Zitat von HuebFür mich war es noch nie Kriterium, ob die Gestalt am Pult nun männlich oder weiblich ist. Mir fiele auch nicht ein, welche geschlechtsspezifischen Einflüsse das auf die Werksdeutung haben könnte?
Auch hat das keinen bewußten Einfluss auf mein Konsumverhalten. [...] Susanna Mälkkis Bartok-Scheibe für BIS steht auf meinem Wunschzettel - mit allerdings repertoireseitig begrenzter "Dringlichkeit". Muss ich jetzt auch nicht gezielt schnell erwerben, WEIL eine Frau dirigiert.
Ganz genau. Ich kann mir eigentlich weder vorstellen, dass man sich eine CD kauft, weil das Ensemble von einem Mann geleitet wird, noch obwohl dies der Fall ist. Und bei einer Frau scheint mir das keinen Deut anders.
Es lohnt sich aus soziologischer, psychologischer, historischer Sicht gewiss, Überlegungen anzustellen, warum seit Jahrhunderten Frauen zwar stets wichtig waren als ausführende Musiker, aber eben nicht oder kaum als Komponierende und in leitenden Funktionen. (Gegenbeispiele gab es auch schon vor dreihundert Jahren und den Begriff "leitende Funktion" bitte ich als Notlösung zu betrachten für ein schwer zu beschreibendes Phänomen, wenn man nicht nur die letzten hundert Jahre betrachtet.)
Jetzt - jetzt endlich - scheinen wir so weit zu sein, dass die Zahl der modernen weiblichen Dirigenten wächst, dass sich das Fragezeichen im Threadtitel erübrigt. (Ich verstehe dieses Fragezeichen nach wie vor nicht wirklich.)
In diesem Thread gibt es natürlich relevante Ansätze für solche Diskussionen aus soziologischer, psychologischer, historischer Sicht. Ich möchte mich nicht wirklich beteiligen, weil ich nicht für kompetent genug halte, um etwas ernsthaft Interessantes beizutragen.
Nur muss man, denke ich, sehr aufpassen, dass man nicht in jene Klisches verfällt, die so schwer aus unseren Hinterköpfen zu verdrängen sind, auch dann nicht, wenn wir sie auf rationaler Ebene weit von uns weisen. Männliche Dirigenten tun ihre Arbeit, sie tun sie mit ganz großem Erfolg, erfolgreich, nicht ganz so erfolgreich. Nichts anderes gilt für Dirigentinnen.
Wenn ein junger weißer Mann etwas anstellt, teilt man uns mit, dass er etwas angestellt hat. Beim alten schwarzen Mann erfahren wir zusätzlich und quasi automatisch ungefragt, dass er alt und schwarz war. Warum eigentlich?
Banal eigentlich.
Das und nichts anderes habe ich gemeint, als ich weiter oben schrieb respektive schrob: Man sollte die Diskussion hier gar nicht führen. Der Thread-Ersteller wollte doch nichts anderes hören als die Nennung und gegebenenfalls nähere individuelle Beleuchtung weiblicher Dirigenten unserer Zeit oder der Vergangenheit. Oder sehe ich das falsch? Alles andere ist doch reine Statistik, ohne irgendwelche Aussage über die spezifische Leistung von dirigierenden Personen per se.
Wolfgang