Empfehlungen zu den Streichquintetten von Mozart

  • Empfehlungen zu den Streichquintetten von Mozart

    Ich habe die Streichquintette von Mozart bislang praktisch nicht kennen gelernt, sie aber von den wenigen "Begegnungen" als interessant und lohnend für später abgespeichert. Später ist jetzt gekommen. Bin aber diesbezüglich noch weitgehend blank.

    Ihr habt sicher gute Empfehlungen für gelungene Aufnahmen, oder?

    Meine Ansprüche sind gering: HIP-angehauchter Vortragsansatz ohne erhobenen Zeigefinger bei markantem Ensemble-Klang, blendende Aufnahmetechnik, geringe Anschaffungskosten. Da müsste doch was zu machen sein!


    Danke für Eure Anregungen im Voraus ... natürlich müssen nicht alle Ansprüche gleichzeitig erfüllt sein.

  • Hallo Braccio,

    als begeisterter Mozart-Hörer gebe ich zu, dass mich ausschließlich das große g-moll und das große C-Dur-Quintett restlos begeistern.

    Weder das frühe noch die Bearbeitung der Nachtmusique KV 388 und leider auch nicht die späten Werke reichen imho an diese Gipfelwerke heran.

    Ich habe noch auf Hungaroton-LP das Takacs-Quartett, wohlklingend, leider etwas breiig im Klang in meiner Erinnerung.

    Die späten Quintette habe ich in der Naxos-Aufnahme des in meinem Empfinden sehr zuverlässigen Éder-Quartetts:

    Wirklich beeindruckt bin ich bei KV 515 und 516 vom Alban-Berg-Quartett, die natürlich nicht HIP sind, aber die Klangsprache der Stücke sehr genau treffen. Wirklich günstig ist sie natürlich auch nicht neu:

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Oh ... Volltreffer in meine Wunschliste.

    Ich habe nur die GA mit dem erweiterten Grumiaux-Trio. Die ist zwar eine Standard-Empfehlung, ich fand die Aufnahme aber nicht so prickelnd.

    Quintett Nr. 1 (KV 174) gilt als "Frühwerk", entstanden im Anschluss an die Wiener Quartette (Nr. 8 bis 13). Charles Rosen stellt es über die vorangegangenen Quartette.
    Quintett Nr. 2 (KV 406) ist eine Bearbeitung eines Werkes für Bläser, der Serenade c-moll KV 388 von 1782.
    Quintette Nr. 3 und 4 gelten als die "eigentliche" Fortsetzung des in den "Haydn-Quartetten" erreichten Standes. Das Tonartenpaar C-Dur/g-moll der Sinfonien Nr. 40/41 findet man hier. Dies sind die meist eingespielten Quintette.
    Quintette Nr. 5 und 6 sind Spätwerke, was immer das bei Mozart heißen mag, 1790 und 1791. Nicht so populär wie Nr. 3 und 4.

    b-major war hier so freundlich, die (alte) Aufnahme des Griller Quartet mit William Primrose an der 2. Viola zu empfehlen (nur Nr. 2 bis 6). Auf meiner Wunschliste stehen noch das erweiterte Talich Quartett und eine Einspielung von Nr. 3 und 4 mit dem Ensemble Hausmusik.

     

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/511NM52z%2BjL._SY355_.jpg]

    Bin ebenfalls auf weitere Empfehlungen gespannt! ABQ mit Wolf wäre noch eine Adresse ...

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich habe drei GA mit den jeweils erweiterten Quartetten Melos/DG, Griller/Vanguard (ohne das frühe B-Dur, was man doch haben sollte, es ist das beste Kammerensemblestück Mozarts vor den Haydn gewidmeten Quartetten) und Talich/Calliope. Dann noch zwei HIPpe von 515/516 Hausmusik/Virgin und L'archibudelli/Sony. Ich glaube von Hausmusik gibt es auch noch die beiden letzten Quartette (die ich persönlich mindestens ebenso schätze wie 515/16) einzeln.

