Arnold, Malcolm - ein volkstümlicher Neoklassizist aus England

  • Zitat

    Ich weiß im übrigen nicht, ob mir der Threadtitel mit dem "volkstümlichen Neoklassizisten" so sehr gefällt. Es ist sicherlich eine Tatsache, daß Malcolm Arnold sehr volkstümlich schreiben konnte. Zum Beispiel die frühen "sinfonischen Tänze" sind durchaus sehr fetzig und volkstümlich. Allerdings, selbst bei den sinfonischen Tänzen, die auf der Naxos chronologisch angeordnet sind, hat man das Gefühl, je älter der Mann geworden ist, desto ernster wird er selbst noch in seinen sinfonischen Tänzen. Also Arnold konnte volkstümlich sein, hat aber eine unbedingt sehr ernste, wenn nicht sogar tragische Seite, die man an ihm nicht übersehen sollte.

    An dem Attribut "volkstümlich" hänge ich nicht; ich habe es auch eher im Sinne von "publikumswirksam" gemeint - kann gerne so ausgetauscht werden. In meiner kleinen Einführung habe ich darauf hingewiesen, dass das nur die eine Seite von ihm darstellt - aber meines Erachtens charakterisiert dieser Aspekt einen wesentlichen Antrieb für sein Schaffen und auch seine Persönlichkeit.

    Ein besseres musikhistorisches Attribut als dasjenige des "Neoklassizisten" kann ich mir hingegen nicht vorstellen. Die big tune im zweiten Satz der fünften Sinfonie wird ja gebrochen, schon während des langsamen Satzes und dann endgültig am Ende der Sinfonie. Das ist allenfalls eine Neo-Romantik, die wehmütig auf eine vergangene Zeit zurückblickt. Das tun jedoch viele sogenannte Neoklassizisten.

    Und selbst wenn der Begriff "Neoklassizismus" nicht alle Schattierungen abdeckt, so erscheint mir doch kein anderer musikologischer Terminus treffender. Insofern möchte ich den Titel schon gerne beibehalten, es sei denn, man überzeugt mich von einem besseren. :P

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Konzert für 2 Klaviere

    Die von Michael in Beitrag 16 und Martin in Beitrag 20 genannte Naxos - CD ist wirklich grosse Klasse und keine billige Naxos-Produktion.
    :thumbup: Witzige und knapp gehaltene sinfonische Meisterstücke mit fetzigem Pepp und den berühmten überdrehten Schlüssen, voller Spielwitz - Klasse Musik !


    Konzert für 2 Klaviere (3-händig) op. 104CD
    Konzert für Klavier-Duett & Streicher op. 32;
    Beckus the Dandipratt-Ouvertüre op. 5
    Fantasy on a Theme of John Field (für Klavier und Orchester) op. 116

    Phillip Dyson, Kevin Sargent, Ulster Orchestra, Esa Heikkilä
    Naxos , DDD, 2007

    Sehr gute aktuelle DDD-Klangqualität und sehr anständige Klaviersolisten, sowie Orchester und Dirigent in TOP-Form

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Malcolm Arnold und seine fetzigen Ouvertüren

    Hallo Malcolm Arnold-Freunde,

    es ist sicher interessant M.Arnold mit seinen eigenen Werken auf CD zu hören.
    Aber tatsächlich besser ?

    Zumindest bei seinen Aufnahmen seiner zahlreichen Ouvertüren stelle ich dies in Frage:
    *** Ich habe die ausgezeichnete CD mit 10 Ouvertüren unter Rumon Gamba/BBC Philharmonic (Chandos, 2005, DDD).

    Meine CD-Version hat ein anderes CD-Cover; mit der Rückseite gem.Abb.:.
    .. [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51wE2wGpTjL.jpg]
    Chandos, 2005, DDD


    Später erreichte mich eine in England gekaufte audiphile CD der Firma ReferenzRecordings (RR, 1992, DDD) auf der M.Arnold nur ganze 5 Ouvertüren unterbringt.
    Mehr geht auch nicht drauf, denn seine eigenen Spielzeiten unterscheiden sich radikal von den fetzigen Interpretationen Rumon Gambas !


