Störfaktor Klassischer Gesang ?

  • Störfaktor Klassischer Gesang ?

    Einige Beiträge im Thread " Mein Problem mit Klassik " haben mich, den vormals aktiven und jetzt unterrichtenden Sänger, stutzig, nachdenklich und auch ein bisschen traurig gemacht, denn es ist - zumindest sporadisch - die Rede von der Ablehnung des klassischen Gesangs. Dabei wisst Ihr, liebe Gesangsverächter, dass Ihr Euch damit um mehr als die Hälfte der so genannten klassischen Musik bringt, nämlich um Oper, Oratorium und Kunstlied. Okay, Eure Sache !
    Nun habe ich aber bei Menschen, die dem klassischen Gesang aktiv oder passiv huldigen, nie eine vergleichbare Haltung vorgefunden. Ein Entweder / Oder gab und gibt es weder bei denen noch bei mir ! Im Gegenteil : Ich schätze die Instrumentalmusik ( fast ) so sehr wie die Vokalmusik, am meisten sogar die Kombination beider Genres. Was, bitteschön, habt Ihr gegen vollendeten Gesang, gegen den unvergleichlichen Zauber, der einer optimal geschulten emnschlichen Stimme innewohnt ?
    Habt Ihr je einer Maria Callas, einer Christa Ludwig, einer Ileana Cotrubas, einem Cesare Siepi, einem Fritz Wunderlich oder einem Luciano Pavarotti gelauscht ? Wir wissen heute, dass der Homo Sapiens gesungen hat bevor er sprach, dass Instrumentalsolisten in den Kategorien Legato und Messa di Voce der geschulten Gesangsstimme möglichst nahe kommen wollen. Natürlich gibt es schlechte Sänger, schlechte Instrumentalisten. Ertragt Ihr die Einen eher als die Anderen ?
    Wenn ja, warum ? Ich bin gespannt auf Eure Antworten, sowie natürlich auch auf die derer, die so ähnlich denken und fühlen wie ich.

    Ciao. Gioachino

    miniminiDIFIDI

  • Ich glaube, klassischer Gesang ist ein "acquired taste". Du weißt am besten, wie viel Können und hauptsächlich Trainieren es bracht, um die einfachste Melodie halbwegs passabel zu singen.
    Deshalb ist es verständlich, daß es nicht sofort allen zugänglich ist. Callas singt einfach nicht so natürlich, nicht so spontan wie Lena Mayer-Landrut.
    Allerdings, ist man auf den Geschmack gekommen (und die Wege dazu können sehr individuell sein), hat man davon nie genug.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Lieber Gioachino!

    Wie Recht Du nur hast. Jeder richtig geschulten Stimme zuzuhören ist ein Erlebnis. Mit Recht hast Du Cesare Siepi genannt - hier offenbart sich Balsam in seiner Stimme.

    Das beweist auch die DVD mit Mirella Freni, und Cesare Sepi war nicht mehr jung, damals.

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/41cuXJBoCOL.jpg]

    Jede Stimme vergrößert sich im Lauf der Zeit, sagte schon Clemens Krauss und er hatte unbedingt Recht. Als ich mit ewa 8 Jahren Solo sang war auch meine Stimme noch kleiner als 8 Jahre später [mit 20 war ich dann, zum Glück kein Sopran mehr].

    Und jetzt bin ich nicht einmal ein Bariton mehr, ich habe im Juni meine Stimme verloren und jetzt bin ich passiver Hörer nu mehr.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Mir gehts so, daß ich mit dem klassischen Operngesang nicht sooo viel Freude habe, lieber ist mir der Kirchengesang mit wenig (aber nicht ganz ohne) Vibrato...
    Aber das würde mich nicht davon abhalten, einer Musik zu lauschen. Die eine oder andere Arie oder Opernszene habe ich ja schon genossen...
    Trotzdem wird das vermutlich nicht mehr mein Lieblingsgenre, es gibt ja soo viel schöne Instrumental- und Kirchenmusik.
    Allerdings geht mir das in Pop- und anderer "U"-Musik ähnlich: es gibt nicht viele Stimmen, die ich ein Album lang genießen kann. Wenn, dann freue ich mich sehr: die Garmarna-Sängerin ist so ein Fall (ich schrob davon im Folk-Bereich), auch Madonna geht ne Weile, oder Peter Fox, oder Johnny Guitar Watson...

