Saarbrücken
Ich habe Zeit meines Lebens in Städten (unterschiedlicher Größe) gewohnt und kann mir auch nichts anderes vorstellen.
Auch wenn ich aus Saarbrücken - wo ich seit gut vier Jahren wohne - lieber heute als morgen fortziehen würde: objektiv ist anzuerkennen, dass es hier für eine Stadt von 170.000 Einwohnern (mit Schrumpftendenz, kein Wunder) ein beachtliches Klassikangebot gibt. Dazu gehören:
- ein in puncto Größe und Leistungsfähigkeit der mittleren Kategorie zuzurechnendes Opernhaus, als Sparte dem Saarländischen Staatstheater zugehörig, also vom Land finanziert. Leider künstlerisch zur Zeit etwas dahindümpelnd.
- das diesem Haus zugehörige Staatsorchester, ein Klangkörper der A-Vergütungsklasse mit 80 Planstellen, z.Zt. noch geleitet von dem (von mir nicht sonderlich geschätzten) GMD Toshiyuki Kamioka (acht Sinfoniekonzerte pro Spielzeit, dazu eine Kammermusikreihe mit Mitgliedern des Orchesters)
- ein Rundfunkorchester mit 87 Planstellen, nämlich die aus den ehemaligen Saarbrücker und Kaiserslauterer Rundfunkorchestern fusionierte Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, die immer noch ein wenig unter den Nachwirkungen der Fusion leidet, sich in manchmal sehr schwankender Form präsentiert und z.Zt. von dem (von mir nicht übermäßig geschätzten) GMD und Garanca-Ehemann Karel Mark Chichon geleitet wird (ca. 17-20 Sinfoniekonzerte pro Saison in Saarbrücken und außerdem ein paar Brocken für Kaiserslautern...)
- eine von Mitgliedern der Radiophilharmonie gestaltete Kammerkonzertreihe mit teilweise sehr ausgefallenen Instrumentalkombinationen und Programmen
- eine von einem privaten Verein durchgeführte Kammermusikreihe, mit oft sehr guten Ensembles, aus deren Programmangebot leider meist die gängigste Kombination ausgewählt wird (so kann ich dort demnächst zum drittenmal in vier Jahren Schuberts d-moll-Quartett hören, was - bei aller Liebe zum Stück - doch etwas zu viel des Guten ist).
- die hier ansässige Musikhochschule mit zahlreichen Konzerten von Dozenten, Studenten und Gästen, darunter auch immer ein jährliches Kammermusikfestival
- die "Tage Alter Musik im Saarland", veranstaltet von der hiesigen Akademie für Alte Musik und dem Saarländischen Rundfunk: jährlich gut 20 Konzerte und Veranstaltungen im März/April, durchaus avanciert, Programm für 2013 hier: "http://www.sr-online.de/sronline/sr2/v…2013_pdf100.pdf"
- "Mouvements", eine Konzertreihe mit moderner/zeitgenössischer Musik im Mai, veranstaltet vom Saarländischen Rundfunk (ohne den hier viele Lichter ausgehen würden bzw. noch mehr als sowieso schon); Programm für 2013 hier: "http://www.sr-online.de/sronline/sr2/v…e_musik100.html"
- die "Musikfestspiele Saar", alle zwei Jahre stattfindend, ein Festival, bei denen man sich Promis ins Land holt (in den letzten Jahren z.B. Wiener u. Berliner Philharmoniker, SO des Bayerischen Rundfunks, WDR Sinfonieorchester usw) und sich dann auf die Brust klopft, wie toll das Saarland ist, während die Gäste verwundert gucken, wo sie denn hier gelandet sind. Manchmal ein bisschen peinlich, aber zweifellos mit hochkarätigen Konzerten.
- Kammermusikfestivals bzw. -reihen in der näheren Umgebung (Homburg, Merzig)
Ich habe alle erwähnten Institutionen, Reihen, Festivals schon besucht, einige sehr oft. Trotzdem geht natürlich vieles an mir vorbei, weil ich keine Zeit oder Lust habe.
Ich gebe zu, dass ich dann doch häufiger die heimischen Musikangebote schwänze und Auswärtiges wahrnehme: in Berlin, München (die Bayerische Staatsoper bzw. das Nationaltheater ist nach wie vor mein Lieblingsopernhaus, ein Stehplatz dort preiswerter als der billigste Sitzplatz in der Saarbrücker Oper), Frankfurt, Paris, auch bei den sommerlichen Festivals...
Der Tonträgerkauf muss angesichts dieser Ausgaben zurückstehen. Damit sieht's übrigens in Saarbrücken sehr, sehr mau aus.
Viele Grüße
Bernd