    Beispiele: A Sussex Ouvertüre dauert bei Ihm 12:11 gegenüber 9:18; Beckus the Dandipratt 10:45 gegenüber 7:57; The Smoke 11:56 gegenüber 7:55; The Fair Field 9:17 gegenüber 7:17; Neuland ist auf der RR-CD nur die Commonwealth Christmas Ouvertüre mit 18:55.
    :thumbup: Mir gefällt Gamba deutlich besser, obwohl es bei Arnold auch nicht übel klingt. :prost: Man kann aber durchaus beide Zugänge schätzen.

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/41Z4UDL0bGL.jpg]--> - Die CD-Version ist leider derzeit nicht verfügbar -
    ReferenceRecordings, 1992, DDD

    :spock: Klangtechnisch sind beides Hammer-CD´s !!!

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang


  • *** Ich habe die ausgezeichnete CD mit 10 Ouvertüren unter Rumon Gamba/BBC Philharmonic (Chandos, 2005, DDD).

    Meine CD-Version hat ein anderes CD-Cover; mit der Rückseite gem.Abb.:.
    .. [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51wE2wGpTjL.jpg]
    Chandos, 2005, DDD

    Das Cover der Gamba-Aufnahme sieht so aus:

    Lionel

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Die von Michael in Beitrag 16 und Martin in Beitrag 20 genannte Naxos - CD ist wirklich grosse Klasse und keine billige Naxos-Produktion.


    Hallo Wolfgang,
    das stimmt so nicht ganz, da ich die Naxos zwar gut finde, aber im Falle des Konzertes für zwei Klaviere zu 3 Händen die Einspielung mit den Widmungsträgern klar bevorzuge:

    Es handelt sich um das Ehepaar und damals äußerst beliebte Klavierduo Phillis Sellick und Cyril Smith.
    Beide, vor allem Smith, waren hochkarätige Solisten.
    Und Smith hatte dann leider einen Schlaganfall.

    Er war einer der wenigen Pianisten, welche schlußendlich nur noch mit der rechten Hand spielen konnten.
    Ein Ausfall der rechten Hand und ein daraus resultierendes Spiel mit nur noch der linken Hand ist weitaus üblicher.

    Das Duo Sellick-Smith hat dann zum Glück erfolgreich als dreihändiges Duo seine Karriere fortsetzen können.

    Das Konzert für drei Hände ist ziemlich skurill und eines der humorvollsten Werke Arnolds.
    Es beginnt übertrieben bombastisch mit den Eingangstakten von "The Inn of the sixth happiness" um dann mit einem extra völlig banalem Klavierthema fortgesetzt zu werden...
    Vor allem der letzte Satz ist ein von sämtlichem Ernst befreiter Rausschmeisser, an einer Stelle kann man bei genauem Hinhören sogar hören, wie das Orchester "Hey" ruft.

    Trotz allem Humors im 1. und 3.Satz gelingt Arnold aber ein wunderbar tiefsinniger 2.Satz, der in völligem Gegensatz zu den äußeren Sätzen steht.
    Das Konzert ist für mich eine äußerst gelungene "Tour de force" durch alle möglichen auf höchstes Niveau gehievten "Geschmacklosigkeiten" , selbst im eher ernsthaftem 2.Satz, dessen Höhepunkt mir eigentlich nur zynisch und extra hohl vorkommt, um dann etwas tieferem wieder Platz zu machen am Ende.


    Auf dieser EMI CD, welche ich empfehlen kann, befinden sich auch noch die Sinfonien 1,2, und 5 in sehr guten Aufnahmen unter Arnold selber.

    Die 5. gefällt mir auch sehr gut, allerdings habe ich sie länger nicht gehört.
    Trotzdem bin ich mir in der Erinnerung sicher, da eine Reminiszenz an Mahler herausgehört zu haben.

    Besonders gut hat mir auch immer die 3.Sinfonie gefallen, die gab es auch mal auf Everest unter der Leitung von Arnold......wobei in diesem Falle Hickox oder Penny in jedem Falle zu bevorzugen sind.
    Vielleicht ist das sogar meine Lieblingssinfonie von Ihm.