    Ein Problem, das viele mit klassischem Gesang haben, scheint mir damit zusammenzuhängen, daß in der Klassik immer viel Stimmtechnik in die Tragfähigkeit (was der Laie vielleicht "Lautstärke" nennt) investiert werden muss... Seit es Mikrophone gibt, hat man sich im "normalen", alltäglichen Musikhören sehr an Stimmen gewöhnt, die elektrisch laut sind, also Energie nur noch in Ausdruck, Intonation etc stecken müssen und dadurch vielleicht etwas "natürlicher" klingen als das bei den schon recht artifiziellen Opernstimmen der Fall ist. Ob "Natürlichkeit" bei solchen Kulturleistungen eine sinnvolle Kategorie ist, wäre eine andere Frage, aber ich denke, damit hat das doch öfter mal auftauchende Problem mit klassischem Gesang zu tun.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Ich muss mich angesprochen fühlen, denn schrieb dergleichen in dem Thread. Ich muss da deutlicher werden; keinesfalls lehne ich ihn ab. Ich genieße sehr davon, und das Problem von früher - dass ich wegen dem Gesang die Musik nicht genießen konnte - verflog auch mit der Zeit. Ich finde ihn aber - vorallem den Frauen-Sopran, sehr gewöhnungsbedürftig und tue mir bis heute zumindest schwer damit (Chorgesang ausgeschlossen). Das Sopran-Problem ist immerhin leicht gelöst; Knabensopran.

    Der schlichte Gesang in der Popmusik ist zwar in den meisten Fällen zu künstlich, aber zumindest muss man sich nicht großartig dran gewöhnen und man versteht dort auch ohne den Text vor Augen jedes Wort. Das ist sein Vorteil und wohl auch der Grund, warum Klassiklaien nicht nachvollziehen können, warum man beim klassischen Gesang festhält. Der Nachteil; es wird meist schwülstig gesungen (Vorallem in Musicals) und die Tonlagenbegrenzung ist bei diesem simplen Gesang auch sehr begrenzt - oder rächt sich im Volumen, was dann nur mit einem Tonstudio ausgleichbar ist.

    Ich fragte mich schon öfter, warum man das nicht einfach kombinieren kann. Interessante Ansätze dazu fand ich neulich bei CDs von einem gewissen Alan Parker der Arien von Mozart und Händel in leichten Pop abänderte. Irre interessant! Und dann gab es da noch eine Klassik-Pop-CD, bei der zumindest mal die Arie, in der Figaro sich über Cherubino lustig macht, großartig als Musicalgesang aufgemacht war.

    Trotzdem würde ich niemals den gesamten Figaro in dieser Art hören wollen, das würde zu viel zerstören. Und was es Rührung angeht, so finde ich das Höchstmaß darin - neben Klavierkonzerten - in der Oper. Und ich wage sehr, sehr gerne das Experiment, Bekannten welche keine Klassik hören, den Figaro (die Zauberflöte finde ich ehrlichesagt nicht so geeignet für erste Opererfahrungen) häppchenweise zu präsentieren, ergo jedes Mal ein Akt. Jeder (!) war davon ergriffen, ohne das er wohl wusste warum. 2 mussten sogar weinen. Und fast alle haben anfangs die Augen verdreht ob manch schrillen Gesangs.

    Fazit; der klassische Gesang ist gewöhnungsbedürftig, aber ohne ihn wären die Einschränkungen in der Musik viel zu hoch.

    "Ohne Musik wär alles nichts."

  • Ja, mich macht das auch sehr traurig, daß klassischer Gesang von manchen so wenig geschätzt wird, ja daß klassischer Gesang gleich zum Ausschlußkriterium wird, obwohl es nun wirklich so tolle Vokalmusik gibt und man sich damit eines sehr großen Teils der klassischen Musik beraubt.