    Aus dem Stand kann ich aber nicht allzuviel sagen, weil es lange her ist, dass ich die gehört habe. Griller ist klanglich für die Zeit sehr gut, sehr dynamische und zupackende Interpretationen (allerdings haben besser Hörende als ich bei Aufnahmen dieses Ensembles wohl deutliche Intonationsschwächen bemängelt.)
    Talich habe ich auch als sehr gut in Erinnerung (bei dem Klarinettenquintett gefällt mir der Ton des Klarinettisten allerdings überhaupt nicht), die sind etwas ausgeglichener.
    Melos war meine erste Einspielung vor über 20 Jahren; ein Bekannter fand die damals zu "beethovensch".

    Wenn eine preiswerte, sehr gute Einspielung gesucht wird, würde ich, obwohl ich sie höchstens mal bei einem Freund gehört habe, die Sony-Box mit dem Juilliard-Q. empfehlen. Wobei sich der Preis anscheinend vor kurzem verdoppelt hat (hätte ich doch zuschlagen sollen); es gibt die Quintette aber auch in älteren Ausgaben einzeln.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Vielen Dank schon einmal für diese Empfehlungen!

    Ich habe jetzt mal spontan die Grillers bestellt. Ich kenne dieses Ensemble noch überhaupt nicht, die Empfehlungen sind verheißungsvoll, und günstig zu haben waren sie bei Amazon auf dem Marktplatz auch noch. Werden hören!

    Hausmusik ist immer eine gute Adresse, finde ich, die haben mir seinerzeit mit Mendelssohns Oktett sehr zugesagt. Die Talichs mag ich eh' sehr gern. Aber die müssen erst einmal warten.

    ABQ ist ja gebraucht nicht so teuer, die kommen dann auch mit ins Boot.

  • Danke auch Dir, Kater Murr! Die Juilliards klingen spannend, die Kombination mit den Quartetten.

    Ich hab' jetzt mal die bestellt, hoffe, es ist die gleiche:

    Zwar ohne Quartette, aber mit 10 Euro doch erheblich günstiger.

  • Ja, das sind die gleichen Aufnahmen. Die neuere Box kostete nach Erscheinen knapp EUR 20, anscheinend ist sie nach weniger als 2 Jahren schon vergriffen... Bei der Neuauflage der Talich-Einspielungen scheint KV 581 zu fehlen. Hausmusik hat jedenfalls auch noch 593 und 614, das scheint die einzige HIP-Aufnahme dieser Stücke zu sein ?(

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Wie immer eine Geschmacksfrage. Ich wurde weder mit dem Amadeus - Quartett noch mit dem Berg - Quartett glücklich. Als Schallplatte habe ich noch die Einspielung des Aeolian-Quartetts (waren mal für ihre Haydn-Quartette hochgelobt) mit Kenneth Essex aus den späten 70ern, die aber noch nie komplett auf CD erschienen sind .(Oder?) Dann habe ich noch das Budapest String quartet mit milton Kasims aus den 40ern ( CBS), sie haben es noch einmal in den 50ern und 60ern aufgenommen, aber schwächer, in meiner Meinung. Nur habe ich ihren Mozart immer dem der Juilliards vorgezogen.
    Und dann blieb das Griller -Quartet übrig . Aber, wie gesagt, Geschmackssache.