    Ich muß gestehen, daß die späten Sinfonien ab Nr.6 nicht mehr mein cup of tea sind. Sorry.
    Vielleicht sollte ich Ihnen nochmal eine Chance geben, meine Beschäftigung mit Arnold hat schon seit 20 Jahren eher stagniert. :hide:
    Aus diesem Grunde kenne ich sein Cellokonzert übrigens auch nicht.
    Arnold war bei aller Wertschätzung für mich niemals ein Komponist, von dem ich alles haben mußte. :angel:

    Hier kann man sich die 3.Sinfonie anhören:
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    "

    Zitat

    Zumindest bei seinen Aufnahmen seiner zahlreichen Ouvertüren stelle ich dies in Frage:

    Hallo Wolfgang,
    ich schrob ja schon, daß Arnold wohl krankheitsbedingt in späteren Jahren sehr langsam dirigierte.

    Ich bin da auch immer hin und hergerissen, trotzdem sind reine Spielzeiten kein alleiniger Maßstab, ob etwas besser oder schlechter ist.
    Sicher schätze ich das fetzige schlußendlich meist auch mehr-keine Frage.

    Die von Dir genannte CD mit Overturen ist mir auch als Enttäuschung haften geblieben.Ich habe sie nie wieder angehört- obwohl sie fantastisch aufgenommen ist.

    Ich gebe Dir also völlig recht, was diese CD angeht.

    Arnold hat aber z.B. für mich im Falle der 4.Sinfonie z.B. trotz erheblich langsamerer Tempi eine sehr spannungsvolle Aufnahme hinbekommen...........

  • Eine Sache habe ich völlig vergessen:

    Arnolds 6.Sinfonie, welche schon ziemlich starker Tobak ist, wurde 1969 in demselben Konzert in der Albert Hall uraufgeführt, in welchem auch Jon Lords Concerto for Group uraufgeführt wurde.

    Ich frage mich ernsthaft, wie das stellenweise völlig zugekiffte damalige Publikum, welches sicherlich in erster Linie wegen Deep Purple dort anwesend war, auf diese Musik reagierte.....

    Um sich ein Bild zu machen, wie DAS damals aussah, hier der 3.Satz aus dem Jon Lord- Werk:
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    Arnold dirigiert, das Orchester versucht, es hinzubekommen- was bis zum Schluß nicht gegeben war.
    Und das Publikum raucht und kifft fröhlich vor sich hin.
    Na ja, jedenfalls ein Teil des Publikums, man kann das an dem rauchgeschwängerten Saal sehen und einige Sekunden im gesamten Video auch direkt.

    Ich habe einen Rockmusikführer aus den 70ern- damals selber "analog" gelesen.......(das gab es mal, nannte sich Buch ?( )
    Und da war zu lesen, daß dies eines der letzten Konzerte oder sogar das letzte dieser Art in der Albert Hall war, da diese Problematik einfach nicht in den Griff zu bekommen war bei solchen Massenveranstaltungen.

    Heute sind wir ja alle Gutmenschen und rauchen nicht mehr, also fast alle, oder viele wenigstens...
    Außer mir und anderen, welche sich aber heute benehmen müssen und trotzdem dafür öffentlich gemaßregelt werden von den anderen, welche unter Umständen auch früh sterben, aber dann halt gesund.

    Die Partitur und die Stimmen des Concerto sind übrigens später verloren gegangen in L.A. nach einem Konzert.
    Das Werk wurde sehr viel später anhand der Aufnahme rekonstruiert und erfolgreich mehrfach wieder aufgeführt.
    Kurz vor Lords Tod wurde es aufwändig neu aufgenommen.......habe die CD, aber noch nicht reingehört...... :hide:
    Soll toll sein, der Aufwand war riesig, nicht zu toppen...ich habe aber irgendwie Angst, es mir anzuhören.
    Vielleicht will ich das gar nicht perfekt haben, vielleicht macht es mir einen bestimmten Moment in meinem Leben kaputt:
    Den Moment, wo ich mir 1975 die Orginalschallplatte des orginalen Konzertes von 1969 kaufte.....diese LP läuft bei mir noch genauso gut wie am ersten Tag damals und ist sehr gepflegt.

