Beethoven: Die Klaviersonaten - Gesamteinspielungen

  • Also dann will ich die Opus 14 bei Gelegenheit mal wieder hören, nachdem ihr mir so angepriesen habt.

    Gruß Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Beethovens Klaviersonaten - und alle Einzelsätze - sind so bemerkenswert individuell, dass ich keiner bzw. keinem einzigen einen geringeren Wert zubilligen möchte. Sicher können Bekanntheitsgrad und Schwierigkeitsgrad für den Ausführenden sehr unterschiedlich sein, aber das hat gewiss nichts mit der jeweiligen Originalität zu tun.

    ;+) Eigentlich habe ich auch keine Lust, op. 13, op. 14, op. 28 oder op. 49 und op. 79 nur deswegen abzuwerten, weil ich sie zufällig klimpern kann - während mir das ab op. 101 - aber seltsamerweise auch schon bei einigen der ganz frühen Sonaten - mehr oder minder überhaupt nicht (mehr) gelingt.

    Kleines Beispiel: Ich finde den Finalsatz von op. 7 in seiner ironisch-rokokohaften Attitüde höchst bemerkenswert. Und längst interessiert mich op. 27/1 mehr als op. 27/2, op. 54 mehr als op. 53 - doch das nur aus einem einzigen Grund: dem unterschiedlichen Grad der Abnutzung über die Jahrzehnte. Ein Aspekt subjektiver oder quasi-objektiver Wertung soll damit gewiss nicht einhergehen.

    Kater Murr findet die Gesamtanlage von op. 26 problematisch - ich auch. Aber bei Beethoven ist auch (oder gerade) genial, was problematisch ist. Was gibt es letztlich Problematischeres als das banale Thema im Kopfsatz von op. 110, die seltsamen Rückungen im Stil von A. L. Webber ( :hide: :D ) und die Ton- bzw. Akkordrepetitionen als verzweifelter Versuch, das Komponierte hören zu können ...

    Und zum Abschluss strenger on topic: Von meinen Gesamteinspielungen bevorzuge ich Gulda, den jungen Brendel und Arthur Schnabel. Damit habe ich ein gewisses Spektrum abgedeckt. Der große Sammler bin ich hier nicht.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Meine Favoriten sind unbedingt A Schnabel und D Barenboim, Schnabel für alle Sonaten besonders aber die überhitzten erregten wie die Appassionata (deren Zertrümmerung alle Hoffnung niemand eindringlicher erschütternder gespielt hat wie er) und Barenboim für die kleineren und zarten Sonaten, die mE niemand so differenziert so delikat und nachdenklich und zart gespielt hat wie er..

    Übrigens, auch Bruno Leonhard Gelber hat mir immer sehr gut gefallen.

    Auch ich übrigens liebe gerade die kleinen Sonaten sehr.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • obwohl ich wenig Ahnung von Musik habe, nie Musikunterricht genossen und nie ein Instrument nicht mal singen gelernt habe, habe ich mich gestern mal an einen Vergleich meiner Aufnahmen von op 14,2 gewagt.
    Ich kann aber deshalb auch nur einen groben Eindruck wiedergeben.
    Ich habe gehört:
    Barenboim
    Schnabel
    Korstik
    Gould
    Bräutigam
    Buchbinder

    Insgesamt muss ich sagen sind immer noch Barenboim und Schnabel dieabsoluten Favoriten. Barenboims Aufnahme ist halt an Klangschönheit Differenziertheit und Sensibilität nicht zu überbieten.
    Schnabels Interpretationen sind so genial, dass sie die kleinen Tonprobleme weit mehr als aufwiegen
    Sehr gut fand ich auch die Aufnahme von Gould, die einigen Witz in den letzten Satz legte.
    Auch Bräutigam und Buchbinder gefallen mir recht gut.

    Mit Korstik dagegen habe ich meine Probleme, er spielt mir zu klobig, zu direkt zu deftig und auftrumpfend halt mit dem dicken Pinsel der Pranke des Löwen, die nicht überall angemessen ist (sein Instrument trägt auch einiges dazu bei). dagegen fand ich aber seine Interpretation des letzten Satzes genial, soviel Witz und Originalität hat noch niemand da heraus geholt.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
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    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Zwei Werke zum Lesen - und hilfreich beim Hören der Klaviersonaten

    Joachim Kaiser: Beethovens 32 Klaviersonaten und ihre Interpreten

    Es war für mich eine sehr hilfreiche Einführung in die Welt der Sonaten, den Charakter der einzelnen Werke und ihre Feinheiten, sowie in die Begründung unterschiedlicher Interpretationsansätzen. Die Noten bei der Hand zu haben, hilft. Was an überzeugenderem Lob gibt es als das Plagiat. Ich hörte eine Serie über die Klaviersonaten in der Einspielung auf historischen Instrumenten mit Malcolm Bilson - ich meine es waren 32 Sendungen - in der die Einleitungen wörtlich die von Kaiser waren, ohne dass der Autor auch nur einmal auf seine Quelle hinwies.

    Als ich mutiger war, kam dazu

    Jürgen Uhde:Beethovens 32 Klaviersonaten

    Hier sind Noten obligatorisch, um den Analysen zu folgen. Die vielen Bleistiftnotizen in meiner Ausgabe der Beethoven-Sonaten gehen auf den Uhde zurück, eine wahre Schatztruhe für mich - und ein notwendiges Gegengewicht zu dem Kaiser. Das Buch sollte aber (im Gegensatz zu dem Kaiser, der interessierten Laien gut zugänglich ist) mit einem musikanalytischen Vorwissen angepackt werden, sonst hat man wenig davon.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Kann ich nur voll unterstreichen, der Kaiser ist wirklich klasse und vor allem auch sprachlich einfach spitze. Ein wahres Vergügen zu lesen, dazu sehr differenziert in der Beurteilung.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
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    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Als ich mutiger war, kam dazu


    Jürgen Uhde:Beethovens 32 Klaviersonaten

    Hier sind Noten obligatorisch, um den Analysen zu folgen. Die vielen Bleistiftnotizen in meiner Ausgabe der Beethoven-Sonaten gehen auf den Uhde zurück, eine wahre Schatztruhe für mich - und ein notwendiges Gegengewicht zu dem Kaiser. Das Buch sollte aber (im Gegensatz zu dem Kaiser, der interessierten Laien gut zugänglich ist) mit einem musikanalytischen Vorwissen angepackt werden, sonst hat man wenig davon.

