Mompou, Frederic: Die Lieder

  • Mompou, Frederic: Die Lieder

    Liebe Capricciosi!

    Neben den Werken für Klavier solo stellen die Lieder den zweiten bedeutenden Bereich in Frederic Mompous Schaffen dar. Wie auch die Klaviermusik umfassen die Lieder alle Phasen seines Schaffens: von seinem frühesten Lied, "L'hora grisa" (1916), das zu seinen ersten Kompositionen gehört, über den wohl unbestrittenen Höhepunkt "Combat del somni" (1942-1948 / 1951), bis zu dem Spätwerk der "Becquerianas" (1971) und "Cinco melodías sobre textos de Paul Valéry" (1965-1973).

    Mittlerweile gibt es eine Gesamtaufnahme für die enzyklopädischen Sammler: Der amerikanische Pianist Mac McClure hat mit der Mezzosopranistin Marisa Martins und der Sopranistin Isabel Monar alle Lieder von Mompou für das katalanische Label "Columna Música" eingespielt (und im Alleingang auch das gesamte Klavierwerk, nebenbei bemerkt). Ich besitze nur die erste CD, die ungetrübten Hörgenuss bietet. Marisa Martins hat einen sehr schönen, ebenmäßig geführten Mezzosopran und interpretiert ganz besonders die "Comptines" sehr charmant und hinreißend.

       

    Nur im schon erwähnten Hauptwerk, dem "Combat del Somni", kann Marisa Martins für mich nicht ganz die Interpretation ihrer großen Vorgängerin, Victoria de los Ángeles, vergessen machen. Sie hat die drei Lieder des ursprünglichen Zyklus (also ohne "Fes-me la vida transparent" und "Ara no sé si et veig encar") in der geschmackvollen Orchestrierung von Antoni Ros-Marbà aufgenommen. Vom ersten Lied des Zyklus, "Damunt de tu només les flors", existieren auch Aufnahmen der originalen Klavierfassung mit ihr (z.B. hier: "

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    ").

    Das gesamte Liedschaffen Mompous steht - wie auch seine Klaviermusik - sehr in französischer Tradition, ist also gewissermaßen nach Norden orientiert. Das wird sogar schon in den Namen mancher Liedzyklen deutlich: Hinter den "Cinco melodías sobre textos de Paul Valéry" verstecken sich ebenso "Mélodies", wie hinter den "Cuatro Melodías" von 1925, und auch ein Titel wie "Comptines" (frz. "Abzählreime") spricht für sich. Mompou hat seinen Liedern außerdem nicht nur katalanische, sondern auch spanische und eben französische Texte zugrundegelegt. Was also schon an der Oberfläche zu sehen war, setzt sich dann in der Musik fort: Die ist von Impressionismus und französischer clarté geprägt und lässt - wie auch Mompous Klaviermusik - Anklänge an Debussy, Ravel, Satie erkennen, ohne sich freilich darin zu erschöpfen.

    Während der wunderbare Liedzyklus "Combat del Somní" zumindest von den großen katalanischen Sängern der zweiten Hälfte des 20. Jh. wie Victoria de los Ángeles, Montserrat Caballé, José Carreras immer wieder in Programme aufgenommen wurde und so doch zumindest dem Kunstlied-Connaisseur bekannt sein dürfte, ist der Großteil von Mompous Liedschaffen bislang tatsächlich weitgehend Terra incognita. Dieser Thread soll zum Entdecken einladen.

    Ich hoffe allerdings doch, dass ich hier nicht ständig Monologe führen muss: Matthias Oberg hat schließlich kundgetan, dass sich bei ihm einige Mompou-CDs angesammelt haben, ich hoffe, da sind auch Lieder darunter! Fairy Queen hat einmal angemerkt, dass es in Lille einen Liederabend mit Mompou-Liedern gegeben hat und kann sich vielleicht auch noch eingehender dazu äußern. Und Michael Schlechtriem schätzt Mompous Musik ebenfalls sehr und kennt wohl auch einige Lieder. Und vielleicht entdeckt ja noch jemand bei sich zuhause eine Mompou-CD oder wird von mir animiert, sich eine zu kaufen, oder es hat jemand Erfahrungen mit Mompous Liedern, die er bislang stets geheim gehalten hat... ;+)

    Sollte sich jedoch tatsächlich keine Resonanz finden, werde ich nach Maßgabe meiner Freizeit in den nächsten Monaten mal versuchen, die drei bzw. fünf Lieder des "Combat del Somní" im Detail vorzustellen... :rolleyes:

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Lieber Areios, auf das Klavierwerk Mompous bin ich ja nun schon hinreichend neugierig geworden - auch Dein Verdienst, bei einem Thread, den Du bereits vor vier Jahren gestartet hast!