    Und es war Diese Zeit, diese Aufbruchstimmung, die eine Menge an Faszination bis heute bewahrt hat.

    P.S.
    Ganz zum Schluss kann man auf berührende Weise Sir Malcolm Arnolds Bescheidenheit sehen:
    Er wird mehrfach vom völlig aufgelösten Jon Lord zum Verbeugen aufgefordert und weist dann schlußendlich Jon Lord lächelnd alleine auf das Podest.
    Lord verbeugt sich linkisch ein paar mal und verläßt nach dem letzten Verbeugen offensichtlich weinend die Bühne.

    Das war ein großer Moment.
    Wie ich sehen kann, applaudiert fast niemand im Orchester der Band und dem Komponisten-heute völlig undenkbar.
    Aber wenigstens ein paar applaudieren!

    Zu sehen ist auch, daß Lord das Orchester direkt animiert, aufzustehen, dieses aber erst auf Arnolds Aufforderung reagiert.
    Schon strange, aber damals war der ganze Zirkus NOCH straffer organisiert als heute, man kann sich das heute wirklich nur sehr schwer vorstellen.

    Das war schon eine ziemlich andere Zeit damals.
    Diese beiden Musiker, Arnold wie Lord, haben vor diesem Konzert enorme Schwierigkeiten meistern müssen.
    Schwierigkeiten, welche es heutzutage so nicht mehr gibt, diese Zeiten sind schon lange vorbei.
    Insoferne kann man in diesem Video von 1969 zwei Helden zuschauen, welche maßgeblich daran mitgewirkt haben, daß wir heute im großen und ganzen diese Grabenkämpfe hinter uns haben.
    Heute gibt es sogar Professoren für "Crossover" , wobei die Tendenz für mich heute eher nach ganz unten zeigt, was die "Qualität" dieser Musik angeht.

    Egal jetzt, ich bleibe jetzt zum Schluss im Jahre 1969 und bei Lord und Arnold:

    Arnold zieht sich bescheiden zurück und überläßt den Erfolg demjenigen, der Ihn am meisten verdient hat.
    Und Jon Lord ist ebenso bescheiden, denn er weiß, wem er diesen Erfolg und die Aufführung verdankt: Malcolm Arnold.

    Das war und ist sehr groß- und es berührt mich, wenn ich dies mir heute noch anschauen kann.

  • Ich möchte allen Liebhabern der Kammermusik doch mal diese CD ans Herz legen, denn bisher haben wir ja nur über die Orchestermusik von Malcolm Arnold gesprochen. Zu Recht, denn Malcolm Arnold war, bevor er seine kompositorische Karriere startete, Orchestermusiker und er kann mit dem Orchester umgehen, er kann sehr effektiv und manchmal geradezu sensationell für Orchester schreiben.

    Aber er konnte eben auch gute Kammermusik schreiben, wo es auf sensationelle Effekte nicht ankommt. Diese CD vereinigt 5 Kammermusikwerke: Ein Klaviertrio, zwei Violinsonaten und ein weiteres Werk für Violine und Klavier und eine Phantasie für Cello solo. Die CD umfaßt etwas mehr als 60 Minuten, hat aber 19 Stücke, das heißt: Die Stücke sind nicht immer sehr lang, aber trotzdem sehr gehaltvoll, und auch ein Malcolm Arnold kann "intim" schreiben, er kann die geringeren klanglichen Möglichkeiten der Kammermusik durch Schönheit und Gehalt kompensieren und ich höre diese CD sehr gerne, zum Beispiel das Klaviertrio, aber auch die wunderschöne 2. Violinsonate.

    Dies nur als Hinweis von mir.

    Gruß
    Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Ich möchte allen Liebhabern der Kammermusik doch mal diese CD ans Herz legen, denn bisher haben wir ja nur über die Orchestermusik von Malcolm Arnold gesprochen. Zu Recht, denn Malcolm Arnold war, bevor er seine kompositorische Karriere startete, Orchestermusiker und er kann mit dem Orchester umgehen, er kann sehr effektiv und manchmal geradezu sensationell für Orchester schreiben.

