JANÁČEK: Věc Makropulos

  • JANÁČEK: Věc Makropulos

    Zu deutsch reichlich schwammig übersetzt : "Die Sache Makropulos"...Diese besagte Sache ist ein schwer einzugrenzende Kategorie, so mysteriös wie die Frau mit der sie zusammenhängt.

    Janaceks vorletzte Oper basiert auf dem gleichnahmigen fantastisch-utopistischen Theaterstück von Karel Čapek, das in seiner ursprünglichen Form als groteske, leicht zynische Komödie daherkommt. Bei Janacek ist dieser Anteil des Stücks deutlich zurückgenommen, der Augenmerk liegt mehr auf der Persönlichkeit der weiblichen Hauptfigur und den tragischen Folgen, die die Sache auf sie hat.

    1. Akt
    Jene besagte geheimnisvolle Frau, die uns in der Oper das erste Mal als Emilia Marty, Opernsängerin, begegnet, betritt eines Tages die Kanzlei des Dr. Kolenaty. Dieser wurde mit dem seit 100 Jahren sich hinziehenden Erbschaftsfall Gregor gegen Prus bbeauftragt, dessen Abschluss kurz bevorsteht, weshalb Albert Gregor ungeduldig die Rückkehr Dr. Kolenatys vom Gericht erwartet. Vorher hat bereits die Tochter von Kolenatys Gehilfe Vitek ihrem Vater von der berühmten Opernsängerin vorgeschwärtmt, und nun steht sie, neben dem ebenfalls kommenden Kolenaty, plötzlich ganz persönlich da. Sie wünscht Genaueres über den in allen Blättern genannten Fall Gregor-Prus zu erfahren. Die Geschichte ist reichlich kompliziert und Kolenaty erklärt: in dem Prozess geht es um das Millionenvermögen des Barons Prus, der 1827 kinderlos starb; um einen ansehnlichen Teil davon, sein Landgut, stritten sein Vetter Emmerich Prus sowie ein junger Mann namens Ferdinand Gregor, der seinen Anspruch aus einer mündlichen Verfügung, wonach ein Herr MacGregor erben solle, ableitete. Albert, der letzte Gregor, kann den von Generation zu Generation verschleppten Prozess nur gewinnen, wenn er ein schriftliches Testament vorlegt. Die Marty, die seltsamerweise genaue Personenkenntnisse schon verriet, beschreibt dem verblüfften Kolenaty auf einmal ganz genau, wo das Testament zu finden ist: im Stammhaus der Prus, in einem Ablageschrank. Ja, sie weiss sogar seinen Inhalt: Dass der Baron Prus sein Gut einem unehelichen Sohn, dem Ferdinand Gregor vermacht habe: seine Mutter sei eine schottische Sängerin namens Elian MacGregor gewesen. Der Rechtsanwalt beschließt der Sache nachzugehen. Gregor ist fasziniert von Martys Schönheit und Rätselhaftigkeit und macht ihr heftige Avancen, obwohl sie ihm auch unheimlich und erschreckend erscheint. Emilia Marty verlangt ein griech. Dokument, das er vom alten Prus geerbt habe. Kolenaty kehrt mit Jaroslav Prus zurück. Die Dokumente wurden gefunden! Noch ist damit aber nicht geklärt, ob jener Ferdinand Gregor wirklich der Sohn des Barons Prus war. Emilia Marty will den Beweis dafür beibringen.

    2. Akt
    Im Opernhauses wartet Prus auf Emilia Marty, die am Vorabend hier einen grossen Erfolg gefeiert hat. Auch anwesend sind sein Sohn und Christa, die ihrem Janek hier klarzumachen versucht, dass es aus sei zwischen ihnen. Die Marty taucht auf und gleich darauf, als weitere Verehrer, Gregor und VÍtek. Die Diva begegnet allen Komplimenten kalt oder mit Grobheiten. Nur dem verrückten, ihr auf Knien huldigenden Hauk-Schendorf gewährt sie einen Kuss: Die Liebe zu einer Zigeunerin, Eugenia Montez, die er in Emilia wieder zu erkennen glaubt, hat ihn vor fünfzig Jahren um den Verstand gebracht. Sobald sich der Verehrerschwarm verlaufen hat, auch der mehr und mehr von ihr faszinierte Janek gegangen ist, stellt ihr Jaroslav Prus einige Fragen. Man habe auch Briefe bei Prus gefunden, feurige Liebesbriefe, alle E. M. gezeichnet; könnte das ausser Elian MacGregor nicht auch Emilia Marty, Eugenia Montez oder am ehesten Elina Makropulos heissen, alles Namen, die er in den Papieren fand? Und ein Makropulos sei als eigentlicher Name des wahren Erben genannt. So habe Gregor keine Chance, als Erbberechtigter anerkannt zu werden. Und alle Dokumente blieben in seinem, Prus' Besitz, auch ein weiteres, versiegeltes griech. Dokument, das sich fand. Die Marty will dieses Dokument unbedingt haben, aber Prus wendet sich schweigend ab. Nun sucht sie Janek, dann Prus selbst um den Preis einer Liebesnacht dazu zu bringen, ihr das Dokument zu verschaffen. Prus verspricht es schliesslich.