    Hier verspreche ich immerhin, aufmerksam und interessiert mitzulesen. Und gestern erst habe ich mit Freude dieses entdeckt und gehört: "

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    ". Victoria de los Angeles singt Damunt de tu només les flors, mit dem Komponisten selbst am Klavier (Barcelona, 21.011971).

    :wink:

    PS: Wie ich gerade sehe, hast Du bereits darauf verwiesen. Macht nichts, doppelt hält besser. ;+)

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Liebe Capricciosi!

    Aus meiner Ankündigung, einmal den "Combat del somni" vorzustellen, ist ja bis jetzt noch nichts geworden. :hide: Dafür kann ich mit einer Neuerscheinung aufwarten: Nach der Gesamtaufnahme der Klavierwerke scheint Naxos jetzt auch eine Gesamtaufnahme der Mompou'schen Lieder zu planen, mit dem selben Pianisten, Jordi Masó, und der katalanischen Sopranistin Marta Mathéu. Die erste CD der Reihe ist im Vorjahr erschienen, die zweite soll demnächst folgen.

    Marta Mathéu hat eine klare, frische Sopranstimme, der aber die Süße einer Victoria de los Ángeles fehlt. Sie singt eher zurückhaltend und lyrisch und lässt eher die Kompositionen an sich wirken, als dass sie sich diese zu Eigen macht. Das Ergebnis ist durchaus stimmig, ein eher satiehafter Mompou, ein sanfter Hauch von Sprödigkeit durchzieht die Aufnahme. Der Höhepunkt dieser Einspielung sind sicher die späten "Cinq mélodies sur des textes de Paul Valéry", die die CD beschließen, und für die mir die Herangehensweise der Interpreten ganz besonders geeignet scheint.

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Liebe Capricciosi!
    Eine wunderschöne Aufnahme ausgewählter Mompou-Lieder hat der junge katalanische Tenor Roger Padullés, begleitet von Iain Burnside, vorgelegt:

    Das sind sehr sensible und kultivierte Interpretationen. Padullés hat ein einschmeichelnd warmes Timbre und gestaltet sehr feinsinnig. Das kommt Liedern wiedem wunderbaren "Damunt de tu, només les flors" definitiv zugute. Aber auch "Jo et pressentia com la mar" ist gegen die Aufführungstradition langsam und verträumt genommen - und das Ergebnis ist tatsächlich sehr interessant und passt eigentlich besser zum Text als die Interpretationen, die die Bewegung der Klavierbegleitung sehr stark betonen und so einen dramatischeren Affekt vermitteln. [Übrigens ist die Reihenfolge des "Combat del somni" gegenüber Mompous Publikation sonderbar verändert:Auf "Damunt de tu" (Nr.1) folgt "Jo et pressentia" (Nr. 3), dann das nachgelassene "Ara no sé si et veig encar", als viertes Stück "Aquesta nit" (Nr. 2) und als letztes das später getrennt von der Sammlung publizierte "Fes-me la vida transparent". Es gibt aufCDs schon mehrere verschiedene Anordnungen: Marta Mathéu singt die Lieder in chronologischer Reihenfolge, zunächst die drei Lieder der Originalpublikation (Damunt de tu - Aquesta nit - Jo et pressentia), dann "Fes-me la vida transparent" und zuletzt "Ara no sé si et veigencar"; Marisa Martins schiebt die beiden später komponierten Lieder zwischen "Aquesta nit" und "Jo et pressentia" ein. Wie Roger Padullés zu seiner Reihenfolge kommt, kann ich nicht nachvollziehen.]

    Während der "Combat del somni" wie auch einige andere Lieder (ich nenne nur "Pastoral", "Cantar del alma" und "Neu") hier in einer mustergültigen Interpretation eingefangen ist, bleibt Roger Padullés - wenn man so beckmesserisch sein möchte - bei den dramatischeren Stücken (insbesondere einigen von den für Mompou ungewöhnlich feurigen "Becquerianas") doch ein wenig hinter den Möglichkeiten, die von der Musik eröffnet werden, zurück. Dennoch ist das eine Aufnahme, die mir auf Anhieb gefallen hat und insbesondere die Mompou-Lieddiskographie um die interessante und wichtige Dimension der Männerstimme bereichert.

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

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