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Hausmusik hat jedenfalls auch noch 593 und 614, das scheint die einzige HIP-Aufnahme dieser Stücke zu sein ?(

    Hausmusik finde ich hier ziemlich gut, einiges kann man sich aus der Tube anhören:

    KV 516: "

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    "

    KV 614: "

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    "


    Es gibt noch eine HIP-Gesamtaufnahme mit dem erweiterten Kuijken-Quartett, auf die Khampan in einem anderen Thread hingewiesen hatte:


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Die Aufnahmen mit dem erweiterten Melos-Quartett finde ich übrigens im Bereich der Dynamik ziemlich grosso modo musiziert, man höre sich nur mal den Beginn von KV 515 an - beim bloßen Zuhören würde man nie erraten, wo Forte und wo Piano vorgeschrieben ist.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Es gibt noch eine HIP-Gesamtaufnahme mit dem erweiterten Kuijken-Quartett, auf die Khampan in einem anderen Thread hingewiesen hatte:

    Die Aufnahme von Op. 59/3 mit den Kuijkens finde ich persönlich ja ziemlich langweilig. Würde mich jetzt fast vom Kauf abhalten, oder kann jemand die Quintette mit denen so aus vollem Herzen empfehlen?

  • Die Aufnahmen mit dem erweiterten Melos-Quartett finde ich übrigens im Bereich der Dynamik ziemlich grosso modo musiziert, man höre sich nur mal den Beginn von KV 515 an - beim bloßen Zuhören würde man nie erraten, wo Forte und wo Piano vorgeschrieben ist.

    Finde ich nicht. Die einzigen "f"-Vorschriften sind bei diesem Anfang immer beim ersten Ton einer neuen Phrase im jeweils melodieführenden Instrument, also am Anfang im Cello und ab T. 32 in der ersten Violine. Da das immer nur dieses eine Instrument und diesen einen Ton betrifft (die anderen vier Instrumente spielen ebenso "p" wie das melodieführende Instrument nach diesem Ton), ist natürlich der Gesamtklang nicht forte. Diese hervorgehobenen Töne sollen offenbar lediglich die fünftaktigen Phrasen in ihrem Beginn deutlich markieren. Das macht Peter Buck bzw. Wilhelm Melcher für mich absolut ausreichend klar. Beim ersten gemeinsamen Forte aller fünf Instrumente in T. 54 und dann wieder fünf Takte später ist in dieser Aufnahme auch ein gemeinsamer Forte-Klang zu hören.

    Christian

  • Ich würde jedenfalls zögern, EUR 60 für die Japan-CDs der Kuijkens zu berappen... Die Melos-Aufnahme ist z.Zt. eh nicht komplett greifbar, nur eine Eloquence-CD mit 515/516 wurde wiederveröffentlicht; ich hatte die eher der Vollständigkeit halber genannt.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • HIP gibt's (oder gab's...) KV 515 und 516 mit Anner Bylsma und L'Archibudelli:


    - ewig nicht gehört, hat mir aber damals gut gefallen.

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Diese hervorgehobenen Töne sollen offenbar lediglich die fünftaktigen Phrasen in ihrem Beginn deutlich markieren.

    Das ist doch aber nur eine mögliche Lesart. Die punktierte Halbe würde immerhin durch den Notenwert und die durchgehende Positionierung auf schweren Taktteilen auch ohne Forte-Vorschrift stärker betont werden als der Rest der Phrase. Trotzdem hat Mozart das zusätzliche Forte notiert. Deshalb scheint es mir eine Alternative zu sein, die Forte-Töne innerhalb der Piano-Umgebung besonders stark hervorzuheben und die Achtel der Phrase immer besonders leicht und kurz zu phrasieren, ebenso die melodische Phrase mit Doppelschlag (T. 4-5, 9-10 usw.) eher zart zu nehmen. Beim Melos-Quartett ist aber letztere (im Piano notiert) fast ebenso laut wie die punktierten Halben im Forte und bei der aufsteigenden Phrase wird der Kontrast zwischen punktierter Halber und Achtel eher reduziert.

    Allerdings habe ich mich jetzt durch ein paar Hörschnipsel gezappt und fand keine Interpretation dieses Satzbeginns, die meinen Vorstellungen wirklich entsprechen würde...

