Schriftsteller ihre Werke auch an. Neben den Hauptwerken gibt es vieles, was einfach gemacht werden muss, damit der „Schornstein“ raucht.
    Arno Schmidt hielt sich mit Übersetzungen und Radioessays über Wasser. Neben Poe hat er Wilkie Collins (Die Frau in Weiß) übersetzt. Heute sind Aufnahmen der Radioessays gesuchte Raritäten eines schrulligen Genies.
    Manche haben es noch schlechter, die müssen einem „Brotberuf“ nachgehen, was unter Musikern durchaus die Regel sein dürfte.
    Nur ganz wenige Komponisten, Schriftsteller oder Maler können von den Einnahmen ihrer "Hauptwerke" leben. Spitzwegs Idylle des "armen Poeten" gibt und gab es nicht, schon garnicht in der SU. Manch Ungeliebtes gehört dazu, um die notwendige Kohle zu verdienen, zum Beispiel Stadtschreiber von Kiel, Mitglied einer Kreuzfahrtband, als Begleitmusiker von Andrea Berg. :thumbup:
    Soviel also dazu. Tut mir leid, wenn ich durch einen schnöden Nebensatz so viel Ärger erzeugt habe.

    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Die Sache ist doch ganz einfach.

    1) Jeder darf hier unbegründete Geschmacks- und Werturteile äußern, auch abwertende. Er muss sie nicht begründen.

    2) Jeder hat das Recht, unbegründete Geschmacks- und Werturteile als irrelevant zu bezeichnen und Begründungen einzufordern.

    3) Niemand kann zu solchen Begründungen gezwungen werden.


    Solange das im Rahmen der Forenregeln geschieht, insb. nicht mit persönlichen Beleidigungen verbunden wird, ist das alles in Ordnung. Beleidigungen werden von den Moderatoren, nicht von den Mitgliedern geahndet.


    Konkret: Prinzipiell bin ich an begründeten Meinungen sehr interessiert. Ursprünglich war mein abwertendes Diktum über die Zwölfte im "Eben-gehört"-Thread nur als kleine Provokation gedacht. Als das hier im Thread gelandet ist, habe ich mich erstmal auf meinen persönlichen Geschmack zurückgezogen und nur versucht, für die Elfte ein paar Empfindungen meiner persönlichen Rezeption detaillierter zu benennen. Für weitergehende Aussagen müsste ich beide Werke nochmal durchhören. Selbst dann könnte ich vermutlich allenfalls Begründungsfragmente liefern, da mir die Partituren aktuell nicht vorliegen und meine musikanalytischen Kompetenzen ohnehin sehr begrenzt sind.

    Davon unabhängig bin ich ehrlich interessiert an begründeten Einschätzungen aller Art zu Schostakowitschs Elfter und Zwölfter, gerade auch am Aufzeigen von spezifischen musikalischen Qualitäten.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Beim Hören von Barschais Kölner Aufnahme

    Hallo zusammen,

    ich denke, die Unterteilung in A/B/C-Kompositionen bei DS gibt es in der Literatur allenthalben, manchmal auch bei ihm nahe stehenden Personen. Wenn ich mich recht erinnere, kommt in der lange nicht mehr konsultierten Biographie von Krzysztof Meyer, die ich in der TB-Ausgabe von 1998 kenne, des öfteren das ein oder andere Werk von DS nicht besonders gut weg, ich kann leider kein Beispiel nennen. Manchmal sagt ja aber auch die geringe Anzahl von Bewertungen und Informationen zu einem Stück in einem derartigen Buch etwas darüber aus, dass der Autor nicht die höchste Meinung über ein konkretes Stück hat.

    Oft genug hat sich DS (zum Beispiel auch zur 11. Symphonie im Verlaufe der Komposition) öffentlich geäußert, ich zitiere nach Meyer, S. 394: 'Das Thema dieser Symphonie ist die Revolution von 1905. Dieser Zeitabschnitt in der Geschichte unseres Landes steht mir sehr nahe. Er fand einen ausdrucksstarken Widerhall in den revolutionären Arbeiterliedern. Ich weiß nicht, ob ich diese Melodien in der Symphonie umfassend zitieren werde, aber selbstverständlich wird ihre Musiksprache dem russischen Revolutionslied nahe verwandt sein'.

    Wenn ich es recht verstehe, ist der Einsatz dieser Revolutionslieder ja auch ein Element, mit dem viele Beteiligte nicht so viel anfangen können. Ich will hier gerne preisgeben, dass es mir anfänglich genau so ging. Ich fand den Verzicht auf 'selbst-erfundene' Themen auch bemerkenswert, hätte das auch nicht als Fortschritt angesehen. Andererseits tritt die Verwendung von 'fremden' Themen bei DS ja auch in anderen Werken, z.B. in der 15. Symphonie auf. Vielleicht können die Kritiker des Stücks ausführen, was sie an diesem Stück stört.

    Letztlich hat mir erst ein Konzert (Frühjahr 1999?) mit dem WDR SO unter Semyon Bychkov die ergreifende Qualität des Stücks nahe gebracht, in meiner Erinnerung ist diese Aufführung auch überzeugender geworden als der Mitschnitt beim gleichen Orchester, den ich jetzt höre. Im Programmheft des Konzerts hat man sehr viel auf die Aufeinanderfolge und die jeweiligen Texte der Revolutionslieder hingewiesen, die für die Aussage des Stücks maßgeblich sind. Natürlich wurden die Aussagen von Wolkow (zitiert nach der TB-Ausgabe von 2003, List-Verlag) 'Diese Wiederholbarkeit wollte ich in der Elften Symphonie zeigen. Ich komponierte sie 1957. Und sie bezieht sich auf die Gegenwart von 1957, obwohl ich sie >Das Jahr 1905< genannt habe. Sie handelt vom Volk, das den Glauben verlor, weil der Kelch der Missetaten übergelaufen war.'

    Ich denke, das Stück ist ohne die Texte dieser Lieder nicht wirklich in seiner Aussage zu verstehen. Der Schüler Krzysztof Meyer charakterisiert das Stück so (ebd. 396) 'Die Elemente traditioneller Symphonik, wie sie bei Ludwig von Beethoven und Gustav Mahler vorkommen, verbinden sich in der ersten Hälfte des zweiten Satzes mit Revolutionsliedern und strenger polyphoner Form in der zweiten Satzhälfte.' Krzysztof Meyer mag das Stück offensichtlich, ich kann bestätigen, dass mich eine Live-Aufführung wie die von Semyon Bychkov auf jeden Fall überzeigt hat. Evtl. helfen meine Anmerkungen ja, die Diskussion etwas zu versachlichen.

    Gruß B. Sigges

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Es gibt von Stokowski übrigens auch einen Live-Mitschnitt der Elften mit einem russischen Orchester live aus dem großen Saal des Moskauer Konservatoriums.
    Der sollte doch, jedenfalls was den Orchesterklang betrifft, dann über jeden zweifel erhaben sein? ;+)

    "http://www.amazon.com/Leopold-Stokow…8/dp/B00AC54S92"


    Diesen Live-Mitschnitt von Stokowski vom 7. Juni 1958 gibt es nicht nur auf der von TB verlinkten CD der "Great Artists in Moscow Conservatoire"-Reihe, sondern er ist auch (günstiger) auf Russian Disc zu beziehen:

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

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