Beethoven: Die Klaviersonaten - Gesamteinspielungen
Mich würde es freuen, über das Thema der Gesamteinspielungen der Klaviersonaten mal ins Gespräch zu kommen. Denn unbestritten ist ja wohl eines: Er ist einer der bedeutendsten, wenn nicht der bedeutenste Klavierzyklus, der je komponiert wurde. Man muß ihn nicht loben, jeder Klassikliebhaber weiß das. Irgendjemand hat die Klaviersonaten von Beethoven mal als das "neue Testament" des Klaviers bezeichnet ( und das Wohltemperierte Klavier von Bach dann als das alte). Und das ist auch nicht zu hoch gegriffen.
Also die Klaviersonaten von Beethoven sind bedeutend, ich kenne sie alle, und es ist kaum ein schwaches Stück darunter. Schon die ersten drei Klaviersonaten Opus 2 sind trotz ihrer niedrigen Opusnummer genuinster vollwertigster Beethoven und das zieht sich durch bis zu den teilweise etwas vergrübelten wirkenden aber hochbedeutenden späten.
Natürlich gibt es innerhalb dieses Zyklus bestimmte Werke, die nun wirklich besonders berühmt sind: Die Mondscheinsonate etwa, die Pathetique, die Apossionata, die Hammerklaviersonate. Aber die Beethovensonaten sind eben durchgehend von einer sehr hohen Qualität. Ein Klassikliebhaber sollte sie kennen.
Dann komme ich mal zu einigen Empfehlungen. Unbedingt empfehlenswert ist Arthur Schnabel. Arthur Schnables Einspielung ist allerdings uralt. Sie stammt aus den Jahren 1932 - 1935. Natürlich kann dies nicht mehr toll klingen und klingt es auch nicht. Es gibt die Einspielung wohl in verschiedenen Versionen. Bänder gibt es aus dieser Zeit sowieso nicht mehr, man hat nur noch Schellackplatten. Welche dieser Transfers am besten sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe eine von Membran, die war sehr günstig. Aber es gibt auch andere.
Ich höre diese Einspielung wiegesagt sehr gerne. Athur Schnabel spielt langsame Sätze oft mit einer pathetischen Langsamkeit, schnelle allerdings auch sehr schnell. Für mich geht eine besondere Magie von diesen Aufnahmen aus, es ist bestimmt kein nüchterner Beethoven, aber auch kein unidiomatischer. Obwohl diese Aufnahmen nun schon seit unendlichen Zeiten im Katalog sind, haben sie ihre Stellung stets behaupten Können.
Kommen wir zu einer zweiten Gesamteinspielung, die ich gut kenne. Das ist die alte Brendeleinspielung auf Vox. Das ist nun schon eine Aufnahme in moderner Klangtechnik, allerdings hört man da gelegentlich "Echos" die in leisen Stellen stören, also auch das ist eine ältere Analogaufnahme mit einem für mich allerdings völlig akzeptablen Klang. Mir gefällt diese Einspielung auch sehr gut, sie ist nicht ganz so extrem wie Schnabel in den Tempi, aber dieser Beethoven klingt für mich völlig idiomatisch und sehr natürlich, so daß ich diese Einspielung sehr gerne höre. Irgendwie erinnert mich diese Einspielung auch an den Satz, den mal jemand gesagt hat, daß man Beethoven nie zu jung einspielen könne. Ja, Brendel war sehr jung bei dieser Einspielung, zu jung aber wohl nicht, denn er spielt diese Sonaten mit aller angemessenen Leidenschaft. Also wiegesagt ein natürlicher Beethoven und keinesfalls so trocken wie Gulda ( aber auf den komme ich noch). Diese Einspielung ist mal billig bei Brilliant erschienen, inwieweit sie noch greifbar ist, kann ich nicht sagen.
Kommen wir also noch kurz zu Guldas Gesamteinspielung. Ja, die ist nicht völlig mein Fall. Ich höre sie aber immer noch mal gelegentlich. Ich finde Guldas Beethoven sehr trocken, ich will nicht sagen, daß Gulda den Beethoven gefühllos herunterrattert, das nicht, aber es ist nun ein Beethoven, der wirklich völlig von Pathos befreit ist, der nüchtern und analytisch ist, wohl gelegentlich auch federnd. Manche mögen Gulda sehr, mein Fall ist es nicht.
Kurz eingehen möchte ich auf eine vierte Gesamteinspielung, Eric Heidsiek. Nun gut, diese Gesamteinspielung habe ich auch, aber ich muß ehrlich sagen, ich habe sie nicht vollständig gehört. Warum sollte ich auch, mir gefiel Eric Heidsiek nicht, warum soll ich mich dann unbedingt da durchhören. Wo Gulda zu trocken ist, ist mir Heidsiek zu feucht, zu sehr in Richtung Romantik, und damit sage ich mal unidiomatisch. Das aber nur eine kurze Anmerkung aus der Erinnerung zu einer Gesamteinspielung, die ich nur in Auszügen kenne.
Soweit dazu.
Gruß
Malcolm