    Aber er konnte eben auch gute Kammermusik schreiben, wo es auf sensationelle Effekte nicht ankommt. Diese CD vereinigt 5 Kammermusikwerke: Ein Klaviertrio, zwei Violinsonaten und ein weiteres Werk für Violine und Klavier und eine Phantasie für Cello solo. Die CD umfaßt etwas mehr als 60 Minuten, hat aber 19 Stücke, das heißt: Die Stücke sind nicht immer sehr lang, aber trotzdem sehr gehaltvoll, und auch ein Malcolm Arnold kann "intim" schreiben, er kann die geringeren klanglichen Möglichkeiten der Kammermusik durch Schönheit und Gehalt kompensieren und ich höre diese CD sehr gerne, zum Beispiel das Klaviertrio, aber auch die wunderschöne 2. Violinsonate.

    Dies nur als Hinweis von mir.


    Lieber Malcolm,
    vielen Dank für diesen Tip.

    Mir sind diese Werke Arnolds bisher nicht bekannt.
    Ich sammle halt nicht sehr vieles an Kammermusik, da habe ich ein Defizit.
    Natürlich spiele ich eine Menge an Kammermusik und suche immer nach neuem, aber dies primär nicht über CD- Käufe, sondern über Empfehlungen anderer oder eigener Erfahrung mit und Interesse an bestimmten Komponisten.
    Zu diesen gehörte Arnold für mich bisher nicht im Kammermusikbereich.
    Muß ich zugeben. :hide:

    Ich besorge mir diese CD mal, besonders das Werk für Cello solo interessiert mich, aber auch das Klaviertrio.

    Danke nochmal!
    Solche Empfehlungen wie diese von Dir sind mir wirklich wichtig und wertvoll.
    :wink:

    Michael

  • Auch meinen Dank an Malcom für den Hinweis auf die CD mit Kammermusik, welche ich ebenfalls nicht kenne.

    Zu den Sinfonien gibt es meines Erachtens noch viel zu sagen; sie sind sehr unterschiedlich geartet und ich finde auch die Nummern 6 bis 8 sehr reizvoll. Vergleichsweise spröde erscheint die Neunte, sie wird aber offenbar von Kennern durchaus geschätzt. Hier offenbart Arnold wahrscheinlich am deutlichsten die dunkle Seite seiner Existenz. Er war bei aller Leichtigkeit und Vielfalt kein Mozart des 20. Jahrhunderts - ein Attribut, das gerne Jean Francaix zugebilligt wird, wobei man sich natürlich darüber im Klaren sein muss, dass das kein sinnvolles Werturteil sein kann -, denn seine Musik will (und kann) nicht in vergleichbarer Weise persönliche Befindlichkeit genial überhöhen..

    Stattdessen sieht es doch eher so aus, dass er auch dieses persönliche Element ausgelebt hat, und sei es in den negativen ironischen Brüchen oder dissonanten Schärfen vor allem seiner späteren Sinfonien.

    Wenn ich dafür Zeit habe, vergleiche ich meine drei Einspielungen der Fünften - zwei wurden bereits genannt.

    Michael möchte ich dahingehend zustimmen, dass das aparte kleine Klavierkonzert für drei Hände - es wurde vor über vierzig Jahren für die Proms in London komponiert und begeistert aufgenommen - in der Einspielung unter Leitung des Komponisten noch stärker überzeugt als auf der Naxos-CD. Es klingt etwas transparenter und im Zugriff sowohl packender wie farbiger.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Hallo Michael,

    ja, ich hoffe, Dir gefällt die CD. Es ist klar, daß für Dich als Cellisten das Klaviertrio und die Phantasie für Cello solo besonders interessant ist. Das Klaviertrio gefällt mir wiegesagt sehr gut. Die Phantasie für Cello solo habe ich vor langer Zeit gehört und ich erinnere mich, sie eigentlich auch sehr schön gefunden zu haben, aber immerhin dauert das Stück 17 Minuten und besteht aus vielen Einzelsätzen, das ist nun wirklich sehr viel "Homophonie", denn es gibt ja keinen Kontrapunkt, keine Harmonik, keine Polyphonie in einem Stück für Cello solo. Das Stück wurde 1987 für den Cellisten Julian Loyd Webber geschrieben. Na ja, aber ich denke für Cello Solo dürfte das Repertoire ziemlich begrenzt sein, ich kenne sonst nichts außer den Cellosuiten von Bach.