    3. Akt
    Prus und Emilia haben die Nacht zusammen verbracht, aber Prus ist von ihr abgestoßen. Angeekelt wirft er ihr das versiegelte Dokument hin. Man bringt ihm einen Brief mit den letzten Worten seines Sohnes: Janek hat sich aus unerfüllter Liebe zu Emilia Marty getötet. Die Sängerin reagiert mit grösster Kälte. Prus stürzt davon. Koletany, Vitek und Christ erscheinen und der Anwalt beschuldigt Emilia der Urkundenfälschung: Ihr Autogramm für Christa und die Unterschrift auf dem hundertjährigen Schriftstück seien gleich. Und sie habe Janek auf dem Gewissen. Die Durchsuchung ihres Gepäcks fördert weiteres Belastungsmaterial hervor so dass Emilia Marty schliesslich ihr entsetzliches Geheimnis preisgeben muss: Sie ist seit dreihundertdreissig Jahren Elina Makropulos, 1576 geboren. Ihr Vater Hieronymus Makropulos, Alchimist in Prag, war Leibarzt Kaiser Rudolfs II. und hat an ihr ein Elixier zur Lebensverlängerung um dreihundert Jahre erproben müssen. Das ist die "Sache Makropulos". Sie ist auch Elian MacGregor und Emilia Montez und trug viele Namen mehr. Ferdinand Prus war der einzige Mann, den sie jemals geliebt hat, ihm überliess sie deshalb auch das Dokument ihres Vaters, welches Prus, in der Hoffnung auf ihre Rückkehr, stets aufbewahrt hatte. Nun läuft ihre Lebensspanne ab, aber sie möchte sie nicht mehr mit Hilfe des Elixiers, nach dem sie so gierig gesucht hat, verlängern. Zusehends verfallend, entsagt sie dem Leben, dessen Dauer ihr den Glauben an die Menschheit, an die Liebe genommen hat und die Seele sterben liess. Sie drängt Christa die Formel des Elixiers auf, die sie nimmt und verbrennt. Emilia Marty bricht tot zusammen.

    Frau Emilia Marty, alias Eugenia Montez, Ellian McGregor, Else Müller, Ekaterina Myskin...die einmal Elina Makropulos war und letztlich immer geblieben ist, sie ist wohl die faszinierenste Frauenfigur von allen, die Janacek geschaffen hat. Er hat die Oper um ihre Tragik gewebt und um die Leere eines unsterblichen Lebens. Eine Frau, die immer gereist ist, sogar in der Zeit und dabei immer mehr sich selbst entfremdet wurde, sowie den Menschen überhaupt, dass ihre Kälte und ihr Zynismus die Menschen in ihrer Umgebung verstört, genauso wie die Aura einer ewigen Schönheit die Männer um den Verstand bringt.
    In gewisser Weise ist sie für mich auch die tragischste Figur von allen, die Janaceks Opern bevölkern, selbst noch als die Gefangenen Straftäter im "Totenhaus".

    Technisch gesehen ist dies eine der reifsten Opern Janaceks. Schon im Vorspiel klingen zwei wichtige Motive an; die Trompeten- und Hörner-Fanfare, die Elina Makropulos' jahrhunderte altes Leben beschreibt, und eine akkordisch Lyrik-Gruppe, die ihr menschliches Inneres illustrieren.
    Es gibt kaum geschlossen liedartige Passagen, mächtige Klangballungen, häufig auftretende Dissonanzen, oftmals Härten und expressionsitische Momente, insgesamt ein eher herbes Werk, dass nicht das Lebensvolle der anderen Opern hat (was natürlich auch dem Sujet geschuldet ist).
    Als ich anfing Janaceks Opern zu hören, war es "Věc Makropulos" die mir am meisten abverlangt und in gewisser Weise ist das bis heute so geblieben (aber mittlerweile habe ich mich hinein gefunden und eher Berührungsprobleme mit dem Broucek). Durch die dichte Hintergrundgeschichte sind viele Szenen rein deklamatorischen Charakters, in diesem Sinne, könnte man fast von Konversationsoper sprechen. Die orchestrale Seite dieser Szenen setzt hier teilweise auch nur wenige aussagekräftige Akzente.
    Trotzdem schafft es Janacek diese leicht morbide-geheimnisvolle Atmosphäre der Geschichte so wie er sie konzipiert hat, zu erschaffen.

    Die Uraufführung der Oper war am 18. Dezember 1926 im Nationaltheater in Brünn.

    Meine empfehlenswerte Aufnahme ist mal wieder die von Mackerras mit Elisabeth Söderström in der Hauptrolle :

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Was ich außerdem dringend empfehlen kann, ist diese Aufführung auf DVD :

    Musikalisch und gesanglich außerordentlich gut. Auch die Inszenierung gefällt mir, da sie sehr zu dieser Oper passt. Die Darstellungen der Sänger sind ebenfalls zu loben, besonders gefällt mir da Victor Braun als Baron Prus.
    Das absolute Highlight dieser Aufführung ist aber in jedem Fall die wunderbare Anja Silja als Emilia Marty. Sie singt und spielt so intensiv, dass man meint, sie leben diese Rolle, sie IST Emilia Marty in all deren Facetten von Koketterie, bitterem Zynismus und Verzweiflung. Mir treibt es jedes Mal die Tränen in die Augen, wenn sie am Ende auf das harsche Drängen aller kraftlos ihr erschütterndes Geheimnis preisgibt un danach erkennt, was das Leben ausmacht, und nun endlich sterben darf. Grandios dargeboten!
    :juhu: :juhu: :juhu:

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Auf yt zu sehen, gibt es eine weitere Aufführrung dieser Oper :

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    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Diese Produktion habe ich seinerzeit als TV-Übertragung erlebt, die erste Aufführung dieser Oper, die ich je gesehen habe (vorher lediglich CDs). Erst danach habe ich auch die Glyndebourne-Produktion angesehen.
    Mir hat die Marthaler-Version auch sehr gut gefallen, gerade durch einige der stummen Nebenhandlungen auf der großen Bühne. Auch den "Dialog" vor dem Vorspiel fand ich einen guten Einfall.

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

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