    Von den Kuijkens gibt's übrigens KV 515 und 516 auch bei Youtube. Das Tempo des Kopfsatzes von KV 515 ist mir hier etwas zu langsam und die Intonation der ersten Geige klingt nicht ganz astrein, aber von der Dynamik und Phrasierung her werden die Kontraste am Anfang schon stärker ausgespielt als bei den Melos-Leuten:

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    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Hausmusik hat jedenfalls auch noch 593 und 614, das scheint die einzige HIP-Aufnahme dieser Stücke zu sein

    Vom Salomon Quartet mit Simon Whistler gibt es noch eine HIP-Einspielung der letzten vier Quintette, die man bei youtube "ausprobieren" kann.

    Die Aufnahmen von L'Archibudelli sind zur Zeit in einer 3er-Mozart-Box erhältlich, die ich leider noch immer nicht bestellt habe.

    Viele Grüße


    "Unter den bekannten Malern in Deutschland bin ich der ärmste, der schlecht bezahlteste."
    Markus Lüpertz (http://www.focus.de, 17.4.2015)

  • Das ist doch aber nur eine mögliche Lesart.

    Selbstverständlich, so ist das nun mal, wenn man Notentexte liest ;+) . Aber eine Lesart, die mir persönlich plausibel erscheint. Dafür spricht meines Erachtens auch, dass es bei Mozart ähnliche Stellen gibt, an denen man dynamische Vorschriften weniger als Ausdruck von Kontrasten als im Sinne der Phrasierung oder der harmonischen Strukturierung deuten kann: Z.B. ist in der B-Dur-Sonate KV 378 für Klavier und Violine immer der erste Klavier-Basston im Takt mit "f" hervorgehoben, alles andere, also sowohl die Begleit-Achtel in beiden Instrumenten als auch das Thema im Klavier ist "p". Wie soll man das spielen? Ein fröhliches Raushauen der Basstöne klingt einfach nur albern (ich kenne auch niemanden, der das macht) und ergibt für mich auch keinen musikalischen Sinn außer der Provokation. Ich verstehe die Stelle so, dass quasi zu Beginn jedes Taktes ein Energieimpuls auf dem jeweiligen harmonischen Grundton gegeben wird, der dann in den folgenden Achteln ausläuft. Die Violine spielt jeweils nur diese Achtel, und nimmt dadurch den Puls vom Klavier auf. Das ist dann ein feiner Dialog, der quasi im Hintergrund hinter der führenden Klavier-Oberstimme stattfindet. Aber diese Stimme bleibt trotz "p" im Vordergrund.

    Die punktierte Halbe würde immerhin durch den Notenwert und die durchgehende Positionierung auf schweren Taktteilen auch ohne Forte-Vorschrift stärker betont werden als der Rest der Phrase.

    Da bin ich nicht so sicher. Man könnte die Phrase z.B. auch zum dritten Takt hin entwickeln. Das macht man mit dem notierten Impuls auf dem ersten Ton eher nicht. Außerdem muss man m.E. berücksichtigen, dass Mozart hier sehr ungewöhnliche (nämlich 5-taktige) Phrasenlängen komponiert hat, die zu dem minimalistischen Thema in einem etwas merkwürdigen Kontrast stehen. Das Thema kommt scheinbar ganz simpel daher, einfach nur ein aufsteigender Dreiklang, aber es nimmt sich mit irritierender Selbstverständlichkeit einen Takt mehr Zeit, als ihm "eigentlich" zusteht (man merkt das sofort, wenn man z.B. mal die zweite Hälfte des zweiten und die erste Hälfte des dritten Taktes einfach weglässt; dann hat man ein viertaktiges, etwas langweiliges, aber doch zur Entwicklung taugliches klassisches Thema). Das ist vor allem in der Generalpause in T. 19/20 zu spüren, die (wieder: auf mich) so wirkt, als müsse man kurz noch einmal die Phrasen ordnen. Die forte-Impulse am Beginn der Phrasen könnten also wie gesagt vor allem die Funktion haben, diese ungewöhnliche Struktur gegen die Hörerwartung zu betonen.

