Vladimir Horowitz - ein erratisches Genie
Es gibt wohl kaum einen Pianisten um den sich so viele Legenden und Anekdoten ranken wie um Vladimir Horowitz. Horowitz Leben umspannt fasst das ganze 20. Jahrhundert mit all seinen Höhen und Tiefen: 1903 geboren in Kiev, im Zarenreich, gestrorben 1989 in New York. In mehr als einer Hinsicht ist Horowitz´ Biographie ein Mikrokosmos in dem sich, wie in einem Brennspiegel, viele Entwicklungen dieser Epoche bündeln.
Zuerst eine kurze bographische Skizze:
Geburtsort Horowitz ist Kiev, wo er als Sohn eines Elektroingenieurs aufwächst, sein Biograph Plaskin nennt als Geburtsort das 150 Kilometer von Kiev entfernte Berdychiv. Seinen ersten Klavierunterricht erhätl der junge Horowitz von seiner Mutter, die selbst eine begabte Pianistin war. Seit seinem 10. Lebensjahr studiert Horowitz am Konservatorium in Kiew, das er 1920 abschließt. Im Rahmen seiner Abschlussprüfung spielt der angehende Pianist unter anderem Rachmaninovs drittes Klavierkonzert. Das Russland dieser Zeit ist von den Wirren der Revolution erschüttert, was für Horowitz´ Familie einschneidende materielle Einschnitte mit sich birngt. Horowitz konzertiert zu dieser Zeit nicht zuletzt auch, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. In den Jahren 1921 - 1925 konzertierte Horowitz ausschließlich in der UDSSR. Unter dem Vorwand bei Arthur Schnabel zu studieren gelingt Horowitz die Ausreise in den Westen, wo er am 18. Dezember in Berlin sein erstes Konzert außerhalb der Sowjetunion gibt. Unter anderem mit Tschaikowskys b-moll-Konzert, was eines der Kernstücke seines immensen Repertoires bleiben wird. Die Reise nach Berlin markiert eine entscheidende Wendung in Horowitz Biographie: erst 1986 wird er in dem legendären Moskauer Konzert wieder russischen Boden betreten. Weitere Auftritte in allen großen europäischen Musikmetropolen folgen. Am 12. Januar debütiert der gefeierte Pianist in der Carnegie Hall unter Sir Thomas Beecham wieder mit Tschaikowskis b-moll-Konzert. Die folgenden Jahre sind gekennzeichnet von rauschenden Erfolgen, das Publikum liegt Horowitz zu Füßen. 1933 spielt Horowitz zum ersten Mal unter der Leitung Arturo Tosaninis, Beethovens fünftes Klavierkonzert. Im selben Jahr heiratet Horowitz die Tochter des Dirigenten, die einizge Tochter des Paares wird 1934 geboren. In Deutschland konzertiert der Pianist vor der Machtergreifung im Jahr 1932 ein letztes Mal. Erst viele Jahrzehnte später wird Horowitz wieder in Deutschland auftreten. In diesen Jahren lebt Horowitz vorwiegend in Paris. Aufgrund der sich zuspitzenden politischen Lage verließ der Künstler Europa und siedelte 1939 in die USA über. Amerikanischer Staatsbürger wird er 1944. New York wird von nun sein Lebensmittelpunkt sein. Die folgenden Jahrzehnte sind immer wieder von Phasen gekennzeichnet in denen sich Horowitz vollständig von der Bühne zurückzieht, so auch von 1953 - 1965. In diesem Jahr feiert Horowitz dann ein legendäres Comeback in der Carnegie-Hall. Dieses vom Fernsehen mitgeschnittene Konzert gehört gleichzeitig zu den berühmtesten Konzerten des Pianisten, das Programm umfasste folgende Stücke:
Bach/Busoni: Toccata, Adagio & Fugue in C major, BWV 564
Schumann: Fantasie in C major, Op.17
Scriabin: Sonata No.9, Op.68 (The Black Mass)
Scriabin: Poème in F-sharp major, Op.32 No.1
Chopin: Mazurka in C-sharp minor, Op.30 No.4
Chopin: Etude in F major, Op.10 No.8
Chopin: Ballade No.1 in G minor, Op.23
Encores:
Debussy: Serenade for the Doll
Scriabin: Etude in C-sharp minor, Op.2 No.1
Moszkowski: Etude in A-flat major, Op.72 No.11
Schumann: Träumerei, Op.15 No.7
1969 nahm Horowitz sich eine erneute Auszeit, die dieses Mal bis 1974 dauerte. Die Ursachen für diese häufigen Unterbrechungen seiner Karriere sind komplex. So litt Horowitz unter einer Depression. 1982 begann Horowitz wieder außerhalb der USA zu konzertieren und spielte 1986 zum ersten Mal wieder in Deutschland, am 11. Mai in Hamburg:
Scarlatti: Sonata in B minor, K.87
Scarlatti: Sonata in E major, K.380
Scarlatti: Sonata in E major, K.135
Schumann: Kreisleriana, Op.16
Scriabin: Etude in C-sharp minor, Op.2 No.1
Scriabin: Etude in D-sharp minor, Op.8 No.12
Rachmaninoff: Prelude in G major, Op.32 No.5
Rachmaninoff: Prelude in G-sharp minor, Op.32 No.12
Liszt: Sonetto 104 del Petrarca
Liszt: Soirée de Vienne No.6 (after Schubert)
Chopin: Mazurka in C-sharp minor, Op.30 No.4
Chopin: Mazurka in F minor, Op.7 No.3
Chopin: Polonaise in A-flat major, Op.53
Encores:
Schumann: Träumerei, Op.15 No.7
Liszt: Valse Oubliée No.1
Legendär auch Horowitz triumphale Rückkehr nach Moskau wenige Wochen zuvor. Horowitz starb am fünften November 1989 an einem Herzinfarkt in New York und wurde am Tag nach dem Mauerfall in Mailand beigetzt.
Was kennzeichnet Horowitz den Pianisten? Ich fange mal an, die Kenner und Fachleute unter Euch ergänzen bitte ;+)
Legendär ist seine stupende Technik und vor allem in späteren Jahren sein Sinn für Klangfarben.
Die Zahl der Aufnahmen des Künstlers ist fasst unüberschaubar. Schwerpunkt seines Repertories bildete sich das klassisch-romantische Repertoire, mit Schwerpunkten bei Tschaikowski, Rachmaninov und Scirabin. Auch Schumann gehört dazu. Neben den Klavierkonzerten setze Horowitz auch immer wieder Sonaten Beethovens auf das Programm, aber ein Repertoireschwerpunkt wurde Beethoven nie. Dazu kommen Liszt und Chopin. Seit 1969 spielte Horowitz auch immer wieder Scarlattis Sonaten. Das oben zitierte Hamburger Programm ist typisch für Horowitz Programme der späten Jahren.
Christian