    Grundsätzlich muß das natürlich jeder selber wissen. Woran es liegt? Weiß ich nicht so genau, es könnten aber auch "kulturelle Fehlkonditionierungen" dahinter stecken. Natürlich ist klassischer Gesang hochartifiziell, er ist also durchaus etwas anderes als der Gesang eines Herrn Sowieso in der Badewanne. Klassische Sänger haben eine ausgebildete Stimme, ihr Gesang kann dann "künstlich" oder "artifiziell" und dann auch "albern" oder "lächerlich" wirken. Ist man dann durch eine kunstfeindliche Umwelt dermaßen konditioniert, klassischen Gesang dermaßen zu empfinden, dann kann man aus diesem Ghetto glaube ich schwer wieder daraus ausbrechen.

    Es sei denn, man macht sich von all dem mal frei und läßt sich auf klassischen Gesang einfach ein, ohne allzuviel Gedanken daran zu verschwenden. Dann kann es eventuell klappen. Also vergiß mal einfach die Ausbildung des Sängers, die gelegentlich sehr spießig wirkende Atmosphäre des Liedgesangs, die eigentlich alberne Situation des Operngesangs, das Sakrale des Kirchengesangs und laß dich einfach auf die Vokalmusik ein.

    Ich mag Vokalmusik eben sehr gerne und was an Vokalmusik eben besonders anziehend ist, ist die völlige Individualität der Stimmen. Die Stimme eines Fritz Wunderlich oder eines Fischer Dieskau sind einfach vollkommen unverwechselbar. Die Klangschönheit, das Timbre, die individuelle Gestaltung machen Sänger einzigartig.

    Aber bitte, jeder soll das hören, was er mag, aber es würde mich sehr freuen, wenn dieser Thread ein bißchen Erfolg hätte, bei dem einen oder anderen seine Vokalphobie ein bißchen aufzulösen.

    Mit in dieser Hinsicht hoffnungsvollen Grüßen
    Malcolm

    Der Hedonismus ist die dümmste aller Weltanschauungen und die klügste aller Maximen.

  • Genau, nichtklassischer Gesang ist "natürlicher":

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    :spock:

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Das ist eine sehr interessante Frage, die vor allem dadurch kompliziert wird, dass im Zeitalter der elektronischen Verstärkung eben auch die unausgebildete Stimme eine Chance hat, wahrgenommen zu werden, wodurch sich mit Sicherheit die Hörgewohnheiten mit verändert haben. Ich habe nämlich den Eindruck, dass durch die Ausbildung der Stimme auch Teile der Unverwechselbarkeit verschwinden zu Gunsten von Stimmvolumen, ausserdem wird scheinbar wenig Wert auf die Kontrolle von Vibrato gelegt, ganz speziell im hohen Frauenregister. Und ich habe mich schon ab und zu erwischt, dass ich eine Arie viel lieber von einer Oboe gespielt anhören würde, als von einer Dame mit Halbtonausschlag im Vibrato ertragen zu müssen. Natürlich gibt es auch die Stimmen, die das Herz öffnen, auch im Sopran!

    Mein persönlicher Zugang zur Oper ist schon dadurch getrübt, dass ich nur ganz selten richtig besetzte Stimmen höre, wobei ich eben auch meine eigenen Vorstellungen von "richtig" habe. Dennoch ist natürlich der Gesang die Urform von Musik und mir fallen zahllose Werke vokaler Musik ein, die ich nicht missen wollte. Verzeiht, wenn ich keine Details nenne, die halte ich nicht für wichtig.

