Alles anzeigenIch bin noch immer unendlich dafür dankbar, dass ich mit 10 Jahren in Mozart- und sogar in Wagner-Opern mitgenommen wurde. Die Wahrnehmung eines opernunkundigen Kindes ist natürlich eine Andere als die eines kunstgebildeten, interessierten Erwachsenen. Natürlich kann man der Handlung im engeren Sinne nicht folgen. Damals übte die Oper jedoch eine Faszination auf mich aus, wie es heutzutage kaum mehr passiert.
Der Dialog Wotan-Fricka konnte mir damals selbstverständlich nichts sagen. Ich hörte ihn aber mit riesiger Spannung. Jederzeit erwartete ich auf den Einsatz der Wagner-Tuben zu Beginn der Todesverkündigungs-Szene. Das war wie auf heißen Kohlen zu sitzen ... Hätten meine Eltern mir das "ersparen" sollen? Zum Glück haben sie es nicht...
Ich konnte Kinderkonzerte und Kinderopern nie leiden. Anstatt "kingerechte Aufführungen" vorgesetzt zu bekommen, wollte ich in die "richtige" Oper, ins "richtige Konzert". Und ich wartete sehnsüchtig darauf, endlich alt genug zu sein, um von den Erwachsenen nicht immer vollblöd angeglotzt zu werden: "Oh, der Kleine darf auch schon mit..."
Etwas überspitzt gesagt: Wenn ein Kind nicht in den Figaro soll, weil es die pubertären Wallungen eines Cherubino nicht nachempfinden kann, dann sollte ich auch nicht in den Figaro dürfen. Denn ich habe keine eigenen Erfahrungen mit Hochzeitsvorbereitungen...
Kinder werden in ihrer Auffassungsgabe oft unterschätzt. Auch wenn man eine Oper, ein Konzert, ein Theaterstück nicht versteht oder nachvollziehen kann, so kann man dennoch intensive Eindrücke bekommen.
Verstehen wird immer wieder überbewertet.Das nur am Rande.
Falstaff
Lieber Falstaff
Du hast natürlich völlig recht. Die Eltern müssen von Fall zu Fall entscheiden, was ganz konkret für ihr Kind geht, und was nicht. Kinder werden meist unterschätzt, und spezielle Kinderfassungen sind meistens eher peinlich als zielführend. Unterschreibe ich alles. Ich frage mich nur, woher der Automatismus kommt, mit dem viele annehmen, dass jede Opernaufführung für einen 10jährigen geeignet sein müsste. Einen Film schauen sich Eltern ja auch an, bevor sie ihr Kind damit konfrontieren.
Michel