    Gruß
    Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Gut, was ich meinte, war, daß man auf einem Cello solo schlecht etwas mehrstimmiges spielen kann, wie es auf einem Klavier nun wirklich immer möglich ist. Jedenfalls wäre mir das neu. Aber ich habe keine Lust, mit einem Cellisten darüber zu streiten, was man auf einem Cello kann, das muß ein Cellist besser wissen als ich und darum ging es mir auch gar nicht.

    Mir ging es eigentlich nur darum, diese CD zu empfehlen. Das Klaviertrio und die beiden Violinsonaten sind sehr hörenswert und die Phantasie für Solo Cello ist eigentlich auch sehr schön.

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Zu Cellothemen allgemein gibt es u. a. bereits:

    Cello-Talk
    Ja, ich spiele Cello und das ist gut so!
    Anspruchsvolle Werke der Cello-Literatur
    Musik für Cello und Klavier

    Ein Thread zu Kammermusik für Cello solo fehlt meines Wissens noch. :pfeif:

    Es wäre schön, wenn Ihr die Diskussion an passendem Ort fortsetzen würdet und hier bei Malcolm Arnold bleibt - erspart der Moderation Arbeit und hilft Interessierten, das Passende zu finden.

    Danke! ;+)

    :gurni:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Sinfonie Nr. 9

    Die folgenden Ausführungen orientieren sich zu einem größeren Teil am Booklet-Text der Naxos-Einspielung und an einem Interview zwischen Andrew Penny und dem Komponisten.

    Malcolm Arnolds 9. Sinfonie, op. 128, wurde am 5. September 1988 in Norfolk vollendet. Die Aufnahme mit dem National Symphony Orchestra of Ireland datiert aus dem Jahr 1995. Ich habe die rund 47minütige Komposition heute erst zum zweiten Mal gehört und bin in hohem Maße beeindruckt. Man muss in der Tat wissen, dass es das Werk eines nahezu verzweifelten Mannes ist, der 1988 noch rund 18 Jahre zu leben hat, aber laut eigener Aussage in den bald zehn Jahren vor Abschluss der Komposition "durch die Hölle gegangen" ist. Man findet auf die Schnelle im Internet nur relativ vage Angaben zu Arnolds psychischer und physischer Gesundheit im reifen Mannesalter. Ich gehe aber davon aus, dass der Komponist, welcher bereits in jungen Jahren schizophrene Schübe hatte und später auch Alkoholprobleme und der sich dadurch bedingt auch in psychiatrischen Anstalten aufhalten musste und später pflegebedürftig war, wohl unter schweren Depressionen litt. Es ist bemerkenswert, dass Arnolds Zustand sich vermutlich im höheren Alter für einen längeren Zeitraum wieder deutlich gebessert hat, allerdings hat er nur noch selten komponiert.

    Die Komposition war vom BBC bestellt worden, konnte aber nicht, wie geplant, zum Europäischen Musikjahr 1985 fertiggestellt werden, worauf dem Komponisten die Förderung durch den Rundfunk gestrichen wurde. Sir Charles Groves, langjähriger Freund Arnolds, der sich stets für ihn eingesetzt hatte, führte das Werk schließlich im Januar 1992 in Manchester auf.

    Auf obiger CD befindet sich im Anschluss an die Studioproduktion der Sinfonie ein zehnminütiges Interview, das Andrew Penny offensichtlich etwa ein Jahr später mit dem mittlerweile 75jährigen Komponisten geführt hat. Arnold wirkt sehr einsilbig, das Sprechen scheint ihm schwerzufallen, aber immerhin reagiert er doch eher amüsiert auf die quasi rhetorische Frage Pennys, ob Arnold, der 1991 zu den Feierlichkeiten seines siebzigsten Geburtstages geäußert hatte, er wundere sich, dass er noch lebe, fünf Jahre später genauso denke.