    Was ich aber für wichtig halte, ist dass die Stimmausbildung etwas verändern muss, um den Charakter einer Stimme besser zu erhalten.

    viele Grüsse von holgerdent

    PS: natürlich ist mein allergrösstes Problem, dass es in Paamiut gar keine Oper gibt! :D herzlichst. ho

  • Nabend,

    auch ich gehöre ja zu denen, die instrumentale Musik deutlich bevorzugen. Allerdings ist es nicht so, dass ich Gesang per se nicht mag - etwas differenzierter ist es schon. Nun ist es so, dass ich täglich sehr viel und lange Musik höre, beim Essen, beim Arbeiten, im Auto, abends auf dem Sofa. Vokale Musik verbietet sich z.B. beim Arbeiten, vor allem beim Telefonieren, aber da passt wunderbar meine heißgeliebte Ambient-Musik.

    Speziell nun beim klassischen Gesang stört mich besonders das Vibrato. Gut gesungene Gregorianik mag ich sehr gern; eine meine ersten Klassik-CDs war "A feather on the breath of god" mit Emma Kirkby, die ich damals wie heute phänomal gut finde. Weitere CDs in meiner Sammlung sind z.B. von Sequentia und dem Ensemble Pan, die mir sehr gut gefallen - da wird aber ausnahmlos ohne Vibrato gesungen. Auf der anderen Seite mag ich mir eine Oper, Mahlers 8. Symphonie oder Kunstlieder (egal von wem) zu Hause nicht auflegen. Ich mag es einfach nicht hören, obwohl ich weiß, dass es gut ist und dass die SängerInnen ihr ganzes Leben dem Gesang widmen. Es mag auch mit daran liegen, dass ich neben dem Musikhören immer noch etwas anderes mache wie lesen oder im Internet surfen. Im Konzert ist das etwas Anderes, das ist ein ganz anderes Erlebnis - ich gehe sehr gern in die Oper!

    Helli

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    Oder wie wäre es hiermit: Bee Gees "Stayin' Alive"
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    Super Song. Aber natürlicher als klassischer Gesang?

  • Ich bin hier parteiisch. Und glaube wiederum kaum, mit Schreiben allein jemanden davon zu überzeugen, das Singen gerne zu mögen.

    Was mir, ganz ehrlich, im besagten Thread, der Anlass für diesen wurde, ein wenig seltsam aufstieß, waren Formulierungen, die Gesang völlig aus dem Kanon des Akzeptablen ausschlossen. War das so kategorisch gemeint oder einfach nur verkürzt dargestellt im Sinne einer Bevorzugung der instrumentalen Elemente?

    Gesang an sich ist vielfältig und gelegentlich schließt eine Vorliebe für manche Richtungen - etwa "vibratoloser" Stil vs. voluminösen Opernstil - andere fast aus. Ja, was nu´? Alles Mist?

    Wie schon gesagt, rein quantiativ fiele mit dieser Einstellung einiges hinten runter, wie schon vorher ausgeführt. Im Popbereich wäre das Repertoire ohne Gesang sogar noch begrenzter. Aber auch hierzu möchte ich ungern streieten. Wer es so mag, nimmt das in Kauf.

    Ich konnte selbst auch lange Zeit mit vielen Opernstücken gar nichts anfangen und habe den Zugang hauptsächlich durch das eigene Ausüben gefunden. Jedoch bin ich daran nicht hängengeblieben. Der Facettenreichtum reicht tausendmal weiter als das, was ich in irgendeiner Form selber überhaupt machen kann und einiges von dem, was ich mache, hat mich früher eher von dem Genre ferngehalten.

    Einer g...Rockröhre kann ich allemal einiges abgewinnen, aber was will man den mit dieser unsäglichen Lena, bitte. Die singt schlichtweg grottenschlecht, genauso wie manche Kinder und Jugendlich, die entsprechend zwangsverdonnert sind, Klavier oder Geige malträtieren, wobei letzteren zugute zu halten ist, dass sie eher selten die Umwelt damit beglücken wollen. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, wir reden hier über ein hohes instrumentales (incl. dem Instrument Stimme) Niveau.

    Obwohl es mich auf Dauer langweilen würde, in der (klassischen) Musik überhaupt keine Stimme mehr zu hören, würde ich mir einiges nehmen, wenn ich irgendeine, etwa eine geasangslose Sparte grundsätzlich und von vorneherein ablehnen würde.