    Deshalb scheint es mir eine Alternative zu sein, die Forte-Töne innerhalb der Piano-Umgebung besonders stark hervorzuheben und die Achtel der Phrase immer besonders leicht und kurz zu phrasieren, ebenso die melodische Phrase mit Doppelschlag (T. 4-5, 9-10 usw.) eher zart zu nehmen. Beim Melos-Quartett ist aber letztere (im Piano notiert) fast ebenso laut wie die punktierten Halben im Forte und bei der aufsteigenden Phrase wird der Kontrast zwischen punktierter Halber und Achtel eher reduziert.

    Wie gesagt: Alternativen gibt es immer. Zur Doppelschlagfigur: Es stimmt, dass der Lautstärkeunterschied beim Melos-Quartett nicht sehr groß ist, allerdings ist der Charakter durch die andere Art des Tonansatzes trotzdem klar unterschieden. Den forte-Ton spielen Cellist und Geiger jeweils mit "Ansatz", also mit hoher, impulsartiger Bogengeschwindigkeit am Beginn, die Doppelschlagfigur hingegen ganz weich, mit "Eintauchen" des Bogens. Ich kenne das von Streichern nicht anders, als dass solche Artikulationsgestaltung viel entscheidender ist als die absolute Dynamik. Z.B. kann der erste Solisten-Einsatz im Brahms-Violinkonzert niemals eine absolute Lautstärke haben, die der Dramatik dieser Stelle entsprechen würde, das gibt eine Geige einfach nicht her. Aber durch einen extremen "Ansatz" kann man die Illusion der Lautstärke nahezu perfekt erzeugen und die einzigartige Dramatik herstellen, die die Stelle braucht.

    Allerdings habe ich mich jetzt durch ein paar Hörschnipsel gezappt und fand keine Interpretation dieses Satzbeginns, die meinen Vorstellungen wirklich entsprechen würde...

    Da fällt mir die klassische Antwort von Franziska van Almsick auf die Frage, wie man sich denn mit einer gewonnenen Goldmedaille so fühlt, ein: "Da müssense ma eene jewinnen!" ;+)

    Von den Kuijkens gibt's übrigens KV 515 und 516 auch bei Youtube. Das Tempo des Kopfsatzes von KV 515 ist mir hier etwas zu langsam und die Intonation der ersten Geige klingt nicht ganz astrein, aber von der Dynamik und Phrasierung her werden die Kontraste am Anfang schon stärker ausgespielt als bei den Melos-Leuten:

    Etwas stärker schon, aber für mich nicht so, dass eine grundsätzlich andere musikalische Idee hörbar würde. Auch die oben beschriebenen "Ansätze" sind ganz ähnlich. Die Intonation finde ich allerdings wirklich grauenvoll.

    Christian

  • Die forte-Impulse am Beginn der Phrasen könnten also wie gesagt vor allem die Funktion haben, diese ungewöhnliche Struktur gegen die Hörerwartung zu betonen.

    Eben deshalb könnte man sie doch noch stärker absetzen bzw. betonen...

    Aber ich hör schon auf ;+). Danke für die instruktiven Erläuterungen!


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Wirklich sehr empfehlen kann ich diese Box vom Guarneri Quartett, welche neben den 6 Haydnquartetten alle Streichquintette enthält:


    Außer diesen Aufnahmen habe ich noch die Eders von Naxos und das Amadeus Quartett. Die Guarneris haben für mich meilenweit die Nase vorn!

    Die Box mit 6 CDs kostet keine 16 Euro! Billiger geht es also auch nicht.


    p.S.: Mein persönlicher Favorit ist weder KV 515 noch 516, sondern KV 593 :klatsch:

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Der Vollständigkeit halber sei noch auf diese neuere Aufnahme mit dem Auryn Quartett und Nobuko Imai an der 2. Bratsche hingewiesen:

    Hat die schon jemand gehört?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

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