    Arnold ist sich der besonderen Rolle einer neunten Sinfonie bewusst. Auch er hofft, eine wesentliche musikalische Aussage angesichts der beinahe mythischen Funktion der Neun-Zahl seit Beethoven treffen zu können. Arnold gesteht auch gerne ein, im weit mehr als zwanzig Minuten umfassenden Finalsatz, der damit etwa genauso lang dauert wie die drei vorangehenden Sätze zusammen, im Geist von Mahlers Neunter einen pathetischen Abgesang von tiefer Trauer und Resignation verfasst zu haben. Die Thematik aller Sätze ist durchaus plastisch und im dritten, einem Giubiloso findet sich auch finstere Verspielheit, Sarkasmus. Was man hört in dieser Sinfonie, erinnert nicht wenig an Dmitri Schostakowitschs analogen Abgesang, seine 15. Sinfonie, die Arnold kennengelernt hatte - neben Mahler wohl die wichtigste Quelle. Auch wenn es nicht schwer ist, den Stil des Meisters an der Melodik und Orchestration immer wieder zu erkennen, so fehlt doch jegliche gelassene oder schmissige Fröhlichkeit, es fehlen fast gänzlich die aparten Bläser- und Schlagwerkeffekte - abgesehen von bedrohlichen Paukenwirkungen. Ganz am Ende des großen Finalsatzes schließt die Moll-Sinfonie leise in versöhnlichem D-Dur. (Und abgesehen davon, dass man beider Stile nicht wirklich vergleichen kann, fühle ich mich auf merkwürdige Weise auch an Allan Petterssons Schicksal und seine musikalische Welt erinnert.)

    Mein obiges Urteil (08.09.2013) der "Sprödigkeit" möchte ich nicht mehr aufrechterhalten. Es hat wohl nicht viel Sinn, Arnolds sinfonischen Schwanengesang mit den meisten Kompositionen aus glücklicheren Tagen zu vergleichen - wobei auch die sechste bis achte Sinfonie sich keineswegs nur positiv auf das Gemüt des Hörers niederschlagen -, ich denke aber heute, dass man die Genialität dieser Musik darin sehen muss, dass sie wirklich bis ins Innerste zu berühren vermag, dass sie keineswegs langweilen muss, dass man bei angemessener Bereitschaft nichts vermisst, was die Tonsprache des jüngeren Komponisten so unverwechselbar erscheinen lässt.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Danke, Hansi! Dein wortloses Posting nötigt mich ein weiteres Mal, diese Integrale zu kaufen. Ob ich der Nötigung noch länger widerstehen kann? :D

    :wink: Wolfgang

    ... Und schon ist es passiert, für einen guten Zwanziger einschließlich Porto! :thumbup:

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • RE: Sinfonie Nr.9 und Chandos - GA

    Vielen Dank, lieber Wolfgang (andrejo) für Deinen Beitrag zur Sinfonie Nr.9,

    der mir das Werk nun in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Ich war nämlich bisher auch der Meinung hier eher etwas "Sprödes" zu hören, was ich mit dem Hintergrundwissen nun neu überprüfen werde. Ich habe übrigens bisher nichts über diese Neunte im Textheft (das leider auch nur in Englisch abgedruckt ist) gelesen, was in diesem Falle wohl eindeutig ein Fehler war.

    Die Sinfonien-GA mit dem LSO / Hickox und Gamba ist sicher hochinteressant. Besonders Gamba habe ich als äussert positiv für dieses Repertoire abgespeichert. Ich könnte mir sogar vorstellen besser als die mit Penny (Naxos), obwohl die auch nicht zu verachten sind. Aber Vergleiche mit anderen Einzelaufnahmen haben bisher gezeigt, dass es noch eindrucksvoller geht (zum Beispiel bei der Sinfonie Nr.5 mit Bostok).
    ;+) Muss ich wohl auch haben ! :prost:


    :D Ansonsten würde ich Hansi´s wortlosen Beiträgen nie so schnell nachkommen . ein paar Worte dazu wäre doch angenehm gewesen ... :wink:

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

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