    LG

    Ulrica

    Was soll ich nun zu den Sopranellen sagen? ;+) ;+)

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

    ACHTUNG, hier spricht Käpt´n Niveau: WIR SINKEN!! :murg: (Postkartenspruch)

  • Ich bin bekennender Opernfan, der gerne in Konzerte (Liederabende, Oratorien, Symphonie, Kammermusik) geht. Ich liebe die menschliche Stimme in ihren Ausdrucksmöglichkeiten. Und je älter ich werde, um so mehr trauere ich, dass ich meine (anfänglich durchaus brauchbare) Stimme durch unkontrolliertes Brüllen versaut habe. Aber es gibt Stimmfarben und SängerInnen, mit denen ich nichts anfangen kann - unabhängig von der Qualität der Interpretation.

    Zur - wie ich das in dem einen oder anderen Beitrag verstanden habe - mehr oder weniger strikten Ablehnung von "klassischem Gesang" - und zwar unabhängig von "Sopran klingt schrill" - habe ich eine durchaus hinterfragbare und provokante aber vielleicht (von der extremen Vereinfachung abgesehen) nicht ganz falsche Theorie: Ich kann es nicht so gut und daher lehne ich es ab.

    Michael

    PS: Ich habe einige Jahre Chor gesungen, aber ich kann heute mit reinem Chor (=nicht in ein Orchesterwerk/Oper eingebunden) nichts anfangen und meide reine Chorkonzerte.

  • Singen kann ich nicht, spätestens im Musikunterricht wurde jede Freude daran ausgelöscht - für immer. Auch Gottesdienste gehen für mich kaum.
    Jemanden singen zu hören - mag hingegen gehen, wobei hohe Stimmen in ihrer Schrillheit mich schnell zum Ölkännchen springen lassen.
    Die Renaissance- und Barockzeit bis gegen 1700 sind für mich noch nicht problematisch, wobei es gegen 1700 schon recht unnatürlich wirkt. Das betrifft aber das deutsche Repertoire noch nicht so massiv.
    Aber (italienische) Belcanto-Arien v.a. des späteren 18. und 19. Jh. sind für mich das pure Grauen.
    (Weiblichem) Jazzgesang kann ich ebenfalls nicht sehr abgewinnen, auch wenn ich Ella Fitzgerald oder Abby Lincoln durchaus "ertragen" kann. Allerdings bewundere ich eher die Gestaltungskraft und Wirkung, als das mit das Hören Freude bereitet.

    Inzwischen ist es zwar "besser" geworden, der Anteil an Vokalmusik ist in den letzten Jahren gestiegen, aber Lieder und Opern des 19. Jahrhunderts sind für mich verminte Areale, mit Ausnahme z.T. des russischen Repertoires, dies wohl dank der bedeutenden Rollen für die Stimmlage Bass.

    LG, Kermit :wink:

    Es ist vielfach leichter, eine Stecknadel in einem Heuhaufen zu finden, als einen Heuhaufen in einer Stecknadel.

  • aber was will man den mit dieser unsäglichen Lena, bitte. Die singt schlichtweg grottenschlecht

    Mich selbst hat Lena eigentlich nie gestört, auch wenn mir ihre Songs und ihre Stimme nichts geben.

    Eine Janis Joplin, ein Tom Waits oder auch ein Bob Dylan singen sicher auch nicht immer total sauber und klar, aber das kann ja auch was haben, und seine Fans finden, auch ohne dass sie perfekte Atemtechniken beherrschen oder ein hohes C singen können.

    Ich würde das daher nicht verurteilen.

    Ich mag Lena nicht, aber ihr Gesang ist für mich angenehmer zu ertragen als eine Arie der Callas, weil Lena in einer tieferen Tonlage singt, und ohne Vibrato. Damit sage ich nicht, dass die Callas eine schlechte Sängerin gewesen wäre, aber MEIN Geschmack ist es halt nicht.