    Sind in dieser Wiederauflage von Uhdes Buch tatsächlich "nur" die Klaviersonaten besprochen? Das wäre schade, denn ein großer Vorzug der ursprünglichen dreibändigen Ausgabe war meines Erachtens gerade, dass auch quasi alle kleineren Klavierwerke Beethovens (z.B. die Bagatellen, aber auch sämtliche Variationszyklen) mit gleicher Ernsthaftigkeit analysiert wurden. Immerhin gibt es den entsprechenden ersten Band bei Amazon noch gebraucht.

    Christian

  • Kann ich nur voll unterstreichen, der Kaiser ist wirklich klasse und vor allem auch sprachlich einfach spitze. Ein wahres Vergügen zu lesen, dazu sehr differenziert in der Beurteilung.


    Im Vorwort zur Neuausgabe weist er ja recht stolz drauf hin, daß das Buch in institutsbibliotheken zu den meistgestohlenen gehörte... Sein ambitioniertestes Werk und sicher auch sein bestes, anderswo bohrt er oft eher dünne Bretter.

    “There’s no point in being grown up if you can’t act a little childish sometimes” (Doctor Who, der Vierte Doktor)

  • Im Pollini-Thread bereits kundgetan, paßt es natürlich auch hier:

    JPC nennt als voraussichtlichen Liefertermin den 7.11.2014, es geht um eine Gesamteinspielung der Beethoven-Sonaten durch Maurizio Pollini (DGG, 8 CD):

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Wer die Einzelaufnahmen noch nicht hat, der kann nun die wunderbaren Klaviersonaten auf Fortepiano mit Brautigam in dieser Box erwerben:

    Alle anderen Soloklavier-Werke, die Brautigam für BIS eingespielt hat, sind nicht enthalten. Und in dieser Reihe fehlen immer noch die Diabellivariation.

    Hudebux

  • Schade, dass hier niemand Solomon erwähnt. Das sind für mich neben der GA von Artur Schnabel die eindrucksvollsten Aufnahmen. Leider gibt es die nicht komplett, und die Vinyl-Box, die ich seit langem habe, wo doch sehr viel enthalten ist, auch nicht mehr.

    Apropos: Schnabel höre ich oft auf Schellack mit Stahlnadel, das klingt rundherum gut... :thumbup:

    Grüße , Leverkuehn

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Auf eine günstige Box mit Solomon-Aufnahmen warte ich, seit ich vor gut 10 Jahren Kaisers Sonatenbuch gelesen und dabei den Eindruck gewonnen habe: Solomon solltest du gehört haben. Allein, sie kommt nicht. Und die Testament-CDs sind noch immer so unverhältnismäßig teuer.

  • Außer von einem "Piraten" ist eine günstige Solomon-Box kaum wahrscheinlich; oder stammen die EMI- und Testament-Aufnahmen alle aus derselben Quelle?

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Testament vertreibt öfter EMI-Aufnahmen, die aus welchem Grund auch immer nicht in den Katalog übernommen oder aus diesem abgesondert wurden.
    Meines Erachtens ganz offiziell.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Außer von einem "Piraten" ist eine günstige Solomon-Box kaum wahrscheinlich; oder stammen die EMI- und Testament-Aufnahmen alle aus derselben Quelle?


    Zumindest könnte man doch erwarten, dass Naxos auch Solomons Beethoven-Einspielungen herausgibt. Schnabels haben sie bereits. Und andere Aufnahmen von Solomon auch.
    Das wäre pro CD immerhin nur noch die Hälfte vom Preis einer Testament-Scheibe.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Naxos macht auch nur, was Umsatz bringt. Schnabels GA ist komplett, muss eh von Schellacks überspielt werden. Solomon ist fast 20 Jahre neuer, nicht komplett, hat nicht annähernd den legendären Status, evtl. müssen Lizenzgebühren entrichtet werden. Von Schnabels gab es eh schon Billigausgaben, d.h. Naxos spricht hier qualitätsbewusste Kunden an, die auf eine bessere Überspielung setzen. Die Solomon-Aufnahmen sind aber bei EMI bzw. Testament schon in "Qualitätsausgaben" erhältlich,d.h. der Interessent hat sie sehr wahrscheinlich schon und kaum Interesse an einer Naxos-Ausgabe. Und für den Gelegenheitskäufer sind die eh nicht attraktiv, der will stereo.

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    (B. Pascal)

  • Hallo,

    Von Beethovens Klaviersonaten nenne ich eine Gesamtaufnahme von John Lill auf Brilliant Klassics mein eigen, und ich bin zufrieden damit. Ich hab die deshalb weil sie seinerzeit (2001) so preiswert war und weil ich immer aufs Geld gucken muß; aber ich glaub schon daß, wer wenig ausgeben kann, hier gut bedient ist.

    Allerdings hab ich mir später von Kempf die späten Sonaten dazu geholt (DG 1976), und da begeistert mich v.a. op.111. Ich bin nicht so ein Klavierspezialist aber wenn ich das mal anmache werd ich zum Liebhaber...

    LG

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

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