Kurt Weill (1900 - 1950)

  • Das trifft's ziemlich genau! Ich wär auch dabei – wären wir schon zwei!

    Na, der Kater ist doch wohl auch dabei. :cincinbier:

    Das habe ich leider nicht. Vielleicht raff ich mich die nächsten Tage mal zum Rumgooglen auf. Vor einigen Jahren war ich im Berliner Konzerthaus bei einer konzertanten Aufführung vom Silbersee. Orchestral hatte sie mir sehr gefallen, aber wieder das sängerische Dilemma, das in dieser Kritik, die ich gerade ergooglet habe, gut beschrieben ist; http://magazin.klassik.com/konzerte/r….cfm?task=review&PID=5940

    Hochinteressante Kritik, die aber zeigt, dass es anderen ja auch aufstößt. Aber noch mal die Frage nach der Kontinuität. Gibt es diese Sänger heute noch? Gibt es diesen Stil noch, nicht zu viel und nicht zu wenig.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Für singende Schauspieler gibt es in Deutschland keine richtige Tradition (mehr). Allerdings gibt es natürlich inzwischen eine große Zahl Sängerdarsteller für die "neuen" Musicals (also seit Lloyd Webber und so). Da müsste es zumindest ein gewisses Potential geben (und jemand wie Ute Lemper stammt ja auch daher?) Und wenn man die Lenya von 1955 nachmachen kann, warum kann man nicht die von 1930 nachmachen...? Jemand mit Raabes Fähigkeiten hätte ziemlich sicher den Mackie auch in einem schlichten, anstatt im affektierten Palast-Orchester-Stil singen können, wenn er gewollt hätte.
    Schwieriger wird es mit Rollen/Stücken, mit den Schauspieler fast immer überfordert wären, etwa dem größeren Teil von "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Aber auch hier sollte man eigentlich erwarten, dass es unter heutigen Opernsänger, die ja in der Oper tendenziell auch ein weitereres Repertoire, einschl. Vor-Mozart und Nach-Puccini beackern müssen, ein paar gäbe, die das hinkriegen.

    Ich denke manchmal, dass man vielleicht akzeptieren muss, dass die Zeit dieser Stücke größtenteils vorbei ist. (Silbersee? Total seltsames Stück und es war seinerzeit sehr erfolgreich) Zwar muss ich den unangemessenen Stil nicht mögen, aber vielleicht ist es halt einfach so, dass Weill zum Songschreiber abgestuft wurde. Wieviele der Gershwin-Musicals (Funny Face, Girl Crazy oder wie die alle heißen) kommen regelmäßig auf die Bühne?
    Es ist schade, weil ich Weill für einen besseren Komponisten als einen bloßen Songschreiber oder gar Brecht-Vertoner halte, aber "alles hat seine Zeit".

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Schwieriger wird es mit Rollen/Stücken, mit den Schauspieler fast immer überfordert wären, etwa dem größeren Teil von "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". Aber auch hier sollte man eigentlich erwarten, dass es unter heutigen Opernsänger, die ja in der Oper tendenziell auch ein weitereres Repertoire, einschl. Vor-Mozart und Nach-Puccini beackern müssen, ein paar gäbe, die das hinkriegen.

    Ähnlich problematisch sieht es ja bei der Operette aus. Auch hier ist ein Strang irgendwann abgerissen und dann wieder den richtigen Tonfall zu finden, ist wohl extrem schwer.

    Wieviele der Gershwin-Musicals (Funny Face, Girl Crazy oder wie die alle heißen) kommen regelmäßig auf die Bühne?

    Wenig bis kaum würde ich mal sagen. Unter Helmut Baumann am 'Theater des Westens' konnte man noch mal eins erleben, dass war aber in den 90igern, da gab es eine kurze Renaissance von Gershwin-Musicals auch auf CD.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Ich habe neulich mal wieder Weills "ernsthafte" Orchesterwerke, die beiden Sinfonien und das Violinkonzert, in der folgenden Aufnahme gehört. (Auf die amerik. Musical-Nummern der zweiten CD hatte ich keine Lust.) Das sind nicht uninteressante (und auch in einigen Aufnahmen vorliegende, also nicht völlig vernachlässigte) Stücke. Am gelungensten ist vielleich das Konzert f. Violine und Blasorchester, das dem Neoklassizismus der Art Hindemiths nahe steht. Am meisten nach dem vokalen Weill klingt die zweite Sinfonie, die etwa zur Zeit der 7 Todsünden komponiert wurde. Die erste Sinfonie orientiert sich wohl an der Einsätzigkeit der Kammersinfonie Schönbergs, ist aber deutlich "gröber" (und wurde von Weills Lehrer Busoni wohl auch streng kritisiert). Insgesamt aber alle drei hörenswert, gerade auch verglichen damit, was sonst noch alles aus der Zwischenkriegszeit ausgegraben wird.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Hier ein sehr ausführliches Gespräch mit Kirill Petrenko mit einem großen Anteil zu Kurt Weill:

    https://www.digitalconcerthall.com/de/interview/53146-3

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • ad Dreigroschenoper: Ich werde dafür mit der Mauceri-Aufnahme nicht wirklich warm (ausgenommen Milva), ich favorisiere eindeutig die Aufnahme von HK Gruber. Das Konzept mit halb Opernsängern, halb Schauspielern geht meiner Meinung nach überhaupt nicht auf, der Gesangsstil zwischen den Solisten ist einfach viel zu unausgeglichen. Wobei mir die Opernsänger noch lieber sind. Rolf Boysen nuschelt den Moritatensänger völlig unverständlich herunter. Und Ute Lemper fehlt leider die stimmliche Präsenz für ihre beiden großen Solonummern (Seeräuber-Jenny, Barbara-Song), da kommt schon kaum was aus dem Lautsprecher und erst recht nichts bei mir an.

    Vor ziemlich genau 10 Jahren erlebte ich mal eine hervorragende Aufführung am Grazer Schauspielhaus, mit Kata Petö als Polly und Moritatensängerin, Pia Luise Händler als Jenny und einer gesanglich - und stilistisch! - überragenden Steffi Krautz als Mrs Peachum. Davon gibts leider keine Aufnahme und leider hat Steffi Krautz auch nie ein Weill-Album aufgenommen.

    Liebe Grüße,

    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

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