    (Vielleicht kannst du dich noch an unsere Diskussion im Operngesang-Thread erinnern, wo ich Probleme mit dem Gesang in der "Salome" hatte. Mittlerweile habe ich viele verschiedene Sängerinnen diese Partie singen hören, und mir gefallen die mit der Welitsch und die mit der Nielsen am besten, weil sie nicht diese "riesigen Opernstimmen" haben, sondern vibratoarm singen. Eine Gwyneth Jones oder eine Leonie Rysanek in dieser Rolle fand ich schlicht unerträglich, auch wenn das große Namen sind!)

    Insofern finde ich es auch schade, wenn man einerseits sachlich argumentiert, wieso der Operngesang schön ist, andererseits nur polemisch andere Sachen niedermacht.

  • Ich könnte mir auch vorstellen, dass einer der Gründe, wieso man Gesang generell eher ablehnt, der sein könnte, dass man die Leute eh schon immer reden hört, und Gesang quasi eine andere Art des Redens ist. Man hört die Stimme immer noch.

    Ein Instrument aber ist etwas "unmenschliches", das man nicht auch normal reden hört, das man nur Musikmachen hört.

    Vielleicht kommt einem der Gesang auch deswegen unnatürlich vor.

  • Mmh,

    ich versuche gerade mir das vorzustellen, denn man kann die menschliche Stimme ja auch rein instrumental verwenden.

    Was sicher "anstrengt", ist ein mögliche Textverständlichkeit. Wenn die über Bord geworfen wird (Grindcore!"), geht's wieder. Die Texte stehen ja im Booklet.

    LG, Kermit

    Es ist vielfach leichter, eine Stecknadel in einem Heuhaufen zu finden, als einen Heuhaufen in einer Stecknadel.

  • Hier haben mich wohl einige Beiträge beim Schreiben überholt, daher neuer Ansatz:


    Was ich aber für wichtig halte, ist dass die Stimmausbildung etwas verändern muss, um den Charakter einer Stimme besser zu erhalten.

    Was meinst du damit genau?

    Vielleicht zur Verdeutlichung: Die meisten Menschen, die einfach so drauflos singen ohne irgendwie geartete Stimmbldung oder Anleitung begehen den fundamentalen Fehler, Druck auf Kehlkopf und Hals auszuüben, weil sie meinen, dass das Ganze so funktioniert wie Sport, wo man grundsätzlich erstmal die Muskeln anspannt, um in Schub zu kommen. Der richtige "Instrumentengebrauch" verlangt jedoch, kurz gesagt" eine Körperbeherrschung und-koordination, die jeglichen Druck vom Hauptorgan fernzuhalten und diesen konsequent nur vom Blasebalg Zwerchfell ausgehen zu lassen. Dieser Umstand erklärt u.a. die Langwierigkeit des Studiums, zumal unser Kulturkreis die erforderliche Tiefatmung vernachlässigt.

    Als "Natur" oder "Charakter der Stimme" wird oft eher das wahrgenommen, was sich als Klang von der (oft auch fehlbelasteten) Sprechstimme ableiten lässt, aber, egal, ob man Oper, Rockmusik oder Musical oder gar Schlager singt, ist das extrem ungesund und daher auch nicht wirklich "natürlich". So kann m. E. das Ziel einer Stimmausbildung nicht sein.

    LG
    Ulrica

    :wink: :wink:

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

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  • ich versuche gerade mir das vorzustellen, denn man kann die menschliche Stimme ja auch rein instrumental verwenden.

    Freilich, aber trotzdem ist es die menschliche Stimme, die auch fürs Reden verwendet wird. Während das Instrument eine eigene Stimme hat, die nichts mit der Menschlichen zu tun hat. Ein Cello beispielsweise sitzt nicht in der Talkshow und kreischt herum, es sitzt nicht im Wirtshaus und lacht ohrenbetäubend laut etc. Es macht nur eins, nämlich Musik.
    Ansonsten hat man von dem Klang eines Cellos seine Ruhe, was bei der menschlichen Stimme (leider) nicht so ist.

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